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Während der Fahrt dachte Kamĩtĩ über Nyawĩra und die Szene vor dem Schrein nach. Seit er Nyawĩra begegnet war, hatte sich sein Leben auf eine Weise geändert, die er nie für möglich gehalten hatte. Oft hatte er das Gefühl, durch ein Feld von Träumen zu wandeln. Schon der flüchtigste Gedanke an sie ließ sein Blut schneller strömen und durchflutete ihn mit einem Gefühl von Güte, Frieden, Hoffnung und großen, wenn auch unbekannten Erwartungen.
Am meisten erstaunte ihn ihr Humor und ihr Lachen, trotz allen Kummers. Und obwohl er eigentlich glaubte, sie zu kennen, brachte jeder Tag neue Überraschungen. Nie hätte er sich vorstellen können, dass Nyawĩra, obwohl sie ausgemacht hatten, sie solle bis zum Weggang der Polizisten im Haus bleiben, mit der Gewalt eines Hurrikans auftauchen und eine so faszinierende Vorstellung bieten würde. Die Polizei hatte ihn daraufhin rasch von ihrem Versteck weggebracht.
Kurz darauf beschlichen ihn Zweifel und die Knie wurden ihm plötzlich weich. Was, wenn die beiden Polizisten schon an Nyawĩra dran waren? Oder wenn sie ihn verdächtigten, über ihren Aufenthaltsort Bescheid zu wissen? Wenn sie ihn folterten?
Er beschloss, nicht über Dinge nachzudenken, die er nicht verhindern konnte. Selbst wenn sie ihn wegen Nyawĩra und der Bewegung für die Stimme des Volkes verhörten und folterten, er würde ihnen wenig sagen können. Und was Nyawĩras Versteck anging, würde er lieber sterben, als es preiszugeben. Über die Bewegung wusste er nur, was Nyawĩra ihm erzählt hatte, und das war nicht viel.
Er war tief in diese widerstreitenden Gedanken und Gefühle versunken, und selbst als das Auto vor einigen Gebäuden hielt, registrierte er nicht, dass sie bereits an ihrem Ziel angelangt waren.
Während der Fahrt hatten Kahiga und Njoya weder mit ihm noch miteinander gesprochen. Das Schauspiel vor dem Schrein hatte beide in ihre eigene Welt versetzt, und sie dachten darüber nach, was der Hexentanz wohl für ihr künftiges Leben bedeuten mochte.
Als sie ankamen, stieg Njoya aus und wollte in Erfahrung bringen, was der Minister für seinen Gast vorgesehen hatte.
„Es ist Abend und schon recht spät“, teilte Sikiokuu ihm ziemlich schroff mit. „Ich werde ihn morgen früh empfangen. Er soll sich nicht einbilden, er wäre ein großes Tier, wegen dem ich die halbe Nacht aufbleibe, nur um ihn zu empfangen.“
„Heißt das, wir sollen ihn nach Hause zurückbringen?“
„Of course not“, antwortete Sikiokuu, ohne weitere Erläuterungen zu geben.
„Wo sollen wir ihn unterbringen?“, fragte Njoya, dem angesichts dieser unerwarteten Entwicklung das Herz in die Hose sank. „In einem Hotel?“
„Macht ihr Witze? Als Gast des Staates – steckt ihn ins Gästehaus der Regierung.“
„Ich habe gehört, dass alle Zellen belegt sind“, sagte Njoya und versuchte, sich aus der Zwickmühle herauszuwinden, den Herrn der Krähen inhaftieren zu müssen.
„Dann soll er sich ein Zimmer mit dem Verrückten teilen.“