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Kenny machte sich nun weniger Sorgen, wenn er das Cottage verließ. Jonathan war zu schwach und entmutigt, um einen weiteren Fluchtversuch zu wagen.

Also beschloss Kenny, den Bus in die Stadt zu nehmen. Er fühlte sich zu müde, um selbst zu fahren.

Er traf sich mit Pat vor dem Büro seines Notars. Sie gab ihm Paul Sugars Kontaktdaten, die sie von Hand auf ein Blatt ihres Terminkalenders gekritzelt und dann herausgerissen hatte.

Kenny las sich das Blatt durch, versuchte, die Daten auswendig zu lernen, aber es gelang ihm nicht.

Der Notar hieß Desmond Cale. Kenny kannte ihn schon so lange, dass er hatte beobachten können, wie er immer mehr zu einem fetten Cherub mutierte, nach der Scheidung glatzköpfig und dünn wurde und nun nach der erneuten Heirat wieder fett.

In Cales Büro beschrieb Kenny den Nachtrag, den er zu seinem bestehenden Testament hinzufügen wollte.

Cale stellte keine Fragen – nicht einmal, als Kenny Pats Zettel zur Hand nahm, um ihm Paul Sugars Kontaktdaten zu nennen.

Dann war das Geschäft abgeschlossen. Kenny verabschiedete sich mit Handschlag von seinem Notar.

 

Draußen überreichte er Pat einen Umschlag. Er enthielt eine Kopie des geänderten Testaments. Pat nahm den Umschlag und steckte ihn in ihre Handtasche.

Kenny sagte: »Jonathan Reese hat sie ermordet. Er hat es mir gesagt.«

»Das interessiert mich einen Scheißdreck.«

Kenny wollte noch etwas sagen, aber er wusste nicht was.

Pat ging. Er konnte nicht zusehen. Er vermisste sie so schmerzlich, als wäre er schon tot.

Er wollte ihr hinterherrennen, sie aufhalten, am Ellbogen packen, erzählen, was er getan hatte: dass er in die Leere gegriffen und Callie Barton zurück ans Licht gezerrt, ihrer Geschichte ein Ende gegeben hatte.

Aber das konnte er nicht – nicht ohne zu erklären, dass Jonathan Reese noch lebte, gefesselt, geschlagen und halb verhungert im hintersten Zimmer.

Er ging mit den Händen in den Taschen zur Bushaltestelle. Er trat die lange Fahrt nach Hause an und hörte dabei zu, wie die Leute höflich zueinander waren. Er sah ihnen zu, wie sie in den Bus einstiegen und dann wieder ausstiegen, sich beim Fahrer bedankten –

Danke, tschüs, riefen sie.

Er vermisste sie alle. Er vermisste jeden Einzelnen.