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Njoya und Kahiga sahen einander mit aufgerissenen Augen an, sie zitterten vor Angst. Das muss das Werk des Herrn der Krähen sein, dachten beide und starrten ihn an, um seinem Gesicht irgendetwas abzulesen. Der Zauberer aber lebte in einer anderen Welt und stierte die ganze Zeit vor sich hin. Die Polizisten zwinkerten sich zu, und Kahiga drehte die Zeitung beiläufig so, dass die Seite mit der Nachricht über Machokali direkt vor dem Herrn der Krähen lag, während Njoya ihn verstohlen ansah, um herauszufinden, ob sich sein Gesichtsausdruck beim Lesen der Schlagzeile veränderte: MACHOKALI VERMISST.
Doch der Herr der Krähen schien seine Umwelt überhaupt nicht wahrzunehmen, sein Gesicht blieb ausdruckslos.
Nun gingen sie den Zeitungsartikel durch. Wann wurde er als vermisst gemeldet? Wieder starrten sie zum Herrn der Krähen hinüber. Ihr Verdacht, dass er mit dem Verschwinden des Ministers zu tun hatte, bestätigte sich. Der Minister war am selben Tag verschwunden, an dem sie den Herrn der Krähen ins State House gebracht hatten. Die Verbindung war leicht zu erkennen. War es nicht Machokalis Aufgabe gewesen, den Zauberer zu ergreifen? Sie fühlten sich erleichtert, dass nicht sie es gewesen waren, die den Herrn der Krähen aufgespürt hatten; diese Ehre fiel einzig A.G. zu, Machokalis Assistenten. Alle Unannehmlichkeiten und die Rache würden an ihnen vorübergehen und allein A.G. treffen. Njoya war vor allem deshalb stolz auf sich, weil er sich geweigert hatte, dem Zeichner des Fahndungsplakates das Gesicht des Zauberers zu beschreiben, und stattdessen Sikiokuus Gesicht gewählt hatte. Er war besonders zuversichtlich, dass ihm vom Hexenmeister keine Gefahr drohte. Machokali war das erste Opfer des Zauberers; A.G. würde der Nächste sein.
Überall in Aburĩria fragten sich die Menschen: Wie kann ein Kabinettsmitglied verschwinden wie eine Ziege oder ein Kind, ohne jegliche Spur? Ein Außenminister, der den Herrscher so kompetent an den Höfen der Großen der Welt repräsentiert hatte – wie konnte der einfach so verschwinden? Ein Minister, der Tag und Nacht von Leibwächtern umgeben war – weshalb gab es keine Zeugen?
Njoya und Kahiga flüsterten sich unaufhörlich ihre Mutmaßungen zu, und manchmal vergaßen sie völlig, dass der Herr der Krähen anwesend war, und redeten laut. Doch das beunruhigte sie nicht übermäßig, denn wenn er nicht sprechen konnte, dann war er ja auch unfähig, zu hören und zu verstehen. Tag und Nacht tauschten sie Geschichten und Spekulationen über Machokali aus. Gerüchte und Informationshäppchen bekamen sie aus den Zeitungen und von denen, die das Essen brachten.
Doch was sie auch hörten oder lasen, nichts brachte sie von ihrem unerschütterlichen Glauben ab, dass die Verhaftung des Herrn der Krähen mit Machokalis Verschwinden zusammenhing.