7
Machokali hielt nicht viel von Zauberei und Weissagungen. Aber der vom Flug erschöpfte Vogel landet auf dem nächstbesten Ast, und der war für ihn jetzt der Herr der Krähen. Besserte sich die Gesundheit des Herrschers, war es egal, woran er, Machokali, glaubte oder nicht. Am meisten beschäftigten ihn die erforderlichen Maßnahmen, um zu verhindern, dass die Nachricht von der Anwesenheit des Hexenmeisters aus dem Zirkel der Minister und Sicherheitskräfte nach draußen sickerte. Als Minister für Auswärtige Angelegenheiten war Machokali für ein positives Bild seines Landes verantwortlich, und er wollte den Herrscher und Aburĩria nicht zum Gegenstand von Spott und Hohn in den Augen der Welt werden lassen, schon gar nicht in den Korridoren der Vereinten Nationen. Er konnte sich das Gekicher ausmalen, das ihn überall erwarten würde: Wie kommen Ihr Herrscher und sein Hexenmeister miteinander aus?
Machokali war erleichtert, als er den Herrn der Krähen auf dem Flughafen sah: Im dunklen Anzug, die Aktentasche in der Hand, sah er aus wie ein beliebiger New Yorker Geschäftsmann.
Auf der Fahrt zum Hotel wurde nicht viel geredet. Machokali brachte ihn direkt in die Etage des Herrschers, ohne den Neuankömmling registrieren zu lassen, weil er jeden Hinweis auf den Besuch des Zauberers vermeiden wollte.
„Brauchen Sie noch etwas?“, fragte Machokali, als er ihm sein Zimmer zeigte. „Nehmen Sie ein Bad, ziehen Sie sich um, und dann gehen wir zum Herrscher. Oder wie wär’s zunächst mit einem kleinen Imbiss?“
Statt zu antworten, sah der Herr der Krähen erst zum Minister, dann zu A.G., als überlegte er, wer wer war.
„Kann mir einer von Ihnen sagen, weshalb der Herrscher mich sehen möchte?“
„Entschuldigen Sie bitte, meine Herren“, antwortete A.G., der die Spannung spürte, rasch in Kiswahili und versuchte, beide als Gleichgestellte anzusprechen. „Wir haben unterlassen, was die Engländer ,introduction‘ nennen, und in Kiswahili: Menschen miteinander bekannt machen. Das hier ist der Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Mr. und Dr. Machokali.“
Die Worte „meine Herren“ irritierten Machokali und er blickte A.G. scharf an, als wollte er ihn warnen: Der einzige „Herr“ hier ist der Minister.
„Hat Minister Sikiokuu Ihnen nicht gesagt, worum es geht?“, fragte Machokali.
„Nur, dass der Herrscher nach mir geschickt hat.“
Machokali sprach nicht über die Einzelheiten der Krankheit des Herrschers, sondern drängte den Zauberer, alle Kräfte einzusetzen, über die er seinem Ruf nach verfügte, um den Chef zu heilen. Am nächsten Tag solle er wieder nach Aburĩria zurückfliegen. So einfach wäre das.
„Ich leide ein bisschen unter Jetlag“, sprach der Herr der Krähen nachdrücklich zu Machokali. „Ich will erst ein wenig ausruhen, damit mein Kopf klar wird.“
Jetlag? Was wusste dieser Hexenmeister über Jetlag? Machokali sprach seine Neugier nicht aus, sondern drängte zur Eile.
Wieder spürte A.G. die Spannung zwischen den beiden und flüsterte Machokali schnell etwas ins Ohr. „Wir sollten nachgeben. Wir wollen ihn nicht verärgern.“
Machokali passte das Benehmen des Hexenmeisters überhaupt nicht. Auch A.G.’s Angst und Unterwürfigkeit gefielen ihm nicht. Trotzdem spürte er, dass ihm nichts anderes blieb, als die Bitte des Zauberers zu akzeptieren. Es sollte nicht heißen, er wäre dafür verantwortlich, falls der Hexenmeister versagte.
„Also sehen wir uns morgen“, sagte Machokali.