♦ EINUNDDREISSIG
Jack Munson stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz vor Apartment 17 des County Motels ab. Er hatte genug chinesisches Essen für vier Personen mitgebracht, auch wenn es nur für ihn selbst und Jasmine gedacht war. Sie war irgendwie vage geblieben, was ihre Essenswünsche anging, sodass Jack einen ganzen Haufen Appetithappen und Hühnchengerichte bestellt hatte.
Er schnappte sich die braune Papiertüte mit den Speisen und sprang aus dem Wagen. Als er die Tür zuknallte, war fast sofort das dröhnende Geräusch eines Motorrads zu hören, das hinter ihm auf den Motel-Parkplatz fuhr. Er drehte sich um und sah Joey Conrad auf seiner gelb-roten Maschine heranrauschen, mit Baby als Sozia, die sich an ihn klammerte, als ginge es um ihr Leben.
Die beiden parkten auf dem leeren Platz neben Jacks Wagen, und Joey schaltete den Motor aus. Baby sprang vom Bike herunter.
»Hallo, Jack«, sagte sie. Man konnte sehen, dass sie tief erschüttert war, ganz wie am Vorabend, als sie vor Jacks Tür aufgetaucht war und erzählt hatte, wie Danny Zuco über eine Klippe geworfen worden war. Jack wusste nicht recht, ob es jetzt an Joeys gewagter Fahrweise oder etwas anderem lag.
Es liegt an etwas anderem.
»Alles okay mit euch?«, fragte Jack.
Joey stieg vom Motorrad. »Eigentlich nicht«, antwortete er. »Ich hab gerade gegen Frank Grealish gekämpft.«
»Frankenstein ist hier? Du hast ihn gesehen? Wo?«
»In Babys Schule.«
Baby platzte dazwischen. »Er hat mich über seine Schulter geworfen und versucht, mich zu entführen. Dann ist aber dieser Rodeo Rex aufgetaucht, und sie sind aufeinander losgegangen.«
»Rodeo Rex?«
Joey bestätigte das. »Ich hab ihn selbst gesehen. Er und ich haben uns dabei abgewechselt, Frankenstein in den Arsch zu treten. Ich sage dir: Frank Grealish ist absolut unbesiegbar! Man kann ihn treten, schlagen, verdammt, man kann auf ihn schießen – aber er spürt keine Schmerzen, er kriegt keine blauen Flecken, und er blutet auch nicht. Sobald ich das spitzgekriegt hatte, haben wir uns wie der Teufel vom Acker gemacht und sind direkt hierher gefahren.«
Jack hörte sich an, was Joey und Baby zu berichten hatten. Er versuchte alles zu verarbeiten, obwohl es sich um eine echt abgefahrene Geschichte handelte. Er entdeckte aber noch einen Aspekt, der bedacht werden musste.
»Joey, du darfst nicht hierbleiben«, sagte er.
»Was? Wieso nicht?«
Jack deutete auf Joeys Maschine. »Du hast einen Peilsender am Motorrad.«
Joey betrachtete die Stelle, auf die Jacks Finger zeigte. Ein kleines Plastikgerät pappte an der Unterseite der Sitzbank. »Woher zum Teufel kommt das?«, rief er und griff danach.
»Lass die Finger davon!«, blaffte Jack.
»Wie bitte?«
»Da hat jemand überstürzt gearbeitet. Wer immer das war, er folgt dir möglicherweise in diesem Moment. Du solltest in Bewegung bleiben, kreuz und quer durch die Stadt fahren, dann bei passender Gelegenheit das Gerät abnehmen und an einen Pickup oder sonst was heften. An eine Kiste, die voraussichtlich in Bewegung bleiben wird.«
Joey fasste sich mit beiden Händen an den Kopf. »Scheiße!«
»Mach hin«, sagte Jack. »Baby kann mit mir kommen. Wir flitzen kurz ins Motel, schnappen uns Jasmine und suchen uns woanders ein sicheres Versteck. Ruf uns später an. Sollte ich dann das Wort Hühnchen erwähnen, ist irgendetwas nicht in Ordnung, okay? Verstanden?«
Joey nickte. »Hühnchen, ja klar, kapiert.« Er packte Baby und küsste sie auf die Lippen. »Alles kommt in Ordnung. Wir sehen uns bald.«
»Okay, jetzt mach schnell. Los!«, sagte sie und wusste nur zu gut, wie heikel die Lage war.
Joey sprang wieder aufs Motorrad und ließ den Motor aufheulen. »Jack, lass mir was von dem chinesischen Essen übrig, das ich hier wittere.«
»Keine Sorgen, das reicht für die Speisung der Fünftausend«, sagte Jack.
Joey wendete die Maschine und raste vom Parkplatz des Motels zurück auf die Straße, begleitet von einem Chor quietschender Reifen, tutender Hupen und fluchender Fahrer, die ihm »Schwachkopf!« zubrüllten.
»Komm, Baby«, sagte Jack. »Holen wir Jasmine und verziehen uns.«
Er ging zu Apartment 17, steckte den Schlüssel ins Schloss und schob die Tür auf.
»Nach dir, Baby«, sagte er lächelnd.
Baby betrat das Motelzimmer. Jack folgte ihr und schloss die Tür hinter ihnen.
Baby schrie: »O mein Gott!«