♦ FÜNFUNDVIERZIG

Joey und Rex fesselten die Doppelgänger von Britney Spears und Elvis neben Jon Bon Jovi und David Bowie an einen Baum. Die vier Gefangenen waren mit Klebeband geknebelt, sodass sie nicht um Hilfe rufen konnten. Und ein unverkennbarer Fäkaliengestank hing in der Luft, der Jon Bon Jovis vollgeschissener Lederhose zu verdanken war.

Sobald Rex überzeugt war, dass sich die Gefangenen auf keinen Fall selbst befreien konnten, kehrten er und Joey zum Tourbus zurück. Rex sprang an Bord, setzte sich ans Lenkrad und ergriff die Rolle des Chauffeurs, ohne das mit den anderen abzusprechen. Während er noch daraus schlau zu werden versuchte, wofür all die Steuerungselemente am Armaturenbrett dienten, schnappte sich Joey die orangene Perücke des David-Bowie-Darstellers, die der Wind mitten auf der Straße spazieren führte.

Es war schon länger beschlossene Sache, dass Joey den David Bowie geben sollte, aber er hatte darin eingewilligt, ehe er das Outfit zu sehen bekam. Ein Ziggy-Stardust-Kostüm wirkte weder furchterregend noch männlich. Obwohl alle anderen ganz nach den Sängern aussahen, die sie verkörperten, entschied Joey, bei seiner üblichen Ausstaffierung in schwarzer Jeans, schwarzem T-Shirt und auch der roten Lederjacke zu bleiben. Elvis und Rex brauchten sich nicht umzuziehen, denn sie sahen schon wie Elvis und Jon Bon Jovi aus. Joey machte deutlich, dass er die Perücke aufsetzen würde, falls sein Leben davon abhing. Aber den hautengen Anzug? Scheiße noch mal, nein!

Er gesellte sich zu Elvis und Jasmine hinten im Bus. Beide saßen dort nebeneinander auf einer bequemen Polsterbank an der Seite, und Joey nahm den Plastikstuhl am Spülbecken.

Jasmine trug wieder ihre Gesichtsmaske, was nicht wirklich gut zu dem roten Catsuit passte, aber ihr blieb nicht viel übrig.

»Probier mal die Perücke an«, sagte sie und musterte das orangene Haarknäuel in Joeys Händen.

»Ich bin nicht überzeugt, dass ich damit wie David Bowie aussehe«, wandte Joey ein.

Elvis blickte über die Sonnenbrille hinweg. »Vielleicht nicht«, sagte er, »aber du siehst damit wenigstens nicht mehr wie du aus.«

»Was soll das denn heißen?«

»Nun«, antwortete Elvis diplomatisch, »alle Welt denkt, dass du planst, den Papst umzubringen. Da kann es nicht schaden, dein Äußeres ein wenig zu ändern.«

Jasmines Miene hellte sich auf. »Ich trag dir Make-up auf«, sagte sie strahlend. »Ich male dir das Gesicht weiß an und ziehe eine rote Linie darüber, wie es Ziggy Stardust gemacht hat.«

Weiter vorn hatte Rex inzwischen ausgetüftelt, wie er den Bus in Bewegung setzen konnte, und folgte der Straße mit einer Geschwindigkeit, die man üblicherweise als Kriechtempo betrachtete. Etliche schicke Autos brausten an ihnen vorbei, aber auch der Bus erreichte schließlich das Tor vor Landingham Manor und reihte sich in einer Schlange aus Autos und Limousinen ein, die auf Einlass warteten.

Die nächsten dreißig Meter nahmen weitere zwanzig Minuten in Anspruch, denn eine Gruppe Marines am Tor kam ihrem Auftrag, die Ausweise sämtlicher Gäste zu prüfen, auf sehr gründliche Weise nach. Das gab Jasmine jedoch auch eine Menge Zeit, Joeys Gesicht aus den Make-up-Beständen der Double-Fantasy-Sänger weiß anzumalen. Mit einem roten Lippenstift zog sie dann eine diagonale Linie vom Kinn bis zum Haaransatz. Um die Sicherheitskontrollen zu überwinden, willigte Joey ein, für eine Weile auch die orangene Perücke zu tragen.

Dann schloss er sich Rex vorn an, gerade rechtzeitig, als ein stämmiger Marine in Tarnuniform und mit rasiertem Schädel auf den Bus zukam.

Rex flüsterte Joey aus dem Mundwinkel zu: »Das sollte besser klappen, denn sonst sind wir am Arsch.«

»Das ist nicht unser größtes Problem«, fand Joey.

»Nein?«

»Nein, meine größte Sorge ist: Wir wissen nicht, ob diese Soldaten echt sind oder zu Solomon Bennetts Bande gehören.«

»Welchen Unterschied macht das?«

»Solomons Leute suchen nach uns. Die echten Soldaten nicht.«

»Mir wäre wohler, wenn wir Knarren hätten.«

»Mir auch, aber die haben wir nun mal nicht, also hör auf zu meckern!«

»Hör du auf zu meckern!«

Der kahlgeschorene Marine tippte an Rex’ Fenster. Rex drehte es herunter und schenkte ihm ein falsches Lächeln. »Morgen, Officer«, sagte er.

Der Marine blickte forschend durch das Fenster. »Guten Tag«, sagte er. »Ich bin Private Downey. Wie geht es Ihnen heute?«

»Gut, danke«, sagte Rex.

»Sie sind die Band, Double Fantasy, nicht wahr?«

»Richtig«, sagte Rex. »Ich bin Jon Bon Jovi.« Er wies mit dem Kopf über die Schulter. »Das ist David Bowie. Elvis und Britney Spears sitzen hinten.«

Private Downey hakte das auf seinem Klemmbrett ab. »Okay«, sagte er. »Ich muss allerdings einsteigen. Bitte halten Sie Ihre Ausweise bereit.«

Joey hielt sämtliche Ausweise in der Hand. Er beugte sich über Rex und hielt sie Private Downey hin. »Ich habe hier alle unsere Ausweiskarten«, sagte er.

Private Downey sah ihn an, betrachtete eine Weile lang forschend sein Gesicht. Es schien, als wollte er etwas zu Joeys dickem Make-up sagen, aber nach langer Unterbrechung entschied er sich dagegen. »Reichen Sie mir bitte Ihre Papiere.«

Joey übergab sie ihm. Private Downey zog ein kleines Gerät von der Größe eines Handys aus der Tasche, scannte die Ausweise damit und verglich jeden mit dem Foto, das in seinem Gerät angezeigt wurde. Als er fertig war, gab er Rex die Karten zurück, der sie an Joey weiterreichte.

»Öffnen Sie bitte die Tür«, sagte Downey. »Ich muss trotzdem einsteigen.«

Er ging um die Front des Busses herum zur Tür auf der anderen Seite. Rex drückte eine Taste am Armaturenbrett, um sie zu öffnen. Die Scheibenwischer gingen an. Er drückte erneut zu und schaltete sie ab. Dann drückte er eine andere Taste, und Wasser spritzte auf die Windschutzscheibe.

»Was machst du da?«, fragte Joey.

Rex flüsterte ihm aus dem Mundwinkel zu: »Welche Taste öffnet die verdammte Tür?«

Joey stand auf und öffnete die Tür von Hand. Private Downey stieg ein und warf Rex einen komischen Blick zu.

»Waren Sie in Sorge, es könnte zu regnen beginnen?« fragte er.

»Man kann nie vorsichtig genug sein«, fand Rex.

»Stimmt«, sagte Downey. »Ich vermute, dass Sie keinen anderen Bus gesehen haben, einen voll mit Caterern?«

»Nein, wieso?«, kam von Rex.

»Wir erwarten heute nur zwei Busse. Ich habe Sie um die Kurve kommen sehen und gehofft, Sie wären der Catering-Bus. Diese Arschlöcher verspäten sich wieder mal.«

»Caterer, wie?«, fragte Joey. »Mistkerle.«

»Yeah. Jedenfalls dauert das hier nur eine Minute.«

Private Downey hatte einen durchsichtigen Plastikmüllsack dabei. Er verbrachte die nächsten Minuten damit, in jedem Winkel des Busses nach versteckten Bomben oder Waffen zu suchen. Er kannte sich offensichtlich in einem Tourbus aus, denn er entdeckte jedes einzelne versteckte Fach oder Lager. Alles, was er fand und was ihm schon vom Anblick her nicht gefiel, landete im Plastikmüllsack. Die ursprüngliche Double-Fantasy-Band hatte etliche Sachen versteckt, die für die Veranstaltung ungeeignet waren. Als Private Downey seine Suche abschloss, enthielt sein Müllsack drei verschiedene Sorten Partydrogen, zwei Dildos, eine Wasserpfeife, einen Analstöpsel und eine Analkugelkette.

»Sie wissen aber wirklich, wie man sich eine schöne Zeit macht, wie?«, sagte er an Elvis und Jasmine gewandt, während er sich ein abschließendes Mal im hinteren Teil des Busses umsah.

»Nichts von dem Zeug gehört uns«, sagte Jasmine.

»Wem dann?«, wollte Downey wissen.

»Oh, es gehört alles …«

Elvis stieß Jasmine mit dem Ellbogen an und bat in Gedanken inständig, sie möge nicht verraten, dass sie den Tourbus der echten Band gestohlen hatten.

Downey musterte beide argwöhnisch. »Gehört wem

Jasmine musste schnell reagieren. »Es gehört alles dem Fahrer«, sagte sie. »Er ist der Perverse hier.«

Private Downey blickte zu Rex hinüber und sah dann wieder die Tüte voller Sexspielzeug und Drogen an. Offensichtlich stellte er sich vor, wie Rex die Gegenstände in der Tüte einsetzte, denn er zuckte erkennbar zusammen.

»Na gut«, sagte er. »Benutzt er diese ganzen Sachen für sich selbst?«

Jasmine nickte. »Ich denke, er hat noch eine Analkugelkette.«

»Wo?«

»Wo denken Sie?«

Private Downey verzog das Gesicht wie jemand, der gerade einen Mund voll saure Milch getrunken hatte. »Uuuh, er kann sie behalten.«

Private Downey verließ den Bus und achtete dabei auf sichere Distanz zu Rex. Er schloss die Tür hinter sich und gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, dass sie weiterfahren sollten. Seinen Kameraden signalisierte er, dass der Bus okay war. Rex schaltete erneut ein paarmal die Scheibenwischer ein, ehe er sich endlich zurechtfand und die Handbremse löste, damit es weitergehen konnte. Der Tourbus fuhr durchs Tor auf das Grundstück. Joey prüfte im Außenspiegel, ob Private Downey sie nach wie vor im Auge hatte, aber Downey war zu einem weiteren Bus gegangen, der hinter vier Limousinen in der Schlange stand. Das war der Bus, auf den er gewartet hatte. Der Wagen von Gold Star Catering.

Drei Killer für ein Halleluja
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