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Kenny sah nach Jonathan wie nach einem kranken Verwandten. Er saß still da, mit hängendem Kopf und aufgerissenen Augen in dem ausgezehrten Gesicht, die in der Finsternis weiß leuchteten.
»Bald ist es vorbei«, sagte Kenny, machte die Tür zu und schloss sie ab.
Er setzte sich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Aber er fand keine Ruhe. Es juckte ihn in den Händen und im Nacken. Er ging an den Computer und druckte sich eine Karte der Bath Valley Woods aus.
Als er es nicht mehr aushielt, fuhr er mit dem Bulli auf die A63 und über ein paar Landstraßen und parkte dann auf einem verlassenen Rastplatz. Er ging zu Fuß weiter, stapfte durch hohes Gras und Bärlauch, die Hände in den Taschen seiner Windjacke vergraben. Ab und zu nahm er sie heraus, um die Karte zu konsultieren.
Das trostlose Krächzen der Krähen begleitete ihn. Er blieb in einem Hasel- und Eichenwäldchen stehen und sah hinunter auf die Flickendecke der Landschaft. Er sah den südöstlichen Rand der Bath Valley Woods, die skelettartigen Überreste eines Farmhauses.
Weit unten entdeckte er den Polizeisuchtrupp. Ein großes weißes Zelt, von dem Kenny vermutete, dass es über der alten Jauchegrube errichtet worden war, in der ihre Überreste lagen. Die Leute duckten sich, wenn sie durch die Klappe am Eingang hinein- und hinausgingen.
Da waren Land Rover mit blinkendem Blaulicht, Männer und Frauen in weißen Papier-Overalls, zwei von ihnen mit Videokameras, einer mit einer Spiegelreflexkamera. Gelbe Baumaschinen warteten am Rand der Einsatzzone, Männer mit Arbeitsschuhen, Signalwesten und Schutzhelmen rauchten Selbstgedrehte, redeten wenig.
Kenny suchte seine Taschen ab und zündete sich eine Zigarette an, die erste seit vielen Jahren.
Er dachte, ihm würde davon übel werden, aber er spürte nichts. Er merkte, wie der Rauch durch seine Lunge in seine Adern eindrang und in sein Gehirn aufstieg. Sein Blick wurde klar.
Er setzte sich mit dem Rücken an einen Baum, rauchte und sah den Menschen weit unten zu.
Er blieb dort während eines Regengusses sitzen, der ihn bis auf die Knochen durchnässte, er blieb, bis das Geschnatter der Journalisten hinter den Absperrgittern gelangweilt und ungeduldig wurde. Er war noch immer dort, als die tragbaren Bogenlampen aufgestellt und eingeschaltet wurden.
Die Journalisten entfernten sich einer nach dem anderen. Der Regen zog ab und setzte wieder ein. Die Sonne ging auf und der Nebel stieg hellgrau aus dem grünen Grund auf.
Die Bogenlampen gingen aus und die Polizei begann, die Zelte abzubauen und sie hinten in den Transportern zu verstauen.
Er sah zu, wie die erschöpften und niedergeschlagenen Polizisten sich noch einen Kaffee und vielleicht eine Zigarette gönnten, dann zusammenpackten und nach Hause fuhren.
Wo immer Callie Barton war, hier war sie nicht. Sie war nicht in der Jauchegrube, wie Jonathan gesagt hatte.
Kenny stand auf, während er noch eine Zigarette rauchte. Er zitterte.
Als er zurück zum Bulli ging, machte das Gras ihn nass bis an die Knie. Er konnte seinen Atem hören. Ein Flugzeug flog über ihm hinweg.
Er fragte sich, was er jetzt tun sollte.