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Kenny schrieb die Liste, weil er bald sterben würde.

Am Morgen hatte sich bei einer Kernspintomografie gezeigt, dass ein bösartiger Hirntumor im feuchten Versteck seines Schädels gediehen war wie ein Pilz auf dem Kompost.

Er hatte noch sechs Wochen, vielleicht weniger. Eine aggressive Chemotherapie und ein brutales invasives Verfahren, das »partielle Resektion« genannt wurde, könnten die Frist möglicherweise um einen Monat verlängern. Aber Kenny erschien das sinnlos.

Also bedankte er sich bei seinen Ärzten, verließ das Krankenhaus und ging spazieren.

Es war Mitte Juli, und der schwüle Nachmittag kühlte langsam ab. Der Bürgersteig roch nach Regen, Dunst stieg vom heißen Asphalt auf.

Kenny setzte sich in den Castle Green Park. Er trug Cargo-Shorts und ein T-Shirt. Sein Haar war pusteblumenweiß. Er sah den Büroangestellten und den Autos und Bussen und Taxis zu. Dann rief er Mary an.

Sie nahm beim zweiten Klingeln ab mit einem gut gelaunten: »Hey, na?«

»Na?«

»Geht’s dir gut?«

»Ja!«

»Du klingst aber gar nicht so.«

Vor Jahren waren Kenny und Mary verheiratet gewesen. Jetzt waren sie zwar nicht mehr verheiratet, aber man hört nie auf, die Stimme des anderen zu kennen.

»Können wir uns treffen?«, fragte Kenny.

»Heute Abend kann ich nicht, Liebling. Ich hab zu tun.«

»Nur fünf Minuten? Nur für ein Sandwich.«

»Hör zu, bis ich dort bin … Vielleicht morgen?«

»Morgen kann ich nicht. Ich habe einen Kunden.«

»Dann übermorgen. Donnerstag? Geht’s dir gut?«

»Ja, mir geht’s prima. Mir geht’s gut.«

»Wirklich?«

»Ja.«

»Dann also am Donnerstag. Treffen wir uns mittags zum Picknick, wenn das Wetter schön ist?«

»Das klingt gut. Ich melde mich.«

Er verabschiedete sich, legte auf und steckte das Handy in die Tasche.

Er vergewisserte sich, dass seine Hausschlüssel und sein Portemonnaie da waren. Er ging das Rezept für Antiepileptika und Corticosteroide einlösen, die ihm die nächsten paar Wochen ein wenig angenehmer machen sollten.

Dann schlenderte er zur Bushaltestelle. Es war nicht weit, und er hatte keine Eile.