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Als Jessica zum Roundhouse zurückkehrte, um nach dem Besuch in Woodside ihre Notizen in den Computer einzugeben, fiel es ihr wieder ein.
Sie hatte es in dem Augenblick bemerkt, als Byrne die Notaufnahme im Krankenhaus durchquert hatte. Er hatte Sophie auf den Kopf geküsst und ihre Hand genommen, ehe beide das Krankenhaus verließen.
Die Haarspange.
Bevor Jessica und Sophie zu dem Puppengeschäft gefahren waren, hatte Sophie, die noch ihre Schulkleidung trug, sich umziehen wollen, denn Jessica hatte ihr gesagt, dass es ein schicker Laden sei, und das Mädchen wollte für den Besuch entsprechend gekleidet sein.
Am längsten dauerte es mit der Frisur. Sophie war diesbezüglich sehr eitel. Jessica hatte noch nie ein Mädchen gesehen, das im Drogeriemarkt mehr Zeit vor den Haarshampoos verbrachte als Sophie Balzano. Das Einzige, was sie noch wichtiger fand, waren die Accessoires für die Haare: Schleifen, Stirnbänder, Klammern, Clips, Spangen und Kämmchen.
Für den Besuch im Puppengeschäft entschied Sophie sich für eine hübsche schwarze Haarspange aus Acryl mit französischem Verschluss. Das bedeutete, dass sie auf einer Seite mit einer Art Druckverschluss befestigt wurde. Die Spange war mit tanzenden Blumen verziert.
Als Byrne das Mädchen in der Notaufnahme auf den Kopf geküsst hatte, war das Licht auf diese Spange gefallen.
In diesem Moment hatte es bei Jessica klick gemacht.
Nachdem sie den ersten Anruf getätigt hatte, rief sie Byrne an.
»Was gibt’s?«, fragte er.
»Ist Sophie noch bei dir?«
»Ja. Wir wollten gerade losfahren. Vince ist jetzt zu Hause.«
»Schau dir mal Sophies Haare an.«
»Was ist damit?«
»Tu mir den Gefallen. Was siehst du?«
»Sie trägt eine Spange.«
»Erinnerst du dich an den Tatort von Nicole Solomon? Erinnerst du dich, was sie getragen hat?«
»Ja. Einen schwarzen Pullover, einen schwarzen Rock, eine weiße Bluse und schwarze Collegeschuhe.«
»Und eine Spange im Haar«, sagte Jessica.
»Ja. Eine Spange in Gestalt eines Schwans.«
»Genau. Warum sollte der Mörder, der sich die Mühe gemacht hat, die Puppe genauso anzuziehen wie Nicole, sodass jeder Knopf, jeder Reißverschluss und jeder Stich übereinstimmen …«
»… die Spange vergessen«, fiel Byrne ihr ins Wort.
»Genau.«
»Vielleicht war es nicht Nicoles Spange«, meinte Byrne. »Vielleicht gehörte sie jemand anderem.«
»Das dachte ich mir auch. Deshalb habe ich gerade die Kriminaltechnik angerufen. Und jetzt rate mal, was nicht auf Fingerabdrücke untersucht wurde.«
»Ich lehne mich jetzt mal weit aus dem Fenster: die Spange.«
»Hast du schon mal bei einem Kind eine Spange im Haar befestigt?«
»Steht auf der Liste der Dinge, die ich unbedingt mal tun will.«
Jessica bewegte unbewusst die Finger der rechten Hand. »Ich habe das schon eine Million Mal gemacht. Es ist völlig unmöglich, die Spange nicht zu berühren.«