Materialien zur Geschichte der Farbenlehre

Atqui perpendat philosophiae cultor, rerum

abstrusarum investigationem non unius

esse seculi; saepe veritas furtim quasi in

conspectum veniens, negligentia philosophorum

offensa subito se rursum subducit, non dignata

homines sui conspectu mero, nisi officiosos

et industrios.

Einleitung

Wird einer strebenden Jugend die Geschichte eher lästig als erfreulich, weil sie gern von sich selbst eine neue, ja wohl gar eine Urwelt-Epoche beginnen möchte, so haben die in Bildung und Alter Fortschreitenden gar oft mit lebhaftem Danke zu erkennen, wie mannigfaltiges Gute, Brauchbare und Hülfreiche ihnen von den Vorfahren hinterlassen worden.

Nichts ist stillstehend. Bei allen scheinbaren Rückschritten müssen Menschheit und Wissenschaft immer vorschreiten, und wenn beide sich zuletzt auch wieder in sich selbst abschließen sollten. Vorzügliche Geister haben sich immer gefunden, die sich mitteilen mochten. Viel Schätzenswertes hievon ist auf uns gekommen, woraus wir uns überzeugen können, daß es unsern Vorfahren an treffenden Ansichten der Natur nie gefehlt habe.

Der Kreis, den die Menschheit auszulaufen hat, ist bestimmt genug, und ungeachtet des großen Stillstandes, den die Barbarei machte, hat sie ihre Laufbahn schon mehr als einmal zurückgelegt. Will man ihr auch eine Spiralbewegung zuschreiben, so kehrt sie doch immer wieder in jene Gegend, wo sie schon einmal durchgegangen. Auf diesem Wege wiederholen sich alle wahren Ansichten und alle Irrtümer.

Um sich von der Farbenlehre zu unterrichten, mußte man die ganze Geschichte der Naturlehre wenigstens durchkreuzen und die Geschichte der Philosophie nicht außer acht lassen. Eine gedrängte Darstellung wäre zu wünschen gewesen; aber sie war unter den gegebenen Umständen nicht zu leisten. Wir mußten uns daher entschließen, nur Materialien zur Geschichte der Farbenlehre zu liefern, und hiezu das, was sich bei uns aufgehäuft hatte, einigermaßen sichten.

Was wir unter jenem Ausdrucke verstehen, wird nicht schwer zu deuten sein. Wer Materialien zu einem Gebäude liefert, bringt immer mehr und weniger, als erforderlich ist. Denn dem Herbeigeschafften muß öfters so viel genommen werden, nur um ihm eine Form zu geben, und an dasjenige, was eigentlich zur letzten besten Zierde gereicht, daran pflegt man zu Anfang einer Bauanstalt am wenigsten zu denken.

Wir haben Auszüge geliefert und fanden uns hiezu durch mehrere Ursachen bewogen. Die Bücher, welche hier zu Rate gezogen werden mußten, sind selten zu haben, wo nicht in großen Städten und wohlausgestatteten Bibliotheken, doch gewiß an manchen mittlern und kleinen Orten, von deren teilnehmenden Bewohnern und Lehrern wir unsre Arbeit geprüft und genutzt wünschten. Deshalb sollte dieser Band eine Art Archiv werden, in welchem niedergelegt wäre, was die vorzüglichsten Männer, welche sich mit der Farbenlehre befaßt, darüber ausgesprochen.

Auch trat noch eine besondre Betrachtung ein, welche sowohl hier als in der Geschichte der Wissenschaften überhaupt gilt. Es ist äußerst schwer, fremde Meinungen zu referieren, besonders wenn sie sich nachbarlich annähern, kreuzen und decken. Ist der Referent umständlich, so erregt er Ungeduld und lange Weile; will er sich zusammenfassen, so kommt er in Gefahr, seine Ansicht für die fremde zu geben; vermeidet er zu urteilen, so weiß der Leser nicht, woran er ist; richtet er nach gewissen Maximen, so werden seine Darstellungen einseitig und erregen Widerspruch, und die Geschichte macht selbst wieder Geschichten.

Ferner sind die Gesinnungen und Meinungen eines bedeutenden Verfassers nicht so leicht auszusprechen. Alle Lehren, denen man Originalität zuschreiben kann, sind nicht so leicht gefaßt, nicht so geschwind epitomiert und systematisiert. Der Schriftsteller neigt sich zu dieser oder jener Gesinnung; sie wird aber durch seine Individualität, ja oft nur durch den Vortrag, durch die Eigentümlichkeit des Idioms, in welchem er spricht und schreibt, durch die Wendung der Zeit, durch mancherlei Rücksichten modifiziert. Wie wunderbar verhält sich nicht Gassendi zu Epikur!

Ein Mann, der länger gelebt, ist verschiedene Epochen durchgegangen; er stimmt vielleicht nicht immer mit sich selbst überein; er trägt manches vor, davon wir das eine für wahr, das andre für falsch ansprechen möchten: alles dieses darzustellen, zu sondern, zu bejahen, zu verneinen, ist eine unendliche Arbeit, die nur dem gelingen kann, der sich ihr ganz widmet und ihr sein Leben aufopfern mag.

Durch solche Betrachtungen veranlaßt, durch solche Nötigungen gedrängt, lassen wir meistens die Verfasser selbst sprechen; ja wir hätten die Originale lieber als die Übersetzung geliefert, wenn uns nicht eine gewisse Gleichförmigkeit und allgemeinere Brauchbarkeit zu dem Gegenteil bewogen hätte. Der einsichtsvolle Leser wird sich mit jedem besonders unterhalten; wir haben gesucht, ihm sein Urteil zu erleichtern, nicht ihm vorzugreifen. Die Belege sind bei der Hand, und ein fähiger Geist wird sie leicht zusammenschmelzen. Die Wiederholung am Schlusse wird hiezu behülflich sein.

Wollte man uns hier noch eine heitere Anmerkung erlauben, so würden wir sagen: daß durch diese Art, jeden Verfasser seinen Irrtum wie seine Wahrheit frei aussprechen zu lassen, auch für die Freunde des Unwahren und Falschen gesorgt sei, denen hierdurch die beste Gelegenheit verschafft wird, dem Seltsamsten und am wenigsten Haltbaren ihren Beifall zuzuwenden.

Nach diesem Ersten, welches eigentlich den Grund unserer Bemühung ausmacht, haben wir charakteristische Skizzen, einzelne biographische Züge, manchen bedeutenden Mann betreffend, aphoristisch mitgeteilt. Sie sind aus Notizen entstanden, die wir zu künftigem unbestimmten Gebrauch, beim Durchlesen ihrer Schriften, bei Betrachtung ihres Lebensganges, aufgezeichnet. Sie machen keinen Anspruch, ausführlich zu schildern oder entschieden abzuurteilen; wir geben sie, wie wir sie fanden: denn nicht immer waren wir in dem Falle, bei Redaktion dieser Papiere alles einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen.

Mögen sie nur dastehen, um zu erinnern, wie höchst bedeutendes sei, einen Autor als Menschen zu betrachten; denn wenn man behauptet hat: schon der Stil eines Schriftstellers sei der ganze Mann, wieviel mehr sollte nicht der ganze Mensch den ganzen Schriftsteller enthalten. Ja eine Geschichte der Wissenschaften, insofern diese durch Menschen behandelt worden, zeigt ein ganz anderes und höchst belehrendes Ansehen, als wenn bloß Entdeckungen und Meinungen aneinander gereiht werden.

Vielleicht ist auch noch auf eine andre Weise nötig, dasjenige zu entschuldigen, was wir zu viel getan. Wir gaben Nachricht von Autoren, die nichts oder wenig für die Farbenlehre geleistet, jedoch nur von solchen, die für die Naturforschung überhaupt bedeutend waren. Denn wie schwierig es sei, die Farbenlehre, die sich überall gleichsam nur durchschmiegt, von dem übrigen Wissen einigermaßen zu isolieren und sie dennoch wieder zusammen zu halten, wird jedem Einsichtigen fühlbar sein.

Und so haben wir, um eines durchgehenden Fadens nicht zu ermangeln, allgemeine Betrachtungen eingeschaltet, den Gang der Wissenschaften in verschiedenen Epochen flüchtig bezeichnet, auch die Farbenlehre mit durchzuführen und anzuknüpfen gesucht. Daß hiebei mancher Zufall gewaltet, manches einer augenblicklichen Stimmung seinen Ursprung verdankt, kann nicht geleugnet werden. Indessen wird man einige Launen auch wohl einer ernsten Sammlung verzeihen, zu einer Zeit, in der ganze wetterwendische Bücher mit Vergnügen und Beifall aufgenommen werden.

Wie manches nachzubringen sei, wird erst in der Folge recht klar werden, wenn die Aufmerksamkeit mehrerer auf diesen Gegenstand sich richtet. Verschiedene Bücher sind uns ungeachtet aller Bemühungen nicht zu Handen gekommen; auch wird man finden, daß Memoiren der Akademien, Journale und andre dergleichen Sammlungen nicht genugsam genutzt sind. Möchten doch mehrere, selbst diejenigen, die, um anderer Zwecke willen, alte und neue Werke durchgehen, gelegentlich notieren, was ihnen für unser Fach bedeutend scheint, und es gefällig mitteilen; wie wir denn schon bisher manchen Freunden für eine solche Mitteilung den besten Dank schuldig geworden.

 
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Zur Geschichte der Urzeit

Die Zustände ungebildeter Völker, sowohl der alten als der neuern Zeit, sind sich meistens ähnlich. Stark in die Sinne fallende Phänomene werden lebhaft aufgefaßt.

In dem Kreise meteorischer Erscheinungen mußte der seltnere, unter gleichen Bedingungen immer wiederkehrende Regenbogen die Aufmerksamkeit der Naturmenschen besonders an sich ziehen. Die Frage, woher irgendein solches Ereignis entspringe, ist dem kindlichen Geiste wie dem ausgebildeten natürlich. Jener löst das Rätsel bequem durch ein phantastisches, höchstens poetisches Symbolisieren; und so verwandelten die Griechen den Regenbogen in ein liebliches Mädchen, eine Tochter des Thaumas (des Erstaunens); beides mit Recht: denn wir werden bei diesem Anblick das Erhabene auf eine erfreuliche Weise gewahr. Und so ward sie diesem Gestalt liebenden Volke ein Individuum, Iris, ein Friedensbote, ein Götterbote überhaupt; andern, weniger Form bedürfenden Nationen ein Friedenszeichen.

Die übrigen atmosphärischen Farbenerscheinungen, allgemein, weit ausgebreitet, immer wiederkehrend, waren nicht gleich auffallend. Die Morgenröte nur noch erschien gestaltet.

Was wir überall und immer um uns sehen, das schauen und genießen wir wohl, aber wir beobachten es kaum, wir denken nicht darüber. Und wirklich entzog sich die Farbe, die alles Sichtbare bekleidet, selbst bei gebildeteren Völkern gewissermaßen der Betrachtung. Desto mehr Gebrauch suchte man von den Farben zu machen, indem sich färbende Stoffe überall vorfanden. Das Erfreuliche des Farbigen, Bunten, wurde gleich gefühlt; und da die Zierde des Menschen erstes Bedürfnis zu sein scheint und ihm fast über das Notwendige geht, so war die Anwendung der Farben auf den nackten Körper und zu Gewändern bald im Gebrauch.

Nirgends fehlte das Material zum Färben. Die Fruchtsäfte, fast jede Feuchtigkeit außer dem reinen Wasser, das Blut der Tiere, alles ist gefärbt; so auch die Metallkalke, besonders des überall vorhandnen Eisens. Mehrere verfaulte Pflanzen geben einen entschiedenen Färbestoff, dergestalt daß der Schlick an seichten Stellen großer Flüsse als Farbematerial benutzt werden konnte.

Jedes Beflecken ist eine Art von Färben, und die augenblickliche Mitteilung konnte jeder bemerken, der eine rote Beere zerdrückte. Die Dauer dieser Mitteilung erfährt man gleichfalls bald. Auf dem Körper bewirkte man sie durch Tatuieren und Einreiben. Für die Gewänder fanden sich bald farbige Stoffe, welche auch die beizende Dauer mit sich führen, vorzüglich der Eisenrost, gewisse Fruchtschalen, durch welche sich der Übergang zu den Galläpfeln mag gefunden haben.

Besonders aber machte sich der Saft der Purpurschnecke merkwürdig, indem das damit Gefärbte nicht allein schön und dauerhaft war, sondern auch zugleich mit der Dauer an Schönheit wuchs.

Bei dieser jedem Zufall freigegebenen Anfärbung, bei der Bequemlichkeit, das Zufällige vorsätzlich zu wiederholen und nachzuahmen, mußte auch die Aufforderung entstehen, die Farbe zu entfernen. Durchsichtigkeit und Weiße haben an und für sich schon etwas Edles und Wünschenswertes. Alle ersten Gläser waren farbig; ein farbloses Glas mit Absicht darzustellen, gelang erst spätern Bemühungen. Wenig Gespinste oder was sonst zu Gewändern benutzt werden kann, ist von Anfang weiß, und so mußte man aufmerksam werden auf die entfärbende Kraft des Lichtes, besonders bei Vermittlung gewisser Feuchtigkeiten. Auch hat man gewiß bald genug den günstigen Bezug eines reinen weißen Grundes zu der darauf zu bringenden Farbe in früheren Zeiten eingesehen.

Die Färberei konnte sich leicht und bequem vervollkommnen. Das Mischen, Sudlen und Manschen ist dem Menschen angeboren. Schwankendes Tasten und Versuchen ist seine Lust. Alle Arten von Infusionen gehen in Gärung oder in Fäulnis über; beide Eigenschaften begünstigen die Farbe in einem entgegengesetzten Sinne. Selbst untereinander gemischt und verbunden heben sie die Farbe nicht auf, sondern bedingen sie nur. Das Saure und Alkalische in seinem rohsten empirischen Vorkommen, in seinen absurdesten Mischungen wurde von jeher zur Färberei gebraucht, und viele Färberezepte bis auf den heutigen Tag sind lächerlich und zweckwidrig.

Doch konnte bei geringem Wachstum der Kultur bald eine gewisse Absonderung der Materialien sowie Reinlichkeit und Konsequenz stattfinden, und die Technik gewann durch Überlieferung unendlich. Deswegen finden wir die Färberei bei Völkern von stationären Sitten auf einem so hohen Grade der Vollkommenheit, bei Ägyptiern, Indiern, Chinesen.

Stationäre Völker behandeln ihre Technik mit Religion. Ihre Vorarbeit und Vorbereitung der Stoffe ist höchst reinlich und genau, die Bearbeitung stufenweise sehr umständlich. Sie gehen mit einer Art von Naturlangsamkeit zu Werke; dadurch bringen sie Fabrikate hervor, welche bildungsfähigern, schnell vorschreitenden Nationen unnachahmlich sind.

Nur die technisch höchstgebildeten Völker, wo die Maschinen wieder zu verständigen Organen werden, wo die größte Genauigkeit sich mit der größten Schnelligkeit verbindet, solche reichen an jene hinan und übertreffen sie in vielem. Alles Mittlere ist nur eine Art von Pfuscherei, welche eine Konkurrenz, sobald sie entsteht, nicht aushalten kann.

Stationäre Völker verfertigen das Werk um sein selbst willen, aus einem frommen Begriff, unbekümmert um den Effekt; gebildete Völker aber müssen auf schnelle augenblickliche Wirkung rechnen, um Beifall und Geld zu gewinnen.

Der charakteristische Eindruck der verschiedenen Farben wurde gar bald von den Völkern bemerkt, und man kann die verschiedene Anwendung in diesem Sinne bei der Färberei und der damit verbundenen Weberei, wenigstens manchmal, als absichtlich und aus einer richtigen Empfindung entspringend ansehen.

Und so ist alles, was wir in der früheren Zeit und bei ungebildeten Völkern bemerken können, praktisch. Das Theoretische begegnet uns zuerst, indem wir nunmehr zu den gebildeten Griechen übergehen.

 
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Erste Abteilung: Griechen

Pythagoras

nach Diogenes Laertius

Pythagoras sagt von den Sinnen überhaupt und insbesondere vom Gesicht, es sei eine heiße Ausdünstung oder Dampf, vermittelst dessen wir sowohl durch Luft als Wasser sehen: denn das Heiße werde von dem Kalten zurückgeworfen. Wäre nun die Ausdünstung in den Augen kalt, so würde sie in die ihr ähnliche äußere Luft übergehen. An einer andern Stelle nennt er die Augen Pforten der Sonne.

Pythagoreer

nach Plutarch

Die Pythagoreer lassen die katoptrischen Erscheinungen entstehen durch eine Zurückwerfung der Opsis. Die Opsis erstrecke sich bis auf den Spiegel, und von seiner Dichte und Glätte getroffen, kehre sie in sich selbst zurück, indem sie etwas Ähnliches erleide mit der Hand, welche ausgestreckt und an die Schulter zurückgezogen wird.

Die Pythagoreer nannten die Oberfläche der Körper χροια, das heißt Farbe. Ferner gaben sie als Farbgeschlechter an, das Weiße, das Schwarze, das Rote und das Gelbe. Die Unterschiede der Farben suchten sie in der verschiedenen Mischung der Elemente; die mannigfaltigen Farben der Tiere hingegen in der Verschiedenheit der Nahrungsmittel und Himmelsstriche.

Empedokles

nach Theophrast

Empedokles sagt, das Innre des Auges sei Feuer (und Wasser), die äußre Umgebung Erde und Luft; durch welche das Feuer, als ein Zartes, durchschwitze, wie das Licht durch die Laterne... Die Gänge (ποροι) aber des Feuers und Wassers lägen verschränkt; durch die Gänge des Feuers erkenne man das Weiße, durch die des Wassers das Schwarze: denn jedes von diesen beiden sei dem andern von beiden angemessen oder damit übereinstimmend (nach dem Grundsatz: Ähnliches wird durch Ähnliches erkannt). Die Farben aber gelangten durch einen Abfluß zu dem Gesicht. Die Augen seien aber nicht aus Gleichem zusammengesetzt, sondern aus Entgegenstehendem; auch hätten einige das Feuer in sich, andre außer sich. Daher sähen auch einige Tiere bei Tage, andre bei Nacht besser. Die nämlich weniger Feuer hätten, bei Tage: das innre Licht werde durch das äußre ausgeglichen; die im Gegenteil, bei Nacht: denn ihnen werde das Fehlende ersetzt. In den entgegengesetzt organisierten verhalte es sich umgekehrt; sie sähen schlecht. Bei denen nämlich das Feuer vorwalte, am Tage noch vermehrt (durch das äußre), überwältige und verstopfe es die Gänge des Wassers; bei denen aber das Wasser vorwalte, werde des Nachts das Feuer vom Wasser überwältigt, so lange bis daß in diesen das Wasser vom äußern Licht, bei jenen das Feuer durch die Luft ausgeschieden und abgesondert werde. Denn immer das Entgegenstehende sei die Heilung des andern. Am besten gemischt und am tauglichsten seien die Augen, die aus beiden Bestandteilen gleichförmig gemischt wären.

Nach Stobäus

Empedokles erklärt die Farbe für etwas, das den Gängen des Auges oder Gesichts angemessen und damit übereinstimmend sei. Ihre Verschiedenheit leitet er von der Mannigfaltigkeit der Nahrung ab. Gleich den Elementen nimmt er viere derselben an: weiß, schwarz, rot, gelb.

Nach Plutarch

Nach Empedokles geschehen die Erscheinungen im Spiegel durch Ausflüsse von den Gegenständen, welche sich auf der Oberfläche des Spiegels versammeln und vollendet werden durch das aus dem Auge sich ausscheidende Feuerhafte, welches die umgebende Luft, in welche jene Ausflüsse getrieben werden, mit in Bewegung setzt.

Demokritus

nach Theophrast

Demokritus läßt das Sehen entstehn durch eine Emphasis. Darunter versteht er etwas Besonderes. Die Emphasis geschehe nicht geradenweges in der Pupille; sondern die Luft zwischen dem Gesicht und dem Gesehenen erhalte eine Form, indem sie von dem Gesehenen und Sehenden zusammengedrückt werde: denn von allem geschehe ein beständiger Ausfluß. Die nunmehr harte und anders gefärbte Luft spiegle sich in den nassen Augen. Das Dichte nun werde nicht aufgenommen, das Wässrichte aber seihe durch. Darum wären auch die nassen Augen tauglicher zum Sehen, als die harten, wofern die Hornhaut sehr fein und dicht wäre, das Innere des Auges aber schwammig und leer an dickem und starkem Fleische sowie an dicker und fetter Feuchtigkeit, die durch die Augen gehenden Adern aber in gerader Richtung und trocken sowie von paßlicher Gestalt für das Abgebildete: denn jedes erkenne am meisten das ihm Verwandte und Ähnliche.

Nach Plutarch

Demokritus behauptet: τω νομω χροιην ειναι: die Farbe sei nichts von Natur Notwendiges, sondern ein durch Gesetz, Übereinkunft, Gewöhnung Angenommenes und Festgestelltes.

Nach Stobäus

Demokritus sagt, die Farbe sei nichts an sich. Die Elemente, das Volle und das Leere hätten (zwar) Eigenschaften; aber das aus ihnen Zusammengesetzte erhalte Farbe (erst) durch Ordnung, Gestalt und Lage oder Richtung: denn darnach fielen die Erscheinungen aus. Dieser Farbe seien vier Verschiedenheiten, weiß, schwarz, rot und gelb.

Democritus und Epikurus

nach Plutarch

Demokritus und Epikurus sagen, das Sehen geschehe dadurch, daß Bilder von den Gegenständen sich absondern und ins Auge kommen.

Die katoptrischen Erscheinungen geschehen durch Zurückwerfung von Bildern, welche von uns ausgehen und sich auf dem Spiegel vereinigen.

Epikurus

nach Plutarch

Epikur im zweiten Buche gegen Theophrast leugnet, daß Farben den Körpern inwohnen, und behauptet vielmehr, sie entständen durch gewisse Stellungen und Lagen der Körper gegen das Gesicht; und auf diese Weise könne ein Körper ebensowenig farblos sein als Farbe haben. Weiter vorn schreibt er also: Auch davon abgesehen, weiß ich nicht, wie man sagen könne, daß Körper in der Finsternis auch Farbe hätten.

Nach Diogenes Laertius

Die Farbe verändre sich nach der Lage der Atomen.

Zeno, der Stoiker

nach Plutarch

Die Farben seien die ersten Schematismen der Materie.

Chrysippus

nach Plutarch

Nach Chrysippus Meinung geschieht das Sehen, indem die Luft zwischen dem Gegenstande und uns sich erstreckt, getroffen von dem zum Sehen bestimmten Pneuma, das von der Seele aus bis in die Pupille dringt, und nach der Berührung der äußern Luft sich in Gestalt eines Kegels hinerstreckt. Es ergießen sich aber aus dem Auge feurige Strahlen, nicht schwarze oder neblichte; daher wir die Finsternis sehen können.

Nach Diogenes Laertius

Das Sehen geschieht, wenn das Licht, welches zwischen dem Gesicht und dem Gegenstand ist, sich in konischer Gestalt hinerstreckt. Die Spitze des Luftkegels entsteht am Auge und die Basis an dem, was gesehen wird, und so, indem die Luft wie ein Stab sich hinerstreckt, kündigt sich das Gesehene an.

Pyrrhonier

nach Diogenes Laertius

Nichts erscheint rein und an sich, sondern mit Luft und Licht, mit Flüssigem und Festem, mit Wärme und Kälte, Bewegung, Verdunstung und andern Eigenschaften. Der Purpur zum Beispiel zeigt eine andre Farbe in der Sonne, eine andre bei Mond- und Lampenlicht. Unsre eigene Farbe ist anders um Mittag, und so auch der Sonne. Durch Lage, Ort und Entfernung erscheint Großes klein, Eckiges rund, Ebenes uneben; Gerades erscheint gebrochen, das Bleiche anders gefärbt. Berge erscheinen von fern luftartig und glatt, in der Nähe rauh; der nämliche Körper im schattigen Hain anders als im Freien; der Hals der Taube, je nachdem sie ihn wendet.

Plato

Übrigens gibt es noch eine vierte Art Empfindbares, die wir abzuhandeln haben, welche aus vielen Mannigfaltigkeiten besteht. Diese werden von uns sämtlich Farben genannt, eine Flamme, die von jedem Körper ausfließt und solche Teile hat, die sich zum Sinn des Gesichts dergestalt verhalten, daß sie von ihm empfunden werden können.

Was das Gesicht betrifft, von dessen Ursprung haben wir oben geredet, und nun ziemt es sich auch, die Farben kürzlich abzuhandeln.

Was von jenen Teilen dergestalt herangebracht wird, daß es ins Gesicht fällt, ist entweder kleiner oder größer als die Teile des Gesichts oder ihnen völlig gleich. Das Gleiche wird nicht empfunden, deshalb wir es durchsichtig nennen. Durch das Kleine hingegen wird das Gesicht gesammelt, durch das Größere entbunden, und beide sind mit dem Warmen und Kalten, das auf die Haut, mit dem Sauern, das auf die Zunge wirkt, mit dem Hitzigen, das wir auch bitter nennen, verschwistert.

Durch Schwarz und Weiß entstehen eben solche Wirkungen, aber als Erscheinungen für einen andern Sinn, jedoch aus denselben Ursachen. Daher läßt sich behaupten: durch das Weiße werde das Gesicht entbunden, durch das Schwarze hingegen gesammelt.

Ein lebhafter Trieb aber und eine Art andern Feuers dringt von innen gegen die Augen und entbindet gleichfalls das Gesicht, und indem er die Gänge der Augäpfel mit Gewalt durchdringt und schmelzt, wird ein feuriges Wasser häufig vergossen, das wir Träne heißen. Jener Trieb aber ist ein Feuer, das dem äußern begegnet.

Wenn nun das innere Feuer herausstürzt wie ein Blitzstrahl, indem das äußre eindringt und in der Feuchtigkeit verlischt, werden wir durch die bei solcher gegenseitigen Wirkung entstandenen Farben geblendet, und dasjenige, wovon sich die Wirkung herschreibt, nennen wir leuchtend oder glänzend.

Eine mittlere Art Feuer hingegen, die zu der Augenfeuchte gelangt und sich damit verbindet, bringt zwar keinen Glanz hervor; weil jedoch die Feuchtigkeit sich mit dem Leuchten des Feuers vereinigt, entsteht eine Blutfarbe, welche man Rot nennt.

Das Leuchtende ferner mit Rot und Weiß vermischt erzeugt das Gelbe.

Nach welchem Maße aber solches entstehe, würde jemand, selbst wenn er es verstünde, zu sagen nicht unternehmen, weil er weder das Notwendige noch das Wahrscheinliche davon einigermaßen auszuführen imstande wäre.

Rot mit Schwarz und Weiß vermischt gibt die Purpurfarbe.

Wenn diese Mischung eine Verbrennung erleidet, so daß das Schwarze überwiegend wird, entsteht das Orphninon (ein leuchtend feurig Schwarz).

Das Braunrote entsteht, wenn Gelb und Grau, das Graue hingegen, wenn Weiß und Schwarz gemischt werden.

Aus Weiß und Gelb entsteht das Blasse (Gelb).

Wenn das Glänzende mit dem Weißen zusammentritt und auf reines Schwarz fällt, dann wird die blaue Farbe vollendet.

Blau mit Weiß macht Hellblau.

Braunrot und Schwarz Lauchfarbe.

Hieraus sind denn auch die übrigen gewissermaßen offenbar und durch was für ähnliche Mischungen sie hervorgebracht werden.

Aristoteles

Anzunehmen, daß die blauen Augen feuerhaft sind, wie Empedokles sagt, die schwarzen aber mehr Wasser als Feuer haben und dieserwegen am Tage nicht scharf sehen aus Mangel des Wassers, die andern aber des Nachts aus Mangel des Feuers, ist irrig, sintemal nicht des Feuers das Auge ist, sondern des Wassers. Außerdem läßt sich die Ursache der Farben noch auf eine andre Weise angeben.

Wäre das Auge Feuer, wie Empedokles behauptet, und im Timäus geschrieben steht, und geschähe das Sehen, indem das Licht wie aus einer Laterne (aus den Augen) herausgehe, warum in der Finsternis sieht nicht das Auge? Daß es ausgelöscht werde im Finstern, wenn es herauskomme, wie der Timäus sagt, ist durchaus nichtig. Denn was heißt Auslöschung des Lichtes? Gelöscht wird im Nassen oder im Kalten das Warme (Heiße) und Trockne, dergleichen in dem Kohlichten das Feuer zu sein scheint und die Flamme. Keins von beiden aber scheint dem Augenlicht zugrunde zu liegen. Lägen sie aber auch, und nur, wegen der Wenigkeit, auf eine uns verborgne Weise, so müßte täglich auch vom Wasser das Augenlicht ausgelöscht werden, und im Frost zumeist müßte Finsternis entstehen, wie wenigstens mit der Flamme und brennenden Körpern geschieht. Nun aber geschieht nichts dergleichen. Empedokles nun scheint einmal zu behaupten, indem das Licht herausgehe, sähen wir, ein andermal wieder durch Aus- oder Abflüsse von den gesehenen Gegenständen.

Demokritus hingegen, sofern er behauptet, das Auge sei Wasser, hat recht; sofern er aber meint, das Sehen sei eine Emphasis (Spiegelung), hat er unrecht. Denn dies geschieht, weil das Auge glatt ist, und eine Emphasis findet nicht statt im Gegenstande, sondern im Sehenden: denn der Zustand ist eine Zurückwerfung. Doch über die Emphänomena und über die Zurückwerfung hatte er, wie es scheint, keine deutlichen Begriffe. Sonderbar ist es auch, daß ihm nicht die Frage aufstieß: warum das Auge allein sieht, die andern Dinge, worin die Bilder sich spiegeln, aber nicht. Daß nun das Auge Wasser sei, darin hat er recht. Das Sehen aber geschieht nicht, insofern das Auge Wasser ist, sondern insofern das Wasser durchsichtig ist, welche Eigenschaft es mit der Luft gemein hat.

Demokritus aber und die meisten Physiologen, die von der Wahrnehmung des Sinnes handeln, behaupten etwas ganz Unstatthaftes. Denn alles Empfindbare machen sie zu etwas Fühlbarem, da doch, wenn dem so wäre, in die Augen fällt, daß auch alle übrigen Empfindungen ein Fühlen sein müßten; welches, wie leicht einzusehen, unmöglich. Ferner machen sie, was allen Wahrnehmungen der Sinne gemeinschaftlich ist, zu einem Eigentümlichen. Denn Größe und Gestalt, Rauhes und Glattes, Scharfes und Stumpfes an den Massen sind etwas allen Sinneswahrnehmungen Gemeines, oder wenn nicht allen, doch dem Gesichte und Gefühl. Darum täuschen diese beiden Sinne sich zwar hierüber, nicht aber über das jedem Eigentümliche, zum Exempel das Gesicht nicht über die Farbe, das Gehör nicht über den Schall. Jene Physiologen aber werfen das Eigentümliche mit dem Gemeinschaftlichen zusammen, wie Demokritus. Vom Weißen nämlich und Schwarzen behauptet er, dieses sei rauh und jenes glatt. Auch die Geschmäcke bringt er auf Gestalten zurück. Wiewohl es des Gesichtes mehr als jedes andern Sinnes Eigenschaft ist, das Gemeinsame zu erkennen. Sollte es nun mehr des Geschmackes Sache sein, so müßte, da das Kleinste in jeglicher Art zu unterscheiden, dem schärfsten Sinne angehört, der Geschmack zumeist das übrige Gemeinsame empfinden und über die Gestalt der vollkommenste Richter sein. Ferner alles Empfindbare hat Gegensätze, zum Exempel in der Farbe ist dem Schwarzen das Weiße, im Geschmack das Süße dem Bittern entgegen; Gestalt aber scheint kein Gegensatz von Gestalt zu sein. Denn welchem Eck steht der Zirkel entgegen? Ferner da die Gestalten unendlich sind, müßten auch die Geschmäcke unendlich sein: denn warum sollte man von den schmeckbaren Dingen einige empfinden, andre aber nicht? –

Sichtbar ist, wessen allein das Gesicht ist. Sichtbar ist aber die Farbe und etwas das sich zwar beschreiben läßt, aber keinen eigenen Namen hat. Was wir meinen, soll weiterhin klar werden. Das Sichtbare nun, von dem wir reden, ist einmal die Farbe. Diese aber ist das, was an dem an sich Sichtbaren sich befindet. An sich sichtbar ist, was es nicht (τω λογω) durch Bezug auf ein anderes ist, sondern den Grund des Sichtbarseins in sich hat. Alle Farbe aber ist ein Erregendes des actu Durchsichtigen. Und dies ist seine Natur. Daher ist ohne Licht Farbe nicht sichtbar, sondern jede Farbe ist durchaus nur im Lichte sichtbar. Daher müssen wir zuerst sagen, was das Licht ist.

Es gibt ein Durchsichtiges (διαφανες). Durchsichtig nenn ich, was zwar sichtbar ist, aber nicht sichtbar an sich, sondern durch eine andre Farbe. Von der Art ist die Luft, das Wasser und mehrere feste Körper. Denn nicht insofern sie Wasser und insofern sie Luft, sind sie durchsichtig, sondern weil eine solche Natur in ihnen ist.

Licht nun ist der actus dieses Durchsichtigen als Durchsichtigen. Worin es sich nur potentia befindet, das kann auch Finsternis sein. Licht ist aber gleichsam die Farbe des Durchsichtigen, wann es actu durchsichtig ist, es sei durchs Feuer oder durch das höchste und letzte Element.

Was nun das Durchsichtige und was das Licht sei, ist gesagt, daß es nicht Feuer sei, noch überhaupt ein Körper, noch der Ausfluß irgendeines Körpers: denn auch so würde es ein Körper sein; sondern Feuers oder eines andern dergleichen Anwesenheit in dem Durchsichtigen. Denn zwei Körper können nicht zugleich in einem sein. Das Licht ferner scheint der Gegensatz von Finsternis. Finsternis scheint der Mangel einer dergleichen έξις in dem Durchsichtigen. Wie daraus erhellt, daß die Anwesenheit desselben das Licht ist. Daher Empedokles, und wer sonst, nicht recht hat zu behaupten, das Licht verbreite sich und komme zwischen die Erde und ihre Umgebung, ohne daß wir es merkten. Denn dies ist gegen alle Prinzipien und gegen die Erscheinung. In einem kleinen Raume könnte es unbemerkt bleiben, aber vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang ist die Foderung zu groß.

Der Farbe nun empfänglich ist das Farblose, wie des Schalls das Schallose. Farblos ist das Durchsichtige und Unsichtliche, oder das kaum Sichtbare, dergleichen das Finstere zu sein scheint. Dergleichen also ist das Durchsichtige, aber nicht wenn es actu durchsichtig ist, sondern, wenn es potentia. Denn das ist seine Natur, daß es bald Licht, bald Finsternis ist. Nicht alles aber ist sichtbar im Licht: sondern nur eines jeden eigentümliche Farbe. Denn einiges wird nicht gesehen im Licht, aber in der Finsternis gibt es Empfindung, zum Exempel das Feurige und Leuchtende. Diese Dinge lassen sich mit einem Worte nicht benennen, zum Exempel die Schnuppe am Licht, Horn, die Köpfe der Fische und Schuppen und Augen. An keinem von diesen Dingen wird die eigentümliche Farbe geschaut; wodurch sie aber nun sichtbar werden, ist eine andre Untersuchung.

Soviel ist allbereits klar, daß das im Licht Gesehene Farbe ist; daher wird sie nicht ohne Licht gesehen. Denn das ist das Wesen der Farbe, daß es das Erregende des actu Durchsichtigen ist. Der actus des Durchsichtigen aber ist das Licht. Ein offenbarer Beweis davon ist: wenn jemand etwas Farbiges auf das Auge selbst legt, so sieht er es nicht, sondern die Farbe erregt das Durchsichtige, die Luft; von dieser aber, die ein continuum ist, wird das Gesichtsorgan erregt. Daher hat Demokritus unrecht zu glauben, wenn der Zwischenraum leer wäre, so würde man auch eine Ameise am Himmel genau sehen können. Denn dies ist unmöglich. Denn nur dadurch, daß das Gesichtsorgan etwas erleidet, geschieht das Sehen. Von der gesehenen Farbe selbst kann jenes nicht erfolgen; es bleibt also nur übrig, daß es von dem, was zwischen ist (dem Medium), geschehe. Darum muß notwendig etwas zwischen sein. Wäre der Zwischenraum leer, so würde die Ameise nicht nur nicht genau, sondern ganz und gar nicht gesehen werden können.

Warum nun die Farbe notwendig im Licht gesehen werden muß, ist gesagt. Das Feuer aber wird in beiden gesehen, im Licht und in der Finsternis, und dies notwendigerweise. Denn das Durchsichtige wird dadurch durchsichtig. Dieselbe Bewandtnis hat es mit dem Schall und mit dem Geruch.

Denn keins von beiden, wenn es unmittelbar das Organ berührt, bringt eine Empfindung hervor, sondern von Geruch und Schall muß zuvor das Medium bewegt werden, und durch dieses erst das Organ für beide. Wenn jemand unmittelbar an das Organ ein Schallendes oder Riechendes bringt, so entsteht durchaus keine Empfindung. Auf gleiche Weise verhält es sich mit dem Gefühl (tactus) und Geschmack, nur fällt es da nicht so in die Augen. Das Medium für den Schall ist die Luft, für das Riechende etwas, das keinen Namen hat. Denn so wie das Durchsichtige für die Farbe eine gemeinschaftliche Affektion des Wassers und der Luft ist, so gibt es eine andre gemeinschaftliche Affektion in beiden, dem Wasser und der Luft, für das Riechende. Es scheinen nämlich die im Wasser lebenden Tiere eine Empfindung des Geruchs zu haben; aber der Mensch und andre Landtiere, welche atmen, können nicht riechen ohne zu atmen.

Licht ist des Durchsichtigen Farbe per accidens: denn die Gegenwart eines Feuerartigen im Durchsichtigen ist Licht, die Abwesenheit Finsternis.

Was wir durchsichtig nennen, ist weder der Luft, noch dem Wasser, noch einem der Elemente besonders eigen, sondern es ist eine gemeinsame Natur und Eigenschaft, die abgesondert zwar nicht ist, aber in ihnen befindet sie sich und wohnt einem Körper mehr, andern weniger bei. So wie nun der Körper ein Äußerstes haben muß, so auch das Durchsichtige. Die Natur des Lichts ist nun in einem unbegrenzten (αοριστω) Durchsichtigen. Daß nun das Durchsichtige in den Körpern ein Äußerstes haben muß, ist allen einleuchtend; daß dieses aber die Farbe sei, ist aus den Vordersätzen ergeblich. Denn die Farbe ist entweder in der Grenze, oder selbst die Grenze. Daher nannten auch die Pythagoreer die Oberfläche Farbe. Nun ist aber die Farbe in der Grenze des Körpers und nicht selbst die Grenze; sondern dieselbe färbende Natur, die man außen annimmt, muß man auch innerhalb annehmen.

Luft und Wasser erscheinen gefärbt: denn ihr Aussehen (αυγη) ist ein solches. Aber weil dort die Farbe in einem Unbegrenzten ist, zeigen beide in der Nähe und in der Ferne nicht einerlei Farbe. In (festen) Körnern aber ist die Erscheinung der Farbe eine bestimmte, wenn nicht etwa das, was den Körper einschließt, eine Veränderung hervorbringt. Es ist also klar, daß ein und dasselbe der Farbe Empfängliche sowohl dort als hier stattfindet. Das Durchsichtige also, insofern es den Körpern inwohnt, und das ist mehr oder weniger der Fall, macht sie alle der Farbe fähig oder teilhaft. Da nun die Farbe in der Grenze des Körpers ist, so ist sie auch in der Grenze des Durchsichtigen, so daß also Farbe die Grenze des Durchsichtigen an dem begrenzten Körper wäre. Den durchsichtigen Körpern selbst, als dem Wasser und was sonst der Art ist, und was eine eigene Farbe hat, diesen allen wohnt sie bei im Äußersten.

In dem Durchsichtigen nun ist dasjenige, wodurch auch in der Luft das Licht hervorgebracht wird, bald wirklich vorhanden, bald nicht, sondern entnommen. So wie nun dort bald Licht, bald Finsternis stattfindet, so ist auch in den Körpern Weiß und Schwarz.

Von den andern Farben ist nun zu handeln, auf wie vielerlei Art sie entstehen. Einmal können sie so entstehen, daß wenn Schwarz und Weiß nebeneinander liegen, eins wie das andre aber wegen ihrer Kleinheit unsichtbar sind, dennoch etwas aus ihnen entspringe, welches sichtbar wird. Dieses kann nun weder schwarz, noch auch weiß sein; da es aber doch eine Farbe sein muß, so muß sie eine gemischte sein und einen andern Anblick gewähren.

Auf diese Weise können nun sehr viele Farben außer dem Weißen und Schwarzen, entstehen. Einige durch Verhältnisse, indem sie wie drei zu zwei, drei zu viere und so fort in andern Portionen nebeneinander liegen. Andre hingegen nicht durch Zahlenverhältnisse, sondern durch ein inkommensurables Plus oder Minus. So können sie sich verhalten zum Exempel wie die Konsonanzen in der Musik, daß nämlich die Farben von den leichtesten Zahlenverhältnissen, gerade wie die Konsonanzen, als die angenehmsten erschienen, zum Beispiel Violett und Rot und einige andre dergleichen. Daher auch nur wenige Konsonanzen sind. Andre ferner, die nicht in solchen Verhältnissen bestehen, würden die übrigen Farben ausmachen. Oder auch, alle Farben, sowohl die in einer Ordnung als die in keiner bestehen, beruhten auf Zahlenverhältnissen, und selbst diese, wenn sie nicht rein sind weil sie auf keinem Zahlenverhältnis beruhen, müßten es dennoch werden.

Dies ist nun eine Art der Farbenentstehung. Eine andre Art ist, wenn sie durcheinander erscheinen; wie zum Beispiel die Maler tun, daß sie eine Farbe über eine andre mehr energische herstreichen, wenn sie etwas als in Luft oder Wasser befindlich vorstellen wollen; oder wie die Sonne, die an sich weiß erscheint, durch Nebel und Rauch gesehen aber rot. Auf diese Weise können viele Farben entstehen, daß nämlich eine gegenseitige Bedingung der oben und der unten befindlichen Farbe stattfindet. Andre können gänzlich ohne dieselbe entstehen.

Zu behaupten, wie die Alten sagen, die Farben seien Ausflüsse und das Sehen geschähe aus dieser Ursache, ist ganz unstatthaft. Denn alsdann müssen sie die Empfindung von allem andern durch Berühren entstehen lassen. Viel besser ist es daher zu sagen, durch die Bewegung des Mediums zwischen dem Organ und dem Empfindbaren geschehe die Empfindung, als durch Ausflüsse und Berühren.

Bei Nebeneinanderliegendem muß man, wie man eine unsichtliche Größe annimmt, auch eine unmerkliche Zeit annehmen, damit wir die ankommenden Bewegungen nicht bemerken, und der Gegenstand eins scheine, weil er zugleich erscheint. Aber bei der Farbe ist das nicht notwendig. Denn die über einer andern liegende Farbe, sie mag von der untern bewegt werden oder nicht, bringt doch keine gleichen Eindrücke hervor. Darum erscheint sie als eine andre Farbe und nicht weder als weiß noch als schwarz. Daher, wenn auch keine unsichtliche Größe, sondern alles in einer gewissen Entfernung sichtbar wäre, würde auch so noch eine Mischung der Farbe stattfinden und nichts uns hindern, auch in der Entfernung eine gemeinschaftliche Farbe wahrzunehmen.

Wenn nun eine Mischung der Körper stattfindet, so geschieht es nicht bloß auf die Weise, wie einige sich die Sache vorstellen, daß nämlich kleinste Teile nebeneinander liegen, die uns unbemerklich sind, sondern auch so, daß die Mischung überall und durchweg sei. Denn auf jene Weise mischt sich nur, was sich in die kleinsten Teile zerlegen läßt, wie Menschen, Pferde, Samenkörner. Denn von einer Menge Menschen ist ein Mensch der kleinste Teil, von Pferden ein Pferd, so daß aus Zusammenstellung beider die Menge beider gemischt ist. Von einem Menschen und einem Pferde kann man nicht sagen, daß sie gemischt sind. Was sich nun nicht in die kleinsten Teile zerlegen läßt, bei dem findet keine Mischung auf diese Art statt, sondern auf die Art, daß alles durchaus und aller Orten gemischt sei, was sich besonders zu einer solchen Mischung eignet.

Daß nun wie jenes sich mischt, auch die Farben sich mischen, ist klar, und daß dieses die Hauptursache der Verschiedenheit der Farben sei und nicht das Über- und Nebeneinanderliegen derselben. Denn nicht etwa in der Ferne bloß und in der Nähe nicht zeigen vermischte Dinge einerlei Farbe, sondern in jedem Standpunkt.

Viele Farben werden sich ergeben, weil viele Verhältnisse möglich sind, in denen das Gemischte sich mischt. Einige beruhen auf Zahlen, andere bloß auf einem Übermaß; andere endlich auf derselben Weise, wie bei über- oder nebeneinander liegenden Farben geschieht.

Wie die Farben aus der Mischung des Weißen und Schwarzen entstehen, so auch die Geschmäcke aus der des Süßen und Bittern; und zwar nach Verhältnis des Mehr oder Weniger, es sei der Zahl nach, oder der Bewegung, oder unbestimmt. Die angenehmen Geschmäcke beruhen auf dem Zahlenverhältnis. Der fette Geschmack gehört zu dem süßen; der salzige und bittre sind beinahe eins. Der beißende, herbe, zusammenziehende und saure fallen dazwischen. Schier wie die Arten des Geschmacks verhalten sich auch die Spezies der Farben. Denn beider sind sieben; wenn man, wie billig, das φαιον zum Schwarzen rechnet. Daraus folgt, daß das Gelbe zum Weißen gehöre wie das Fette zum Süßen. Das Rote, Violette, Grüne und Blaue liegt zwischen dem Weißen und Schwarzen. Die übrigen sind aus diesen gemischt. Und wie das Schwarze eine Beraubung des Weißen im Durchsichtigen, so ist das Salzige und Bittre eine Beraubung des Süßen in dem nährenden Feuchten. Darum ist die Asche aller verbrannten Körper bitter: denn das Trinkbare ist ihr entzogen.

Die empfindbaren Dinge geben uns durch einen jeglichen Sinn ein Empfindung, und dieser durch dieselben in uns entstehende Zustand dauert nicht bloß, solange die Sinne eben tätig sind, sondern auch, wenn sie aufhören. Wenn wir anhaltend einer Sinnesempfindung uns hingeben und nun den Sinn auf einen andern Gegenstand übertragen, so begleitet ihn der erste Zustand mit hinüber, zum Exempel wenn man aus der Sonne ins Dunkle geht. Dann sieht man nichts wegen des in den Augen fortdauernden Lichteindrucks. Auch wenn wir auf eine Farbe, weiß oder grün, lange hingeschaut haben, so erscheint uns etwas dergleichen, wohin wir auch den Blick wenden mögen. Auch sobald wir in die Sonne, oder auf einen andern hellen Gegenstand gesehen haben und die Augen schließen, erscheint, wenn wir in der geraden Richtung, worin wir sehen, beobachten, zuvörderst etwas dergleichen an Farbe: dann verwandelt es sich in Rot, dann in Purpur, bis es zuletzt ins Schwarze übergeht und verschwindet.

Theophrast oder vielmehr Aristoteles von den Farben
I. Von den einfachen Farben, weiß, gelb und schwarz

Einfache Farben sind diejenigen, welche die Elemente begleiten, das Feuer, die Luft, das Wasser und die Erde. Die Luft und das Wasser sind ihrer Natur nach weiß, das Feuer und die Sonne aber gelb. Die Erde ist ursprünglich gleichfalls weiß, aber wegen der Tingierung erscheint sie vielfärbig. Dieses wird offenbar an der Asche; denn sobald nur die Feuchtigkeit ausgebrannt ist, welche die Tinktur verursachte, so wird der Überrest weiß, nicht aber völlig; denn etwas wird wieder von dem Rauch gefärbt, welcher schwarz ist. Deswegen wird auch die Lauge gelb, weil etwas Flammenartiges und Schwarzes das Wasser färbt.

2. Die schwarze Farbe begleitet die Elemente, wenn sie ineinander übergehen.

3. Die übrigen Farben aber entstehen, wenn sich jene einfachen vermischen und wechselseitig temperieren.

4. Die Finsternis entsteht, wenn das Licht mangelt.

5. Schwarz erscheint uns auf dreierlei Weise: denn erstens, was durchaus nicht gesehen wird, wenn man den umgebenden Raum sieht, erscheint uns als schwarz, so auch zweitens dasjenige, wovon gar kein Licht in das Auge kommt. Drittens nennen wir aber auch solche Körper schwarz, von denen ein schwaches und geringes Licht zurückgeworfen wird.

6. Deswegen halten wir auch die Schatten für schwarz.

7. Ingleichen das Wasser, wenn es rauh wird, wie das Meer im Sturm. Denn da von der rauhen Oberfläche wenig Lichtstrahlen zurückgeworfen werden, vielmehr das Licht sich zerstreut, so erscheint das Schattige schwarz.

8. Durchsichtige Körper, wenn sie sehr dick sind, zum Beispiel die Wolken, lassen kein Licht durch und erscheinen schwarz. Auch strahlt, wenn sie eine große Tiefe haben, aus Wasser und Luft kein Licht zurück, daher die mittlern Räume schwarz und finster erscheinen.

9. Daß aber die Finsternis keine Farbe sei, sondern eine Beraubung des Lichts, dieses ist nicht schwer aus verschiedenen Umständen einzusehen; am meisten aber daher: daß sich nicht empfinden läßt, wie groß und von welcher Art das Gebilde derselben sei, wie es sich doch bei andern sichtbaren Dingen verhält.

10. Daß aber das Licht zugleich die Farbe des Feuers sei, ist daraus deutlich, weil man an diesem keine andere Farbe findet und weil es durch sich allein sichtbar ist, so wie es alles übrige sichtbar macht.

11. Das gleiche gilt von einigem, was weder Feuer, noch feuerartig ist und doch Licht von sich zu geben scheint.

12. Die schwarze Farbe aber entsteht, wenn Luft und Wasser vom Feuer verbrannt werden, deswegen alles Angebrannte schwarz wird, wie zum Beispiel Holz und Kohlen nach ausgelöschtem Feuer. Ja sogar der Rauch, der aus dem Ziegel aufsteigt, ist schwarz, indem die Feuchtigkeit, welche im Ziegel war, sich absondert und verbrennt.

13. Deswegen auch der Rauch am schwärzesten ist, der von Fett und harzigen Dingen aufsteigt, als von Öl, Pech und Kien, weil diese am heftigsten brennen und von gedrängter Natur sind.

14. Woran aber Wasser herfließt, auch dieses wird schwarz; denn hierdurch entsteht etwas Moosartiges, dessen Feuchtigkeit sodann austrocknet und einen schwärzlichen Überzug zurückläßt, wie man am Bewurf der Wände, nicht weniger an Steinen, welche im Bache liegen, sehen kann.

Und so viel war von den einfachen Farben zu sagen.

II. Von den mittlern oder gemischten Farben

15. Diejenigen Farben, welche aus der Mischung (κρασις) der vorhergehenden oder durch das Mehr und Weniger entstehen, sind viel und mannigfaltig. Durchs Mehr und Weniger erzeugen sich die Stufen zwischen dem Scharlach und Purpur; durch die Mischung aber, zum Beispiel des Schwarzen und Weißen, entsteht das Grau.

16. Auch wenn wir das Schwarze und Schattige mit dem Licht, welches von der Sonne oder dem Feuer her scheint, vermischen, so entsteht ein Gelbrot; ingleichen wird das Schwarze, das sich entzündet, rot, zum Beispiel rauchende Flamme und glühende Kohlen.

17. Eine lebhafte und glänzende Purpurfarbe aber erscheint, wenn mit mäßigem und schattigem Weiß schwache Sonnenstrahlen temperiert werden.

18. Deswegen auch, um die Gegend des Aufgangs und Untergangs, wenn die Sonne dahin tritt, die Luft purpurfarb aussieht; denn die schwachen Strahlen fallen alsdann meistenteils in die schattige Atmosphäre.

19. Auch das Meer erscheint purpurähnlich, wenn die erregten Wellen beim Niederbeugen beschattet werden, indem die Sonnenstrahlen nur schwach in die Biegung einfallen können.

20. Ein Gleiches erblicken wir auch auf den Federn, denn wenn sie in einem gewissen Sinne gegen das Licht ausgebreitet werden, so haben sie eine Purpurfarbe, wenn aber weniger Licht einfällt, eine dunkle, die man orphninos nennt.

21. Wird aber das Licht durch ein häufiges und reines Schwarz gemäßigt, so erscheint ein Gelbrot, das, sowie es lebhaft wird und leuchtet, in Flammenfarbe übergeht.

22. Diese Erscheinungen können wir daher als die wechselseitigen Wirkungen des gewissermaßen verkörperten Schwarzen und Weißen von der einen und des Lichts von der andern Seite recht wohl annehmen, ohne zu behaupten, daß gedachte Farben immer auf dieselbe Weise entstehen müssen.

23. Denn es ist bei den Farben nicht allein das einfache Verhältnis zu betrachten, sondern es gibt auch zusammengesetzte, die sich verhalten wie die einfachen, jedoch, da ihre Mischungen einigen Spielraum haben, nicht eben eine entschiedene, vorauszusagende Wirkung hervorbringen.

24. Wenn wir zum Beispiel von der Entstehung der blau oder gelbroten Farbe sprechen, so müssen wir auch die Erzeugung solcher Farben angeben, die aus diesen gemischt werden und eine ganz verschiedene Erscheinung verursachen, und zwar sollen wir immer aus den angezeigten Grundsätzen folgern. So erzeugt sich die Weinfarbe, wenn mit reinem und leuchten dem Schwarz sich lichte Strahlen verbinden. Dies geschieht auch körperlich an den Weinbeeren; denn indem sie reifen, sind sie von weinhafter Farbe, wenn sie sich aber schwärzen, so geht das Gelbrote ins Blaurote hinüber.

25. Nun muß man aber auf die angezeigte Weise alle Verschiedenheit der Farben betrachten, welche bei mannigfaltiger Bewegung sich doch selber ähnlich bleiben, je nachdem ihre Mischung beschaffen ist; und so werden wir uns von den Ursachen der Erscheinung, welche sie sowohl beim Entstehen als beim wechselseitigen Wirken hervorbringen, völlig überzeugen. Allein man muß die Betrachtung hierüber nicht anstellen, indem man die Farben vermischt wie der Maler, sondern indem man, wie vorgesagt, die zürückgeworfenen Strahlen aufeinander wirken läßt, denn auf diese Weise kann man am besten die Verschiedenheiten der Farben betrachten. Als Beweise aber muß man die einfacheren Fälle aufzusuchen verstehen, in welchen man den Ursprung der Farben deutlich erkennt; deshalb muß man besonders das Licht der Sonne, Feuer, Luft und Wasser vor Augen haben; denn, indem diese mehr oder weniger aufeinander wirken, vollenden sie, kann man sagen, alle Farben. Ferner muß man nach der Ähnlichkeit anderer, mehr körperlichen, Farben sehen, welche sich mit leuchtenden Strahlen vermischen. So bringen zum Beispiel Kohlen, Rauch, Rost, Schwefel, Federn, indem sie teils von den Sonnenstrahlen, teils von dem Glanze des Feuers temperiert werden, viele und mannigfaltige Farbenveränderungen hervor.

26. Auch ist zu betrachten, was durch (organische) Kochung in Pflanzen, Früchten, Haaren, Federn und dergleichen bewirkt wird.

III. Von der Unbestimmbarkeit der Farben

27. Es darf uns aber nicht verborgen bleiben, woher das Vielfältige und Unbestimmbare der Farben entstehe, indem wir finden, daß die Verbindung des Lichts und des Schattens sich ungleich und unregelmäßig ereigne. Beide sind, durch das Mehr oder Weniger, gar sehr voneinander unterschieden, daher sie, sowohl unter sich, als wenn sie mit den Farben vermischt werden, viele Farbenveränderungen hervorbringen; teils weil das, was nun zusammen wirkt, an Menge und an Kräften sich nicht gleich ist, teils weil sie gegeneinander nicht dieselben Beziehungen haben. Und so haben denn auch die Farben in sich viel Verschiedenheiten, das Blaurote sowie das Gelbrote, ingleichen das Weiße und so auch die übrigen, sowohl wegen des Mehr oder Weniger als wegen wechselseitiger Mischung oder Reinheit.

28. Denn es macht einen Unterschied, ob dasjenige, was zugemischt wird, leuchtend und glänzend sei oder im Gegenteil schmutzig und glanzlos. Das Glänzende aber ist nichts anders als die Gedrängtheit und Dichtheit des Lichtes. So entsteht die Goldfarbe, wenn das Gelbe und Sonnenhafte, verdichtet, stark leuchtet, deswegen auch die Hälse der Tauben und die Wassertropfen golden erscheinen, wenn das Licht zurückgeworfen wird.

29. Es gibt auch Körper, welche, indem sie durch Reiben oder sonst eine Gewalt glatt werden, eine Veränderung verschiedener Farben zeigen, wie abgeriebenes Silber, Gold, Erz und Eisen.

30. Auch bringen gewisse Steinarten mehrerlei Farben hervor, zum Beispiel (der Schiefer), der, indem er schwarz ist, weiße Linien zieht. Bei solchen Körpern sind die Ur-Teile klein, dicht und schwarz, das Gewebe des Steins aber ward bei seiner Entstehung mit allen seinen Gängen besonders gefärbt, daher man auch äußerlich entweder diese oder jene Farbe sieht. Das vom Körper Abgeriebene aber erscheint nicht mehr gold- oder kupferfarbig, noch auf irgendeine Weise gefärbt, sondern ganz schwarz, weil das anders gefärbte Gewebe zerrissen ist und nun die uranfängliche Natur der kleinsten Teile gesehen wird.

Streicht man aber einen solchen Körper an etwas Gleiches und Glattes, wie zum Beispiel an einen Probierstein, so kommt seine Urfarbe, die schwarze nämlich, nicht zum Vorschein, sondern er zeigt die Farbe, womit sein Gewebe bei dessen erster Schichtung und Verbindung tingiert ward.

31. Unter den brennenden, im Feuer sich auflösenden und schmelzenden Körpern zeigen solche, deren Rauch dünn und luftartig ist, die verschiedensten Farben, wie der Schwefel und die rostenden Kupfergefäße; auch Körper, welche dicht und glatt sind, wie das Silber.

32. Auch andere Körper, welche schattige Farben zeigen, sind gleichfalls glatt, wie zum Beispiel das Wasser und die Wolken und die Federn der Vögel; denn weil hier die Strahlen auf die Glätte fallen und bald so oder so temperiert werden, entstehen verschiedene Farben, wie auch durch die Finsternis geschieht.

33. Keine Farbe sehen wir aber rein, wie sie ist, sondern entweder durch den Einfluß fremder Farben, oder durch Licht und Schatten verändert; wir mögen daher einen Körper in den Sonnenstrahlen oder im Schatten sehen, bei starker oder schwacher Beleuchtung, bei der oder jener Neigung der Flächen; immer wird die Farbe anders erscheinen.

34. Ebenso geschieht es bei Feuer-, Monden- oder Lampenlicht; denn ein jedes von diesen hat eine eigene Farbe. Wenn sie nun mit der Farbe des Körpers durcheinander spielt, so entsteht die gemischte Farbe, die wir sehen.

35. Wenn das Licht auf irgendeinen Körper fällt und dadurch zum Beispiel einen purpurnen oder grünen Schein annimmt, von da aber auf einen andern Körper geworfen wird und von der Farbe desselben abermals eine Veränderung erleidet, so geschieht dies zwar in der Tat, doch nicht für die Empfindung: denn das Licht kommt zum Auge von vielerlei Farben getränkt, aber nur diejenige, welche vorzüglich wirkt, wird empfunden. So erscheint im Wasser alles wasserhaft, im Spiegel nach der Farbe des Spiegels, und wir können vermuten, daß es in der Luft auch also geschehe.

36. Wir finden also, daß alle gemischte Farben aus drei Ursprüngen erzeugt werden, aus dem Licht, durch das Mittel, wodurch das Licht erscheint, als Wasser oder Luft, und sodann von den untergelegten Farben, von denen das Licht zurück geworfen wird.

37. Das Weiße und Durchscheinende, wenn es sehr dünn ist, erscheint luftfärbig, an allem Dichten aber erscheint eine gewisse Trübe, zum Beispiel am Wasser, am Glas, an dunstiger Luft; denn wegen der Dichte nehmen die Strahlen überall ab, und wir können das, was in diesen Mitteln ist, nicht deutlich erkennen. Die Luft, wenn wir sie nahe sehen, scheint keine Farbe zu haben, denn sie wird, weil sie dünn ist, von den Strahlen überwunden und geteilt, indem diese mächtiger sind und durch sie hindurch scheinen. Wenn man aber die Luft in einiger Tiefe sieht, so erscheint sie, wenn sie noch dünn genug ist, blau; denn wo das Licht abnimmt, wird die Luft von der Finsternis aufgefaßt und erscheint blau; verdichtet aber ist sie, wie das Wasser, ganz weiß.

IV. Von künstlichen Farben

38. Übrigens, was gefärbt wird (vorausgesetzt, daß es ganz weiß sei), empfängt seine Farbe von dem Färbenden. So wird vieles durch Blumen, Wurzeln, Rinden, Hölzer, Blätter und Früchte gefärbt, sodann vieles mit Erde, Schaum und metallischen Tinten, auch mit tierischen Säften, wie das Blaurote durch die Purpurschnecke. Einiges wird mit Wein, einiges mit Rauch, mit Lauge, ja sogar durch das Meer gefärbt, wie die Haare der Seeleute, denn diese werden rot, und überhaupt mit allen Körpern, welche eigene Farben enthalten.

Denn verbunden mit dem Feuchten und Warmen, dringen solche Farben in die Gänge der Körper ein, und wenn diese trocken sind, so haben sie die Farben sich zugeeignet, ja man kann öfters die Farbe auswaschen, indem sie aus den Poren wieder ausfließt.

Auch macht der Gebrauch zusammenziehender Ingredienzien beim Färben großen Unterschied, sowohl der Mischung als auch überhaupt dessen, was die Körper dabei erleiden.

Man färbt auch schwarze Felle; an diesen wird aber die Farbe nicht sonderlich scheinbar, indem sich zwar sowohl die Farbe als die innern Gänge der Wolle einander wechselsweise aufnehmen, aber das Gewebe der Haare selbst die Farbe nicht annimmt.

Das Weiße hat zu den Farben ein reines Verhältnis und bewirkt eine glänzendere Erscheinung der Blüte; das Schwarze hingegen macht sie dunkel, obgleich die Farbe, welche sie Orphninos nennen, sich blühender auf Schwarz als auf Weiß ausnimmt, weil ihre Blüte durch die Strahlen des Schwarzen gehoben wird.

Die Zwischenräume der Gänge sieht man aber an sich selbst nicht, wegen ihrer Kleinheit, so wie man die Teile des Zinnes und des Kupfers nicht unterscheiden kann, wenn beide Metalle gemischt sind.

Und so werden aus vorgemeldeten Ursachen die Farben der gefärbten Dinge verändert.

V. Von Veränderungen der Farben, an den Pflanzen, durch organische Kochung

39. Die Haare aber, die Federn, Blumen, Früchte und alle Pflanzen nehmen durch Kochung alle Veränderung der Farben an, wie solches aus vielerlei Fällen deutlich ist. Was aber die einzelnen Dinge, die aus der Erde wachsen, für Anfänge der Farben haben, was für Veränderungen mit ihnen vorgehen und warum sie solches leiden, darüber kann man, wenn auch einige Zweifel diese Betrachtungen begleiten sollten, folgendermaßen denken:

40. In allen Pflanzen ist der Anfang der Farbe grün, und die Knospen, die Blätter und die Früchte sind im Anfange von dieser Farbe.

41. Man kann auch ebendasselbe am Regenwasser sehen, denn wenn es eine Weile gestanden hat und sodann vertrocknet, so erhält es eine grüne Farbe.

42. Auf diese Weise geschieht es, daß allem demjenigen, was aus der Erde wächst, die grüne Farbe zuerst angehört; denn altes Wasser, worauf die Sonnenstrahlen gewirkt haben, hat anfänglich diese Farbe, hernach wird sie allmählich schwarz; vermischt man sie aber aufs neue mit dem Gelben, so erscheint sie wieder grün. Denn das Feuchte, wie schon gesagt ist, das in sich selbst veraltet und austrocknet, wird schwarz, wie der Bewurf von den Wasserbehältern, sowie alles, was sich immer unter dem Wasser befindet; weil die der Luft ausgesetzte Feuchtigkeit austrocknet. Schöpft man es aber und bringt es an die Sonne, so wird es grün, weil sich das Gelbe mit dem Schwarzen verbindet, wenn aber die Feuchtigkeit mehr ins Schwarze fällt, so gibt es ein sehr gesättigtes, lauchfarbes Grün.

43. Deswegen auch alle ältere Knospen schwärzer sind als die neuen; diese aber gelblicher, weil die Feuchtigkeit in ihnen sich noch nicht völlig geschwärzt hat. Wenn nun aber bei langsamerem Wachstum die Feuchtigkeit lange in ihnen verweilt, so wird das der Luft ausgesetzte Feuchte nach und nach schwarz und die Farbe lauchartig, indem sie durch ein ganz reines Schwarz temperiert ist.

44. Diejenigen Teile der Pflanzen aber, in denen das Feuchte nicht mit den Sonnenstrahlen gemischt wird, bleiben weiß, wenn sie nicht etwa schon veraltet und ausgetrocknet und daher schwarz geworden sind.

45. Deswegen auch an den Pflanzen alles, was über der Erde steht, zuerst grün ist, unter der Erde aber Stengel, Wurzeln und Keime die weiße Farbe haben. Sowie man sie aber von der Erde entblößt, wird, wie gesagt ist, alles grün, weil die Feuchtigkeit, welche durch die Keime zu den übrigen Teilen durchseigt, die Natur dieser Farbe hat und zu dem Wachstum der Früchte sogleich verbraucht wird.

46. Wenn die Früchte aber nicht mehr zunehmen, weil die Wärme die zufließende Nahrung nicht mehr beherrschen kann, sondern die Feuchtigkeit nur von der Wärme aufgelöst erhalten wird, so reifen alle Früchte, und indem teils von der Sonnenwärme, teils von der Wärme der Luft die Feuchtigkeit, die sich in den Früchten befindet, gar gekocht worden, nehmen sie nun andere Farben an, welche den Pflanzen eigen sind, wie wir ein Ähnliches beim Färben (38) gesehen haben; und so färben sie sich langsam; stark aber färben sich die Teile, welche gegen die Sonne und die Wärme stehen.

47. Deswegen verwandeln die Früchte ihre Farben mit den Jahrszeiten.

48. Wie bekannt ist. Denn was vorher grün war, nimmt, wenn es reift, die Farbe an, die seiner Natur gemäß ist.

49. Denn sie können weiß, schwarz, braun, gelb, schwärzlich, schattenfärbig, gelbrot, wein- und safranfarbig werden und beinahe alle Farbenunterschiede annehmen.

50. Wenn nun aber überhaupt die Mannigfaltigkeit der Farben daher entsteht, daß mehrere wechselsweise Einfluß aufeinander haben, so folgt auch, daß bei den Farben der Pflanzen derselbe Fall sei.

Die Feuchtigkeit, indem sie die Pflanzengefäße durchseihet und durchspület, nimmt alle Farbenkräfte in sich, und wenn sie nun beim Reifen der Früchte durch Sonnen- und Luftwärme durchgekocht wird, treten die einzelnen Farben in sich zusammen und erscheinen abgesondert, einige schneller, andere langsamer.

Etwas Ähnliches begegnet beim Purpurfärben. Denn wenn man die Schnecke zerstößt, ihre Feuchtigkeit auspreßt und im Kessel kocht, so ist in der Küpe zuerst keine bestimmte Farbe zu sehen, nach und nach aber trennen sich die eingebornen Farben und mischen sich wieder, wodurch denn die Mannigfaltigkeit entsteht, als Schwarz, Weiß, Schatten- und Luftfarbe. Zuletzt wird alles purpurfarbig, wenn die Farben gehörig zusammengekocht sind, so daß wegen ihrer Mischung und Übergang aus einer in die andere keine der einzelnen Farben an sich mehr zu sehen ist.

51. Dieses begegnet auch an Früchten. Denn bei vielen werden nicht alle Farben auf einmal gar gekocht, sondern einige zeigen sich früher, andere später, und eine wird in die andere verändert, wie man an den Trauben und Datteln sieht. Denn diese letzten werden zuerst rot; wenn aber das Schwarze in ihnen in sich zusammentritt, gehen sie in die Weinfarbe über. Zuletzt werden sie blau, wenn das Rote mit vielem und reinem Schwarz gemischt ist.

52. Denn die Farben, welche später entstehen, verändern, wenn sie vorwalten, die ersten Farben, welches besonders bei schwarzen Früchten deutlich ist. Denn die meisten, welche zuerst grün aussehen, neigen sich ein wenig ins Rote und werden dann feuerfarb, aber bald verändern sie auch diese Farbe wieder, weil ein reines Schwarz sich ursprünglich in ihnen befindet.

53. Es ist offenbar, daß auch die Reiser, die Härchen und die Blätter dieser Pflanzen einige Schwärze zeigen, weil sich eine solche Farbe häufig in ihnen befindet; daß aber die schwarzen Früchte beide Farben in sich haben, zeigt der Saft, welcher weinhaft aussieht.

54. Bei der Entstehung aber ist die rote Farbe später als die schwarze, wie man an dem Pflaster unter den Dachtraufen sieht und überall, wo an schattigen Orten mäßiges Wasser fließt; alles verwandelt sich da aus der grünen in die rote Farbe, und das Pflaster wird, als wenn beim Schlachten frisches Blut ausgegossen worden wäre. Denn die grüne Farbe ist hier weiter durchgekocht worden, zuletzt aber wird’s auch hier sehr schwarz und blau, wie es an den Früchten geschieht.

55. Davon aber, daß die Farbe der Früchte sich verwandelt, wenn die ersten Farben durch die folgenden überwältigt werden, lassen sich Beispiele an der Frucht des Granatbaums und an den Rosenblättern zeigen; denn beide sind anfänglich weiß, zuletzt aber, wenn die Säfte älter und durch Kochung gefärbt werden, so verwandeln sie sich in Purpur und hochrote Farbe.

56. Manche Körper haben mehrere Farben in sich, wie der Saft des Mohns und die Neige des ausgepreßten Olivenöls; auch diese sind anfangs weiß, wie der Granatapfel, sodann gehen sie ins Hochrote über, zuletzt aber, wenn viel Schwarzes dazu kommt, wird die Farbe blau, deswegen auch die Blätter des Mohns oberhalb rot sind, weil die Kochung in ihnen sehr schnell vorgeht, gegen den Ansatz aber schwarz, da bereits diese Farbe in ihnen die Oberhand hat, wie auch bei der Frucht, die zuletzt schwarz wird.

57. Bei solchen Pflanzen aber, in welchen nur eine Farbe herrscht, etwa die weiße, schwarze, hochrote, oder violette, behalten auch die Früchte diejenige Farbe, in welche sie sich einmal aus dem Grünen verändert haben.

58. Auch findet man bei einigen, daß Blüte und Frucht gleiche Farbe hat, wie zum Beispiel am Granatapfel; denn hier ist die Frucht sowie die Blüte rot. Bei andern aber ist die Farbe beider sehr verschieden, wie beim Lorbeer und Efeu; denn an diesen sehen wir die Blüte ganz gelb und die Frucht schwarz. Die Blüte des Apfels neigt sich aus dem Weißen ins Purpurfarbne, die Frucht hingegen ist gelb. Die Blume des Mohns ist rot, aber die Frucht bald weiß, bald schwarz, weil die Kochung der einwohnenden Säfte zu verschiedenen Zeiten geschieht.

59. Dieses bewährt sich aber auf vielerlei Weise. Denn einige Früchte verändern, mit der fortschreitenden Kochung, sowohl Farbe als Geruch und Geschmack. Auch ist hierin zwischen Blume und Frucht oft ein großer Unterschied.

Ja, an einer und derselben Blume bemerkt man eine solche Mannigfaltigkeit, indem das eine Blatt schwarz, das andere rot, das eine weiß, das andere purpurfarb sein kann, welches auffallend an der Iris gesehen wird; denn wegen mannigfaltiger Kochung hat diese Blume die verschiedensten Farben.

Ein Gleiches geschieht an den Trauben, wenn sie reifen.

Auch werden die Enden der Blumenblätter am meisten ausgekocht, denn da, wo sie am Stiel ansitzen, sind sie weniger gefärbt.

60. Fast wird auch an einigen das Feuchte gleichsam aus gebrannt, ehe es seine eigentliche Kochung erreicht; daher behalten die Blumen ihre Farbe, die Früchte aber bei fortschreitender Kochung verändern die ihrige. Denn die Blumenblätter sind, wegen der geringen Nahrung, gleich durchgekocht; die Früchte aber lassen sich, wegen der Menge Feuchtigkeit, die in ihnen wohnt, beim Auskochen durch alle Farben durchführen, die ihrer Natur gemäß sind.

Etwas Ähnliches geschieht, wie schon vorher gesagt worden ist, auch beim Färben. Denn im Anfang, wenn die Purpurfärber die Blutbrühe ansetzen, wird sie dunkel, schwarz und luftfarbig; ist aber die Masse genug durchgearbeitet, so wird die Purpurfarbe blühend und glänzend.

Daher müssen auch die Blumen an Farbe von den Früchten sehr unterschieden sein; einige übersteigen gleichsam das Ziel, das ihnen die Natur gesteckt hat, andre bleiben dahinter zurück, die einen, weil sie eine vollendete, die andern, weil sie eine unvollendete Kochung erfahren.

Dies sind nun die Ursachen, warum Blüten und Früchte voneinander unterschiedene Farben zeigen.

61. Die meisten Blätter mehrerer Bäume aber werden zuletzt gelb, weil die Nahrung abnimmt und sie eher welken, als sie in die (höchste) Farbe, die ihrer Natur möglich ist, übergehen. Auch werden einige abfallende Früchte gelb, weil ihnen die Nahrung vor der vollkommenen Kochung ausgeht.

62. Ferner wird sowohl der Weizen als alles, was unmittelbar aus der Erde wächst, zuletzt gelb; denn in solchen Pflanzen wird das Feuchte nicht schwarz, sondern, weil sie schnell trocknen, geschieht ein Rückschritt in der Farbe.

Denn das Schwarze, mit dem Gelbgrünen verbunden, wird, wie gesagt, grasgrün; wo aber das Schwarze immer schwächer wird, geht die Farbe wieder ins Gelbgrüne und dann ins Gelbe.

Zwar werden die Blätter des Apium und der Andrachne, auch einiger andern Pflanzen, wenn sie vollkommen durchgekocht sind, hochrot; aber was an ihnen geschwind trocknet, wird gelb, weil ihm die Nahrung vor der völligen Kochung abgeht.

Daher kann man schließen, daß der Unterschied der Pflanzen (-Farben) sich aus den vorgesagten Ursachen herschreibt.

VI. Von den Farben der Haare, Federn und Häute

63. Auch die Haare, Federn und Häute der Pferde, Ochsen, Schafe und Menschen sowie aller andern Tiere werden weiß, grau, rot oder schwarz aus derselben Ursache.

64. Und zwar werden sie weiß, wenn das Feuchte, indem es vertrocknet, seine eigne Farbe behält.

65. Schwarz hingegen werden sie, wenn das ursprüngliche Feuchte häufig genug vorhanden ist, so daß es langsam altern und zeitigen kann. Auf diese Weise werden Felle und Häute schwarz.

66. Körper hingegen, welche eine braune, rote, gelbe, oder sonst eine Farbe haben, sind solche, die früher austrocknen, ehe das Feuchte vollkommen in die schwarze Farbe übergeht.

67. Wenn aber dieses (Austrocknen) ungleich geschieht, so werden auch die Farben verschieden, wobei sich die Farbe der Haare nach der Farbe der Haut richtet. So sind die Haare rötlicher Menschen hellrot, schwarzer Menschen aber schwarz. Bricht aber eine weiße Stelle hervor, so sind die Haare ebenfalls auf der Stelle weiß, wie man auch bei scheckigen Tieren sieht, und so richten sich Haare und Federn nach der Haut, entweder zum Teil oder im ganzen.

68. So verhält sich’s auch mit dem Hufe, den Klauen, dem Schnabel und den Hörnern. An schwarzen Tieren werden sie schwarz, an weißen aber weiß, weil auch bei diesen Teilen die Nahrung durch die Haut nach der äußeren Bedeckung durchseihet.

69. Daß aber die angegebene Ursache die richtige sei, läßt sich an mancherlei Fällen erkennen. Denn die Häupter aller Knaben sind anfangs rot wegen geringerer Nahrung, eben deshalb sind die Haare schwach, dünn und kurz; bei fortschreitendem Alter hingegen werden sie schwarz, wenn die Kinder durch die Menge der zufließenden Nahrung mehr Farbe gewinnen.

70. So ist es auch mit den Milchhaaren und dem Barte beschaffen. Wenn diese sich zu zeigen anfangen, so werden sie geschwind rot, wegen der wenigen Feuchtigkeit, die in ihnen austrocknet; wenn aber etwas mehr Nahrung zugeführt wird, so werden sie gleichfalls schwarz.

71. An dem Körper also bleiben die Haare so lange rot, als ihnen die Nahrung fehlt; wenn sie aber wachsen, so werden sie auch schwarz, sowohl am Bart als auf der Scheitel.

Auch streitet für unsere Meinung der Umstand, daß bei solchen Geschöpfen, welche lange Haare haben, in der Nähe des Körpers die Haare schwärzer, gegen die Spitzen aber gelber werden, wie man bei Schafen, Pferden und Menschen sieht; weil gegen die Enden weniger Nahrung hingeführt wird und sie daselbst schneller vertrocknet.

72. Auch die Federn schwarzer Vögel sind in der Nähe des Leibes am schwärzesten, an den Enden aber gelber. So verhalten sie sich auch um den Hals und überhaupt, wo sie geringere Nahrung empfangen.

Imgleichen gehen alle Haare nach der Vollendung zurück und werden braunrot, weil die nun wieder abnehmende Nahrung schnell vertrocknet.

73. Zuletzt aber werden sie weiß, wenn die Nahrung in denselben ausgekocht wird, ehe das Feuchte schwarz werden kann. Dies ist am sichtbarsten bei Tieren, welche unter dem Joche gehen. An solcher Stelle werden die Haare durchaus weiß; denn es kann daselbst die Nahrung nicht gleichförmig angezogen werden, und bei einer schwachen Wärme vertrocknet die Feuchtigkeit zu geschwind und wird weiß.

74. Um die Schläfe werden die Haare am frühesten grau, sowie überhaupt an schwachen und leidenden Stellen.

Vorzüglich aber gehen Geschöpfe, wenn sie ausarten, in diese Farbe hinüber. So gibt es weiße Hasen, weiße Hirsche und Bären, auch kommen weiße Wachteln, Rebhühner und Schwalben vor. Dieses alles geschieht bei einer schwachen Zeugung und wegen Mangel von nährendem Stoff, der zu früh austrocknet, und so werden sie weiß.

75. So sind auch anfangs die Kopfhaare der Kinder weiß, die Augenbraunen und Wimpern. Nicht weniger erfährt auch jedermann im Alter, daß sich die Haare bleichen, wegen Schwäche und Mangel an Nahrung.

76. Deshalb sind auch meistenteils die weißen Tiere schwächer als die schwarzen; denn ehe ihr Bau vollendet werden kann, ist schon ihre mangelhafte Nahrung durchgekocht, und so werden sie weiß. Eben dieses begegnet den Früchten, welche kränkeln, denn diese sind auch wegen ihrer Schwäche bald durchgekocht.

77. Die Tiere aber, welche weiß werden und von andern auf diese Art sich unterscheiden, als Pferde und Hunde, gehen aus ihrer natürlichen Farbe in das Weiße hinüber wegen reichlicher Nahrung; denn das Feuchte in ihnen veraltet nicht, sondern wird zum Wachstum verbraucht und weiß. Die meisten dieser Geschöpfe sind feucht und fruchtbar wegen reichlicher Nahrung, daher auch die weiße Farbe in keine andere übergeht, (weil sie schon das Ende erreicht hat) so wie dagegen schwarze Haare, ehe sie grau werden, durch das Rote durchgehen und zuletzt weiß werden.

78. Übrigens glauben einige, alles werde schwarz, weil die Nahrung von der Wärme verbrannt werde, so wie beim Blut und manchem andern geschieht, worin sie jedoch irren.

Denn einige Tiere werden gleich anfangs schwarz, als Hunde, Ziegen und Ochsen und überhaupt alle diejenigen, deren Häute und Haare von Anfang genugsame Nahrung haben, bei fortschreitenden Jahren aber weniger. Doch sollten (wenn jene Meinung wahr wäre) die Haare zu Anfang vielmehr weiß sein und erst, wenn das Tier auf dem Gipfel seiner Kraft steht, schwarz werden, als um welche Zeit auch seine Wärme den höchsten Punkt erreicht hat. Denn zu Anfang der Organisation ist die Wärme viel schwächer als um die Zeit, wo (sonst) das Haar (wieder) weiß zu werden anfängt.

79. Die Unrichtigkeit jener Meinung ergibt sich auch an den weißen Tieren. Einige sind nämlich gleich anfänglich von der weißesten Farbe, denen gleich anfangs die meiste Nahrung zufließt und in denen die Feuchtigkeit nicht vor der Zeit vertrocknet; hingegen bei fortschreitendem Alter, wenn ihnen mindere Nahrung zufließt, werden sie gelb. Andere sind von Anfang gelb und auf dem Gipfel ihres Wachstums sehr weiß. Wie denn auch die Farbe der Vögel sich wieder verändert; wenn die Nahrung abnimmt, werden sie alle gelb, besonders um den Hals und überhaupt an allen den Stellen, welche bei abnehmender Feuchtigkeit Mangel an Nahrung haben. Denn so wie das Rötliche ins Weiße sich verwandelt und das Schwarze ins Rötliche, so geht auch das Weiße ins Gelbe über.

80. Etwas Ähnliches begegnet auch mit den Pflanzen. Denn einige, wenn sie schon durch Kochung in eine andere Farbe übergegangen, kehren doch wieder zur ersten zurück. Dieses ist am deutlichsten am Granatapfel zu sehen; denn im Anfange sind die Kerne der Äpfel rot, so wie die Blätter, weil nur geringe Nahrung ausgekocht wird; dann werden sie grün, wenn viel Saft zuströmt und die Kochung nicht mit gleicher Kraft vor sich geht. Zuletzt aber, wenn die Kochung vollendet ist, entsteht wieder die rote Farbe.

81. Überhaupt aber gilt von den Haaren und Federn, daß sie sich verändern, teils, wenn ihnen die Nahrung fehlt, teils, wenn sie zu reichlich ist. Deshalb werden auf verschiedenen Stufen des Alters die Haare sehr weiß, sowie sehr schwarz. Manchmal gehen sogar die Rabenfedern in eine gelbe Farbe über, wenn ihnen die Nahrung mangelt.

82. Unter den Haaren gibt es aber keine scharlach-noch purpurrote, so wenig als lauchgrüne oder von sonst einer Farbe dieser Art, weil diese Farben zu ihrer Entstehung die Beimischung der Sonnenstrahlen bedürfen. Diese nehmen aber die feuchten Haare nicht an, sondern sie sind an innere Veränderungen gebunden. Dagegen sind die Federn zu Anfang nicht wie in der Folge gefärbt. Denn auch die bunten Vögel haben anfangs fast alle schwarze Federn, als der Pfau, die Taube und die Schwalbe. Nachher nehmen sie aber große Mannigfaltigkeit an, indem die Kochung außerhalb des Körpers vor sich geht, sowohl in den Kielen als in den Verzweigungen derselben, wie bei den Pflanzen außerhalb der Erde; (daher können die Lichtstrahlen zu Entstehung mannigfaltiger Farben mitwirken.)

So haben auch die übrigen Tiere, die schwimmenden, kriechenden und beschalten, alle Arten der Farben, weil bei ihnen auch eine vielfache Kochung vorgeht.

Und so möchte einer wohl die Theorie der Farben aus dem Gesagten einzusehen imstande sein.

Farbenbenennungen der Griechen und Römer

Die Alten lassen alle Farbe aus Weiß und Schwarz, aus Licht und Finsternis entstehen. Sie sagen, alle Farben fallen zwischen Weiß und Schwarz und seien aus diesen gemischt. Man muß aber nicht wähnen, daß sie hierunter eine bloß atomistische Mischung verstanden, ob sie sich gleich an schicklichen Orten des Wortes μιξις bedienen, dagegen sie an den bedeutenden Stellen, wo sie eine Art Wechselwirkung beider Gegensätze ausdrücken wollen, das Wort κρασις, συγκρισις gebrauchen; so wie sie denn überhaupt sowohl Licht und Finsternis als die Farben untereinander sich temperieren lassen, wofür das Wort κεραννυσϑαι vorkommt; wie man sich davon aus den bisher übersetzten und mitgeteilten Stellen überzeugen kann.

Sie geben die Farbengeschlechter verschieden, einige zu sieben, andre zu zwölfen an, doch ohne sie vollständig aufzuzählen.

Aus der Betrachtung ihres Sprachgebrauchs, sowohl des griechischen als römischen, ergibt sich, daß sie generelle Benennungen der Farben statt der speziellen und umgekehrt diese statt jener setzen.

Ihre Farbenbenennungen sind nicht fix und genau bestimmt, sondern beweglich und schwankend, indem sie nach beiden Seiten auch von angrenzenden Farben gebraucht werden. Ihr Gelbes neigt sich einerseits ins Rote, andrerseits ins Blaue, das Blaue teils ins Grüne, teils ins Rote, das Rote bald ins Gelbe, bald ins Blaue; der Purpur schwebt auf der Grenze zwischen Rot und Blau und neigt sich bald zum Scharlach, bald zum Violetten.

Indem die Alten auf diese Weise die Farbe als ein nicht nur an sich Bewegliches und Flüchtiges ansehen, sondern auch ein Vorgefühl der Steigerung und des Rückganges haben: so bedienen sie sich, wenn sie von den Farben reden, auch solcher Ausdrücke, welche diese Anschauung andeuten. Sie lassen das Gelbe röteln, weil es in seiner Steigerung zum Roten führt, oder das Rote gelbeln, indem es sich oft zu diesem seinen Ursprunge zurück neigt.

Die so spezifizierten Farben lassen sich nun wiederum ramifizieren. Die in der Steigerung begriffene Farbe kann, auf welchem Punkte man sie festhalten will, durch ein stärkeres Licht diluiert, durch einen Schatten verfinstert, ja in sich selbst vermehrt und zusammengedrängt werden. Für die dadurch entstehenden Nüancen werden oft nur die Namen der Spezies, auch wohl nur das Genus überhaupt, angewendet.

Die gesättigten, in sich gedrängten und noch dazu schattigen Farben werden zur Bezeichnung des Dunklen, Finstern, Schwarzen überhaupt gebraucht, sowie im Fall, daß sie ein gedrängtes Licht zurückwerfen, für leuchtend, glänzend, weiß oder hell.

Jede Farbe, welcher Art sie sei, kann von sich selbst eingenommen, in sich selbst vermehrt, überdrängt, gesättigt sein und wird in diesem Falle mehr oder weniger dunkel erscheinen. Die Alten nennen sie alsdann suasum πεπεισμενον, in se consumptum, plenum, saturum κατακορες, meracum ακρατον, pressum, βαρυ, adstrictum, triste, austerum αυστηρον, amarum πικρον, nubilum αμαυρον, profundum βαϑυ.

Sie kann ferner diluiert und in einer gewissen Blässe erscheinen; insofern nennt man sie dilutum, liquidum, ύδαρες, pallidum εκλευκον.

Bei aller Sättigung kann die Farbe dennoch von vielem Lichte strahlen und dasselbe zurückwerfen; dann nennt man sie clarum λαμπρον, candidum, acutum οξυ, excitatum, laetum, hilare, vegetum, floridum ευανϑες, ανϑηρον. Sämtliche Benennungen geben die besondern Anschauungen durch andre symbolische vermittelnd wieder.

Wir haben nunmehr noch die generellen Benennungen der Farbe, samt den spezifischen, die ihre Sphäre ausmachen, anzugeben.

Fangen wir von der untersten Stufe an, wo das Licht so alteriert erscheint, daß es die besondre Empfindung dessen, was wir Farbe nennen, erregt, so treffen wir daselbst zuerst ωχρον, dann ξανϑον, ferner πυρρόν, dann ερυϑρον, sodann φοινικουν, zuletzt πορφυρουν an. Im gemeinen wie im poetischen Sprachgebrauch finden wir herauf- und herabwärts öfter ein Genus für das andre gesetzt. Das πορφυρουν steigt abwärts in das άλουργες, κυανουν coeruleum, γλαυκον caesium, und schließt sich durch dieses an das πρασινον porraceum, ποωδες herbidum, und zuletzt an das χλωρον viride an, das sowohl ein mit Blau vermischtes Gelb, das ist ein Grünes, als das reine Gelb anzeigt und so das Ende des Farbenkreises mit dem Anfange verbindet und zuschließt.

Die Farbenbenennungen, welche die weiteste Sphäre haben, sind vorzüglich folgende:

Ξανϑον geht vom Strohgelben und Hellblonden durch das Goldgelbe, Braungelbe bis ins Rotgelbe, Gelbrote, sogar in den Scharlach.

Darunter gehören als Spezies ωχρον, ϑαψινον, κιρρόν, χιτρινον, κνηκον, μηλινον, μηλοψ, σιτοχπουν, ξουϑον, πυρρόν, χρυσοειδες, ήλιωδες, φλογοειδες, οινωδες, κροκοειδες etc. Im Lateinischen buxeum, melleum, cereum, flavum, fulvum, helvum, galbinum, aureum, croceum, igneum, luteum, melinum, gilvum, roseum, adustum, russum, rufum.

Ερυϑρον rufum, welches nach Gellius das Geschlechtswort aller roten Farbe ist, begreift unter sich, von ξανϑον, πυρρόν an, alles was rot ist und braun, welches zum Gelben oder Roten neigt, bis zum Purpur. Im Lateinischen rufum, russum, rubrum, rutilum, rubicundum, spadix, badium, φοινικουν puniceum, (ponceau, coquelicot, nacarat), coccineum Scharlach, ύσγινον, welches nach Plinius zwischen purpureum und coccineum liegt und wahrscheinlich cramoisi Karmesin ist; zuletzt purpureum πορφυρουν, das vom Rosenroten an durchs Blut- und Braunrote bis ins Blaurote άλουργες und Violette übergeht.

Κυανεον geht vom Himmelblauen bis ins Dunkel-und Schwarzblaue, Violette, und Violettpurpurne. Ebenso coeruleum, das sogar ins Dunkelgrüne und Blaugrüne γλαυκον, wie in das caesium Katzengrüne übergeht.

Darunter fallen αεριζον, αεροειδες aërium, coelinum ουρανοειδες, ύακινϑινον, ferrugineum, οινωπον, αμεϑυστινον, thalassinum, vitreum, venetum, γλαυκον, das aus dem Blaugrünen und Katzengrünen ins bloße Graue übergeht, und noch das χαροπον und ravum unter sich begreift.

Χλωρον geht aus der einen Seite ins Gelbe, aus der andern ins Grüne. Ebenso viride, das nicht nur ins Gelbe, sondern auch ins Blaue geht.

Darunter fallen ποωδες herbidum, πρασινον porraceum, aerugineum ιωδες, σμαραγδινον, vitreum ισατωδες, venetum.

Aus der Mischung von Schwarz und Weiß gehen, nach Aristoteles und Platon, hervor: das φαιον, welches auch μυινον erklärt wird, also Grau.

Ferner πελλος, πελιος, πολιος, pullus sowohl schwärzlich als weißlich, je nachdem die Anforderung an das Weiße oder an das Schwarze gemacht wird.

Ferner τεφρον aschfarben, und σποδιον, welches isabellfarben erklärt wird, wahrscheinlich gris cendré; drückt aber auch Eselsfarbe aus, welche an den Spitzen der Haare in ein πυρρόν, mehr oder weniger Gelbbraunes, ausläuft.

Aus verbranntem Purpur und Schwarz entsteht, nach eben diesen beiden, das ορφνινον, die Farbe des Rauchtopases, welches, wie im Lateinischen das verwandte furvum, oft nur in der allgemeinen Bedeutung des Schwarzen und Dunkeln gebraucht wird.

In dieses, nach unsern theoretischen Einsichten nunmehr im Allgemeinen aufgestellte Schema lassen sich die übrigen allenfalls noch vorzufindenden Ausdrücke leicht einordnen; wobei sich mehr und mehr ergeben wird, wie klar und richtig die Alten das Außerihnen gewahr geworden, und wie sehr, als naturgemäß, ihr Aussprechen des Erfahrenen und ihre Behandlung des Gewußten zu schätzen sei.

 
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Zweite Abteilung: Römer

Lucretius

De rerum natura II, 730 – 841

Auf, und vernehme du jetzt, was süßes Bemühen erforscht hat,

Und ich dich lehre; daß nicht, was weiß dem Auge sich darstellt,

Weiß erscheine deshalb, weil weiße Stoffe der Grund sind;

Oder was schwarz aussieht, aus schwarzen Samen erzeugt sei;

Noch auch jegliches Ding, das irgend gefärbt wir erblicken,

Also sich zeige, dieweil schon ähnliche Farbe von dieser

In der Materie selbst, in den Ursprungsstoffen vorhanden.

Denn der Materie Stoff ist gänzlich beraubet der Farbe,

Weder den Dingen gleich noch ungleich ihnen zu nennen.

Sagst du, der menschliche Geist vermöge nicht Körper zu fassen

Solcherlei Art, so irrest du sehr und täuschest dich gänzlich.

Nimm dir den Blindgeborenen doch: die göttliche Sonne

Hat er nimmer gesehn, doch kennet er, durch das Gefühl bloß,

Dinge, die nie im Leben mit Farbe verbunden ihm waren.

Ebenso läßt sich verstehn, wie die Seele Begriffe von Körpern

Machen sich könne, die nicht mit Farbe von außen getüncht sind.

Selbst die Dinge, die wir bei Nacht und im Dunkel betasten,

Unterscheiden sich uns, obgleich wir die Farbe nicht fühlen.

Was die Erfahrung bezeugt, laß jetzt durch Gründe mich dartun.

Jegliche Farbe verwandelt sich leicht in jegliche Farbe;

Aber das dürfen doch nie die Urelemente der Dinge.

Stets muß etwas bestehn, das unveränderlich bleibe;

Soll nicht alles in Nichts von Grund aus wieder sich kehren:

Denn was irgend verläßt die Grenzen des eigenen Da seins,

Stirbt als das, was es war, wird augenblicklich ein andres.

Hüte dich also, den Stoff mit wechselnden Farben zu tünchen,

Soll ins völlige Nichts zuletzt nicht alles vergehen.

Sind die Stoffe nun gleich nicht farbig ihrer Natur nach;

Sind sie dennoch begabt mit mannigfaltigen Formen,

Wechselnde Farben daraus von allerlei Arten zu schaffen.

Dann auch lieget noch viel an Mischung und Lage der Stoffe.

Wie sie sich unter sich selbst, und wie sie zu andern sich halten,

Welche Bewegung sie sich erteilen und wieder empfangen;

Also, daß leicht sich hieraus ein rechenschaftlicher Grund gibt,

Wie, was kurz noch zuvor von Farbe dunkel und schwarz war,

Könn’ urplötzlich darauf in Marmorweiße sich wandeln.

Ebenso wird auch das Meer, von heftigen Winden erreget,

Umgewandelt in Wogen von heller und glänzender Weiße.

Sagen ließe sich dann, daß das, was öfters wir schwarz sehn,

Wann es die Stoffe durchmischt, die Ordnung derselben verändert,

Einige sich vermindern, und andre dagegen vermehren;

Dieses auf einmal alsdann sich weiß und glänzend uns zeige.

Wären die Fluten des Meeres jedoch schon dunkel im Grundstoff,

Dann so könnten auf keinerlei Art ins Weiße sie wandeln;

Möchtest du noch so sehr ineinander jagen die Stoffe,

Nimmer würden ins Weiße sie übergehen, die dunkeln.

Wären die Samen jedoch, aus denen der einfache klare

Meeresschimmer besteht, mit verschiedenen Farben gefärbet,

Wie man ein Viereck oft, und andre bestimmte Figuren,

Bildet aus anderen Formen und unterschiednen Figuren:

Müßte man auch, wie hier die verschiedenen Formen im Viereck,

So in der Fläche des Meers, und in jeder lauteren Glanzflut,

Bunte, und weit voneinander verschiedene Farben bemerken.

Übrigens zeigt sich die äußre Figur vollkommen im Viereck,

Sind auch die Glieder, woraus es besteht, verschieden an Bildung;

Aber an Dingen verschiedene Farbe verhindert es gänzlich,

Daß dasselbige Ding einfärbig jemals erscheine.

Irgendein Grund, der noch uns verführen könnte, den Stoffen

Einzuräumen die Farbe, zerfällt und verlieret sich gänzlich,

Wenn man bedenkt, daß nicht aus weißen entstünde das Weiße,

Noch was schwarz man benennt, aus schwarzen; vielmehr aus verschiednen.

Weit natürlicher ists, daß Weißes aus Stoffen entspringe

Ganz farbloser Natur, als daß es aus schwarzen sich zeuge,

Oder aus jeglicher Farbe, mit welcher es gänzlich im Streit steht.

Ferner, da ohne Licht nicht Farben können bestehen,

Aber hervor ans Licht ursprüngliche Körper nicht treten,

Folgt natürlich hieraus, daß diese von Farben entblößt sind.

Wie kann Farbe denn nur lichtlosem Dunkel gemein sein?

Sie, die sich selbst verändert im Licht, und verschieden zurückglänzt,

Je nachdem sie der Strahl schief oder gerade getroffen.

An dem Gefieder der Tauben, das ihnen den Hals und den Nacken

Rings umkränzt, kannst dieses du sehn im Strahle der Sonne:

Anders gewandt erscheinet es rot, im Glanz des Pyropus,

Wieder anders, Lasur, in grüne Smaragden gemischet.

So auch des Pfauen Schweif; zur volleren Sonne gewendet,

Wandelt auf ähnliche Art er die mannigfaltigen Farben.

Da nun des Lichtes eigener Wurf die Wirkung hervorbringt,

Ist es auch klar, daß ohne das Licht nicht solches geschähe.

Ferner noch, da die Pupille durch andere Stöße gereizt wird,

Wann sie das Weiße fühlt, durch andere wieder vom Schwarzen,

Wieder auf andere Art von jeglicher anderen Farbe;

Auch an der Farbe des Dinges, wofern du solches berührest,

Wenig lieget, vielmehr an der Form und der eigenen Bildung:

Also erhellt, daß Stoffe durchaus nicht Farbe bedürfen,

Sondern verschiedene Formen, verschiedne Gefühle zu wecken.

Sollte gewisser Farben Natur bestimmten Figuren

Eigen nicht sein, und könnte daher mit jeglicher Farbe

Jegliche Bildung der Stoffe bestehn: wie kömmt es, daß Dinge

Nicht auf ähnliche Art in jegliche Farbe sich kleiden?

Dann so träf’ es sich wohl, daß zuweilen den fliegenden Raben

Weißer Schimmer entglänzte, von weißem Gefieder und Flügel;

Schwarze Schwanen entstünden, aus schwarzen Samen erzeuget,

Oder auch einfach und bunt, in jeder beliebigen Färbung.

Ja du bemerkest sogar, je kleiner man Dinge zerteilet,

Desto mehr sich die Farbe verliert, die endlich verschwindet;

So, wenn man Gold zerreibt zu feinem Staube, des Purpurs

Glänzendes Rot zerlegt in die allerzartesten Fäden:

Welches dir klar erweist, daß, ehe zum Stoffe sie kehren,

Alle die Teilchen zuvor aushauchen jegliche Farbe.

Endlich, indem du Ton und Geruch nicht jeglichem Körper

Zugestehest, so räumest du ein, daß Körper es gebe

Ohne Ton und Geruch: auf ähnliche Weise begreift sich’s,

Daß, indem wir nicht alles mit Augen zu fassen vermögen,

Dennoch Körper vorhanden, die so der Farbe beraubt sind,

Wie des Geruches und wie des tönenden Schalles die andern:

Und es erkennt der forschende Geist nicht minder dieselben,

Als die in anderen Dingen auch anderer Zeichen entbehren.

Plinius

II, 730–841

Da dieser Autor in jedermanns Händen sein kann, sowohl im Original als in Übersetzungen, so wäre seinen Text hier abdrucken zu lassen überflüssig und unnütz, um so mehr als derjenige, der ihn im einzelnen zu verstehen und auszulegen sucht, manche Schwierigkeiten findet, welche wir nicht zu überwinden hoffen. Wir ziehen daher vor, einen Aufsatz einzurücken, in welchem ein Freund das, was Plinius von Farben und Kolorit gesagt, zusammenfaßt und seine Meinung äußert, wie nach dem natürlichen Vorschritte der Malerkunst das einzelne möchte zu verstehen und zurechtzulegen sein.

Es mag dieser Versuch als ein Beispiel dienen, wie man eine bedeutende Weltbegebenheit aus ihrer eigenen Natur heraus entwickeln, darstellen, und die hiezu überlieferten Nachrichten nur insofern benutzen kann, als sie mit der Notwendigkeit in Harmonie stehen. Die Hauptpunkte, worauf alles ankommt, treten alsdann glänzender hervor; Lücken werden entdeckt und, wo nicht ausgefüllt, doch wenigstens bezeichnet, und auf diese Weise teils gegenwärtig etwas Belehrendes und Aufregendes geleistet, teils der Zukunft vorgearbeitet.

Hypothetische Geschichte des Kolorits besonders griechischer Maler

vorzüglich nach dem Berichte des Plinius [verfaßt von Heinrich Meyer]

Der Verfasser nennt die gegenwärtige Abhandlung eine hypothetische Geschichte, weil die Nachrichten, welche uns durch alte Schriftsteller überliefert worden, in vielen Stücken höchst undeutlich und lückenhaft sind und also durch Vermutungen erst aufgeklärt und ergänzt werden müssen. Wenn indessen dasjenige, was wir vermuten, auf eine ganz natürliche und keinesweges gezwungene Weise aus dem Ganzen der Nachrichten hervorgeht oder durch den Gang der Sache selbst als notwendig gefordert wird, so verdient dasselbe allerdings mehr Glaubwürdigkeit als ein solches Überliefertes, das sich mit dem Wesen der Kunst schwer oder gar nicht verträgt. Der Verfasser behält sich also die Freiheit vor, teils Vermutungen, deren Wahrscheinlichkeit ihm nach dem notwendigen Gange der Kunst einleuchtend ist, vorzubringen, teils Nachrichten, welche ihm widersprechend scheinen, wenn sie sich gleich auf die Autorität eines alten Schriftstellers gründen sollten, zu verwerfen.

Nach des Plinius Behauptung stimmten alle älteren Überlieferungen darin überein, daß die Malerei eigentlich vom Umriß eines menschlichen Schattens begonnen habe; welches unter der Bedingung für wahrscheinlich gelten kann, daß man sich dabei nicht etwa wirkliche Schatten- oder Silhouettenfiguren denke, sondern vielmehr die ersten Linearversuche, eine Gestalt auf eine Fläche aufzuzeichnen: denn dieses ist ja in der Tat das Elementare der Malerei.

Ardices und Telephanes, sagt Plinius, hatten zuerst diese Art von Kunst geübt, noch aber keiner Farben sich bedient, sondern nur innerhalb der Figuren hin und wieder Linien gezogen; wobei er hinzufügt, es sei in dieser ersten Zeit üblich gewesen, jedesmal daneben zu schreiben, wen man abgemalt habe.

Hier zeigt sich dieselbe Bemühung, Formen und Gestalten darzustellen, wie wir noch an den Kindern gewahr werden, wenn sie spielend ihre Popanze an die Wände zeichnen.

Schelte indessen niemand die alten Erfinder der Kunst kindischen oder unreifen Geistes, wenn auch die Werke, die sie verfertigten, sich mit dem Bestreben der Kinder vergleichen lassen. Denn durch sie ist der erste Anlaß zur Malerei, zur Darstellung erhobener runder Gegenstände auf ebener Fläche, in die Welt gekommen, und jeder erste Schritt kann als ein großer und wichtiger angesehen werden.

Ferner sehen wir auch unsere Kinder, welche einen Begriff von Malerei sich geschwind bilden können, sehr bald um etwas weiter gehen und den Versuch machen, wie sie mit Ziegelmehl ihren Fratzen von Seiten der Farbe mehr Naturähnlichkeit verschaffen möchten: ebenso wie nach Plinius’ Bericht der Korinther Kleophantus soll getan haben. Und wir sehen nicht, was sich gegen die Wahrscheinlichkeit dieser Nachricht von der ersten einfachsten Weise, wie sich der Sinn fürs Kolorit ausgesprochen, viel einwenden ließe. Denn ehe man den Boden nach Ockerarten und Kreiden durchsucht und verschiedene Hauptfarben zur Nachahmung der Karnation zu mischen gewagt, mögen wohl die Scherben gebrannter irdener Gefäße oder Backsteine das nächste und beste Mittel dargeboten haben, den vorgesetzten Zweck zu erreichen.

Hierbei wird jedermann leicht einfallen, daß die bemalten sogenannten hetrurischen, Gefäße in gebrannter Erde gewissermaßen als Symbole dieser uranfänglichen Malerei können angesehen werden. Die ältesten derselben mit schwarzen, im Detail oft noch unförmlichen Gestalten, stellen uns die Linearzeichnungen des Telephanes und Ardices vor Augen; und wie Plinius von den Werken dieser beiden Künstler erzählt, so sind auch auf den erwähnten Vasenzeichnungen ältester Art, im Innern, zur Andeutung der Teile, einzelne Linien gezogen. Woraus klar erhellt, daß man dadurch keinesweges eigentliche Schattenrisse bezweckte, sondern wirklich allgemeine Zeichnung plastischer Gestalten auf ebener Fläche, doch ohne Begriff von Kolorit, noch weniger von Licht und Schatten; welcher letzteren Erkenntnis, wie wir in der Folge sehen werden, erst später aufgegangen ist und die Vollendung der Malerei bewirkt hat.

Die andere und vermutlich spätere Art der Vasenbilder, mit gelbroten Figuren auf schwarzem Grunde, kann den durch Kleophantus eingeführten ersten vorschreitenden Versuch, die anfängliche Andeutung der Farbe, darstellen. Denn wenn er mit zerstoßenen Scherben malte, so muß daraus eben dieselbe Farbe entstanden sein, die der gebrannte Ton auf nicht glasierten Gefäßen wirklich zeigt.

Wenn wir die sogenannten hetrurischen Gefäße als Darstellung der uranfänglichen Versuche in der Malerei anführten, so würde man uns doch mißverstehen, wenn man glauben wollte, daß wir die Zeichnungen auf dergleichen Gefäßen wirklich in ein so hohes Altertum hinaufrücken und sie selbst als Erstlinge der Malerei betrachten möchten. Wiewohl einige mit schwarzen Figuren, uralter Schrift und unbeholfener noch roher Zeichnung in der Tat sehr alt sind und aus Zeiten herrühren können, welche von der Erfindung der auf Flächen zeichnenden Kunst bei den Griechen nicht fern gewesen. Wir aber gedenken ihrer bloß als solcher Kunstwerke, worauf die ersten ursprünglichen Arten der Malerei noch beibehalten waren und wodurch wir uns dieselben desto besser vorstellen können.

Fruchtlos würde die Bemühung ohne Zweifel ausfallen, wenn jemand unternehmen wollte, die Zeit bestimmt auszumitteln, wann eigentlich bei den Griechen die ersten Anfänge der Malerei stattgehabt. Die Namen Philokles, Kleanthes, Ardices, Telephanes, welche Plinius den Erfindern beilegt, mögen wohl nur bloße Namen sein, so wie alles, was er über das Alter der bildenden Kunst in Griechenland und Italien vorgebracht, aus ungewissen widersprechenden Nachrichten zusammengetragen ist.

Das einzige läßt sich mit Gewißheit behaupten, daß die ersten Versuche der Malerei in sehr entfernte Zeiten fallen. Und wenn man gleich anfänglich schon einige Lebhaftigkeit des Kunstbetriebs annehmen dürfte, so müßte die Plastik selbst nicht beträchtlich älter sein. Doch ist nicht zu leugnen, daß ihre Erfindung oder erste Übung dem Menschen leichter als die der Malerei fallen mochte und daß man jene immer als die ältere, diese als die nachgeborne jüngere Schwester wird erkennen müssen.

Wir schreiten in unsern Betrachtungen weiter fort und finden einen Eumarus, der den Ruhm erwarb, zuerst in seinen Darstellungen die männlichen von den weiblichen Figuren unterschieden zu haben. Dieses scheint mehr von Verbesserung und Berichtigung der Gestalt oder der Zeichnung als von Verfeinerung des Kolorits auszulegen.

Dieser, und Kimon von Kleone erweiterten die Kunst, indem von ihnen die katagraphischen Darstellungen erfunden wurden. Die Unbestimmtheit der Bedeutung dieses Worts hat den Auslegern nicht allein zu schaffen gemacht, sondern man kann sogar behaupten, der eigentliche Sinn desselben sei ihnen verborgen geblieben. Nach unserm Dafürhalten geht die Meinung des Plinius dahin, daß durch die Bemühungen der genannten Künstler die menschlichen Gestalten in der Malerei zuerst mehrere Bewegung und Mannigfaltigkeit erhalten haben. Die Figuren wurden zurückschauend, aufschauend und niederschauend dargestellt; Gelenke und Adern, wie auch an Gewändern die Falten angedeutet, mit einem Worte, die Kunst hatte sich der Natur genähert und sie nachzuahmen begonnen.

Wenn also Plinius von der Erfindung katagraphischer Darstellungen redet, so will er dadurch das Vermögen oder die Kunst, im Umriß die Wendungen und Verkürzungen anzudeuten, ausdrücken. Ein Umstand, welcher allerdings von so großer Wichtigkeit in geschichtlicher Rücksicht ist, als unser Autor darauf zu legen scheint. Denn es war dadurch eine der großen Hauptstufen erstiegen, über welche die Kunst sich zu ihrer Vollkommenheit emporarbeiten mußte.

Hierauf wird nun eine Lücke in den von Plinius uns überlieferten Nachrichten bemerkt. Die Kunst mag vielleicht durch eine geraume Zeit von verschiedenen Künstlern mancherlei Verbesserungen erhalten haben; doch ohne daß eine derselben so auffallend gewesen, um als ein wichtiger Vorfall in der alten Kunstgeschichte angezeigt zu werden. Unterdessen mag man zu mehrerer Fertigkeit gelangt, die Maler mögen nach dem damaligen Maß der gangbaren Kenntnisse mehr Meister ihres Fachs geworden sein.

Ohne Zweifel erhielt die Malerei große und bedeutende Verbesserungen durch den Polygnot von Thasos. Die Bewunderung, welche das ganze Altertum seinen Werken zollte, ist ein sicherer Bürge für ihre hohen Verdienste. Und noch können wir über den edlen Geist seiner Erfindungen urteilen, indem uns Pausanias den Inhalt von zweien seiner Hauptgemälde beschrieben und überliefert hat.

Polygnot mag als ein außerordentlicher Geist im ganzen über die Kunst gewaltet und sie ihrer Vollkommenheit näher gebracht haben; aber unsere gegenwärtigen Betrachtungen bezielen bloß dasjenige, was die Fortschritte der Farbengebung angeht.

Er muß, den alten Nachrichten zufolge, um mehrere Mannigfaltigkeit der Farben bemüht gewesen sein, sie auf eine zwar einfache Weise, aber mit Sinn und nach Maßgabe des beabsichtigten Charakters angewendet haben. Er kleidete zuerst die weiblichen Figuren in helle Gewänder und gab dem Hauptschmuck derselben fröhlich bunte Farben, wodurch also die Gemälde im allgemeinen anziehender und gefälliger wurden.

Man sagt, Polygnot und sein Zeitgenosse Mikon hätten sich zuerst des lichten Ockers zum Malen bedient. Nimmt man diese Nachricht in dem Sinne, als hätten diese Künstler die erwähnte Farbe unvermischt zum Anstrich von Gewändern gebraucht, so erhellt daraus eben das vorhin bemerkte sorgfältige Bestreben nach Mannigfaltigkeit, Abwechselung und Farbenreiz. Will man aber gar zugeben, sie hätten, was nicht unwahrscheinlich ist, durch Vermischung dieser Farbe mit Rot und Weiß die genauere Nachahmung der Wahrheit in Darstellung der nackten Teile ihrer Figuren, besonders der weiblichen, erzwecken wollen, so war die Kunst der Malerei bereits auf dem Wege, der sie ihrer vollkommnen Entwicklung zuführen mußte. Es ist vielleicht hier der schicklichste Ort, beizubringen, daß, ebenfalls einer Nachricht des Plinius zufolge, nicht lange vor dieser Zeit auch die Farbe des Zinnobers erfunden wurde.

Von Panänus, des Phidias Bruder, einem Zeit- und Kunstgenossen des Polygnot, wissen wir aus Nachrichten des Plinius und Pausanias, daß er in der Poekile zu Athen die Schlacht bei Marathon gemalt, und zwar, wie aus eben diesen Nachrichten zu vermuten ist, mit mancherlei Farben. Auch sollen die Figuren der Feldherren, sowohl der Griechen als Perser, wirkliche Bildnisse dargestellt haben. Man sieht also offenbar das damalige lebhafte Bemühen der Maler, ihren Werken Wahrheit zu geben. Dieses Bemühen aber mußte vornehmlich Farbe und Farbenmischung betreffen: denn die Zeichnung war damals schon auf den Gipfel des Großen, Edlen, Würdigen gelangt, wovon die plastischen Werke jener Zeit zu unverwerflichem Zeugnis dienen können.

Um die neunzigste Olympiade scheint sich die Malerei bis zur Selbständigkeit emporgearbeitet zu haben. Offenbar setzt Plinius einen bedeutenden Lebenspunkt, das Beginnen einer neuen Epoche der Malerei, in diese Zeit, hat aber zu bemerken unterlassen, worin die wesentliche, damals bewirkte Verbesserung eigentlich bestanden habe. Wir machen uns davon ungefähr folgende Vorstellung.

Bis auf diese Zeit waren die schnelleren Fortschritte der malenden Kunst noch immer gehindert, teils weil die Künstler dieses Fachs die notwendige Fertigkeit und Bequemlichkeit der Behandlung noch nicht in ihrer Gewalt haben mochten, teils weil es ihnen an zweckmäßigen Werkzeugen gebrach. In der frühsten Zeit bediente man sich des Griffels; allein dieser konnte doch wohl nur bloße Umrisse zu ziehen gebraucht werden. Sobald aber die Absicht, mehrere Farben anzuwenden, entstanden war, trat auch das notwendige Bedürfnis eines die Auftragung derselben erleichternden Werkzeuges ein. Wie aber und wann eigentlich zu solchem Behuf der Pinsel erdacht und nach und nach vervollkommnet worden, davon ist keine sichere Nachricht vorhanden.

Im Besitz zwar einfacher, aber doch für die Nachbildung aller sichtbaren Gegenstände genugsam hinreichender Farben mögen die Künstler dieser Zeit gewesen sein. Als berühmte Männer, die also wahrscheinlich Steigerer und Erweiterer der Malerei gewesen, nennt Plinius in der neunzigsten Olympiade den Aglaophon, vermutlich einen andern als den Vater des Polygnot; ferner Kephissodorus und Evenor, dessen Sohn und Schüler Parrhasius war. Worin aber eigentlich ihre Verdienste und die von ihnen bewirkten Fortschritte der Kunst bestanden haben, wird nicht gemeldet. Jedoch finden wir Ursache zu glauben, daß von ihnen, wo nicht die ganz ersten, doch wenigstens die allmählich besser gelungenen Versuche, Licht und Schatten anzudeuten, gemacht worden. Hierzu scheint uns die Erwähnung verschiedener Umstände zu berechtigen.

Denn erstlich ist, nach vorhin geschehenen Andeutungen, die Zeichnung schwerlich derjenige Teil gewesen, in welchem die erwähnten Künstler, die dem Polygnot unmittelbar folgten, eine höhere Vollkommenheit als dieser große Meister erlangt haben. Also müssen sie, da mit ihnen eine neue Epoche der Malerei anfangen soll, in irgendeinem vorhin noch nicht oder wenigstens mit geringem Erfolg bearbeiteten Teile starke Vorschritte gemacht haben.

Nun ist angezeigter Weise sowohl als auch der innern Notwendigkeit nach die Malerei vom reinen Umriß zu Figuren, die sich bloß durch eine einfache Lokalfarbe vom Grund, auf den sie gearbeitet waren, unterschieden, vorgeschritten; dann wurden, als man sich nach und nach im Besitz von mehreren Farben sah, dieselben von großen Künstlern zu sinnvoller Bedeutung, aber wie wir zu glauben geneigt sind, alle noch immer bloß als Lokalfarbe gebraucht, ohne durch Abstufung von helleren und dunkleren Tönen die Wirkung des Lichts und Schattens nachahmen zu wollen.

Denn wenn uns die neuere Kunstgeschichte belehrt, daß erst nach langen und schweren Bemühungen das Helldunkel an natürlichen Gegenständen richtig wahrgenommen werden konnte, obgleich die Tradition davon aus dem Altertum einigermaßen noch übrig war, wie sehr viel größere Schwierigkeiten hatten nicht die Alten zu besiegen, da sie sich den Begriff selbst neu erschaffen mußten! Auch ist kein einziger wahrscheinlicher Grund und keine alte Nachricht vor handen, nach welchen vermutet werden dürfte, daß in Polygnots Gemälden bereits Licht und Schatten angegeben gewesen. Vielmehr läßt das Symbolische seiner Darstellungen, die vielen Figuren, die er auf Gemälden angebracht und reihenweise geordnet, schließen, daß die Angabe von Licht und Schatten von ihm noch nicht bezweckt worden. Hingegen ist wohl nicht zu zweifeln, daß dieses vom Apollodorus, einem Athenienser, der sich um die vierundneunzigste Olympiade berühmt gemacht, geschehen sei. Selbst Plinius bemerkt, daß von den vor diesem Meister verfertigten Gemälden kein einziges das Auge angezogen, wovon der Grund doch wohl nur in dem früher noch gar nicht oder doch nur unbestimmt angedeuteten Licht und Schatten zu suchen ist.

Auch hinsichtlich auf die Gegenstände scheinen die vom Apollodorus gemalten Werke sich von denen des Polygnot wesentlich unterschieden und meist nur einzelne oder doch eingeschränkte Figuren dargestellt zu haben, welche vom Symbolischen, als dem vornehmlich der Plastik gehörigen Feld, abwichen und allmählich den für die Malerei besser geeigneten dramatischen Charakter annahmen.

Nach dem Ruhme zu urteilen, welchen die Alten einstimmig dem Zeuxis von Heraklea gegeben, muß derselbe sich außerordentliche Verdienste um die Kunst erworben haben. Und wenn wir seine Bemühungen bloß aus dem beschränktern Gesichtspunkt, den wir hier vorzüglich im Auge haben müssen, ansehen, so scheint durch ihn sowohl eine freiere malerische Behandlung, als auch in Hinsicht auf das Kolorit und den Gebrauch von Licht und Schatten mehr Freiheit eingeführt worden zu sein.

Betrachten wir aber, was Zeuxis auch in andern Teilen geleistet, so scheint er als einer der großen Beförderer der Kunst im allgemeinen anzusehen: denn seine Erfindungen waren von der edelsten, gehaltvollsten Art, die Formen nach dem Zeitgeschmack von würdiger Großheit; aber sein eigentümliches Bestreben ging auf das Schöne. Und also mochten, nach unserm Ermessen, die Arbeiten dieses Künstlers wohl nicht fern von der höchsten in der Kunst erreichbaren Höhe gestanden haben. Im vierten Jahr der fünfundneunzigsten Olympiade wird aller Wahrscheinlichkeit nach eines der vorzüglichsten Werke von ihm verfertigt worden sein, weil Plinius des Künstlers höchsten Ruhm von diesem Jahre datiert hat.

Androkydes, Eupompus, Parrhasius und Timanthes waren Nebenbuhler des Zeuxis, wahrscheinlich aber auch etwas jünger als derselbe. Von den beiden ersten wissen wir wenig mehr als die Namen; doch von den letztern sind umständlichere Nachrichten vorhanden, und es leidet durchaus keinen Zweifel, daß Parrhasius die Malerei vorzüglich befördert und vervollkommnet habe. Hauptsächlich mögen durch ihn die Umrisse der Figuren weicher und schwindender, die Gestalten wie mit Luft umgeben gemalt worden sein. Dieses zeigt, daß die Beobachtung und Nachahmung von Licht und Schatten bereits auf einen hohen Grad von Feinheit und Genauigkeit getrieben war. Daß er auch in der Wahrheit des Kolorits zu einer großen Höhe gelangt sei, lernen wir aus einer andern Nachricht des Plinius, wo unter den berühmtesten Werken dieses Künstlers eines Wettläufers gedacht wird, welcher zu schwitzen schien. Es kann also kein Rätsel für uns sein, warum Parrhasius dem Zeuxis für überlegen geachtet wurde. Er war, nach unserer Ansicht der Dinge, kein besserer Künstler als Zeuxis, aber unstreitig war er ein vollkommnerer Maler.

Das flache Märchen, welches Plinius von dem Wettstreit der genannten beiden großen Künstler erzählt, wo Zeuxis Trauben, Parrhasius aber eine als mit dem Vorhang bedeckte Tafel dargestellt haben soll, möchten wir freilich seinem ganzen Umfange nach nicht in Schutz nehmen; allein es konnte unmöglich erfunden und nacherzählt werden, ohne daß sich beide Künstler um das Kolorit besonders verdient gemacht, ohne daß Parrhasius die täuschende Wahrheit der Nachahmung in seiner Gewalt gehabt, das heißt, daß seine Lokaltinten richtig und die Schattierung nach der Natur sehr wohl beobachtet gewesen.

Timanthes soll in einem Wettstreit selbst über den Parrhasius gesiegt haben. Ob er aber auch in Hinsicht auf das Kolorit besonders vortrefflich gewesen und durch Vorzüge dieser Art den Sieg erlangt, geht aus den Nachrichten nicht hervor. Er wird uns vornehmlich als höchst sinnreich in seinen Erfindungen beschrieben, auch müssen seine Gemälde in betreff des Ausdrucks der Leidenschaft und Darstellung des Charakters der Figuren höchst schätzbar gewesen sein. Jenes ist aus seiner berühmten Iphigenia wahrscheinlich; dieses schließen wir aus der Nachricht von einem andern seiner Gemälde, welches einen Helden dargestellt, und worin, wie Plinius anmerkt, die ganze Kunst, Männer zu malen, enthalten war.

Demnach bleibt es allerdings rätselhaft, worauf Parrhasius eigentlich gezielt, welcher, als das Gemälde des Timanthes vom Streit des Ulysses und Aias um Achills Waffen dem seinigen, wo derselbe Gegenstand abgebildet war, vorgezogen wurde, soll gesagt haben: es kränke ihn, daß Aias abermals von einem Unwürdigen überwunden werde.

Ebenso schwer möchte auszumachen sein, worin die Vorzüge des Eupompus, Stifters der Sikyonischen Schule, bestanden haben; weil durchaus keine umständlichen Nachrichten über ihn vorhanden sind, wir auch überhaupt noch nicht wissen, auf welche Weise sich die griechischen Malerschulen in Geschmack, Stil und Behandlung voneinander unterschieden haben.

Euphranor vom Korinthischen Isthmus, ein berühmter Künstler, der sowohl gemalte als plastische Meisterstücke verfertigt und nach Plinius in der hundertundvierten Olympiade geblüht, wird sonder Zweifel auch zur Vervollkommnung des Kolorits beigetragen haben: denn es waren von ihm verfaßte Bücher über die Farben vorhanden. Und weil er von einem gemalten Theseus des oben erwähnten Parrhasius zu urteilen wagte: derselbe sei mit Rosen genährt, ein anderer aber, von ihm selbst gemalter, mit Fleisch, so ist also durch ihn damals größere Wahrheit, Abwechselung und Charakteristik des Farbentons erreicht worden.

Wir nennen hier noch den Echion, Aristides und Pamphilus. Echion lebte in der hundertundsiebenten Olympiade, und man muß damals schon mit großer Kraft und Gegensätzen von Hell und Dunkel gemalt haben, weil unter den berühmtesten Gemälden dieses Künstlers eines erwähnt wird, worauf eine Neuvermählte dargestellt war, der eine alte Frau die Lampe vortrug. Also ein Nachtstück, und neben dem höhern Verdienst ungemein zarten Ausdrucks von kräftiger Wirkung.

Pamphilus hatte den Ruhm, den größten der griechischen Maler gezogen zu haben und scheint von den Alten, besonders wegen seiner theoretischen Kenntnisse, geschätzt worden zu sein. Ob ihm die Kunst auch von seiten des Praktischen und vorzüglich des Kolorits Erweiterungen zu danken habe, ist uns nicht überliefert worden.

Aristides, der Thebaner, mag etwas jünger als die eben genannten Meister und ein noch größerer, ja dem Apelles selbst gleichgeschätzter Künstler gewesen sein. Unterdessen wird von ihm ausdrücklich bemerkt, sein Hauptverdienst habe nicht in vorzüglicher Anmut der Behandlung oder in zartem Kolorit, sondern in bewundernswürdigem Geist und Lebhaftigkeit des Ausdrucks seiner Figuren und in gehaltreicher Erfindung bestanden.

Dieser Künstler sowie einige der vorhergenannten könnten zwar hier als überflüssig angeführt betrachtet werden, weil wir bloß die Absicht angekündigt, den Fortschritten in der Malerei hinsichtlich auf Anwendung der Farben und was überhaupt mit dem Kolorit verwandt ist, nachzuforschen. Allein eben aus dem Umstand, daß einige Künstler rühmlich bemerkt sind, deren Kunst ganz anderer Vorzüge als des Kolorits wegen gelobt worden, und der gedachte so hoch gerühmte Aristides sogar von dieser Seite gelindem Tadel nicht entgangen, eben daraus ergibt sich klar, daß die Kunst der Farbenbehandlung und der Nachahmung natürlicher Gegenstände durch dieselben um gedachte Zeit schon sehr weit getrieben gewesen, so daß an den Künstler von dieser Seite damals schon sehr große Anforderungen gemacht werden konnten.

Die zufällige Erfindung des gebrannten Bleiweißes oder dessen, was wir jetzt Neapel-Gelb nennen, und die Einführung seines Gebrauchs in die Malerei ist ein Umstand, welchen wir nicht übergehen dürfen. Nikias soll der erste gewesen sein, der diese Farbe angewendet. Dieser Künstler aber lebte zur Zeit des Praxiteles. Weibliche Figuren sollen ihm vorzüglich gelungen sein. Die Richtigkeit der Beleuchtung und das Vortretende in seinen Bildern wird gerühmt, woraus geschlossen werden kann, daß dieser Meister kräftig und mit Effekt gemalt habe.

In bezug hierauf kann man ebenfalls die Bemerkung des Plinius anführen, der, wo er von der Usta, dem gebrannten Bleiweiße spricht, hinzufügt: daß ohne diese Farbe der Schatten nicht ausgedrückt werden könne, welches genau mit den Grundsätzen der neuern Maler, die mit kräftigem Kolorit gearbeitet, übereinstimmt.

Zu welcher Zeit und von welchem Künstler das System der Massen von Licht und Schatten in der Malerei gegründet worden, ist nicht genau bekannt; aber wenn wir dasselbe an den plastischen Werken, zur Zeit des schönen Stils, um die Zeit des Praxiteles, angewandt sehen, so ist mit Grund zu vermuten, daß in der Malerei schon etwas früher davon Gebrauch gemacht worden und diese Maximen nachher auf die Plastik übergegangen.

Durch den Apelles erreichte endlich die Malerei bei den Griechen ihr höchstes Ziel. Was den Adel der Erfindung, die Schönheit der Gestalten betrifft, scheint er allen seinen Kunstgenossen wenigstens gleichgekommen zu sein, in betreff der Anmut aber über alle den Vorzug behauptet zu haben.

Aus der Menge Arbeiten dieses Künstlers, von denen uns noch Nachricht übrig geblieben, läßt sich schließen, daß die Behandlung derselben vollkommen meisterhaft und leicht gewesen, ohne jedoch der Zartheit der Ausführung einigen Abbruch zu tun. Und so dürfen wir auch, teils aus diesem, teils aus andern Gründen, welche die erwähnten Nachrichten uns darbieten, die beste Meinung von der Vollkommenheit des Kolorits in den Bildern des Apelles hegen.

Durch ihn soll die Zahl der Pigmente noch um eines, nämlich um das aus gebranntem Elfenbein verfertigte Schwarz vermehrt worden sein. Woraus zu vermuten ist, daß er damit eine vorher noch nicht erreichte Stärke und Wirkung beabsichtigt habe.

Allein eine noch weit wichtigere Erweiterung der malerisch-technischen Mittel war die von ihm eingeführte Lasierung, wodurch er den Bildern jenen künstlichen bezaubernden Schein, den Farben die gefällige Milde und die höchst zarte, auf keinem andern Wege in solcher Vollkommenheit erreichbare Abstufung erteilte. Die hieher gehörige Stelle des Plinius ist ungemein deutlich, ja sie scheint sogar keine andere Auslegung zu leiden.

»Wenn seine Gemälde vollendet waren, überzog er sie mit einer sehr feinen Schwärze, atramentum, die durch ihren Glanz die Schönheit der Farben noch erhob, das Gemälde vor Staub und Schmutz schützte und erst bemerkt werden konnte, wenn man es näher betrachtete. Er verfuhr aber darin sehr behutsam. Die Lebhaftigkeit der Farben sollte das Auge nicht beleidigen, und es sollte sie in der Entfernung wie durch einen Spiegelstein erblicken. Eben diese Schwärze sollte auch den zu hellen Farben unvermerkt mehr Ernst geben.«

Der Umstand, daß es ein glänzender Firnis war, durch welchen das Gemälde vor Staub und Schmutz geschützt wurde, ist nicht minder interessant als die noch ferner hinzugefügte Anmerkung, daß das Auge die Farben oder das Gemälde wie durch Spiegelstein erblicken sollte. Es geht daraus hervor, daß Apelles auf oder über seine Malereien einen in hohem Grade dehnbaren, nach Willkür stärker oder schwächer aufzutragenden Firnis von dunkler Farbe zog, der ganz die Eigenschaft und Wirkung der in der Ölmalerei heutzutage angewendeten Lasurfarben, vorzüglich des Asphalts, hatte. Ob es sogar dieses Erdharz selbst, mit irgendeiner Art Öl oder Gummi vermischt, gewesen sei, läßt sich zwar nicht unumstößlich dartun, aber es ist nicht unwahrscheinlich, da die beschriebenen Wirkungen gerade diejenigen sind, welche wir auf den vortrefflichsten Ölgemälden der vorzüglichsten neuern Meister in diesem Teile der Kunst erreicht sehen.

Protogenes, des Apelles Zeitgenosse und Miteiferer um den höchsten Ruhm in der Malerei, scheint seine Bilder mit auffallend größerer Sorgfalt ausgearbeitet zu haben, worüber das so höchst erfreuliche Leichte, der Schein eines freien fröhlichen Spiels, zum Teil eingebüßt werden mochte, wie wir aus dem aufbewahrten Urteil des Apelles vermuten können, welcher gestanden: daß Protogenes ihm selbst in allem gleich komme, ja ihn wohl noch übertreffe; nur wisse er nicht zur rechten Zeit aufzuhören. Hierauf beschränkt sich alles Wesentliche, was über diesen großen Künstler bis auf uns gekommen.

Nun bleibt uns noch ein schwieriger Punkt in den Nachrichten des Plinius zu untersuchen übrig; wobei aber wenig Hoffnung ist, denselben völlig ins klare zu setzen. Mehrmals berichtet nämlich der angeführte Schriftsteller, die älteren großen griechischen Meister hätten ihre unsterblichen Werke nur mit vier Farben gemalt. Er geht noch weiter und spezifziert sogar diese vier Farben, deren sich seiner Angabe nach Apelles, Echion, Melanthius und Nikomachus, mit Ausschluß aller andern Pigmente, sollen bedient haben.

Von den weißen Farben ist es das Melinum allein, welches eine Kreide war: das erethrische hielt man für das beste; von den ockerartigen das Atticum, wahrscheinlich ein schöner heller Ocker; von den roten die pontische Sinopis, ohne Zweifel eine rote Erde wie die neapolitanische; und von den schwarzen das Atramentum. Unter der letzten Benennung wird, wie es scheint, von Plinius alle schwarze Farbe oder Schwärze überhaupt, und oft eine besondere Art Schwarz verstanden, wie hier der Fall sein mag: und folglich ist es ungewiß, ob er das Erdpech, den Kienruß, Kohlschwarz, oder die aus gebrannten Weinhefen und aus Weintrestern verfertigte schwarze Farbe, oder gar das verkohlte Elfenbein, dessen Erfindung er dem Apelles zuschreibt, gemeint habe.

So bestimmt auch Plinius im ganzen an dieser Stelle zu sein scheint, so kann man doch unmöglich seinen Bericht buchstäblich auslegen, weil offenbare Schwierigkeiten, ja Widersprüche daraus entstehen würden. Die angeführte Stelle kann demnach schwerlich eine andere als die allgemeine Bedeutung haben: daß die großen Meister des Kolorits in Griechenland – denn ohne Zweifel sind diese vorhingenannten in dieser besondern Rücksicht aufgeführt worden – sich bloß einfacher Farbenmittel bedient, aber durch verständige kunstreiche Anwendung derselben nichtsdestoweniger große Wirkungen erzielt und den echten Kunstforderungen genug getan; dahingegen die Maler zu Plinius Zeiten blendende Farben mancherlei Art anwendeten, aber das Wesentlichste der Kunst vernachlässigten.

Man dürfte sich freilich sehr wundern in Aufzählung der einfachen Farben, deren sich die größten Maler bei den Griechen zu ihren Werken bedient, das Blau ganz vergessen zu sehen. Und wenn es erweislich ist, daß zur guten Wirkung eines Gemäldes unumgänglich die Totalität des ganzen Farbenkreises erfordert wird, so müßte die hohe Meinung vom Farbenspiel und von der Harmonie, welche die Verehrer des Altertums sonst den Werken jener genannten großen Meister zuschreiben mochten, allerdings vermindert werden, und sie schwerlich, bei allen übrigen Vorzügen, vor dem Verdacht der Monotonie zu schützen sein. Denn wenn sie sich keiner blauen Farbe sollten bedient haben, so hätte notwendig auch das frische Grün mangeln müssen. Allein es ist keinesweges wahrscheinlich, daß die großen Meister die Vorteile nicht eingesehen haben sollten, welche aus der Anwendung von Blau und Grün für bessere Harmonie und Mannigfaltigkeit des Farbenspiels in Gemälden entspringen.

Unsres Bedünkens muß man daher, um die Stelle beim Plinius zu retten, auf die buchstäbliche Auslegung derselben verzichten, und unter den vier Farben bloß den Gebrauch einfacher Farben verstehen: denn sonst würde der Autor mit sich selbst in Widerspruch geraten. Er berichtet ja, daß Minium, es sei nun Zinnober oder Mennig darunter verstanden, schon früh erfunden worden. Er rechnet dem Polygnot als ein Verdienst an, daß derselbe seinen weiblichen Figuren buntes Kopfzeug gegeben habe, welches aus denen Farben, die er dem Nikias und Apelles selbst nur lassen will, nicht zu bewerkstelligen war. Vom Nikias wird aber an einem andern Orte ausdrücklich gemeldet, er habe sich der Usta, des gebrannten Bleiweißes, zuerst bedient; und es wird ferner beigefügt, ohne Usta lasse sich der Schatten nicht ausdrücken. Folglich müßten alle die großen alten Meister den Schatten nur unzulänglich dargestellt haben. Es geht aber aus den eigenen Anmerkungen, die Plinius über ihre Werke eingeschaltet hat, ganz das Gegenteil hervor. Und wäre es nicht also gewesen, hätte die Malerei sich in der Tat von dieser Seite erst später vervollkommnet, so wären ja die Vorwürfe ungerecht, die Plinius eben den spätern Künstlern über die Anwendung mehrerer Farben machen will. Apelles selbst hat sicherlich sein Elfenbeinschwarz um größerer Kraft willen und um allenfalls die übrigen schwarzen Farben durch noch tiefere Schwärze abschattieren zu können, gebraucht, und nicht etwa darum, weil es zur Mischung in den Fleischtinten am bequemsten war, wie ein jeder neuerer Maler wohl aus Erfahrung weiß.

Warum aber vom Plinius unter jenen vier Farben das Blau nicht erwähnt wird, erklärt sich vielleicht durch die Stelle, wo derselbe vom Atrament oder von schwarzen Farben spricht, am besten. Er meldet nämlich, die gebrannten Hefen von gutem Wein gäben nach der Behauptung einiger Maler eine Schwärze, welche dem Indicum nahe käme, und Indicum selbst wird von ihm an die schwarzen Farben angeschlossen. Aus einer folgenden Stelle geht aber hervor, daß unter Indicum schwerlich etwas andres als der wirkliche Indigo, und also blaue Farbe, gemeint sein kann, die denn auch in Gouache- und Leimfarben noch immer gebraucht wird. Das Blau von Waid, Vitrum, war wenigstens zur Zeit des Plinius ebenfalls bekannt. Man verfälschte damals das Indicum damit. Ebenso haben die Alten das Bergblau, und zu Alexanders Zeiten sicherlich auch den Lapis Lazuli gekannt. Dieses ist es, was wir über eine allerdings schwierige und vielfacher, nur nicht wörtlicher Auslegung fähige Stelle anzumerken für schicklich erachtet haben.

Nachdem wir nun das erste Entsprießen der griechischen Malerei, ihre Blüten und die herrlichen goldenen Früchte, die sie zur Zeit ihres höchsten Glanzes getragen, betrachtet haben, verfolgen wir dieselbe auch während ihres Sinkens bis zu ihrem endlichen Untergang. Gewiß, es könnte demjenigen nicht an Gründen fehlen, der eine Naturnotwendigkeit auch hier behaupten und sagen wollte, kein mögliches Mittel sei gewesen, ihren Verfall zu verhindern, da ewige Gesetze so die Kunst wie alle übrigen Dinge einem Auf- und Niedersteigen, der Jugend und dem Alter, dem Erscheinen und Vergehen unterworfen hätten. Allein dieses dürfte uns zu weit von unserm vorgesetzten Zwecke ableiten, der hier nicht ist, Ursachen zu ergründen, sondern was wahrscheinlich geschehen ist, darzulegen.

So geschah es also, daß hinter dem Apelles und Protogenes, deren Werke man als die höchsten Gipfel der Malerei ansehen kann, die Kunst durch immer versuchte Neuerungen an Gehalt, an Stil, an Reinheit der Formen und des Geschmacks immer mehr abnahm.

Aus den freilich sehr mangelhaften Nachrichten, die uns davon noch übrig sind, läßt sich schließen, daß Maler aufgestanden, welche vornehmlich die Wirkung fürs Auge bezweckten; andere, welche bei gemeinen Gegenständen durch das Gefällige der Ausführung; andere, die sich durch Witz und Laune des Inhalts Beifall zu erwerben gesucht. Noch von andern wird ausdrücklich gemeldet, sie hätten sich vorzüglich durch Geschwindigkeit, mit der sie arbeiteten, hervorgetan. Diese waren also genötigt, dem Wesentlichen, Genauen, sorgfältig Ausstudierten und Wohlgeendigten zu entsagen und das bloß Scheinbare zu suchen. Und so werden ihre Arbeiten, gegen die Werke des Apelles und Protogenes gehalten, ungefähr eben das Verhältnis wie in neuerer Zeit die Gemälde des Peter von Cortona und des Luca Giordano gegen die des Michelangelo oder Rafael gehabt haben.

Mit diesen wenigen Betrachtungen sind wir freilich genötigt, einen Zeitraum von etwa dreihundert Jahren, nämlich von Alexander dem Großen an bis zu den ersten römischen Kaisern, dürftig auszufüllen. Allein die spärlichen Nachrichten erlauben kein größeres Detail. Von hier an treten wir jedoch aus der Dunkelheit einigermaßen heraus und können unsere Untersuchungen auf festerem Grunde fortsetzen. Wenn wir uns sonst begnügen mußten zu sagen: es scheint, wir meinen, wir vermuten, so werden nunmehr Tatsachen angeführt werden können, indem wirklich noch Monumente der alten Malerei aus der Zeit, da Plinius schrieb, wohl auch noch von etwas früherem Datum, vorhanden sind; desgleichen andere, welche uns über den Zustand der Malerei in späteren Zeiten belehren.

Bei weitem die größte Zahl der noch jetzt vorhandenen antiken Gemälde wurde in den Grüften von Herculaneum und Pompeji wieder gefunden. Nach Maßgabe des an ihnen wahrzunehmenden Geschmackes und Stils gehören sie ohne Ausnahme den Zeiten nach Alexander dem Großen an und reichen bis dahin, als unter Titus die erwähnten beiden Städte vom Vesuv mit Lava und Asche verschüttet wurden. Es wäre indessen möglich, daß einige der dort aufgefundenen Bilder nur Erfindungen älterer Künstler, frei und flüchtig nachgeahmt, darstellen. Allein keines zeigt jene einfache Größe und Ernst des Geschmacks, wodurch es sich als Originalarbeit eines von den Meistern, welche vor Alexanders Zeiten gelebt haben, ankündigte. Vielmehr erscheint überall der Geist einer schon ausgebildeten üppigen Kunst, der man ohne Mühe ansehen kann, daß sie nicht im Auf-, sondern im Niedersteigen begriffen ist. Durchgängig, es mögen nun gute oder bloß handwerksmäßige Maler den Pinsel geführt haben, wird eine sehr große Leichtigkeit in der Behandlung wahrgenommen, ein herkömmliches Verfahren nach überlieferten Regeln. Obschon es eben nicht wahrscheinlich ist, daß sich unter den in Pompeji und Herculaneum bis jetzt gefundenen antiken Gemälden wirkliche Arbeiten hochberühmter Künstler befinden und wir also durch diese Entdeckungen noch immer keinen durchaus vollständigen Begriff erlangen von dem, was die Malerkunst in der Zeit, aus welcher die besagten Werke stammen, leisten konnte, so haben gleichwohl diejenigen Kunstrichter, welche alle ohne Ausnahme für mittelmäßig erklären wollen, sich sehr voreiliger Urteile schuldig gemacht, deren Widerlegung zwar nicht schwer fallen dürfte, doch uns gegenwärtig zu weit von unserm vorgesetzten Zweck ableiten würde. Wir behaupten aber an unserm Teil, kein unparteiischer Kenner der Kunst könne mit billigen Gründen den bekannten Tänzerinnen oder den Kentauren erhebliche Fehler vorwerfen. In diesen sowie in noch einigen andern offenbart sich ein äußerst zarter eleganter Geschmack der Formen. Durchgängig sind sie leicht und lieblich gedacht, oft in hohem Grade sinnreich. An den Kentauren erregt neben den übrigen Verdiensten noch die vollendete Kunst, mit welcher der Meister die Gruppen anordnete, gerechte Bewunderung. Nicht weniger musterhaft ist Schatten und Licht in große ununterbrochene Massen verteilt. Die Tänzerinnen sowie verschiedene andere der besseren Bilder haben einen ganz ungemein fröhlichen Farbenreiz. Diese letzte Eigenschaft, welche uns hier vornehmlich interessiert, führt auf allgemeinere Betrachtungen.

Sämtliche noch übrig gebliebenen antiken Malereien zeigen einen fröhlichen heiteren Charakter der Farben, wodurch sie sich auffallend, und, man mag hinzusetzen, nicht weniger vorteilhaft von den Arbeiten der Neuern unterscheiden als durch die anerkannte Überlegenheit in Geschmack und Stil der Formen. Die Ursache dieser fröhlicheren Farbenwirkung kann großenteils dem fröhlicheren Geist der alten Kunst zugeschrieben werden, und überdem hat selbst die Malerei mit Wasserfarben wahrscheinlich dazu beigetragen, dahingegen die neuern Maler schon durch die Natur der Ölmalerei, welche dem Düstern günstig ist, und durch den oft schwermütigen Inhalt ihrer Bilder, auf einen ganz andern Weg gelenkt wurden.

In betreff der Harmonie oder, mit andern Worten, der künstlichen Stellung und Verteilung der Farben sind die Alten, wie wir uns in der Folge zu zeigen bemühen werden, solchen Regeln gefolgt, die ihnen mehrere Mannigfaltigkeit und größern Spielraum erlaubten als die Neuern bei ihrer Weise zu denken und zu malen gehabt haben.

Die antiken Gemälde, welche zu Rom in den Ruinen der Bäder des Titus noch an Ort und Stelle übrig sind; andere bessere, die vor etwa dreißig Jahren in der Villa Negroni ausgegraben und seither nach England gebracht worden; ferner die berühmte Aldobrandinische Hochzeit, welche schon im siebzehnten Jahrhundert entdeckt und noch jetzt in Rom befindlich ist, sind ohne Zweifel sämtlich zeitverwandt mit den Malereien aus Herculaneum und Pompeji. Wenigstens entsprechen ihre Eigenschaften und Vorzüge einander dergestalt, daß wenn wir hier noch einiges Nähere über das Kolorit, über Anwendung und Austeilung der Farben, wie auch über die Behandlung in der eben erwähnten Aldobrandinischen Hochzeit beibringen, solches als von allen den noch vorhandenen antiken Gemälden besserer Art wird gelten können.

Beabsichtigter Kürze wegen müssen wir annehmen, unseren Lesern sei die Darstellung der Aldobrandinischen Hochzeit schon bekannt, und so unterlassen wir auch von der Kunst der Erfindung, der Anordnung, der Zeichnung und so weiter zu reden. Die folgenden Bemerkungen bezielen demnach vornehmlich nur:

Kolorit, Ton und Harmonie,

die vom Künstler angewendeten Farben,

die Behandlung.

Obschon die Arbeit im ganzen nur flüchtig und skizzenhaft ist, so war der Maler dennoch mit großer Sorgfalt um zweckmäßige Abwechselung der Farbentöne, nach Maßgabe der verschiedenen Charaktere seiner Figuren, bemüht und hat sich darin besonders tüchtig erwiesen. Die zarte auf der Wange der Braut glühende Schamröte kontrastiert vortrefflich mit dem kräftigen Ton, in welchem der Bräutigam gehalten ist. Auch sind alle übrigen Figuren des Bildes mit feiner Kunst so nuanciert, wie die Bedeutung einer jeden es erfordert. Nicht geringere Fertigkeit und Kenntnisse zeigte unser alte Meister an den verschiedenen Stellen, wo er das Durchscheinende farbiger Gewänder durch Weiß angegeben, wo benachbarte Farben sich einander mitteilen, und ferner in der Wahl und Verteilung der den herrschenden violetten Ton des Bildes begünstigenden und von demselben wieder gehobenen Farben, zum Zweck einer fröhlich harmonischen Wirkung des Ganzen.

Den Ton eigens betreffend, mögen hier zu mehrerer Deutlichkeit noch folgende Bemerkungen Platz nehmen.

Wenn die Neuern, vielleicht durch das Bequeme einiger Farben in der Ölmalerei veranlaßt, den Ton ihrer Bilder fast immer gelb gewählt, oder auch zuweilen die Übereinstimmung, wie durch dämmerndes Licht, mit dem farbelosen Dunkel des Asphalts zu bewirken gesucht, so ist man hingegen durch den vorhin erwähnten violetten Ton, welcher in der Aldobrandinischen Hochzeit erscheint, ohne Zweifel berechtigt, der Malerei der Alten überhaupt mehrere Mannigfaltigkeit und Ausbildung von dieser Seite zuzuschreiben und besagtes Bild, insofern sich nämlich für Erweiterung der Kunst nutzbare Regeln aus demselben ableiten oder wieder auffinden lassen, den Künstlern unserer Zeit zur aufmerksamen Beobachtung zu empfehlen. Ein bunter, als Einfassung unten durch gezogener Streifen, beinahe auf die Art eines prismatischen Farbenbildes abschattiert, dürfte dem Betrachtenden nach allem, wovon wir bereits gehandelt haben, noch besonders auffallen, vielleicht rätselhaft, vielleicht auch nur zufällig und ohne Bedeutung scheinen. Wir unseres Orts wären der Vermutung geneigt, der antike Maler habe diesen Streifen sozusagen als Deklaration der von ihm beabsichtigten Farbenharmonie und Tons unter sein Werk gesetzt. Hierdurch soll nun einer wahrscheinlicheren und bessern Erklärung keinesweges vorgegriffen sein; unterdessen ist die Sache von solchem Belang, daß wir vorläufig uns die Freiheit nehmen, die Freunde der alten Kunst, bei etwa vorkommenden Entdeckungen antiker Malereien, zur näheren Erforschung derselben aufzufordern.

Gegen die Angabe von der Mannigfaltigkeit des allgemeinen Farbentons in den Gemälden der Alten dürfte vielleicht eingewendet werden: »daß Plinius zwar von dem Kunstbehelf des Tons überhaupt als von einer Künstlern und Kunstrichtern wohlbekannten Sache spreche, daß aber eben aus seiner Beschreibung des bewunderten, Farben mäßigenden und vereinbarenden Überzugs oder Firnisses des Apelles weniger für als gegen eine damals übliche Mannigfaltigkeit des Farbentones zu schließen sei; falls aber eine solche Mannigfaltigkeit erst in späten Zeiten wäre aufgebracht worden, so möchte Plinius, da er dieser Erfindung nicht eigens gedacht hat, sie wohl überhaupt bloß nur unter die überflüssigen, wahrer Kunst nachteiligen Künsteleien gerechnet haben.«

Auf dergleichen Einwendungen würden wir etwa folgendermaßen antworten.

Ist eine vorherrschende Farbe oder durchgehender Schein von einerlei Farbe, den wir Ton nennen, ein wirklich nützlicher und nötiger Kunstbehelf zur Erzweckung harmonischer Anmut in der Malerei, dann gibt es keinen gültigen Grund, warum dieser Behelf bloß auf eine einförmige und nicht lieber auf die möglichst mannigfaltige Weise angewendet werden sollte, da sinnige geschickte Künstler sich größerer Verschiedenheit zum Behuf der Bedeutung ohne Zweifel nützlich zu bedienen wissen werden. Überdem schließt die Lasierung des Apelles, deren Plinius gedenkt, den verschiedenfarbigen Ton in Gemälden nicht unbedingt aus; jene Lasierung, deren Apelles zur letzten Vollendung seiner Bilder sich bediente, verursachte nur überhaupt einen milden Schein, eine größere Übereinstimmung des Lichts und der Farben; das Werk mochte übrigens gemalt sein, aus was für einem Tone der Charakter und die Bedeutung des Gegenstandes es forderten. So sehen wir, um durch Beispiele das Gesagte deutlicher zu machen, etwa von Rembrandt oder vom Ferdinand Bol Bilder in sehr gelbem Tone gemalt, wo aber doch wieder durch die letzten endenden Lasuren ein alle Farben, alle Lichter mildernder Schein, eine dem Auge schmeichelnde Dämmerung über das Ganze ergossen ist. Adrian von Ostade, nebst einigen andern Meistern, hat hingegen Bilder geliefert, woran kein entschiedener Ton einer im allgemeinen übergreifenden Farbe wahrgenommen wird, deren stille Harmonie einzig durch den Überzug einer farblosen, bloß dunklen Lasierung bewirkt ist, und man die Gegenstände erblickt, ungefähr wie sie im schwarz unterlegten Spiegel erscheinen.

Wenn wir unsere Betrachtungen über die Aldobrandinische Hochzeit nun weiter fortsetzen und teils die kunstmäßige Verteilung der Farben, teils die angewendeten Farbenstoffe für sich selbst in Erwägung ziehen, so zeigt sich das Weiße, Gelbe, Grüne und Violette zwar in verschiedenen Nuancen, übrigens aber an Masse oder Quantität ohngefähr gleichmäßig durch das ganze Bild verteilt. Reines Blau ist wenig und nur in heller Mischung zur Luft und zum Untergewande der Braut gebraucht; hingegen desto öfter eine hohe Purpur- oder Lackfarbe, die aber nirgends Masse macht, sondern nur die Schatten bricht und erwärmt, oder auch Changeant bewirkt und so auf verschiedene Weise zur allgemeinen Harmonie des Ganzen sehr wesentlich beiträgt. Daß Zinnoberrot und Orangefarb ausgeschlossen sind, mag noch ferner die Einsichten und das zweckmäßige Verfahren des Künstlers bewähren. Denn diese Farben würden dem von ihm beabsichtigten fröhlichen und doch sanften Farbenspiel entgegen und unvereinbar mit dem überhaupt herrschenden violetten Ton gewesen sein.

Die weiße Farbe, deren sich unser Meister bediente, scheint wenig Körper zu haben und ist wahrscheinlich eine Art Kreide, worunter man sich also das Melinum, dessen Plinius gedenkt, vorzustellen hätte; das Gelb eine ganz ausnehmend schöne goldgelbe Ockerart, vermutlich das attische Sil. Von dem Grün, welches einen reinen frischen Schein hat getrauen wir uns nicht zu entscheiden, ob es durch Mischung hervorgebracht oder in seinem natürlichen Zustande angewendet worden, sind aber doch aus verschiedenen Gründen geneigt, das letztere zu glauben. Zum Rot diente außer der vorerwähnten Purpurfarbe oder Lack eine schöne rote Erde, welche wohl für die Sinopis gelten könnte, wenn man nicht etwa lieber annehmen will, die neapolitanische rote Erde sei zu Rom um die Zeit, da dieses Gemälde verfertigt wurde, bereits bekannt gewesen; worüber jedoch, soviel wir wissen, keine bestimmten Nachrichten vorhanden sind. Von dem Blau halten wir uns für überzeugt, daß es aus Indigo besteht, welcher, gemischt mit der vorgedachten Purpurfarbe, auch das Violett gegeben. In vertiefenden Mischungen, besonders im Schatten der Fleischpartien, mag ferner noch ein brauner Ocker angewandt sein, und in den dunkelsten Strichen läßt sich die Gegenwart einer schwarzbraunen Erde von der Art, wie die Kasseler und Kölnischen Erden sind, wahrnehmen. Schwarz zeigt sich im Grauen sehr innig mit der weißen Farbe vereint, woraus man also eher auf Ruß als auf Kohle schließen kann. Dieses sind die sämtlichen Farben, deren Spur wir in diesem Gemälde bemerkt zu haben glauben.

Die Behandlung oder das an demselben beobachtete technische Verfahren scheint ein etwas anderes und vollkommneres als das heutzutage übliche mit Gouache oder Leimfarben. Ohne so verschmolzen sanft und weich zu sein als Malerei mit Ölfarben, gewährte es doch im ganzen fast eben die Vorteile für allgemeine Wirkung und erhielt nebenbei die Eigenschaften, durch welche sich Wasserfarben vorzüglich empfehlen, nämlich das Fröhlichere, Heitere überhaupt und die Wahrheit in den Tönen der beleuchteten Partien.

Wir gedenken mit dieser Bemerkung keineswegs, die Ölmalerei verdächtig zu machen, sind auch gar nicht des Glaubens derer, welche da meinen, man könne mit Erneuerung des technischen Verfahrens der Alten auch den Geist ihrer Kunst wieder aufrufen; ebensowenig möchten wir uns aber auch zu denen bekennen, die hingegen aus dem Gebrauche der Ölfarben eine Überlegenheit der neueren Malerei über die alte zu zeigen gedachten. So viel scheint sich aus unsern angestellten Untersuchungen als wahr zu ergeben, daß die Alten ihre zwar einfachen Mittel sehr zweckmäßig zu behandeln gewußt und damit jedem wesentlichen Kunsterfordernis hinlänglich Genüge leisten konnten.

Der Meister der Aldobrandinischen Hochzeit malte auf weißen glatten Grund, welches auch bei mehreren andern antiken Malereien der Fall ist, wie aus Stellen, wo die Farben sich abgelöset, klar wird. Ob Leim, Gummi, Eier, Milch von Feigensprößlingen, oder welches andre Bindungsmittel den Farben beigemischt worden, läßt sich vor der Hand nicht bestimmt nachweisen. Daß es Wachs gewesen, ist wenigstens in Hinsicht auf die Aldobrandinische Hochzeit unwahrscheinlich, weil sich die lasierenden, der Aquarelle ähnlichen Farben über Wachs schwerlich hätten auftragen lassen, und früher, als der Überzug mit Wachs geschehen war, ebenfalls nicht anders als äußerst unbequem, indem ihre Feuchtigkeit zu schnell in die unterliegenden trocknen Farben würde eingedrungen sein. Übrigens läßt eben der Umstand, daß die erwähnten lasierenden Farben viel und mit Bequemlichkeit angewendet sind, auf ein festes, den gesamten Farben beigemischtes Bindemittel schließen. Die erste Anlage ist völlig in der Art gemacht, wie noch jetzt in Leim- und Freskofarben zu geschehen pflegt, nämlich in großen hellen und dunkeln Massen, beides mittlere Tinten, wohinein denn, besonders im Fleisch, mit nicht sehr regelmäßigen Schraffierungen, in den Gewändern hingegen zuweilen mit freien breitern Pinselstrichen, die weitern Vertiefungen gearbeitet sind. Auf die angelegten hellen Partien wurden die höhern Lichttinten keck aufgesetzt und endlich durch die mehrmals erwähnten verdünnten, der Aquarelle vergleichbaren, bloß lasierenden Farben (vornehmlich Purpur und schwärzlich Braun) das Werk vollendet, dem Ganzen mehr Übereinstimmung, dem Schatten größere Klarheit gegeben und die Einwirkung einer jeden Farbe auf die benachbarte angedeutet. Vielleicht sind ganz zuletzt noch einige Striche des vorstechendsten Lichts aufgesetzt worden, mit einem Wort, man bemerkt durchgehends, wenn schon nicht die Hand eines großen Meisters, doch die eines fertigen Malers und in den Kunstregeln, nach welchen er verfahren, die herrliche Schule, worin er sich gebildet. Verschiedene, obwohl nicht eben vorzüglich bedeutende Reste alter Malerei in den Ruinen der Villa des Hadrian bei Tivoli, die lebensgroße Figur der Roma im Palast Barberini zu Rom, welche nach der Meinung einiger Altertumsforscher aus Konstantins Zeit sein soll, allein wie wir nach Maßgabe des darin herrschenden Geschmacks glauben, früher entstanden ist; ferner einige Bilder von geringem Umfang und nicht großen Verdiensten, im Palast Rospigliosi ebenfalls zu Rom, zeigen alle dieselbe heitere Anmut in den Farben und sind, soviel sich aus ihren beschränktern Darstellungen wahrnehmen läßt, in eben der Manier, oder wenn man lieber will, unter dem Einfluß ähnlicher Grundsätze verfertigt, als wir kurz zuvor bemerkt haben und deutlicher auseinanderzusetzen bemüht gewesen sind.

Einige von den herculaneischen Bildern ausgenommen, mochten alle übrigen von uns bisher erwähnten, noch vorhandenen antiken Malereien, die bessern Mosaiken mit eingerechnet, welche indessen ihrer Natur nach nur wenig Unterricht gewähren, etwa aus dem Zeitraum von Augustus bis auf Konstantin den Großen herrühren; nachher ging die verfallende Kunst in geistlose Manier über, die Nachahmung der Natur wurde seltener und in eben dem Maße verschwand auch der bessre Geschmack im Kolorit, der Sinn für Harmonie der Farbe.

Werke der Malerei von einigermaßen beträchtlichem Umfang aus dem fünften, sechsten, siebenten und vielleicht auch achten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung sind uns aus eigener Anschauung nicht bekannt; allein an Madonnen- und Heiligenbildern, welche vermutlich noch später in Konstantinopel fabriziert worden, zeigt es sich, daß der Begriff von naturnachahmendem Kolorit gänzlich verloren gegangen war. Denn die Gesichter derselben, sowie Hände und Füße, sind nußbraun gefärbt und mit weißgelblichen grellen Strichen regellos und unannehmlich aufgeblickt. Sogar der Glaube an die Möglichkeit, einem Bilde durch die Kunst Wert zu erteilen, scheint den Malern damaliger Zeit ausgegangen gewesen zu sein. Daher bemühten sie sich bloß, durch köstliches Material ihren Arbeiten einige Achtung zu verschaffen. Aus diesem Grunde waren Mosaiken die geschätztesten Malereien; den übrigen gab man durch stark vergoldeten Grund, durch Ultramarin und Purpurfarbe soviel möglich ein reiches Ansehen.

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