NEUNUNDVIERZIG

Frankenstein würgte den Bourbon Kid langsam zu Tode. Die Riesenhände, mit denen er den Hals des Kids umklammert hielt, erweckten den Anschein, als könnte dem Kid jederzeit der Kopf von den Schultern platzen. Dante und Kacy mussten schnell eine Entscheidung treffen, denn das Gesicht des Kids lief inzwischen blau an.

Dante packte Kacy an der Hand. »Ich denke, wir sollten uns aufteilen«, sagte er und zerrte sie Richtung Ausgang des Lagerhauses.

»Was ist mit dem Kid? Sollten wir nicht versuchen zu helfen?«

»Wir können nichts ausrichten. Ich meine, was könnten wir denn tun?«

Das hatte etwas für sich. Kacy fiel nichts ein, womit sie Frankenstein auf irgendeine Weise verletzen könnten. Und so wie sich diese ganze Situation entwickelte, würde Frankenstein schon bald sie beide aufs Korn nehmen.

Sie blickte Dante in die Augen. Sie wusste, dass er dem Kid helfen würde, wenn auch nur die geringste Chance dazu bestünde. Dante war der tapferste Mann, den sie kannte. Das war einer der Gründe, warum sie ihn liebte. Er hatte schon häufig das eigene Leben riskiert, um sie zu beschützen, und sie vermutete, dass er genau das auch jetzt wieder im Sinn hatte. Sie ließ sich von ihm zum Ausgang zerren, und sie beide rannten los, so schnell sie konnten. Kacy bat den Bourbon Kid auf dem Weg nach draußen mit einem Lächeln um Verzeihung, hätte aber nicht sagen können, ob er es bemerkte.

Sobald sie das Lagerhaus verlassen hatten, sahen sie eine Gruppe anderer Gold-Star-Angestellter in der Ferne, wo sie zum Wüstenhighway liefen, der zurück in die Stadt führte. Kacy fluchte über die dumme Regel von Gold Star, dass die Beschäftigten auf keinen Fall Handys mit zu ihren Einsätzen nehmen durften. Jetzt saßen sie mitten im Nirgendwo fest und konnten niemanden um Hilfe rufen.

»Laufen wir den anderen nach!«, rief sie und rang schon jetzt nach Atem.

Dante zerrte sie in die Gegenrichtung zu einem weiteren verfallenen Lagerhaus.

»Auf keinen Fall«, entgegnete er. »Wenn Frankenstein herauskommt, wird er sofort die anderen verfolgen. Wir sind auf eigene Faust besser dran.«

Das zweite Lagerhaus wies ein riesiges Metalltor von gut fünfzehn Metern Breite auf und war mit schweren Vorhängeschlössern an den unteren Ecken gesichert.

»Es gibt doch bestimmt einen anderen Weg hinein?«, fragte Dante und hielt Ausschau nach einer einfacheren Möglichkeit einzudringen.

Drei Schüsse krachten in dem Lagerhaus, aus dem sie geflohen waren. Dante und Kacy blickten einander an und dachten beide das Gleiche. Wer hatte geschossen? Der Bourbon Kid oder Frankenstein?

Kacy entdeckte einen grünen Müllcontainer und zerrte Dante darauf zu. »Verstecken wir uns hier!«, sagte sie und hoffte verzweifelt, dass Dante die Vorzüge ihres Plans erkannte.

Sie stürmten zu dem Container, Dante schob den Deckel auf, und Kacy traf Anstalten hineinzusteigen. Es gelang ihr, den Oberkörper über die Kante zu schieben, und Dante erledigte den Rest für sie. Er drückte die Hände auf ihren Hintern und schob sie mit dem Gesicht voran hinein. Zum Glück lagen nur flachgedrückte Kartons im Container, sodass der Aufprall glimpflich ausfiel. Dante stieg hinter Kacy hinein und schloss den Deckel wieder, ließ aber einen kleinen Spalt offen, damit sie hinausblicken konnten.

Dann hörten sie über den Hof hinweg einen Motor im anderen Lagerhaus anspringen. Wenige Sekunden später raste Frankenstein auf seinem silbernen Motorrad ins Freie und drehte den Motor dabei hoch. Er hielt eine Knarre in der rechten Hand, um all die flüchtenden Gold-Star-Angestellten niederzuschießen, die törichterweise Kurs auf den Highway nahmen.

Kacy küsste Dante auf die Wange. »Manchmal erstaunst du mich«, sagte sie.

Dante lächelte, sagte aber nichts weiter. Er blickte Frankenstein nach, der seine Maschine noch beschleunigte und über den Highway davondüste. Die flüchtenden Gold-Star-Kollegen waren hinter einer Kurve außer Sicht geraten, aber das Schicksal dieser Leute war leicht vorherzusagen. Und dann hingen ihre Schreie kurz in der Luft, als sie einer nach dem anderen von Frankenstein erschossen wurden.

Kacys Freude darüber, dass sie Frankenstein entronnen war, verging sofort angesichts der Tatsache, dass weitere ihrer Freunde und Kollegen niedergemetzelt wurden. Außerdem stellte sich die Frage, was aus dem Bourbon Kid geworden war. Nichts wies darauf hin, dass er je wieder aus dem Lagerhaus zum Vorschein kommen würde.

»Denkst du, dass er den Bourbon Kid umgebracht hat?«, fragte sie.

Dante überlegte sich seine Antwort für einen Moment, was ungewöhnlich für ihn war. Er starrte auf das Lagerhaus und versuchte fast mit Willenskraft zu erreichen, dass der Bourbon Kid daraus hervorspazierte oder mit seinem Auto herausgeschossen kam. Das geschah jedoch nicht.

»Ich glaube nicht, dass der Kid tot ist«, sagte er schließlich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er auf diese Weise umgebracht wird.«

»Warum kommt er dann nicht heraus?«

»Ich weiß nicht. Aber warten wir noch eine Zeit lang hier drin, nur für den Fall, dass Frankenstein wieder auftaucht und nach uns sucht. Wenn der Bourbon Kid nicht in zehn Minuten aus dem Lagerhaus kommt, gehen wir hinein und sehen nach, was passiert ist.«

»Und was machen wir, wenn er tot ist?«

»Wir nehmen sein Auto und sehen verdammt noch mal zu, dass wir von hier verduften. Ich bin ziemlich sicher, dass er es gern hätte, wenn ich sein Auto nähme.«

Kacy fand Gefallen an der Vorstellung, dass Dante sie in einem coolen schwarzen Pontiac Firebird in der Stadt spazieren fuhr. Sie beide starrten eine Zeit lang schweigend zum Eingang des Lagerhauses und warteten, ob der Kid auftauchen würde. Es wurde langsam kalt, und Kacy dachte über ihre Situation nach. So hatte sie sich das Leben als verheiratete Frau nicht vorgestellt.

»Wenn wir lebend aus dieser Sache rauskommen, kündige ich diesen Job«, erklärte sie.

»Ich auch«, sagte Dante. »Ich wette, dass wir den heutigen Tag nicht mal bezahlt kriegen.«

Er ließ den Containerdeckel los, sodass sich dieser schloss und sie in Dunkelheit zurückließ. Dante fuhr Kacy mit der Hand durchs Haar, wie er es oft tat, wenn er sie anmachen wollte.

»Was machst du da?«, fragte sie.

»Ich denke mir, am sichersten wäre es, wenn wir uns noch länger hier verstecken. Bis es dunkel geworden ist vielleicht. Dann können wir unbemerkt abhauen.«

Er beugte sich vor und küsste sie sanft auf den Mund.

»Hier drin ist es aber kalt«, wandte sie ein und wich zurück.

»Diese ganzen Gefahren sind aber auch schön aufregend, oder?«

Kacy schloss die Augen und spürte, wie er aufs Neue seine Lippen auf ihre drückte.

»Schatz, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte sie und legte die Hand auf seinen Schritt. Er war schon komplett in Fahrt. Zu den Dingen, die ihr an Dante am besten gefielen, gehörte es, zu wissen, dass er sie einfach immer vögeln wollte, besonders zu den unpassendsten Gelegenheiten. Er küsste sie erneut, diesmal mit mehr Leidenschaft.

»Wir haben es noch nie in einem Müllcontainer getrieben«, murmelte er, während er hektisch bestrebt war, ihre Bluse zu öffnen.

Kacy küsste ihn jetzt ihrerseits und öffnete dabei seinen Gürtel. »Okay, aber dann machen wir es kurz.«

Drei Killer für ein Halleluja
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