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Als er sich am Straßenrand gegen die Wand drückte, spürte er, wie all seine Qualen zusammenflossen, und plötzlich trieb ihn ein intensiver Schmerz von der Wand weg und wieder auf die Straße zum Betteln. Der Anfang war immer am schwersten, doch Zaudern galt nicht. Der einzige Ort, den er meiden musste, war die Ruler’s Plaza, auf der er Wariara und ihren neuen Liebhaber gesehen hatte, ansonsten war es ihm gleichgültig, wo er begann.
Er dachte nur noch an das, was getan werden musste, vergaß seinen Hunger, seinen Durst und die Müdigkeit. Entschlossen lief er los, achtete nicht auf seine Umgebung und blieb erst stehen, als er sich in der Nähe des Ruler’s Square befand. Hier konnte er ebenso gut anfangen wie irgendwo sonst, sagte er sich, und ging zu einer öffentlichen Toilette in der Nähe eines Sieben-Sterne-Hotels.
Der Abfluss war verstopft. Alle Toiletten quollen über und sogar die Fußböden waren mit Scheiße bedeckt. Trotzdem sollte diese öffentliche Toilette sein Umkleideraum sein. In einer Ecke fand er eine Stelle, die relativ sauber war, und er fing an, sich zu verkleiden. Er öffnete seine Tasche, holte ein paar Lumpen hervor und zog sich schnell um. Mit einem Stift malte er sich Falten ins Gesicht und im Handumdrehen hatte er sich von einem respektabel aussehenden Arbeitssuchenden in einen erbärmlichen Almosenbettler verwandelt.
Irgendwo erklangen die Glocken für das abendliche Angelus und wie durch Zufall begann auch der Muezzin, die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Einen Augenblick lang war es, als befänden sich die beiden im Wettstreit miteinander, die Kirchenglocken, die das „Angelus Domini“ intonierten, und der Muezzin mit seinem Gebetsruf:
Allahu akbar, Allahu akbar
Asch-hadu al-lallaha il-Allah
Asch-hadu anna Muhammadar-Rasulu-Allah
Hayya ’alas-Salah
Hayya ’alal-Falah …
Ein gutes Omen, dachte er, vielleicht der Anfang von einer Kehrtwende des Schicksals.
Gut, dass Beten und Betteln noch nicht zu Verbrechen gegen den Staat erklärt worden waren.