VIERUNDSECHZIG

Alexis Calhoon hatte zu ihrer Zeit als Chefin der Phantom Ops schon allerlei Ungewöhnliches gesehen, aber was sie heute im Speisesaal von Landingham Manor erlebt hatte, konnte sie niemandem schildern, ohne so zu klingen, als ob sie den Verstand verloren hätte. Irgendwann würde sie jedoch wichtigen Leuten erklären müssen, wie der Papst in die unmittelbare Gefahr hatte geraten können, von Frankenstein ermordet zu werden. Dazu kam noch die Kleinigkeit des fehlenden Mistralyts, gestohlen von Dr. Jekyll. Und natürlich die zu Zombies gewordenen Dinnergäste. Scheiße, sie brauchte eine gute Geschichte. Und zwar schnell!

Sie stand auf der Bühne und betrachtete die Verwüstung auf dem Parkett. Hunderte und Aberhunderte rauchender Leichen lagen im Speisesaal verstreut. Der Gestank von Tod und Pulverdampf war Übelkeit erregend. Nur eine Handvoll Menschen hatte hier überlebt, und Calhoon war dankbar, dass sie zu ihnen gehörte. Ihr Leben schuldete sie den vier Männern, die in einem violetten Cadillac aufgetaucht waren. Elvis, Rodeo Rex, der Bourbon Kid und der Rote Irokese waren vier der meistgesuchten Killer der zivilisierten Welt. Calhoon hätte sich nie vorstellen können, sich einmal über ihren Anblick zu freuen. Die Gang hatte noch ein fünftes Mitglied, das Calhoon einen Augenblick lang vergessen hatte. Die Britney-Spears-Doppelgängerin in dem roten Catsuit und der schwarzen Gesichtsmaske kam ausgelassen durch die zerschmetterte Tür in den Speisesaal gehüpft.

Sonst hatten nur Devon und Baby überlebt sowie, viel wichtiger, der Papst. Calhoon sah ihn bewusstlos unter Solomon Bennetts Leiche am Boden liegen.

Als Calhoon jedoch gerade glaubte, Chaos und Gemetzel wären überstanden, sah sie einen letzten Dinnergast von den Toten auferstehen. Sie kannte den Mann. Tyrone Malone war ein reicher Stifter, von dem sie ein ansehnliches Gebot für das Mistralyt erhofft hatte. Er hatte sich in eine der mutierten blutrünstigen Kreaturen verwandelt und war verdammt flink auf den Beinen. Aus dem Nichts heraus ging er von hinten auf Baby los. Ehe Calhoon eine Warnung rufen konnte, kam ihr Devon Pincent zuvor.

»Baby, pass auf!«

Der Mutant streckte die Hand aus und packte Baby an der Schulter. Seine Zähne waren entblößt und bereit, sich einen Bissen aus Babys Hals zu genehmigen.

Devon Pincent hatte sich seit Jahren nicht mehr so schnell bewegt. Er stürmte auf Baby zu, und kurz bevor sich die Zähne des Mutanten in Babys Schulter schlagen konnten, rammte er ihm seine Hand in den Mund. Der Mutant biss kräftig zu und zermalmte Devons Fingerknochen. Devon heulte vor Schmerzen auf, aber er war ein Kämpfer. Er mochte vielleicht nicht mehr so jung und beweglich wie früher sein, aber wenn das Leben seiner Tochter in Gefahr war, gab es nichts, wozu er nicht bereit war. Es kam zu einem Gerangel zwischen ihm und dem Mutanten. Devon zerrte den Kerl von Baby weg, aber der Mutant interessierte sich ohnehin nur dafür, in Menschenfleisch zu beißen. Devon kam schlecht weg, aber es gelang ihm, seinen Gegner zu Boden zu bringen.

Baby kreischte, wich zurück und stolperte über eine der herumliegenden Leichen. Joey, Rex und Elvis stürmten Devon zu Hilfe. Joey packte den Mutanten von hinten am Hals und schleuderte ihn zur Seite. Der Zombie rutschte über den Boden, bis er an einen Leichenberg stieß. Er sah aus, als hätte er den Lippenstift eines Clowns aufgetragen. Rotes Blut klebte rings um seine Lippen. Devons Blut.

Elvis setzte nach, packte den Mutanten und hob ihn hoch. Wie ein Wrestler schleuderte er ihn auf ein in die Luft ragendes Tischbein. Der Hinterkopf knirschte laut, als das Metalltischbein ihn durchstieß und mitten im Gesicht wieder austrat. Der Mutant zuckte noch einige Sekunden lang, ehe er als blutiger Haufen verschied.

Calhoon stürmte die auf die Bühne führenden Stufen hinab, um nach Devon zu sehen. Er war in schlimmer Verfassung. Blut sickerte ihm aus dem Hals, und der Glanz war ihm aus den Augen gewichen. Baby erreichte ihn zuerst und barg seinen Kopf in den Armen.

»So helft ihm doch!«, schrie sie.

Joey hockte sich neben sie. Er warf einen Blick auf Devon und sah dann zu Calhoon auf. Er hatte das Gleiche gesehen wie sie. Devon Pincents Zeit war abgelaufen. Um seine Tochter vor dem letzten Zombie zu retten, hatte er das eigene Leben geopfert.

Wenige Augenblicke später erkannte Baby das auch. Sie brach in Tränen aus, als ihr dämmerte, dass ihr Vater im Sterben lag. Devon hustete Blut und versuchte verzweifelt, ein paar letzte Worte an seine Tochter hervorzuwürgen. Diese Worte erklangen jedoch nie. Baby streichelte ihm den Kopf und tat ihr Bestes, um die Tränen zurückzuhalten, um für ihn stark zu sein. Letztlich holte er noch einmal scharf Luft, ehe er schwer und schlaff wurde, und in den Armen seiner Tochter verstarb.

Drei Killer für ein Halleluja
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