1986
Draussen brach bereits der Morgen an, als Josef zum Telefon griff. Ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte trommelnd, wartete er Freizeichen für Freizeichen ab, doch es half alles nichts. Wütend liess er den Telefonhörer zurück auf die Gabel sausen, nur um ihn sogleich wieder ans Ohr zu heben und erneut zu traktieren. Diesmal musste er nicht lange läuten lassen, bis sich eine Stimme am anderen Ende der Leitung meldete.
„Bei Amstutz.“
„Moritz?“
„Josef! Welch eine Überraschung! Wie geht es dir?“
„Was gedenkst du jetzt zu tun?“ Josefs Lust auf Smalltalk war ihm gründlich vergangen.
„Womit?“ Moritz schien ernsthaft verblüfft.
„Tu nicht so, ich weiss ganz genau, dass du das warst.“
„Was war ich denn? Mensch Josef, ich bin soeben aufgestanden und werde aus deinen Worten nicht ganz schlau. Das überfordert mich ehrlich gesagt ein bisschen. Du musst schon etwas deutlicher werden.“
„Kein Problem. Ich hatte einen interessanten Besuch von einem gemeinsamen Bekannten. Er sah etwas, nun, sagen wir, niedergeschlagen aus.“
„Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“
„Nein, natürlich nicht. Überleg dir gut, ob du die gesammelten Informationen gegen mich verwenden willst. Ich verspreche dir, lasst ihr mich abstürzen, reiss ich euch mit.“
„Abgesehen davon, dass ich nicht weiss, wovon du sprichst, wie willst du mich denn mit in den Abgrund ziehen? Willst du wilde Geschichten erzählen?“
„Vielleicht will ich bei einem der Aktionäre einen anonymen Tipp deponieren, damit die ein bisschen rumschnüffeln?“
Der soeben noch vorrätige Sarkasmus sank mit einem Schlag auf Null. „Sei dir deiner Sache bloss nicht so sicher, mein Guter, das könnte nämlich ein böses Ende nehmen.“ Dann legte Moritz auf.
„Liebling, ich muss weg.“ Moritz Amstutz beeilte sich, seine Sachen zusammenzusuchen und stürzte, ohne eine Antwort seiner Frau abzuwarten in die frische kühle Morgenluft.