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„Als ich im Radio hörte, dass der Herr der Krähen vor der Volksversammlung sprechen würde“, sollte A.G. später berichten, „drehte sich mir der Kopf, weil mich der Herr der Krähen ein weiteres Mal erstaunte. Erst wenige Tage zuvor hatte man ihn in Handschellen abgeführt. Und jetzt das! Noch erstaunlicher war die Einladung der Regierung an alle Bürger, sich der Volksversammlung anzuschließen. War es nicht erst gestern gewesen, dass die Polizei die Warteschlangen brutal auseinandergetrieben hatte? Hatte der Herrscher nicht erst vor Kurzem gedroht, die Volksversammlung von Panzern niederwalzen zu lassen? Jetzt befahl er seiner Polizei, alle zu verhaften, die die große Versammlung stören würden. Ich machte mir ein wenig Sorgen, vor allem, weil so viele widersprüchliche Geschichten im Umlauf waren …“
Wer dabei war, wird sich erinnern, wie der Krieg der Gerüchte mit jedem Tag an Schärfe zunahm. War die Versammlung ein von der Regierung organisiertes Schauspiel oder eine wirkliche Volksversammlung? Die beiden wesentlichen Transportmittel zur Verbreitung der Behauptungen und Gegenbehauptungen waren der staatliche Rundfunk, im Volksmund Sprachrohr des Herrschers getauft, und die Mund-zu-Mund-Propaganda des Volkes, die allgemein nur Buschfunk genannt wurde. Kam vom Sprachrohr etwas über den Geburtstag des Herrschers, konterte der Buschfunk mit Berichten über den Tag, an dem der Diktator gebären würde. Behauptete das Sprachrohr, dass der Mann, der die Lügen über die männliche Schwangerschaft verbreitet habe, bereit sei, vor der Volksversammlung ein Geständnis abzulegen, kam der Buschfunk mit der Behauptung, der Herrscher wolle an diesem Tag seine Schwangerschaft vor der versammelten Menge eingestehen.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sogar jene, die einem Besuch der Versammlung skeptisch gegenüberstanden, ihre Meinung geändert. Sie mussten dabei sein, um selbst zu hören, zu sehen und herauszufinden, welche der widersprüchlichen Behauptungen von Sprachrohr und Buschfunk stimmte. Dann verkündete das Sprachrohr die überraschende Neuigkeit, der Herr der Krähen werde am Tag der Versammlung mit Hilfe eines Spiegels Nyawĩras Aufenthaltsort offenbaren.
„Nun ja, ehrlich! Haki ya Mungu! Ich machte mich ebenfalls auf den Weg, na ja, wohin sonst als zur Volksversammlung.“