668. An Goethe.
Jena, 5. November 1799.
Ich begleite die hier folgenden Stücke nur mit ein paar Worten zum Gruß. Meine Frau zeigt heute merklich mehr Besinnung und scheint sich überhaupt etwas besser zu befinden, als seit acht Tagen.
Vielleicht komme ich morgen nach Weimar, meine Schwiegermutter zurückzubringen, die heute mit meinem Schwager hinüber ist. Es wird mich herzlich freuen, Sie wieder zu sehen.
Sch.
669. An Goethe.
Jena, 8. November 1799.
Ich habe meine Frau vorgestern bei meiner Zurückkunft gefunden wie ich sie verließ, der gestrige Tag ist gut und vielversprechend gewesen, aber diese heutige Nacht kam die Unruhe unter heftigen Beängstigungen zurück und die Besserung scheint wieder weit hinausgeschoben.
Und so ist es denn auch mit mir selbst noch beim alten, ich kann mich mit nichts erfreulichem beschäftigen.
Meinem Schwager habe ich den bewußten Auftrag gegeben und hoffe bald Wirkungen davon zu sehen.
Leben Sie bestens wohl und grüßen mir den Karl. Seine kleinen Bedürfnisse bringt eine Gelegenheit morgen mit.
Sch.
670. An Schiller.
Mein Wunsch Sie zu sehen, wird hoffe ich morgen erfüllt werden und wenn meine Gegenwart gleich keine Hülfe bringen kann, so ist die Ableitung der Gedanken, bei einem dauernden Uebel, doch immer schon etwas.
Karl befindet sich in seinem neuen Zustand ganz leidlich, nur beim Eintritt der Nacht tritt auch, wie es bei Kindern immer geschieht, die Sehnsucht nach dem gewohnten Zustande ein.
Ich wünsche daß Sie sich wie bisher erhalten mögen.
Ich habe vieles, worüber ich Ihre Gedanken zu vernehmen wünsche.
Weimar am 8. November 1789.
G.
671. An Schiller.
Da ich heute Abend zu Loders eingeladen bin und wenn ich früher käme Sie in Ihrer Arbeit zu stören fürchte, so will ich mich schriftlich nach dem Befinden unserer lieben Kranken erkundigen.
Morgen kommt Geheimde Rath Voigt. Wenn es Ihnen nicht unangenehm wäre Egloffstein und Milkau in der Gesellschaft zu finden, so sollten Sie uns bei Tische sehr willkommen sein. Wenigstens soll ein Couvert für Sie bereit stehen.
Loder läßt anfragen ob Sie, mit dem Anerbieten der Magdeburger zufrieden, Ihre Stücke dorthin geben wollten? oder ob man den dortigen Theaterfreunden etwas mehr abfordern sollte? Leben Sie recht wohl und schicken mir den zweiten Theil der Prinzeß Conti wenn Sie ihn gelesen haben.
(Jena) Am 19. November 1799.
G.
672. An Goethe.
(Jena) Den 19. November 1799.
Die Nacht ist ganz leidlich gewesen, den Tag über aber hat die arme Frau wieder viel mit ihren Einbildungen zu thun gehabt und uns oft sehr betrübt. Etwas zu thun war mir den Vormittag deßwegen ganz unmöglich; ich will versuchen ob mir der Abend einige Stimmung bringt und Ihnen eine heitre Unterhaltung wünschen.
Die Magdeburger Herren sind Lumpenhunde, sagen Sie dieß Lodern von meinetwegen, und daß ich diesem Herrn Rathmann Fritze an den er mich gewiesen, meine Meinung gestern geschrieben. Die Belege zu meinem Urtheil will ich morgen schicken, da ich jetzt eben die Briefe nicht gleich zur Hand habe.
Hier den zweiten Theil der Conti, den ich mir, sobald Sie damit fertig, zurückerbitte. Schlafen Sie recht wohl.
Sch.
673. An Goethe.
(Jena, 2. December 1799.)
Ich muß Ihnen heut einen schriftlichen guten Abend sagen, denn meine Packanstalten und übrigen Arrangements werden mich wie ich fürchte bis um zehn Uhr beschäftigen. Morgen nach zehn Uhr hoffe ich Sie noch einen Augenblick vor der Abreise zu sehen. Mit der Frau ist es gottlob heute gut geblieben. Ich selbst aber besinne mich kaum.
Anbei sende ich was Ihnen gehört. Beiliegende Karten bitte auf Büttners Bibliothek zu senden.
Schiller.
674. An Goethe.
Weimar den 4. December 1799.
Unsre Reise ist gut von Statten gegangen und meine Frau, die bei Frau von Stein wohnt, hat auf die Troubles des vorigen Tags recht gut geschlafen, ohne eine Spur ihrer alten Zufälle. Der Anfang ist also glücklich gemacht und ich hoffe das beste für die Zukunft.
Uebrigens habe ich von hiesigen Personen, außer meinen Anverwandten und Frau von Stein noch niemand zu sehen Zeit gehabt.
Leben Sie recht wohl und kommen Sie nur bald.
Schiller.
675. An Schiller.
Die Paar Tage nach Ihrer Abreise habe ich in der beliebten, beinah absoluten Einsamkeit zugebracht. Ein Besuch bei Mellisch, ein Abend bei Loders und eine Vorlesung der Genoveva von Tieck auf meinem Zimmer haben einige Diversion gemacht.
Dem alten englischen Theater bin ich um vieles näher. Malones Abhandlung über die wahrscheinliche Folge in welcher Shakespeare seine Stücke gedichtet, ein Trauer- und ein Lustspiel von Ben Johnson, zwei apokryphische Stücke von Shakespeare und was dran hängt, haben mir manche gute Ein- und Aussichten gegeben.
Wie Eschenburg sich hat entgehen lassen seiner neuen Ausgabe diesen kritischen Werth zu geben, wäre nicht zu begreifen, wenn man nicht die Menschen begriffe. Mit sehr kurzen Einleitungen in jedes Stück, theils historischen theils kritischen, wozu der Stoff schon in der letzten englischen Ausgabe von Malone bereit liegt, und die man mit einigen wenigen Apperçus hätte aufstutzen können, war der Sache ein großer Dienst geleistet und mit dieser Art Aufklärung hätte jedermann denken müssen neue Stücke zu lesen. Wahrscheinlich wird er das, und vielleicht umständlicher als nöthig ist, wie schon vormals geschehen, in einem eignen Bande nachbringen. Aber wie viele Menschen suchens und lesens dahinten.
Sie sehen daß ich noch der reinen Jenaischen Ruhe genieße, indem die Weimarische Societätswoge wahrscheinlich schon bis an Sie heranspült. Sonntag Nachmittag lasse ich anfragen wo ich Sie treffe. Leben Sie recht wohl und grüßen die Ihrigen.
Jena am 6. December 1799.
G.
676. An Goethe.
Weimar, 7. December 1799.
Es war mir sehr erfreulich heute noch von Ihnen zu hören. Die Pole an unserer magnetischen Stange haben sich jetzt umgekehrt und was Norden war ist jetzt Süden. Die Ortveränderung habe ich übrigens noch nicht viel empfunden, weil es in den ersten Tagen so viel theils in meinem eigenen Hause zu thun gab, theils noch alte Reste von Briefen und andern Expeditionen mußten abgethan werden , damit ich die neue Existenz auch neu beginnen kann. Nur dem Herzog habe ich mich vorgestern präsentirt und eine Stunde dort zugebracht. Den Inhalt des Gesprächs mündlich.
Die Frau hat sich in diesen fünf Tagen gleichförmig wohl befunden, ohne die geringste Spur der vorigen Zustände: Gott gebe nun daß es auf dem guten Wege bleibe und die eintretenden Perioden kein Recidiv bewirken.
Das bekannte Sonett hat hier eine böse Sensation gemacht und selbst unser Freund Meyer hat die Damenwelt verführt, es in Horreur zu nehmen. Ich habe mich vor einigen Tagen sehr lebhaft dafür wehren müssen. Mich soll es im geringsten nicht befremden, wenn ich hier auch keine andere Erfahrung mache, als die des Widerspruchs mit dem Urtheil des Tages. Den Werth, welchen Eschenburg seiner neuen Ausgabe Shakespeares nicht gab, wird nun wohl Schlegel der seinigen zu geben nicht zögern. Dadurch käme gleich ein neues Leben in die Sache und die Leser, die nur aufs curiose gehen, fänden hier wieder so etwas wie bei dem Wolfischen Homer.
Fichte ist wie ich gehört nun in Jena angelangt, ich bin neugierig ob mit Ihrem Fuhrwerk.
Wenn es nicht eine große Gefälligkeit mißbrauchen heißt, so wünschte ich wohl mich der Wegbau-Pferde noch einmal bedienen zu dürfen, um alle meine in Jena noch zurückgebliebene Schränke und andre Sachen noch herüber zu schaffen: denn das hiesige Local fordert solche, und die weibliche Regierung besonders vermißt diese Bequemlichkeiten ungern. Ist es aber auch jetzt nicht sogleich thunlich, so kann es noch einige Wochen damit anstehen.
Mit großem Verlangen erwarte ich Sie morgen.
Leben Sie recht wohl und haben die Güte mich Griesbachs und Loders freundschaftlich zu empfehlen.
Sch.
677. An Schiller.
Als ich heute frühe ausging hoffte ich bei Ihnen einzusprechen, es war mir aber nicht möglich. Mittags bin ich bei Hofe und bitte Sie mir zu sagen wie Sie es diesen Abend halten, damit ich mich einrichten kann Sie zu sehen.
Weimar am 9. December 1799.
G.
678. An Goethe.
Weimar, 10. December 1799.
Das Stück folgt hier zurück; das beste, was zu seinem Vortheil gesagt werden kann, ist gestern gesagt worden. Je tiefer man in die Handlung hineinkommt, desto schwächer erscheint das Werk. Die Motive sind schwach, zum Theil sehr gemein und plump. Antonius ist gar zu einfältig, und es ergiebt sich aus der Vorrede, daß der Dichter diesen Einwurf voraussah, und sonderbar genug sich durch die Zeugnisse der Geschichte entschuldigt glaubte. Cleopatra ist nur widerwärtig, ohne Größe, selbst Octavia begreift man nicht; das Motiv mit den Kindern kommt immer wieder, in jeder Gestalt und muß die Armuth an andern Mitteln ersetzen.
Es bleibt also bei unserm gestrigen Ausspruch, der rednerische Theil ist brav, der poetische und dramatische insbesondere wollen nicht viel heißen.
Sch.
679. An Schiller.
Ich danke für das was Sie mir über das Stück sagen wollen. Ich bin völlig damit einverstanden. Je weiter man kommt, je weniger gefällts. Ich bin heute bei der Herzogin Mutter zur Tafel, nachher lass’ ich bei Ihnen anfragen ob Sie zu Hause sind.
Weimar am 11. December 1799.
G.
680. An Schiller.
Sagen Sie mir doch, mein Bester, wie es mit der lieben Frau steht und grüßen Sie sie herzlich von mir.
G.
681. An Schiller.
Da ich Sie gestern nicht in der Komödie gesehen so wünschte ich zu wissen, wie es heute mit Ihnen steht und ob Sie etwa Abends ein wenig zu mir kommen möchten.
Weimar am 15. December 1799.
Goethe.
682. An Schiller.
Der Herzog und die Herzogin werden heute den Thee bei mir nehmen und der Vorlesung des Mahomets ein, wie ich hoffe, günstiges Ohr leihen. Mögen Sie dieser Function beiwohnen, so sind Sie schönstens eingeladen.
Weimar am 17. December 1799.
G.
683. An Schiller.
Wenn Sie mich heute Abend um sechs Uhr besuchen und zu Tische bei mir bleiben mögen, so wird es mir sehr erfreulich sein.
Am 20. December 1799.
G.
684. An Schiller.
Gestern hoffte ich Sie gegen Abend zu sehen, welches mir aber nicht gelang. Heute kann ich nicht wohl ausgehen und diesen Abend wird Sie das prophetische Uebermaß wohl von unsern Zirkeln abhalten. Schicken Sie uns indessen Ihre liebe Frau und schreiben mir ob die Musen günstig sind. Ich befinde mich in einem ganz zerstückelten Leben.
Am 23. December 1799.
G.
685. An Goethe.
(Weimar, 23. Dec. 1799.)
Ich hatte gestern Abend den Anschlag gefaßt Sie noch zu besuchen, vertiefte mich aber zu sehr in mein Geschäft und die Stunde wurde versäumt. Weil ich morgen die drei ersten Akte Mellischen lesen will, so war und ist noch in diesen Tagen viel zu thun, was mich zu Hause gehalten; denn nichts ist, wie Sie selbst aus Erfahrung wissen werden, zeitverderblicher als die kleinen Lücken, die man in der Arbeit gelassen, auszustopfen. Sollte Ihnen aber heute Abend nach ausgestandenem Abenteuer noch Lust und Zeit zu einem Gespräch übrig bleiben, so lassen Sie michs wissen und ich komme. Leben Sie recht wohl. Die Frau wird Ihre Einladung dankbar benutzen, wenn sie irgend ausgehen kann.
Sch.
686. An Schiller.
Ich dächte Sie entschlössen sich auf alle Fälle um halb neun Uhr zu mir zu kommen. Sie finden geheizte und erleuchtete Zimmer, wahrscheinlich einige zurückgebliebene Freunde, etwas Kaltes und ein Glas Punsch. Alles Dinge, die in diesen langen Winternächten nicht zu verachten sind.
Am 23. December 1799.
G.
687. An Schiller.
Sie lassen sich also heute um zwei Uhr nach Hof tragen wo wir in dem Zimmer des Herzogs zusammen treffen werden. Den Abend heute bringen Sie wohl bei mir zu.
Am 27. December 1799.
G.
688. An Schiller.
Ich frage an ob Sie mich heute ein wenig besuchen wollen? Sie können sich ins Haus bis an die große Treppe tragen lassen, damit Sie von der Kälte weniger leiden. Ein Gläschen Punsch soll der warmen Stube zu Hülfe kommen, ein frugales Abendessen steht nachher zu Befehl.
Am 29. December 1799.
G.
689. An Goethe.
30. December 1799.
Ich hoffte Sie heute entweder in der Komödie oder nach derselben zu sehen, aber die warme Stube hielt mich zu fest und bis nach sechs Uhr hatten wir Besuch, daß ich nicht abkommen konnte. Empfangen Sie also noch eine freundliche gute Nacht, und lassen sich das Schlafmachende Mittel welches Cotta schickt empfohlen sein. Meyern wenn er morgen ausgeht bitte, auf einen Augenblick bei mir einzusprechen.
Sch.
690. An Schiller.
Hier schicke ich ein Exemplar der Propyläen mit der Anfrage ob Sie wohl heute Abend mich mit Ihrer Gegenwart erfreuen wollen. Ich bin seit gestern nicht recht wohl und fast befürchte ich daß der kürzeste Tag noch Lust hat mir hinterdrein noch Händel zu machen.
Am 31. December 1799.
G.
691. An Goethe.
31. December 1799.
Ich beklage Ihre Unpäßlichkeit von Herzen und hoffe, Sie werden sie nicht in das neue Jahr mit hinübernehmen. Nach sechs Uhr stelle ich mich ein, zwischen jetzt und dem Abend will ich suchen einen meiner Helden noch unter die Erde zu bringen, denn die Keren des Todes nahen sich ihm schon.
Diesen Vormittag ist mir eine große Lieferung von Papier und andern Sachen zugefertigt werden, die ich Ihrer Güte zu danken habe.
Sch.
1800
692. An Goethe.
(Weimar, 1. Jan. 1800.)
Ich begrüße Sie zum neuen Jahr und neuen Seculum und hoffe zu vernehmen, daß Sie es gesund angetreten haben. Werden Sie in die Oper gehen? So kann ich Sie dort vielleicht sehen, denn ich bin Willens mir heute eine Zerstreuung zu machen. Vohs und Haide waren eben bei mir, sie machen kein groß Rühmen von dem Gustav Wasa und einzelnen Details nach zu urtheilen muß das Stück greuliche Motive enthalten.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau sagt Ihnen den schönsten Gruß zum neuen Jahr.
Sch.
693. An Schiller.
Ich war im Stillen herzlich erfreut gestern Abend mit Ihnen das Jahr und da wir einmal Neunundneunziger sind auch das Jahrhundert zu schließen. Lassen Sie den Anfang wie das Ende sein und das künftige wie das vergangene.
Ich bin heute bei Gores zu Tische, wo man spät wegkommt. Ich werde Sie aber auf alle Fälle in der Oper aufsuchen.
Leben Sie recht wohl und bringen Ihrer lieben Frauen zum neuen Jahr auch die besten Grüße und Wünsche.
Weimar am 1. Januar 1800.
G.
694. An Schiller.
Gestern blieb ich zu lange bei Gores um noch in die Komödie gehen zu können.
Heute frage ich an wie Sie sich befinden und was Sie diesen Abend vorhaben? Ich bin zu Hause nicht ganz wie ich sein sollte, aber immer erfreut wenn Sie mich besuchen möchten.
Am 2. Januar 1800.
G.
695. An Goethe.
Ich hatte diesen Abend darauf gerechnet, Sie im Clubb zu finden, wohin mich mein Schwager eingeladen hat. Wenn Sie aber nicht hineingehen, so bleibe ich vielleicht auch heraus; doch will ich es auf den Augenblick ankommen lassen, und bitte, wenigstens nicht auf mich zu rechnen.
2. Januar 1800.
Sch.
696. An Goethe.
(Weimar, 3. Jan. 1800.)
Ich bin zu der Wiederholung des Kotzebuischen Stücks bei der Verwittweten Herzogin eingeladen, dem ich mich nicht wohl entziehen konnte, weil ich noch keine Visite dort abgestattet, bleibe aber nicht zum Souper. Wenn ich also um acht Uhr zu Ihnen kommen darf und Sie nicht störe, so lasse ich mich gleich vom Palais dahin tragen. Gestern war ich noch auf dem Ball, blieb aber auch nicht beim Essen und hätte Sie gern noch besucht, wenn es nicht zu spät gewesen. Leben Sie recht wohl, ich bitte nur um mündliche Antwort.
Sch.
697. An Schiller.
Es ist eine harte Zumuthung, und wenn sie einem von Shakespeare gemacht würde, daß man ein Stück, das morgen aufgeführt werden soll, heute soll vorlesen hören. Fassen Sie sich also auch in diese Gedulds- und Leidensprüfung. Sie treffen mich auf alle Fälle und machen mir um acht Uhr, oder auch später, durch Ihre Gegenwart viel Freude. Ich habe mich diese paar Tage im Stillen auf mehr als Eine interessante Weise beschäftigt. Meyer ist recht guten Humors und es würde uns diesen Abend um recht vergnügt zu sein nur Ihre Gegenwart fehlen.
Weimar am 3. Januar 1800.
G.
698. An Goethe.
5. Januar 1800.
Ich wünsche daß Ihnen die gestrigen Helden und Tyrannen gut bekommen sein mögen; gern hätte ich, wenn es nicht zu spät gewesen wäre, noch etwas von Ihnen gehört. Die Schauspieler haben sich noch recht leidlich herausgezogen, und ich kann nicht läugnen, daß ich mich über die Klarheit, welche in diesem bunten Roman doch noch herrschte, gewundert habe. Die Stimme des hiesigen Publicums wird, wie ich nicht zweifle, überall bestätigt werden und Kotzebue von seinem Calcul Ehre haben.
Lassen Sie mich doch wissen, ob ich Sie heute sehen werde und wie und wann? Meine Frau empfiehlt sich Ihnen schönstens.
Sch.
699. An Schiller.
Es ist schon drei Uhr und ich habe noch keine Nachricht von Ihnen. Verzeihen Sie mir also, liebster Freund, die Anfrage: ob Sie heute wieder mit den Kranichen, gegen die Jahrszeit, nach Norden ziehen, oder sonst ein Vorhaben ausführen wollen. Auf alle Fälle bitt’ ich um Nachricht, damit ich mich darnach richten könne, wenn ich allenfalls in Versuchung käme Malepartus auf kurze Zeit zu verlassen.
6. Januar 1800.
G.
700. An Goethe.
6. Januar 1800.
Ich werde mit nichten mich versuchen lassen, den vorgestrigen langen Weg noch einmal zu machen, und wenn ich heute Abend nach geendigter Arbeit zu Ihnen kommen darf, so wird es mich sehr erfreuen und erquicken. Ich habe heute angefangen auf den Prolog quaestionis zu denken, und vielleicht schenkt mir der Himmel eine gute Stimmung das Gedicht heute, wo nicht zu beendigen, doch fürs erste die Anlage dazu zu machen.
Wenn Sie es nicht contremandiren, so werde ich mich heute gegen Sieben Uhr einstellen.
Sch.
701. An Goethe.
(Weimar, 7. Jan. 1800.)
Das Geschäft das Sie heut übernommen, ist nicht begeisternd, ob es gleich nach meiner Erfahrung etwas anziehendes für den armen Poeten hat, seine Ideen auch nur so weit versinnlicht zu sehen.
Ich habe heute Ihre Iphigenie durchgesehen und zweifle gar nicht mehr an einem guten Erfolg der Vorstellung. Es braucht nur gar weniges an dem Text zu diesem Gebrauch verändert zu werden, besonders in Hinsicht auf den Mythologischen Theil, der für das Publikum in Massa zu kalt ist. Auch ein paar Gemeinsprüche würde ich dem dramatischen Interesse aufzuopfern rathen, ob sie gleich ihren Platz sehr wohl verdienen. Mündlich mehr. Ich werde mich gegen sieben einstellen. Vorher muß ich Hufeland aus Jena erwarten, der sich angemeldet hat. Leben Sie recht wohl.
Sch.
702. An Goethe.
8. Januar 1800.
Ich wünsche daß Sie auf unser gestriges Quartett gut geschlafen haben. Heute denke ich mich zu Hause zu halten und den Versuch zu machen, ob ich meine Stanzen fertig machen kann, damit wir das Publicum mit geladener Flinte bei dem Mahomet erwarten können. Leben Sie recht wohl. Die Frau grüßt aufs beste.
Sch.
703. An Schiller.
Ich war eben im Begriff Sie einzuladen, denn es wird mir nicht erfreulich sein diesen Abend ohne Sie zuzubringen. Doch wünsch’ ich Segen und Gedeihen zum edeln Vorhaben. Ich stecke ein wenig in in physicis. Morgen also um halb sechse assistiren Sie wohl bei der Lese Probe.
Weimar den 8. Januar 1800.
G.
704. An Schiller.
Gestern übereilte ich mich als ich Sie auf heute zur Leseprobe einlud. Sie ist erst morgen. Mögen Sie den heutigen Abend mit mir allein zubringen, so sind Sie schönstens eingeladen. Wie sieht es mit den Stanzen aus?
Wollten Sie eine Stunde spazieren fahren, so hole ich Sie um zwölf Uhr mit dem Schlitten ab.
Den 9. Januar 1800
G.
705. An Goethe.
Es ist mir nicht lieb, daß die Probe um einen Tag später ist, sie wird mit einem Theebesuch, den ich morgen bei der regierenden Herzogin zu machen habe und schon zugesagt, in Collision kommen, und doch wär’ ich gern dabei gewesen.
Mit den Stanzen bin ich noch nicht ganz im reinen, da ich gestern Abend nicht, wie ich gewünscht hatte, allein war. Eben bin ich daran, und um mich nicht zu unterbrechen, will ich mir die vorgeschlagene Partie auf ein andermal ausbitten. Heute Abend stelle ich mich ein.
9. Januar.
S.
706. An Goethe.
Ich bin neugierig zu vernehmen, wie Sie mit der gestrigen Leseprobe zufrieden sind. Da ich erst um halb neun Uhr von dem Thee der Herzogin kam, so wollte ich Sie so spät nicht mehr incommodiren. Wie halten Sie es mit dem heutigen Tag? Ich wollte in die Oper gehen, vielleicht sehe ich Sie dort, oder vorher, wenn Sie an meinem Hause vorbei kommen.
11. Januar 1800.
S.
707. An Schiller.
Ich komme mich nach Ihrer Gesundheit zu erkundigen und habe allerlei Vorschläge zu thun.
Möchten Sie wohl mit ins Schloß kommen? Es ist heute nicht kalt und es geht keine Luft. Ich würde Sie im Schlitten abholen und Sie würden verschiednes sehen, das Sie interessiren müßte. Wir könnten alsdann wegen des Rests des Tages uns weiter besprechen.
Heute früh war die kleine artige Palmire bei mir, die sichs wirklich recht angelegen sein läßt. Wenn es möglich wird ihre klare Natur in den ersten Acten zu verschleiern, so kann es gut werden, für die letztern ist mir nicht bange.
Von Herrn von Wolzogen habe ich die Costums holen lassen, worunter sich manches brauchbare befindet.
Mündlich mehr, besonders über meine wunderliche Empfindung, da ich heute anfing die Iphigenia zu lesen. Ich bin nicht weit hinein gekommen – doch ich will nicht anfangen zu reden, weil so mancherlei zu sagen ist.
Leben Sie wohl. Ich kann Sie gleich abholen, wie Ihre Antwort zu mir zurückkehrt.
Am 13. Januar 1800.
G.
708. An Goethe.
(Weimar, 13. Januar 1800.)
Leider bin ich heut in keiner rechten Verfassung, die vorgeschlagene Partie anzunehmen. Ich habe die Nacht nicht geschlafen und bin erst seit zwölf Uhr aufgestanden . Der Kopf ist mir auch sehr wüst, von der Schlaflosigkeit. Eine lebhafte Beschäftigung mit dem Macbeth dem ich gestern noch spät nachdachte, hat mich erhitzt. Wir wollen also das zu besprechende bis morgen versparen, wo ich der Probe mit einem hellern Kopf, als ich heute habe, beizuwohnen hoffe. Leben Sie recht wohl.
Sch.
709. An Goethe.
15. Januar 1800.
Ich dachte Sie heute Mittag oben beim Herzog zu finden, wo ich eingeladen war, und sonst niemand fand. Nach der Tafel ging ich zu meinem Schwager und erfuhr bei meiner Nachhausekunft daß Sie hier gewesen. Ein wirklich einziger Fall in seiner Art, daß Sie mich nicht zu Hause trafen! Ich sage Ihnen heute bloß einen guten Abend, das andere morgen. Gearbeitet ist heute nicht viel worden, weil ich zu spät aufstand. Doch habe ich mich wieder mit dem Macbeth beschäftigt.
Sch.
710. An Goethe.
19. Januar.
Ich sage Ihnen heut nur einen Gruß, da ich im Sinn habe mich zu Hause zu halten und bei meinem Geschäfte zu bleiben , welches dieser Tage ein wenig laulicht gegangen ist. Morgen werde ich hören, ob Sie den Abend zu Hause sind. Auf den Dienstag nach der Probe habe ich die Schauspieler vom Mahomet zu mir eingeladen.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
711. An Schiller.
Ich hatte gehofft Sie heute Abend bei mir zu sehen und war eben im Begriff Sie einzuladen. Doch in der Hoffnung daß Ihre Unterhaltung mit sich selbst auch künftig für uns erfreulich sein wird, so will ich mich drein ergeben daß ich heute auf Ihre Unterhaltung Verzicht thun muß.
Gestern suchte ich Sie in der Loge in dem ersten und zweiten Act, und konnte nicht erfahren wo Sie hingerathen waren.
Leben Sie recht wohl. Morgen hören Sie bei Zeiten was von mir.
Weimar am 19. Januar 1800.
G.
712. An Schiller.
Sie erhalten hiermit verschiedenes. Ein Paket Siegellack umwickelt von dem Humboldtischen Brief, ingleichen die Iphigenia zurück, welche wohl schwerlich selbst durch die Künste des Herrn von Eckardtshausen, wie uns solche erst kürzlich durch den Reichsanzeiger offenbart worden, zu palingenesiren sein möchte.
Es ist sehr freundlich daß Sie die Schauspieler morgen nach der Probe bewirthen mögen. Es kann dabei manches zweckmäßige verhandelt werden, besonders da es ihrer nicht viel sind.
Wenn Sie mich heute Abend besuchen mögen, so soll es mich sehr freuen, da ich mich nicht in den besten Umständen befinde; hoffentlich bekommt Ihnen der niedrige Barometerstand desto besser.
Weimar am 20. Januar 1800.
G.
713. An Goethe.
(Weimar, 20. Januar 1800.)
Ich danke schönstens für das überschickte. Sie sagen mir nicht, was Serenissimus von der Iphigenia augurirt und geurtheilt hat. Diesen Abend werde ich nach sechs Uhr mich einstellen, nachdem ich die zwei ersten Aufzüge des Macbeth aus dem rohen gearbeitet.
Von den Eckardtshausischen Künsten habe ich, neulich bei der Herzogin, Herdern mit großem Vertrauen und Lob sprechen hören; des Mannes selbst nahm er sich wenigstens sehr lebhaft an.
Ich lege hier eine Scene aus Wallenstein für Vulpius bei. Ich wählte die erste Scene Gordons mit Buttlern, wo von Wallensteins Jugend Notizen vorkommen, und die sich außer dem Zusammenhange leicht lesen läßt.
Leben Sie recht wohl.
S.
714. An Schiller.
Wollten Sie wohl die Güte haben mir eine Flasche von dem rothen Wein zu schicken, welchen Herr Zapf übersendet hat. Dabei bitte ich mich zu benachrichtigen ob ich heute Abend das Vergnügen haben werde Sie bei mir zu sehen, wie ich es wünsche.
Weimar am 2. Februar 1800.
G.
715. An Goethe.
(Weimar 2. Februar 1800.)
Es ist ein weißer und kein rother Wein von dem ich Ihnen gestern sprach.
Ich werde mich heut Abend einstellen.
Seitdem ich das Original von Shakespeare mir von der Frau von Stein habe geben lassen, finde ich, daß ich wirklich besser gethan, mich gleich Anfangs daran zu halten, so wenig ich auch das englische verstehe, weil der Geist des Gedankens viel unmittelbarer wirkt, und ich oft unnöthige Mühe hatte, durch das schwerfällige Medium meiner beiden Vorgänger mich zu dem wahren Sinn hindurch zu ringen.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
716. An Schiller.
Ich muß Sie benachrichtigen, daß heute Abend die Lästerschule nicht gegeben wird, sondern ein anderes Stück die Verschleierte das gerade nicht übel ist, aber mich eben nicht ins Schauspielhaus lockt. Ich bin also zu Hause, wenn Sie mich besuchen mögen und kann diesen Abend mit etwas Schweinewildpret aufwarten.
Weimar am 3. Februar 1800.
G.
717. An Schiller.
Ich wünschte zu erfahren wie Sie Ihren gestrigen Abend zugebracht haben und was Ihre Absichten wegen des heutigen sind? Entschließen Sie sich ins Theater zu gehen, so erwarte ich Sie nach demselben; wollen Sie sich aber auch dispensiren, wie ich wohl sehr natürlich fände, so sollen Sie mir zu jeder Stunde herzlich willkommen sein.
Weimar am 5. Februar 1800.
G.
718. An Goethe.
(Weimar, 5. Februar 1800.)
Ich habe Hoffnung, wenn ich mich diesen Abend und morgen Vormittag zu meiner Arbeit halte, morgen Abend damit fertig zu sein und sie Ihnen vorzutragen. Deßwegen will ich den heutigen Abend mich zu Hause halten und sage Ihnen einen schriftlichen Gruß.
Sch.
719. An Schiller.
Mögen Sie sich heute Abend wohl in dieser starken Kälte zu mir verfügen, so wünsche ich daß Sie um sechs Uhr kommen, damit wir den Macbeth hinauslesen.
Um sieben Uhr, da der Mond aufgeht, sind Sie zu einer astronomischen Partie eingeladen, den Mond und den Saturn zu betrachten, denn es finden sich heute Abend drei Teleskope in meinem Hause.
Sollten Sie aber die warme Stube vorziehen, so wird Ihnen Freund Meyer Gesellschaft leisten, der die Mondsberge so sehr wie die Schweizerberge, und die Gestirne so sehr als die Kälte mit einem herzlichen Künstlerhaß verfolgt.
Weimar am 11. Februar 1800.
G.
720. An Schiller.
Es rückt nun die Zeit heran, daß wir die Rolle der Neubrunn in Wallenstein besetzen müssen, da sie Madame Vohs, nach dem Theaterherkommen, nicht wohl zuzumuthen ist. Ich schlage daher Demoiselle Caspers vor, welche, nach dem was wir neulich von ihr gesehen haben, auch diese Rolle ganz gut geben wird, um so mehr da sie mit Demoiselle Jagemann in Verhältniß steht. Auch wird es gut sein sie durch diesen kleinen Versuch in die rhythmische Sprache des Trauerspiels einzuführen.
Heute Nachmittag hören Sie mehr von mir.
Am 12. Februar 1800.
G.
721. An Schiller.
Mögen Sie heute Abend, nach geendigtem Schauspiel, sich zu mir verfügen, so sollen Sie, nach einer kalten Viertelstunde, einen deutlicheren Begriff von den Mondshöhen und -Tiefen mit hinwegnehmen, so wie es mich sehr freuen wird Sie nach einer so langen Pause wieder bei mir zu sehen.
Weimar am 12. Februar 1800.
G.
722. An Schiller.
Mögen Sie uns heute um sechs Uhr besuchen, so sollen Sie uns herzlich willkommen sein.
Ich wünschte daß Sie Meyers Wallenstein auf der jetzigen Stufe der Ausführung sähen; indem man so ein Bild werden sieht so weiß man zuletzt eher was es ist.
Auch wünschte ich den Schluß Ihres Macbeths zu vernehmen und durch freundschaftliche Mittheilung an Lebenslust zu gewinnen.
Weimar, am 14. Februar 1600.
G.
723. An Schiller.
Ich freue mich sehr, daß die Aderlässe gut bekommen ist.
Anbei schicke ich das englische Lexikon.
Für das übrige will ich sorgen.
Von den Piccolominis habe ich nichts bedeutendes gehört als was wir wissen, Zuschauer waren 422.
Vielleicht besuche ich Sie gegen sechs Uhr. Nach sieben Uhr muß ich mich wieder entfernen.
Weimar am 16. Februar 1800.
G.
724. An Schiller.
Ihrem Rath zu Folge habe ich noch einen Herbst zusammen gestoppelt und schicke hier die vier Jahrszeiten, zu gefälliger Durchsicht. Vielleicht fällt Ihnen etwas ein, das dem Ganzen wohlthut, denn was mich betrifft so finde ich mich in gar keiner poetischen Jahrszeit.
Leider werde ich mich einige Tage zu Hause halten müssen, denn der Doctor dringt auf eine Cur, der ich schon eine ganze Weile ausgewichen bin. Es wäre recht schön wenn Sie nun wieder so weit wären, daß Sie mich besuchen könnten. Leben Sie indessen recht wohl.
Am 22. März 1800.
G.
725. An Goethe.
(Weimar, 22. März 1800.)
Ich bedaure Ihre Unpäßlichkeit recht herzlich und hoffe, daß sie sich bald geben soll. Sobald ich mir nur irgend einigen Muth erwecken kann, aus dem Haus zu gehen, so besuche ich Sie. Vielleicht ist die Luft morgen etwas milder und die Sonne scheint, dann kann ich es vielleicht wagen.
Es hat mich gefreut die vier Jahrszeiten nun complett zu finden. Die Auskunft die Sie getroffen ist sehr gut, und wenn Sie allenfalls unter die, zum Herbste, zusammengestellten Distichen noch eins oder das andere einstreuen wollten, das eine leicht faßliche Beziehung auf die Jahrszeit hätte, so würde nichts mehr zu wünschen sein. Die Distichen will ich indeß noch genau ansehen, und mündlich wollen wir uns dann darüber besprechen.
Leben Sie recht wohl für heute. Meine Frau wünscht Ihnen von Herzen baldige Besserung.
S.
726. An Schiller.
Da ich mich einmal entschlossen habe krank zu sein, so übt auch der Medicus, dem ich so lange zu entgehen gesucht habe, sein despotisches Recht aus. Wie sehr wünschte ich daß Sie wieder zu den Gesunden gehörten, damit ich mich bald Ihres Besuchs zu erfreuen hätte.
Ich brauche diese schlechte Zeit um die Pflanzensammlung in Ordnung zu bringen, von der ich hoffen kann daß sie Ihnen Freude machen wird. Je mehr das Einzelne verwirrt, desto angenehmer ists wenn unser Bestreben, die Gegenstände in einem gewissen Zusammenhange zu sehen, einigermaßen gefördert wird. Ich lege Ihnen den Ausfall auf das weimarische Theater mit bei. Nichtigkeit und Anmaßung kann sich wohl nicht besser bezeichnen.
Leben Sie recht wohl, und lassen mich wissen wie Sie sich befinden.
Am 23. März 1800.
G.
727. An Schiller.
Ihre gestrige Gegenwart war mir so erfreulich als unerwartet. Ist Ihnen der Ausgang nicht übel bekommen, so wird es mir sehr angenehm sein, wenn Sie mich heute wieder besuchen möchten.
Anbei sende ich die Theaterreden, womit ich den Band meiner Gedichte zu schließen gedenke. Sie sind freilich ein bischen mager, indessen mögen sie so hingehen.
Vielleicht entschließe ich mich noch eine zu machen zum Schluß der diesjährigen Wintervorstellungen! vielleicht wär’ das die schicklichste Art, wie man die Oppositionspartei mit einem heitern Ernst chicaniren könnte, wovon mündlich mehr.
Grüßen Sie Ihre liebe Frau und ersuchen sie heute Abend wo möglich in die Komödie zu gehen, weil ich eine unparteiische Vergleichung der beiden Vorstellungen von ihr zu vernehmen wünschte.
Am 24. März 1800.
G.
728. An Goethe.
Die gewaltsame Wirkung der Luft auf mich hat mich gestern ein wenig erschreckt und das Treppensteigen besonders in meinem Hause bei meiner Zurückkunft hat mich sehr angegriffen. Wenn ich, wie ich hoffe, meine Furchtsamkeit überwinden kann, so besuche ich Sie gewiß. Es wird auf den Augenblick ankommen.
Die Theaterreden sind ein recht interessanter Beitrag zu den Gedichten. Sie haben alle einen eigenen und dabei durchaus so hübsch häuslichen Charakter, daß sie dadurch reizen und anziehen. Was ich gestern auf den gedruckten Bogen Neues fand, hat mich auch recht erfreut.
Da Sie, wie Sie gestern sagten, die noch ungedruckte Elegie, welche so viel persönliche Beziehung auf Sie selbst hat, mit abdrucken lassen und mit diesen geselligen und gefälligen Theaterreden schließen wollen, so möchte ich um so weniger rathen, das Publicum durch die abgerißne Erscheinung des Fragments aus dem Faust, von Oberons Hochzeit, scheu und irre zu machen. Ueberlegen Sie es wenigstens noch einmal, ob es nicht besser ist, es bei dem gutmüthigen Ton zu lassen, der in dem Ganzen der Sammlung einmal herrscht.
Meine Frau grüßt Sie bestens. Sie wird, Ihrem Wunsch gemäß, das heutige Stück noch einmal sehen.
Wollen Sie mir den Bayard zu lesen verschaffen, so wird es mir sehr lieb sein. Meyern viele Grüße.
24. März 1800.
Sch.
729. An Schiller.
Ich wünsche daß Sie diesen schönen Tag mögen in freier Luft genossen haben und da ich die Hoffnung aufgeben muß Sie heute zu sehen, so schicke ich noch einiges mit Bitte um freundschaftlichen kritischen Antheil.
Am 27. März 1800.
G.
730. An Goethe.
(Weimar, 27. März 1800)
Ich bin diesen Nachmittag mit Correcturen, Revisionen und andern Besorgungen so überhäuft worden, daß es darüber später Abend geworden ist, und zu einem Besuche zu spät sein dürfte. Leider habe ich die schöne Luft nur vom Fenster aus genossen, aber auch so mich sehr daran gelabt.
Für das Ueberschickte danke ich. Es soll mir heut Abend, statt des Verfassers, zu einer angenehmen Gesellschaft dienen. Schlafen Sie recht wohl.
Sch.
731. An Schiller.
Hier der Schluß von Macbeth worin ich nur wenig angestrichen habe. Sehe ich Sie denn etwa heute bei mir? Meine Zustände sind nicht die besten.
Am 3. April 1800.
G.
732. An Schiller.
Schlegel empfiehlt sich und sendet beikommendes. Gehen Sie ins Schauspiel, oder besuchen Sie mich vielleicht? Ihr Entschluß wird den meinen bestimmen.
Auf morgen Mittage möcht’ ich Sie einladen. Geheimerath Voigt wird wohl da sein, vielleicht auch Wieland.
Leben Sie wohl und thätiger als ich sein kann. Es gelingt mir kein Periode, geschweige eine Strophe.
Weimar, am 5. April 1800.
G.
733. An Goethe.
(Weimar, 5. April 1800.)
Ins Schauspiel gehe ich heute auf keinen Fall. Wenn Sie aber hineingehen, so will ich vorher noch zu Ihnen kommen: zwischen drei und fünf Uhr, wenn Sie mir’s nicht absagen lassen. Morgen Mittag werde ich mich einfinden, wenn ich mich nur irgend wohl befinde.
Ich stecke jetzt ganz in meinem Geschäft, und suche, da ich eine leidliche Stimmung habe, so weit zu kommen als möglich ist.
Leben Sie indessen wohl.
Sch.
734. An Schiller.
Das Teleskop folgt hierbei. Es war eine Zeit, wo man den Mond nur empfinden wollte, jetzt will man ihn sehen; ich wünsche, daß es recht viel Neugierige geben möge, damit wir die schönen Damen nach und nach in unser Observatorium locken.
Wenn Sie die Musik von Macbeth noch bei sich haben, so bringen Sie doch solche Nachmittag mit, sowie auch das Pförtnerlied.
Ich wünsche, daß die Wirkung der gestrigen Musik diesen Morgen noch nachklingen möge.
Weimar, am 10. April 1800.
G.
735. An Goethe.
(Weimar, 11. April 1600.)
Es ist durch einen jungen Schweizer der von Tübingen kam Nachricht von Cotta da. Er wurde wirklich nach Stuttgart transportirt, kam aber gleich den andern Tag wieder auf freien Fuß, um seine Geschäfte betreiben zu können, nachdem Caution für ihn geleistet worden. Er wird auch die Messe beziehen.
Leben Sie recht wohl für heute. Ich habe diesen Abend Besuch im Hause und kann deßwegen nicht selbst kommen.
Sch.
736. An Schiller.
Da sich die Weissagungen des Bakis so wunderbarer Weise bei Ihnen gefunden haben, so möchte ich fragen ob nicht auch etwa das kleine jugendliche Gesellschafts- oder Schäferstück von mir bei Ihnen zu finden ist. In welchem Fall ich es mir erbitte.
Was haben Sie heute Abend vor?
Schelling ist hier, ich konnte ihn aber nicht einladen, weil ich heute wegen häuslicher Umstände keine Gäste haben kann.
Morgen Abend sind Sie mit Ihrer lieben Frau zu einem kleinen Concert eingeladen.
Der Teufel, den ich beschwöre gebärdet sich sehr wunderlich.
Am 16. April 1800.
G.
Bald hätte ich das beste vergessen. Erzeigen Sie mir doch das Vergnügen morgen Mittag bei mir zu speisen.
737. An Schiller.
Nach meiner langen Einsamkeit macht mir der Gegensatz viel Vergnügen. Ich gedenke auch noch die nächste Woche hier zu bleiben.
So eine Messe ist wirklich die Welt in einer Nuß, wo man das Gewerb der Menschen, das auf lauter mechanischen Fertigkeiten ruht, recht klar anschaut. Im ganzen ist übrigens so wenig, was man Geist nennen möchte, daß alles vielmehr einem sogenannten thierischen Kunsttrieb ähnlich sieht.
Von dem, was man eigentlich Kunst nennt findet sich, man darf dreist sagen, in dem was der Moment producirt, keine Spur.
Von Gemälden, Kupfern und dergleichen findet sich manches Gute, aber aus vergangenen Zeiten.
Ein Porträt von einem Maler, der sich jetzt in Hamburg aufhält, das bei Bausen steht, ist von einem unglaublichen Effect; aber auch gleichsam der letzte Schaum, den der scheidende Geist in den Kunststoffen erregt. Eine Wolke für eine Juno.
In dem Theater wünschte ich Sie nur bei Einer Repräsentation. Der Naturalism und ein loses, unüberdachtes Betragen, im Ganzen wie im Einzelnen, kann nicht weiter gehen. Von Kunst und Anstand keine Spur. Eine Wiener Dame sagte sehr treffend: die Schauspieler thäten auch nicht im geringsten als wenn Zuschauer gegenwärtig wären. Bei der Recitation und Declamation der meisten bemerkt man nicht die geringste Absicht verstanden zu werden. Des Rückenwendens, nach dem Grunde Sprechens ist kein Ende, so geht’s mit der sogenannten Natur fort, bis sie bei bedeutenden Stellen gleich in die übertriebenste Manier fallen.
Dem Publikum hingegen muß ich in seiner Art Gerechtigkeit widerfahren lassen, es ist äußerst aufmerksam, man findet keine Spur von Vorliebe für einen Schauspieler, das aber auch schwer wäre. Man applaudirt öfters den Verfasser, oder vielmehr den Stoff, den er behandelt und der Schauspieler erhält gewöhnlich nur beim Uebertriebenen lauten Beifall. Dieß sind, wie Sie sehen, alles Symptome eines zwar unverdorbenen, aber auch ungebildeten Publikums, wie es eine Messe zusammen kehrt.
Nun leben Sie wohl und gedenken mein. Mündlich noch gar manches.
Leipzig den 4. Mai 1800.
G.
738. An Goethe.
Weimar den 5. Mai 1800.
Haben Sie Dank für Ihren lieben Brief, es war mir gar ungewohnt, so lange nichts von Ihnen zu sehen und zu hören. So sehr ich Sie aber auch hier vermisse, so freut mich doch um Ihretwillen die Zerstreuung die Sie sich nach dem langen Winter machen, und die Sie gewiß heiterer zurückführen wird. In Ihrer Abwesenheit habe ich mich, was das physische betrifft, recht gut gehalten, ich bin viel im Freien gewesen, und fange nachgerade an, mich wie einen Gesunden zu betrachten. Sonst habe ich mich in diesen Tagen damit beschäftigt, die vier ersten Acte der Maria für den Theaterzweck in Ordnung zu bringen, und bin auch damit fertig, so daß ich jetzt schon den fünften Akt zur Hand genommen. Von Macbeth sind mehrere Proben gewesen, und ich hoffe alles Gute davon, doch wird die erste Vorstellung erst am Mittwoch über acht Tage stattfinden können.
Sie werden unterdessen Cotta schon gesprochen, und sich von seinen Schicksalen unterrichtet haben.
Die Schützische Replik auf Schellings Angriff wird Ihnen gleichfalls bekannt geworden sein. Leider ist vorherzusehen, daß Schelling die Majorität nicht auf seiner Seite haben wird; es ist gar übel, wenn man angriffsweise verfährt, sich viele Blößen zu geben. Er ist jetzt nach Bamberg abgereist, und wie ich höre, so ist Madame Schlegel nachgezogen, die in Franken ein Bad besuchen will .
Man sagte mir daß Kotzebue in einem neuen Stück, der Besuch, sich verschiedenes gegen die Propyläen herausgenommen habe. Wenn dem so ist, so hoffe ich, daß Sie den jämmerlichen Menschen seine entsetzliche Sottise werden fühlen lassen.
Von Weimar weiß ich Ihnen nicht viel zu schreiben. Ich bin unterdessen einmal bei einem Thee und Souper im Palais gewesen, wo ich 3/4 Stunden lang französische Verse anhören mußte.
Ob Sie sich in Leipzig gleich nicht sehr geistreich unterhalten können, so muß Ihnen doch die Klarheit, die Sie über diese irdischen Dinge haben, auch in dieser Existenz viel Vergnügen und Nutzen finden lassen.
Die Beschreibung, die Sie von dem dortigen Theater geben, zeigt eine Stadt an, und ein Publikum, das wenigstens auch keinen Anspruch auf Kunst und Kunstrichterei macht, und bloß amüsirt und gerührt sein will. Es ist aber traurig, daß die dramatische Kunst in so schlechten Umständen sich befindet. Ich habe Opitzen meinen Macbeth angeboten, aber noch nichts von ihm gehört.
Noch habe ich vernommen, daß zwischen Friedrich Schlegel, der kürzlich hier war, und Jean Paul eine große Freundschaft sich angeknüpft, und daß auch Seckendorf mit Schlegeln sich viel eingelassen und ihn bei sich bewirthet und geehrt habe.
Richter ist jetzt mit Herdern abgereist, um sich von diesem copuliren zu lassen.
Meine Frau grüßt Sie aufs freundlichste. Leben Sie gesund und kehren Sie erheitert zu uns zurück.
Sch.
739. An Goethe.
Weimar den 9. Mai 1800.
Ich erfahre in diesem Augenblick, daß jemand aus Ihrem Hause nach Leipzig abgeht, und benütze diese Gelegenheit, Ihnen nur ein paar Worte zum Gruß zu schreiben.
Ihre Abwesenheit empfinde ich sehr, und doppelt empfinde ich sie, weil ich mich jetzt nicht in meiner Arbeit verlieren kann, denn die Proben von Macbeth zerschneiden mir die Zeit gewaltig, und zum fünften Akte der Marie habe ich nicht kommen können, auch nicht wollen, weil ich dazu einer eigenen Stimmung bedarf.
Wie man mir sagt, so kommen Sie erst auf den Mittwoch zurück. Wir können Sie also gleich mit dem Macbeth empfangen, denn dieser ist bis dahin verlegt worden.
Meine Gesundheit hat sich immer recht wohl gehalten, ich gehe mit Meyern viel spazieren.
Meine Kleine ist seit fünf Tagen inoculirt worden, und wir erwarten nun mit Furcht und Hoffnung den Ausbruch der Blattern.
Ich muß eilen, weil man im Augenblick abreist.
Leben Sie recht wohl, kommen Sie gesund zurück. Leider werde ich Sie nur Einen Tag hier sehen, und dann meine poetische Einsamkeit beziehen.
Sch.
Inlage bitte ich an Cotta zu besorgen. Er wird mir etwas Geld schicken, und ich bitte Sie, wenn es Sie nicht beschwert, es mir mitzubringen.
740. An Goethe.
(Weimar, 10. Juni 1800.)
Es thut mir leid, daß Sie unsrer Leseprobe nicht beiwohnen können, ich werde Ihnen morgen einen treuen Rapport davon erstatten.
Bei der Abendvorlesung der Maria wünschte ich Sie eigentlich nicht anwesend, weil ich Ihnen die ganze zweite Hälfte des Stücks, die Sie noch nicht kennen, lieber auf einmal vorlegen möchte, und bei dem verzettelten Lesen das Beste verloren geht.
Leben Sie indessen recht wohl. Ich wünsche gute Faustische Erscheinungen.
Sch.
741. An Schiller.
(Weimar am 12. Juni 1800.)
Der kühne Gedanke eine Communion aufs Theater zu bringen, ist schon ruchtbar geworden und ich werde veranlaßt Sie zu ersuchen die Function zu umgehen. Ich darf jetzt bekennen daß es mir selbst dabei nicht wohl zu Muthe war; nun da man schon im voraus dagegen protestirt, ist es in doppelter Betrachtung nicht räthlich. Mögen Sie mir vielleicht den fünften Act mittheilen? und mich diesen Morgen nach zehn Uhr besuchen? damit wir die Sache besprechen könnten. Vielleicht gingen Sie auch einmal das Schloß zu sehen? wozu es heut ein schöner Tag ist.
G.
742. An Goethe.
(Weimar, 15. Juni 1800.)
Ich bin sehr begierig zu vernehmen, wie Sie mit der gestrigen Vorstellung zufrieden sind und frage also an, wann ich Sie heute sehen kann. Unsre Schauspieler verdienen gewiß vieles Lob und wenn Sie auch dieser Meinung sind, so sagen Sie ihnen wohl etwas darüber.
Sch.
743. An Schiller.
Man hatte alle Ursache mit der Aufführung sehr zufrieden zu sein, sowie das Stück mich außerordentlich erfreut hat. Mögen Sie heute Abend um sechs Uhr mich besuchen, so werden Sie mir ein großes Vergnügen machen. Diesen Mittag bin ich bei Hofe und komme schwerlich früher nach Hause.
Weimar am 15. Juni 1800.
G.
744. An Goethe.
Ich bin von der Unruh dieser Tage, von der Hitze und einer schlechten Nacht so mitgenommen, daß ich heute das Zimmer hüten und mich recht zu erholen suchen will. Morgen Abend hoffe ich desto frischer und ausgeruhter zu Ihnen zu kommen. Leben Sie also wohl für heute, und mögen Ihnen gute Gedanken Gesellschaft leisten.
Sch.
745. An Schiller.
Indem ich bei Ihnen anfrage ob Sie etwa heute Abend mit nach Tiefurt fahren wollen, ersuche ich Sie mir das Schlegelische Gedicht zurück zu schicken.
Vielleicht fragen Sie bei dieser Gelegenheit Ihre liebe Frau, ob sie von meinem kleinen Stück der jüngern Zeit in Versen einige Nachricht geben kann. Ich bin in der Stadt. Sie besuchen mich ja wohl und wir fahren alsdann wie es uns beliebt.
Weimar am 24. Juni 1800.
G.
746. An Schiller.
Ich entschließe mich gleich meinen ersten Entwurf Ihnen zur Beurtheilung zu übergeben. Da es nur drum zu thun ist eine Arbeit los zu werden, so scheinen mir diese Bogen, wie ich sie wieder durchlese, zu ihrem Endzweck, beinahe schon gut genug. Doch erwarte ich Ihr Urtheil. Wenn ich von Hof komme und erst weiß wie es mit mir heute Abend steht so hören Sie noch von mir; vielleicht frage ich bei Ihnen an ehe ich nach Hause gehe.
Weimar am 27. Juni 1800.
G.
747. An Schiller.
Ich habe mich kurz und gut entschlossen nach Tische hinüber nach Jena zu gehen, weil ich ein für allemal hier zu keiner Art von Besinnung gelange.
Leben Sie recht wohl und rücken Sie in allem recht lebhaft vor, auf den Sonnabend hören Sie von mir.
Weimar am 22. Juli 1800.
G.
748. An Goethe.
(Weimar, 22. Juli 1800.)
Ich bin ganz verwundert und erstaunt über den schnellen Entschluß den Sie gefaßt, und ob ich gleich recht viel Gutes davon für Ihre Arbeiten hoffe, so ist mir doch Ihre Abwesenheit nicht erfreulich. Mögen Ihnen die alten Wände im Schloß viel Glück bringen und mögen Sie sich dort der guten und bösen Tage erinnern, die wir zu Jena mit einander lebten.
Ich hoffe, bald gute Nachrichten von Ihren Successen zu erhalten und werde nicht ermangeln Sie von meinen Zuständen zu benachrichtigen.
Meine Frau empfiehlt sich Ihnen auch aufs beste.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
749. An Schiller.
In Betrachtung der Kürze und Vergänglichkeit des menschlichen Lebens (ich fange meinen Brief wie ein Testament an) und in Ermangelung des Gefühls eigner Production, habe ich mich, gleich Dienstag Abends, als ich ankam, in die Büttnerische Bibliothek verfügt, einen Voltaire heraufgeholt und den Tancred zu übersetzen angefangen. Jeden Morgen wird etwas daran gearbeitet und der übrige Tag verschlendert .
Diese Ãœbersetzung wird uns wieder in manchem Sinne fördern . Das Stück hat sehr viel theatralisches Verdienst und wird in seiner Art gute Wirkung thun. Ich will etwa noch acht Tage hier bleiben und, wenn mich der Genius nicht auf etwas anders führt, so werde ich gewiß mit zwei Drittheilen fertig. Uebrigens habe ich noch viele Menschen gesehen und mich einigemale ganz wohl unterhalten.
Schreiben Sie mir auch was Ihrer Thätigkeit gelungen ist und wann Sie nach Lauchstädt zu gehen gedenken.
Grüßen Sie Ihre liebe Frau und gedenken Sie mein.
Jena am 25. Juli 1800.
G.
750. An Goethe.
Weimar, 26. Juli 1800.
Irgend ein Spiritus familiaris hat mir geoffenbart, daß Sie den Tancred übersetzen, denn ich habe es, ehe ich Ihren Brief erhielt, als bekannt angenommen. Für unsre theatralischen Zwecke ist das Unternehmen gewiß sehr förderlich, ob ich gleich herzlich wünsche, daß der Faust es verdrängen möchte.
Uebrigens beneide ich Sie darum, daß Sie doch etwas wirklich entstehen sehen. In diesem Fall bin ich noch nicht, weil ich über das Schema meiner Tragödie noch immer nicht in Ordnung bin, und noch große Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen habe. Ob man gleich bei jedem neu zu producirenden Werk durch eine solche Epoche hindurch muß, so giebt es doch stets das peinliche Gefühl, als ob nichts geschähe, weil am Abend eines Tages nichts kann aufgezeigt werden.
Was mich bei meinem neuen Stücke besonders incommodirt, ist, daß es sich nicht so wie ich wünsche in wenige große Massen ordnen will und daß ich es, in Absicht auf Zeit und Ort in zu viele Theile zerstückeln muß, welches, wenn auch die Handlung selbst die gehörige Stetigkeit hat, immer der Tragödie widerstrebend ist. Man muß, wie ich bei diesem Stück sehe, sich durch keinen allgemeinen Begriff fesseln, sondern es wagen, bei einem neuen Stoff die Form neu zu erfinden, und sich den Gattungsbegriff immer beweglich erhalten.
Ich lege ein neues Journal bei, das mir zugeschickt worden, woraus Sie den Einfluß Schlegelischer Ideen auf die neueste Kunsturtheile zu Ihrer Verwunderung ersehen werden. Es ist nicht abzusehen, was aus diesem Wesen werden soll, aber weder für die Hervorbringung selbst, noch für das Kunstgefühl kann dieses hohle leere Fratzenwesen ersprießlich ausfallen. Sie werden erstaunen darin zu lesen, daß das wahre Hervorbringen in Künsten ganz bewußtlos sein muß, und daß man es besonders Ihrem Genius zum großen Vorzug anrechnet, ganz ohne Bewußtsein zu handeln. Sie haben also sehr unrecht, sich wie bisher rastlos dahin zu bemühen, mit der größtmöglichen Besonnenheit zu arbeiten, und sich Ihren Prozeß klar zu machen. Der Naturalism ist das wahre Zeichen der Meisterschaft, und so hat Sophokles gearbeitet.
Wann ich nach Lauchstädt gehen werde, hängt von einem Brief ab, den ich noch von Körnern erwarte. Sollte das Projekt nicht zu Stande kommen, so werde ich auf einige Zeit nach Ettersburg gehen und mich dort für den Anfang meiner Arbeit zu sammeln suchen.
Mögen Ihnen die Musen günstig sein. Meine Frau grüßt Sie.
Sch.
751. An Schiller.
Meine Arbeit geht ihren Gang fort, meine Ãœbersetzung schreibe ich des Morgens so viel ich kann, mit Bleistift und dictire sie dann in ruhigen Augenblicken, wodurch das erste Manuscript schon ziemlich rein erscheinen wird. Zu Ende dieser Woche bin ich mit den drei letzten Acten fertig und will die zwei ersten auf einen frischen Angriff versparen. Ich sage nichts vom Ganzen, das uns zu unsern Zwecken auf alle Weise behülflich sein wird. Es ist eigentlich ein Schauspiel; denn alles wird darin zur Schau aufgestellt und diesen Charakter des Stücks kann ich noch mehr durchsetzen, da ich weniger genirt bin als der Franzose. Der theatralische Effect kann nicht außen bleiben, weil alles darauf berechnet ist und berechnet werden kann. Als öffentliche Begebenheit und Handlung fordert das Stück nothwendig Chöre, für die will ich auch sorgen und hoffe es dadurch so weit zu treiben als es seine Natur und die erste Gallische Anlage erlaubt. Es wird uns zu guten neuen Erfahrungen helfen.
Zu dieser Arbeit brauch’ ich ohngefähr vier Stunden und zur Uebersicht dient folgendes Schema, wie mannigfaltig und mitunter lustig die übrige Zeit benutzt worden.
Kurze Uebersicht derer Gaben, welche mir in dieser Stapelstadt des Wissens und der Wissenschaft, zur Unterhaltung sowohl, als zur geistigen und leiblichen Nahrung mitgetheilt worden .
Loder gab:
fürtreffliche Krebse, von denen ich Ihnen einen Teller zugewünscht habe, köstliche Weine, einen zu amputirenden Fuß, einen Nasenpolypen, einige anatomische und chirurgische Aufsätze, verschiedne Anekdoten, ein Mikroskop und Zeitungen.
Frommann:
Griesens Tasso, Tiecks Journal erstes Stück.
Fr. Schlegel:
Ein eignes Gedicht, Aushängebogen des Athenäum.
Lenz:
Neue Mineralien, besonders sehr schön krystallisirte Chalcedone.
Mineralogische Gesellschaft:
Einige Aufsätze hohen und tiefen Standpunkts, Gelegenheit zu allerlei Betrachtungen.
Ilgen:
Die Geschichte Tobi’s, verschiedne heitre Philologica.
Der botanische Gärtner:
Viele Pflanzen nach Ordnungen, wie sie hier im Garten stehen und zusammen blühen.
Cotta:
Philiberts Botanik.
Der Zufall:
Gustav Wasa von Brentano.
Die Literaturhändel:
Lust Steffens kleine Schrift über Mineralogie zu lesen.
Graf Veltheim:
Seine zusammengedruckten Schriften, geistreich und lustig; aber leider leichtsinnig, dilettantisch, mitunter hasenfüßig und phantastisch.
Einige Geschäfte:
Gelegenheit mich zu vergnügen und zu ärgern.
Zuletzt sollte ich Ihres Memnons nicht vergessen, der denn auch wie billig zu den merkwürdigen Erscheinungen und Zeichen der Zeit gerechnet werden muß. Wenn Sie nun alle diese Gespenster durch einander spuken lassen, so können Sie denken daß ich weder auf meinem Zimmer, noch auf meinen einsamen Promenaden allein bin. Für die nächsten Tage ist mir noch die wunderlichste Mannigfaltigkeit angekündigt, wovon mit nächstem Botentag das mehrere. Zugleich werde ich auch den Tag meiner Rückkunft bestimmen können. Leben Sie recht wohl und thätig, wenn Ihnen diese Barometerhöhe so gut als mir bekommt.
Jena am 29. Juli 1800.
G.
752. An Goethe.
Weimar, 30. Juli 1800.
Der heitre Ton Ihres Briefs beweist mir, daß es Ihnen in Jena ganz wohl geht, wozu ich Glück wünsche. Ich kann dasselbe von mir nicht rühmen; der Barometerstand, der Ihnen so günstig ist, regt meine Krämpfe auf und ich schlafe nicht gut. Unter diesen Umständen war mir die Nachricht von Körnern, daß er nicht reisen könne, sehr willkommen. Ich werde also nicht nach Lauchstädt gehen, und mache dadurch einen unverhofften Gewinn an Zeit und auch an Geld; denn so gern ich ihn wieder gesehen hätte, so war es mir gerade jetzt ein wenig lästig .
Ich gratulire zum Fortschritt in Ihrer Arbeit. Die Freiheit, die Sie sich mit dem französischen Original zu nehmen scheinen, ist mir ein sehr gutes Zeichen Ihrer productiven Stimmung: auch augurire ich daraus, daß wir noch einen Schritt weiter vorwärts kommen werden als beim Mahomet. Mit Verlangen erwarte ich die Mittheilung des Werks und unsre Gespräche darüber. Wenn Sie den Gedanken mit dem Chor ausführen, so werden wir auf dem Theater ein wichtiges Experiment machen.
Auch von meinem Stück hoffe ich Ihnen wenn Sie zurückkommen das fertige Schema vorzulegen und mich, ehe ich an das Ausführen gehe, Ihrer Beistimmung zu versichern. In diesen letzten Tagen hat mich der Schluß meiner Gedichtsammlung noch beschäftigt. Die Stanzen über den Mahomet habe ich auch darin abdrucken lassen. Göpferdt kann Ihnen, wenn Sie neugierig darauf sind, die Bogen R und S zusenden, sobald sie abgedruckt sind.
Kirms hat mir heute eine sehr willkommene Rolle Geld zugesendet, für die ich Ihnen bestens Dank sage.
Meine Frau grüßt Sie aufs schönste. Leben Sie recht wohl, und erfreuen sich der bunten Mannigfaltigkeit, die Sie in Jena umgiebt. Mellisch ist gestern hier durchgekommen und wohnt wieder in Dornburg. Er hat mir viel von dem lustigen Leben erzählt, das in Wilhelmsthal geführt wird, wo es sehr utopisch zugeht . Meine Schwägerin hatte ein großes Unglück mit dem Wagen, der entzwei ging, doch hat sie selbst keinen Schaden gelitten.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
753. An Schiller.
Tancreden habe ich gestern frühe schon bei Seite gelegt. Uebersetzt, und hie und da ein wenig mehr, habe ich den Schluß vom zweiten Act, den dritten und vierten Act, ohne den Schluß von beiden. Dadurch habe ich mich, wie ich glaube, der edleren Eingeweide des Stücks versichert, denen ich nun noch einiges Belebende andichten muß, um dem Anfang und Ende etwas mehr Fülle als im Original zu geben. Die Chöre werden recht gut passen; allein dem allem ohngeachtet werde ich mich sehr nüchtern zu verhalten haben, um nicht das Ganze zu zerstören. Es kann mich indessen auf dem Wege, auf dem wir sind, niemals reuen dieses Unternehmen fortzuführen und durchzusetzen.
Gestern habe ich einiges Geschäftsähnliche besorgt und heute einen kleinen Knoten in Faust gelöst. Könnte ich von jetzt an noch vierzehn Tage hier bleiben, so sollte es damit ein ander Aussehen gewinnen; allein ich bilde mir leider ein in Weimar nöthig zu sein und opfere dieser Einbildung meinen lebhaftesten Wunsch auf.
Auch sonst sind diese Tage an mancherlei Gutem von außen nicht unfruchtbar gewesen. Wir haben lange auf eine Braut in Trauer gesonnen. Tieck in seinem poetischen Journal erinnert mich an ein altes Marionettenstück, das ich auch in meiner Jugend gesehen habe: die Höllenbraut genannt. Es ist ein Gegenstück zu Faust, oder vielmehr Don Juan. Ein äußerst eitles, liebloses Mädchen, das seine treuen Liebhaber zu Grunde richtet, sich aber einem wunderlichen unbekannten Bräutigam verschreibt, der sie denn zuletzt wie billig als Teufel abholt. Sollte hier nicht die Idee zur Braut in Trauer zu finden sein, wenigstens in der Gegend?
Von Baadern habe ich eine Schrift gelesen über das pythagoreische Quadrat in der Natur, oder die vier Weltgegenden. Sei es nun daß ich seit einigen Jahren mit diesen Vorstellungsarten mich mehr befreundet habe, oder daß er seine Intentionen uns näher zu bringen weiß, das Werklein hat mir wohl behaget und hat mir zu einer Einleitung in seine frühere Schrift gedient, in der ich freilich, auch noch jetzt, mit meinen Organen nicht alles zu packen weiß.
Ein Studirender, der sich auf die Anatomie der Insecten legt, hat mir einige sehr hübsch zergliedert und demonstrirt, wodurch ich denn auch in diesem Fache theils in der Kenntniß, theils in der Behandlung vorwärts gegangen bin.
Wenn man so einen jungen Mann nur ein Vierteljahr zweckmäßig beschäftigen könnte, so würde sich recht viel Erfreuliches neben einander stellen lassen. Indessen, wenn ich wieder herüber kommen kann, ehe die Verpuppungszeit gewisser Raupenarten eintritt, so will ich doch seine Thätigkeit und Geschicklichkeit zu benutzen suchen. Man könnte zwar leicht diese Dinge selbst machen, wenn es einen nur nicht sogleich mit Gewalt in ein abgelegnes Feld hinüber führte.
Montag werde ich wieder bei Ihnen sein, wo ich manches sowohl schwarz auf weiß mitbringe, als zu erzählen habe. Leben Sie indessen recht wohl und fleißig und gedenken mein.
Jena am 1. August 1800.
G.
754. An Goethe.
Weimar, 2. August 1800 .
Ich freue mich aus Ihrem Brief Ihre baldige Zurückkunft zu vernehmen und wünsche Glück, daß Sie Ihre Zeit so gut angewandt haben, auch daß an den Faust gedacht worden ist. So verliere ich die Hoffnung nicht, daß dieses Jahr noch ein großer Schritt darin geschehen wird.
Ich kann Ihnen dießmal nur einen kurzen Gruß sagen. Göpferdt sendet mir zwei Correcturen zu, die schnell expedirt sein müssen und ich bin gezwungen auf die Bibliothek zu gehen, um eine ganze Literatur zusammen zu suchen. Mein Stück führt mich in die Zeiten der Troubadours, und ich muß um in den rechten Ton zu kommen, auch mit den Minnesängern mich bekannter machen. Es ist an dem Plan dieser Tragödie noch gewaltig viel zu thun, aber ich habe große Freude daran, und hoffe, wenn ich mich bei dem Schema länger verweile, in der Ausführung alsdann desto freier fortschreiten zu können.
Der Gedanke wegen der Höllenbraut ist nicht übel und ich werde mir ihn gesagt sein lassen.
Leben Sie also wohl bis auf Wiedersehen. Meine Frau grüßt Sie aufs beste.
Sch.
755. An Schiller.
Wenn Sie heute mit zu Legationsrath Bertuch gehen wollen, so komme ich um Ein Uhr mit dem Wagen Sie abzuholen.
Hiebei folgt auch ein Exemplar meiner Gedichte, für Ihre liebe Frau; sie soll es aber nicht binden lassen, bis ich darüber gesprochen; denn die Runzeln im Wallenstein, welche Sie Herrn Frommann und seiner Maschine Schuld geben, kommen vom Binden her und lassen sich vermeiden wie ich angeben will.
Ich wünsche daß Sie sich heute besser als gestern befinden mögen, obgleich das Barometer noch immer zu meinen Gunsten steht.
Weimar am 12. August 1800.
G.
756. An Goethe.
15. August 1800.
Ich habe mich gestern Abend nach Ober-Weimar herausgemacht und genieße jetzt einen recht heitern Morgen. Doch fürchte ich, daß so lang die Hitze anhält, nicht viel geschehen wird, weil Geist und Körper ganz ermattet sind.
Vielleicht entschließen Sie sich heute Abend spazieren zu fahren und bei mir vorzusprechen. Auch bin ich neugierig zu erfahren, ob neue Concurrenz-Stücke eingesandt worden. Mein Bedienter geht gegen Ein Uhr mit meinem Mittagessen zurück, wenn Sie mir etwas wollen sagen lassen.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
757. An Goethe.
Ober-Weimar, 17. August 1800.
Ick habe gestern umsonst gehofft, Sie zu sehen. Ganz spät Abends war ich in der Stadt, weil meine Frau nicht wohl geworden, und bin gegen zehn Uhr wieder zurückgekommen.
Der tollste Zufall von der Welt muß mich hier einer Hochzeit, die vielleicht auf sechs Meilen die einzige in der Gegend ist, gegenüber logiren, gerade da ich aus der Stadt geflüchtet bin, um dem Geräusch zu entgehen. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, und selbst der Vormittag wurde mir verdorben, weil man unter Geschrei und Spässen die Aussteuer der Braut aufpackte. So verschwört sich alles gegen meinen Fleiß und ich werde noch einige Zeit brauchen, fürchte ich, um im Gange zu sein. Vielleicht fahren Sie diesen Abend bei mir an, ich werde wenigstens bereit sein. Leben Sie recht wohl.
Sch.
758. An Schiller.
Sie erhalten hiebei den Humboldtischen Aufsatz.
Mögen Sie sich wohl gegen fünf Uhr parat halten; ich hole Sie ab oder lasse Sie abholen, um auf der Akademie die Sachen beisammen zu sehen; es sind noch wundersame Dinge angekommen.
Diesen Abend bleiben wir wieder beisammen , um noch zu guter letzt die nöthigsten Dinge zu verhandeln.
Weimar am 2. September 1800.
G.
759. An Goethe.
Weimar, 5. September 1800.
Der Humboldtische Aufsatz, den ich Ihnen hier zurückschicke, wird recht gut zu brauchen sein. Der Inhalt muß interessiren, denn er betrifft einen abgeschlossenen menschlichen Zustand, der wie der Berg auf dem er seinen Sitz hat, vereinzelt und inselförmig ist, und mithin auch den Leser aus der Welt heraus und in sich selbst hineinführt. Die Beschreibung könnte ein wenig lebhafter und unterhaltender sein, doch ist sie nicht trocken, und zuweilen läßt sich vielleicht mit einem Worte oder einem Strich nachhelfen . Es wäre zu wünschen, daß unmittelbar neben diesem Gemälde ein entgegengesetztes von dem bewegtesten Weltleben hätte angebracht werden können, so würden beide eine doppelte Wirkung thun.
Ich hoffe, Sie haben sich in Ihrer Einsamkeit nun bald wieder gefunden, und erwarte in Ihrem morgenden Brief schon zu lesen, daß etwas produzirt worden ist. Auch ich habe nun förmlich beim Anfang angefangen und hoffe noch einen Abschnitt zu erreichen, ehe ich nach Jena hinüber komme. Auf der Gemälde-Gallerie bin ich unterdessen einmal gewesen, und habe verschiedene Bemerkungen über das Publikum gemacht , welche ich mündlich mittheilen will.
Indeß Meyer unsre deutschen Künstler richtet und mustert, fallen sie reciproce über ihn her und halten sich über seine Arbeiten auf. So schreibt mir Crusius mein Verleger aus Leipzig, daß die Zeichnung vor meinen Gedichten den Leipzigern gar sehr misfalle , daß sie viel zu unbestimmt und ohne Ausdruck sei , und bittet mich deßwegen, in künftigen Fällen einen andern Künstler vorzuschlagen. Nun möchte ich wissen, wo dem Herrn Schnorr das Bestimmte und Ausdrucksvolle sitzt .
Ueber den Wallenstein giebt mir Cotta ganz gute Nachrichten. Von vierthalb tausend Exemplaren sind jetzt schon die meisten abgesetzt und er macht zu einer neuen Auflage Anstalt. Daß sich das Publicum auch durch einen theuren Preis nicht vom Kaufen abschrecken läßt, ist für Ihren Faust ein sehr gutes Omen; hier kann Cotta sogleich eine Auflage von 6 bis 8000 Exemplaren machen.
Der arme Eschen, Voßens Schüler, den Sie als Uebersetzer des Horaz kennen, ist im Chamouni-Thal verunglückt. Er glitschte im Steigen aus und fiel in einen Abgrund, wo er unter Schneelawinen begraben wurde und nimmer zum Vorschein kam. Es thut mir sehr leid um den armen Schelmen , daß er auf eine so jämmerliche Art aus der Welt gehen mußte.
Den 6. September.
Mir ist noch kein Brief von Ihnen gebracht worden. Ich will hoffen daß recht großer Fleiß Sie abgehalten, mir zu schreiben. Leben Sie recht wohl und lassen mich bald von Ihnen hören.
Sch.
760. An Schiller.
Nach verschiedenen Abenteuern bin ich erst heute früh wieder zu der jenaischen Ruhe gelangt und habe gleich etwas versucht, aber nichts gethan. Glücklicherweise konnte ich diese acht Tage die Situationen fest halten von denen Sie wissen und meine Helena ist wirklich aufgetreten. Nun zieht mich aber das Schöne in der Lage meiner Heldin so sehr an, daß es mich betrübt wenn ich es zunächst in eine Fratze verwandeln soll. Wirklich fühle ich nicht geringe Lust eine ernsthafte Tragödie auf das Angefangene zu gründen; allein ich werde mich hüten die Obliegenheiten zu vermehren, deren kümmerliche Erfüllung ohnehin schon die Freude des Lebens wegzehrt.
Ich wünsche daß Sie in Ihrer Unternehmung weiter gelangt sind. Wäre es möglich daß Sie, collegialiter mit Meyern, etwas für die Anzeige des Ausgestellten thun könnten, so würde es mir eine große Erleichterung sein. Sagen Sie mir etwas durch den rückkehrenden Boten und leben Sie recht wohl.
Jena am 12. September 1800.
G.
761. An Goethe.
Weimar, 13. September 1800.
Ich wünsche Ihnen Glück zu dem Schritte, den Sie in Ihrem Faust gethan. Lassen Sie sich aber ja nicht durch den Gedanken stören, wenn die schönen Gestalten und Situationen kommen, daß es Schade sei, sie zu verbarbarisiren. Der Fall könnte Ihnen im zweiten Theil des Faust noch öfters vorkommen, und es möchte einmal für allemal gut sein, Ihr poetisches Gewissen darüber zum Schweigen zu bringen. Das Barbarische der Behandlung, das Ihnen durch den Geist des ganzen aufgelegt wird, kann den höhern Gehalt nicht zerstören und das Schöne nicht aufheben, nur es anders specificiren und für ein anderes Seelenvermögen zubereiten. Eben das Höhere und Vornehmere in den Motiven wird dem Werk einen eigenen Reiz geben, und Helena ist in diesem Stück ein Symbol für alle die Schönen Gestalten, die sich hinein verirren werden. Es ist ein sehr bedeutender Vortheil, von dem Reinen mit Bewußtsein ins Unreinere zu gehen, anstatt von dem Unreinen einen Aufschwung zum Reinen zu suchen wie bei uns übrigen Barbaren der Fall ist. Sie müssen also in Ihrem Faust überall Ihr Faustrecht behaupten.
Wegen der Kritik der ausgestellten Gemälde kann ich Ihnen nichts anders bestimmt zusagen, als den Brief, den ich für mich allein und auf meine Weise darüber aufsetzen will. Ich komme ganz aus meinem Vortheil, wenn ich meine Ideen über diese Werke mit Meyers und Ihren zusammen zu schmelzen suche. Auch ist dasjenige, was ich durch diese Absonderung meiner Ansicht von der Ihrigen erreiche, nicht ohne Nutzen für das Publicum der Propyläen oder vielmehr für unsre Absicht mit demselben. Uebrigens werde ich Meyern bei seinem Aufsatz darüber meinen Rath gern ertheilen.
Mit meiner Arbeit geht es noch sehr langsam, doch geschieht kein Rückschritt. Bei der Armuth an Anschauungen und Erfahrungen nach Außen, die ich habe, kostet es mir jederzeit eine eigene Methode und viel Zeitaufwand einen Stoff sinnlich zu beleben. Dieser Stoff ist keiner von den leichten und liegt mir nicht nahe.
Ich lege Ihnen einige Novitäten aus Berlin bei, die Sie belustigen werden: besonders werden Sie sich der Protection erfreuen, welche Woltmann Ihnen widerfahren läßt.
Leben Sie recht wohl und bleiben auf dem angefangenen Wege.
Sch.
762. An Schiller.
Der Trost, den Sie mir in Ihrem Briefe geben, daß durch die Verbindung des reinen und abenteuerlichen ein nicht ganz verwerfliches poetisches Ungeheuer entstehen könne, hat sich durch die Erfahrung schon an mir bestätigt, indem aus dieser Amalgamation seltsame Erscheinungen, an denen ich selbst einiges Gefallen habe, hervortreten. Mich verlangt zu erfahren wie es in vierzehn Tagen aussehen wird. Leider haben diese Erscheinungen eine so große Breite als Tiefe, und sie würden mich eigentlich glücklich machen, wenn ich ein ruhiges halbes Jahr vor mir sehen könnte.
Mit Niethämmern gehen die philosophischen Colloquia fort und ich zweifle nicht daß ich auf diesem Wege zu einer Einsicht in die Philosophie dieser letzten Tage gelangen werde. Da man die Betrachtungen über Natur und Kunst doch einmal nicht los wird, so ist es höchst nöthig sich mit dieser herrschenden und gewaltsamen Vorstellungsart bekannt zu machen.
Nun aber vor allen Dingen eine Anfrage, ob ich hoffen kann Sie künftigen Sonntag hier zu sehen. Frau Griesbach hat mich schon auf Sie eingeladen. Ich wünschte gar sehr daß Sie bei dem schönen Wetter, das sich zu bestätigen scheint, den guten Vorsatz ausführten und mit Meyern herüberkämen. Sie könnten meine Kutsche nehmen, wir äßen Mittag bei Griesbach, Sie blieben die Nacht bei mir im Schlosse, und wenn wir unsere Consultationen geendigt hätten, so könnten Sie Montags früh wieder fortfahren. Ich möchte nicht gern etwas über die Preise öffentlich bekannt machen, bis wir gleich die Aufgabe auf das folgende Jahr mit dazufügen könnten. Ueberhaupt wäre es nöthig uns auch wegen dem was in den Propyläen gesagt werden soll, nochmals zu besprechen.
Ich habe einen Brief an Humboldt geschrieben, den ich hier beilege. Es ist ein wahres Unglück daß ich seinen letzten Brief wieder verlegt habe, wo er mir nochmals seine Adresse schreibt. Da es aber noch die alte ist, so findet sie sich ja wohl bei Ihnen oder Ihrer Frau Schwägerin. Haben Sie die Güte das Nöthige hinzuzufügen und den Brief auf die Post zu geben.
Der Woltmännische Brief kommt hier zurück. Es muß in Berlin wunderlich aussehen, wenn man auch nur solche Einfälle haben kann. Indessen ist es ja nicht sowohl darum zu thun etwas zu wirken als etwas in Bewegung zu setzen. Ich rede von dem Einfall uns dorthin zu ziehen. Der Ton der Ankündigung ist völlig Fichtisch. Ich fürchte nur die Herren Idealisten und Dynamiker werden ehester Tages als Dogmatiker und Pedanten erscheinen und sich gelegentlich einander in die Haare gerathen. Wenn Sie herüberkommen, sollen Sie allerhand hören und sehen, zu einer Communication in die Ferne habe ich gar keinen Muth. Leben Sie recht wohl.
Jena am 16. September 1800.
G.
763. An Goethe.
Weimar, 17. September 1800.
Was die Reise nach Jena betrifft, so bin ich allerdings fest entschlossen, auf den Sonntag mit Meyern hinüber zu kommen; doch darf ich mir nicht erlauben über die Nacht auszubleiben, weil eine Unterbrechung meiner Arbeit von zwei Tagen mich gleich wieder zu sehr zerstreut. Doch hoffe ich nach neun Uhr drüben zu sein und kann auch bis Abends gegen neun Uhr bleiben. Ihren Pferden will ich die starke Tour nicht zumuthen, an einem Tage hin und her zu gehen.
Mit Vergnügen lese ich, daß Sie unterdessen bei dem Faust geblieben sind und noch ferner dabei bleiben wollen. Endlich muß sich doch etwas davon präcipitiren, da Sie noch mehrere Wochen Ruhe vor sich sehen.
Das Resultat der Gespräche mit Niethammern wünsche ich einmal aus Ihrem Munde zu hören. Ich habe dieser Tage Woltmanns Schrift über die Reformation, die bis an Luthers Tod fortgeführt ist gelesen, und bin durch jene theologische Revolution an die neueste philosophische erinnert worden. In beiden war etwas sehr bedeutend reales, dort der Abfall von Kirchensatzungen und die Rückkehr zu den Quellen, Bibel und Vernunft: hier der Abfall vom Dogmatismus und der Empirie. Aber bei beiden Revolutionen sieht man die alte Unart der menschlichen Natur, sich gleich wieder zu setzen, zu befangen und dogmatisch zu werden. Wo das nicht geschieht, da fließt man wieder zu sehr auseinander, nichts bleibt fest stehen und man endigt, so wie dort, die Welt aufzulösen, und sich eine brutale Herrschaft über alles anzumaßen.
Uebrigens ist Woltmanns Werk, das weitläuftig werden könnte, um nichts reifer und versprechender als seine vorhergegangenen Staatengeschichten. Es kam darauf an, diesen Stoff, der seiner Natur nach, nach einem kleinlichen elenden Detail hinstrebt, und mit unendlich retardirendem Gange sich fortbewegt, in große fruchtbare Massen zu ordnen und mit wenigen Hauptstrichen ihm den Geist abzugewinnen. So aber geht der Historiker eben so umständlich und schwerfällig seinen Gang, wie die Reichsverhandlungen , er schenkt uns keinen kleinen Reichstag, kein nutzloses Colloquium, man muß durch alles hindurch. In den Urtheilen herrscht eine jugendliche schwächliche Wohlweisheit, ein gewisser Geist der Kleinigkeit und der Nebensache; in den Darstellungen Gunst und Abgunst. Bei alle dem liest sich das Buch nicht ohne Interesse.
Cottas Damen-Calender rumort hier schon ziemlich wie ich höre – Sie haben ihn nun auch in Händen und werden, wie ich, diese jämmerliche Damenschriftstellerei und Buchhändler-Armseligkeit unsers Freundes aufs neu bedauert haben. Er rangirt sich hier wirklich neben die ärgsten Lumpen des Buchhandels, und auch die Königin von Preußen mußte an der Spitze stehen, damit er ja in nichts gegen Herrn Wilmans zurückbleibe.
Körner schreibt mir vor einigen Tagen, mit großem Verwundern, daß eine Nachricht da sei, die Humboldte geben sich mit Geistersehereien ab. Er hat es von Geßlern gehört. Eine gewisse Neigung hatte Humboldt wirklich nach dieser Seite gehabt, und es ist möglich, daß Paris dazu geholfen, sie zu entwickeln. Alexander soll den Geist seiner Mutter nicht loswerden können .
Ihren Brief an Humboldt werde ich morgen früh auf die Post geben.
Leben Sie recht wohl, und alle gute Geister seien mit Ihnen.
Sch.
764. An Schiller.
Ihr neulicher Besuch war mir sehr erfreulich; unser Gespräch, so wie Meyers Vorlesung, haben mir Muth gemacht die erste Expedition gleich bei Seite zu schaffen. Briefe, Geld und Anzeige sind abgegangen. An der Beurtheilung wird abgeschrieben und ich sinne nun auf meinen Introitus, welchem Ihre Peroration hoffentlich bald vom Stapel helfen soll.
Meine Helena ist die Zeit auch etwas vorwärts gerückt . Die Hauptmomente des Plans sind in Ordnung, und da ich in der Hauptsache Ihre Beistimmung habe, so kann ich mit desto besserm Muthe an die Ausführung gehen.
Ich mag mich dießmal gern zusammenhalten und nicht in die Ferne blicken; aber das sehe ich schon daß, von diesem Gipfel aus, sich erst die rechte Aussicht über das Ganze zeigen wird.
Ich wünsche auch von Ihnen zu hören daß es vorwärts gehe.
Um mir nicht den Fluch der Ehefrauen noch mehr zuzuziehen als er schon auf mir liegt, will ich Sie nicht zu Ihrer Herreise aufmuntern. Sollte sich freilich das Wetter verändern, so haben Sie im Garten auch wenig Freude.
Grüßen Sie Meyern, an den ich heute nicht schreibe.
Die philosophischen Colloquia werden immer interessanter und ich kann hoffen, wenn ich mir nur Zeit lasse, das Ganze recht gut einzusehen. Wir wollen das möglichste thun, um mit diesem dritten Wunder in das neue Jahrhundert einzutreten.
Leben Sie recht wohl und gedenken mein.
Jena am 23. September 1800.
G.
765. An Goethe.
Weimar, 23. September 1800.
Ihre neuliche Vorlesung hat mich mit einem großen und vornehmen Eindruck entlassen; der edle hohe Geist der alten Tragödie weht aus dem Monolog einem entgegen und macht den gehörigen Effekt, indem er ruhig mächtig das tiefste aufregt. Wenn Sie auch sonst nichts poetisches von Jena zurückbrächten, als dieses und was Sie über den fernem Gang dieser tragischen Partie schon mit sich ausgemacht haben, so wäre Ihr Aufenthalt in Jena belohnt. Gelingt Ihnen diese Synthese des Edeln mit dem Barbarischen, wie ich nicht zweifle, so wird auch der Schlüssel zu dem übrigen Theil des Ganzen gefunden sein, und es wird Ihnen alsdann nicht schwer sein, gleichsam analytisch von diesem Punkt aus den Sinn und Geist der übrigen Partien zu bestimmen und zu vertheilen. Denn dieser Gipfel, wie Sie ihn selbst nennen, muß von allen Punkten des Ganzen gesehen werden und nach allen hinsehen.
Ich habe mich gestern an die Ausarbeitung meines Briefes gemacht und wenn ich Freitags, wie ich hoffe, damit fertig werde, so habe ich große Lust, sie selbst nach Jena zu bringen. Von einem einsamen Aufenthalt in meinem Garten, auch wenn das Wetter mich nicht gerade sehr begünstigen sollte, erwarte ich einen guten Einfluß. Im October ist auf einige angenehme Tage gewiß zu rechnen. Die Frau findet sich darein, und es kommt hier alles nur auf die Gewöhnung an. Wir wollen uns übrigens beide in unsern Arbeiten nicht stören, wenn Sie die absolute Einsamkeit lieber haben.
Ich habe Mellish gestern gesprochen, und das lebhafte Interesse, das er jetzt schon an Ihrer Optik nimmt, nach allen Kräften zu unterhalten gesucht. Wenn ich hinüber kommen sollte, so würde ich auf eine Zusammenkunft mit ihm antragen, und Sie bitten, ihm noch einige entscheidende Aufschlüsse und weitere Anweisung zu geben. Er hat einen großen Begriff von der ganzen Sache, und sie scheint ihm so sehr bedeutend, daß eben sein Erstaunen ihm noch einen Zweifel erweckt – Wenn Sie ihn also von der Unhaltbarkeit der Newtonischen Lehre durch den Augenschein überführen, so wird ihm die Sache wichtig genug sein, um alles daran zu wenden.
Daß Sie die Anzeige der neuen Preisaufgaben schon abgesendet, thut Meyern und mir beinahe leid; denn wir wollten Ihnen wegen der zweiten Aufgabe noch einige Vorstellungen machen. Auch wollte ich Ihnen einen Einfall der mir gekommen ist vortragen – ob man nämlich nicht das Publicum interessiren könnte, 150 oder 200 Loose, eins für einen Ducaten, zu kaufen, und alsdann die zwei oder drei besten Stücke an die Interessenten zu verloosen. Auf diese Art wäre es möglich für den ersten Preis hundert Ducaten auszusetzen, wobei freilich der Verfasser auf sein Werk Verzicht thun müßte – das Publicum würde für die Unternehmung und dadurch mittelbar für die Propyläen lebhaft interessirt, und kein Künstler könnte von der Concurrenz ausbleiben.
Auch Meyer fand meine Idee prakticabel und vortheilhaft. Ich überlasse sie Ihrem weitern Nachsinnen.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
766. An Goethe.
Weimar, 27. September 1800.
Ich hatte gehofft, Ihnen meinen versprochenen Brief heute mit der Botenfrau zu schicken, aber ich bin noch nicht ganz damit im Reinen; die letzten Tage waren mir nicht günstig, denn die böse Wetterveränderung regte meine alten Krämpfe wieder auf. Mit der morgenden Post aber sende ich das Manuscript ab, da ich vor der Hand noch nicht rathsam finde, selbst hinüber zu kommen.
Ich hoffe daß Sie sich wohl befinden, ob ich gleich heute nichts von Ihnen hörte. Wenn Sie mir den Hermann von den griechischen Sylbenmaßen zu lesen verschaffen könnten, so wäre mirs sehr lieb; Ihre neuliche Vorlesung hat mich auf die Trimeter sehr aufmerksam gemacht und ich wünschte in die Sache mehr einzudringen. Auch habe ich große Lust mich in Nebenstunden etwas mit dem Griechischen zu beschäftigen, nur um so weit zu kommen, daß ich in die griechische Metrik eine Einsicht erhalte. Ich hoffe, wenn Humboldt hieher kommt, dadurch eher etwas von ihm zu profitiren. Auch wünschte ich zu wissen, welche griechische Grammatik und welches Lexikon das brauchbarste sein möchte. Friedrich Schlegel wird wohl am besten darüber Auskunft geben können.
Ich wünsche gute Fortschritte in der Tragödie; diese Woche bin ich in meiner Production nicht vorgerückt.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt Sie.
Sch.
767. An Schiller.
Ich habe Vulpius geschrieben, daß er Ihnen gleich aus meinen Büchern diejenigen aussucht die Sie ohngefähr zu Ihren Zwecken brauchen können; Sie werden sich aber wenig daran erbauen. Das Stoffartige jeder Sprache so wie die Verstandsformen stehen so weit von der Production ab daß man gleich, sobald man nur hineinblickt , einen so großen Umweg vor sich sieht, daß man gern zufrieden ist wenn man sich wieder herausfinden kann. In meiner Arbeit gehe ich auch nur so nach allgemeinen Eindrücken. Es muß jemand wie etwa Humboldt den Weg gemacht haben, um uns etwa zum Gebrauch das Nöthige zu überliefern. Ich wenigstens will warten bis er kommt, und hoffe auch alsdann nur wenig für meinen Zweck.
Das Wetter ist von der Art daß ich Sie kaum hier zu sehen hoffe, darum ersuche ich Sie aufs beste mir bald Ihren freundlichen Beitrag zu schicken und auch Freund Meyern zu fernerer Ausarbeitung seines Theils aufzumuntern. Mein Schema habe ich gemacht, aber ich kann es nicht reinigen und completiren, noch weniger ausführen, bis ich sehe was Sie zum voraus weggenommen haben. Möge es nur recht viel sein.
Meine Colloquia mit Niethammer gehen fort und nehmen eine recht gute Wendung.
Rittern habe ich gestern bei mir gesehen; es ist eine Erscheinung zum Erstaunen, ein wahrer Wissenshimmel auf Erden.
Meine Wünsche wären jetzt sehr eingeschränkt, wenn es von mir abhinge sie zu befriedigen. Doch will ich nichts davon sagen und Ihnen ein herzliches Lebewohl wünschen.
Jena am 28. September 1800.
G.
768. An Goethe.
Weimar, 29. September 1800.
Hier erhalten Sie den Brief. Ich wünschte sehr, daß Ihnen dadurch etwas an eigener Arbeit erspart sein möchte, aber ich hoffe es kaum; ich war hier nicht auf meinem Felde und worauf es hier eigentlich ankommt, die Proprietät der Sache ist von mir nicht zu erwarten. Einige Gedanken auszusprechen, den Leser zu unterhalten, den Künstler ein wenig anzuregen und mitunter confus zu machen, das hab’ ich versprochen und so ohngefähr auch geleistet. Der Aufsatz wird aber beinahe anderthalb Bogen geben; wenn er Ihnen zu groß, so nehmen Sie einige Details weg und schalten überhaupt damit nach Belieben.
Die Bücher hat mir V. geschickt; an den Hermann werde ich mich sogleich machen und übrigens in der Sache so lange fortfahren als sie mir nicht unerträglich wird.
Leben Sie wohl für heute. Ich eile mit dem Paket auf die Post.
Sch.
769. An Schiller.
Das Wetter fährt fort von der Art zu sein, daß es Sie wohl nicht reizen kann. In diesen Tagen habe ich den Eingang zu unserer Preisertheilung geschrieben und den Schluß dazu schematisirt; ich muß nun abwarten wie er zu Ihrer und Meyers Arbeit paßt.
Wenn ich Mittwoch Abends Meyers letzte Hälfte und Ihr Ganzes erhalten könnte so wär’ ich freilich sehr gefördert: denn ich wünschte nicht eher wegzugehen bis alles ein Ganzes ist. In Weimar gelingt mir so etwas nicht, ich weiß es schon; denn ich brauche fast mehr Sammlung zum rhetorischen als poetischen. Es fiel mir ein daß ich noch einen Aufsatz von Humboldt über den Trimeter habe. Leider habe ich ihn, als er abgeschrieben war, nicht corrigirt; es kommen daher einige mir wenigstens unheilbare Schreibfehler darin vor. Auch liegt ein Theil seines Agamemnons bei; beides wird einigermaßen Ihren Wünschen entgegenkommen.
Wenn ich übrigens mit Niethammer und Friedrich Schlegel transscendentalen Idealism, mit Rittern höhere Physik spreche, so können Sie denken, daß die Poesie sich beinahe verdrängt sieht; doch läßt sich hoffen daß sie wieder zurückkehren werde.
Uebrigens mag ich nun nach Hause gehen wenn ich will, so habe ich meine vier Wochen nützlich zugebracht und finde mich von allen Seiten gefördert. Manches habe ich nun zu verarbeiten, und wenn ich diesen Winter noch einen Monat hier zubringen kann, so wird es in mehr als Einem Sinne gut stehen. Leben Sie recht wohl, gedenken mein und sein Sie auf Ihre Weise fleißig.
Jena am 30. September 1800.
G.
Ich lege noch vorjährige Bemerkungen über den Macbeth bei die ich zum Theil noch erst werde commentiren müssen. Heben Sie solche bei sich auf oder geben sie Beckern.
Eben wollte ich meine Depesche schließen, als zu meiner größten Freude Ihr Aufsatz anlangt. Ich habe ihn geschwind gelesen und finde ihn so schön, gut und zweckmäßig, als Sie es selbst nicht wissen. Es fiel mir dabei ein: daß jede Partei in Venedig zwei Advokaten von verschiednem Charakter beim Plaidiren der Prozesse aufstellt, einen der den Vortrag macht und einen andern der concludirt.
Aus unserm Dreiklang soll diesmal etwas recht artiges entstehen. Meine Peroration, die Sie mir zum Theil weggenommen haben, will ich nun zu der Einleitung schlagen und was mir ja noch übrig bliebe zu der Preisaufgabe aufs folgende Jahr, wo sich auch noch mancherlei sagen läßt. Doch das wird sich alles erst finden wenn ich Meyers Recension habe, auf die ich morgen hoffe. Die Einheit in der Verschiedenheit der drei Töne wird sich recht gut aufnehmen. Ich danke Ihnen tausendmal für guten Beistand. Ich wollte auch die Motive classificiren, ich fürchtete aber, schon bei Durchsicht meines Schemas, daß ich ins Trockne fallen könnte. Bei Ihnen ist nun alles in Fluß.
Leben Sie recht wohl, und schenken Sie doch auch der flüchtigen Skizze einen Blick, die ich Meyern über die verschiedene Lage der Kunst in Deutschland zuschickte.
G.
Bemerkungen zu Macbeth.
1. Versuch die Stimmen der Hexen unkenntlicher zu machen.
2. Ihre symmetrische Stellung zu nüanciren.
3. Ihnen einige Bewegung zu geben.
4. Wo es nöthig, längere Kleider um den Kothurn zu bedecken.
5. Donalbains Schwert muß neuer aussehen.
6. Rosse und der König müssen andere Abgänge arrangiren.
7. Macbeth und Banko, wenn sie mit den Hexen sprechen, treten mehr gegen das Proscenium. Die Hexen treten näher zusammen.
8. Lady Macbeth spricht nicht rückwärts im ersten Monolog.
9. Fleance muß einen andern Leuchter haben.
10. 10. Gebt mir mein Schwert. Zweifel über diese Stelle des Banko.
11. Nicht so starr.
12. Eine tiefere Glocke ist anzuschaffen.
13. Macbeth sollte als König prächtiger erscheinen.
14. Die Tafel sollte nicht so modern besetzt sein.
15. Der Mittelaufsatz müßte vergoldet sein um gegen das Gespenst besser abzustechen.
16. Die Lichter sind gerad zu stecken und müssen stärkere Lichter genommen werden.
17. Banko’s Gesicht ist blässer zu machen.
18. Es ist für Stühle zu sorgen die nicht fallen.
19. Ein großer Helm ist zu machen.
20. Die Kinder müssen wieder heraus aus dem Kessel; sie sind zu maskiren und auffallender zu decoriren. NB. Die Schatten langsamer und die Gestalten im Character mehr abgeändert.
21. Nach der Hexenscene sollte etwas Musik sein ehe Malkolm und Macduff eintreten.
22. Fragen ob man nicht einen Monolog von Malkolm sollte vorausgehen lassen in welchem er die Sorge von Verrätherei ausdruckt. Ich weiß nicht woran es lag, aber der Effect dieser Scene ging mir ganz verloren.
23. Macduffs Gebärden da er den Tod der Seinigen erfährt.
24. Eylenstein als Arzt muß nicht so gebückt sitzen und nicht so sehr in sich reden.
25. Arrangement und Wandeln in dieser Scene.
26. Mannigfaltigere Motive des Gefechts.
27. Stärkere Klingen für die Hauptfechtenden.
28. Sollte man nicht die Rolle des jungen Seiwards einer andern Person zu geben suchen? Dem. Caspars wird an dieser Stelle auch noch für Donalbain gehalten.
770. An Goethe.
Weimar, 1. October 1800.
Ihre historischen Resultate aus den eingeschickten Preisstücken hat mir Meyer neulich gleich mitgetheilt und wir haben uns beide recht darüber erfreut. Und wäre wirklich aus dem ganzen Institut nur dieses einzige Resultat gewonnen worden, so verlohnte es schon der Mühe, daß diese neunundzwanzig Künstler sich beschäftigt hätten, denn es giebt einen sehr charakteristischen und zu vielerlei Gebrauch fruchtbaren Blick über die jetzige Kunststatistik. Auch wird gerade diese Bemerkung am allgemeinsten interessiren.
Daß Sie mit meiner Arbeit zufrieden sind und sie mit Ihrem Zweck zusammenstimmend finden, muß mir doppelt lieb sein, weil ich sie wirklich mehr auf Ihren Wunsch als aus eigenem Trieb unternommen; denn Sie werden gefunden haben, daß gerade das, was mich ganz am Anfang dazu bestimmte, die Ergießung meiner Empfindungen über Rahls Zeichnung, nicht die Hauptsache darin geworden ist.
Wenn ich aus dem was Meyer gethan und was ich selbst gesagt, urtheilen soll, was eigentlich noch vorzüglich auszusprechen wäre, so bietet sich mir besonders folgendes an:
Meyer ist ins künstlerische, ich bin ins poetische und allgemein philosophische gegangen; nun möchte noch etwas allgemeines und wenn Sie wollen scientifisches, über das eigentlich künstlerische zu sagen sein. Ich fühlte wohl die Nothwendigkeit, auf meinem Wege, auch daran zu rühren, aber da es ganz außer meiner Competenz und Wissenschaft lag, so habe ich mich nur an den bloßen Gedanken des Bildes gehalten. Es wäre also noch nöthig über die malerische Behandlung, die sinnliche Anordnung, kurz über dasjenige, was alsdann zu thun ist, wenn der Gedanke gefunden und nun durch die Mittel der bildenden Kunst darzustellen ist, etwas allgemeines wissenschaftliches auszusprechen. Zwar ruhen Meyers Urtheile schon darauf, aber er schränkt sich mehr aufs Urtheilen ein, und da wäre also die Major zu seiner Minor noch auszusprechen.
Für Mittheilung der Humboldtischen Arbeit danke ich Ihnen sehr; ich hoffe allerlei daraus zu lernen. Es wird mir schwer mit Hermanns Buch zurecht zu kommen und schon vorn herein finden sich Schwierigkeiten; ich bin neugierig wie es Ihnen mit diesem Buche ergangen und hoffe, daß Sie mir ein Licht darin aufstecken werden.
Die Schauspieler sind nun wieder hier und schimpfen sehr auf Rudolstadt, wo sie schlechten Dank scheinen geärntet zu haben. Es ist lustig wie diese Herrn über Kotzebue sich moquiren, als wenn sie wirklich Geschmack hätten. Indeß ist nicht zu läugnen, daß sie manchen Tadel wirklich richtig meinen und begründen, nur hängt es bei ihnen nicht zusammen. Ihre Bemerkungen über Macbeth wollen wir so gut als möglich zu nutzen suchen. Da ohnehin eine andre Besetzung des Stücks nothwendig wird, weil Vohs nicht den Macbeth spielen kann, und Spangler abgegangen ist, so könnte man übel die Besetzung der Hexen vielleicht noch etwas anders beschließen.
Cotta scheint ein Wort von Ihnen zu erwarten und ist Ihres Stillschweigens wegen in Sorgen. Die Nachdrucker machen ihm jetzt wegen des Wallenstein zu schaffen. Einer in Bamberg hat ihn schon gedruckt und versendet, ein andrer in Wien hat ein kaiserliches Privilegium darüber erhalten. So kommt uns von dorther nie etwas gutes, aber sie stören und hindern desto mehr.
Leben Sie recht wohl, und beendigen Sie bald Ihr Geschäft, um sich hier wieder einzufinden und zusammen zu ziehen, eh der Winter kommt.
Sch.
771. An Schiller.
Ich habe mich entschlossen morgen als den vierten October von hier abzugehen.
Ob ich gleich nicht gerade das zu Stande gebracht was ich mir vorgesetzt, so habe ich doch meine Zeit gut zugebracht und bin in manchem vorwärts gekommen.
Mögen Sie morgen Abend mich besuchen, so consultiren wir zusammen indeß die Welt sich am Bayard ergötzt. Es muß nothwendig unter uns Dreien noch erst ein Consilium gehalten werden, ehe ich an die Ausarbeitung meiner Schemate denken kann, die ein wunderliches Ansehen genommen haben; soviel ich übersehen kann werden wir die fünf noch fehlenden Bogen hinreichend füllen. Leben Sie recht wohl; das übrige mündlich.
Jena am 3. October 1800.
G.
772. An Schiller.
Indem ich anfrage ob Sie mir heute Abend das Vergnügen machen wollen mich zu besuchen füge ich folgende Puncte hinzu:
1. Möchten Sie wohl an die Preisaufgabe des Intriguenstücks denken, da der letzte Bogen der Propyläen endlich gefördert werden soll.
2. Wollten Sie mir wohl Alte und Neue Zeit zurückschicken, so wie
3. die paar Manuscripte unbrauchbarer Schauspiele, die Sie von mir haben, sodann gelegentlich
4. die gedruckten Schauspiele ansehen, welche ich hier übersende.
Weimar am 9. November 1800.
G.
773. An Schiller.
Wohin sich die arme Poesie zuletzt noch flüchten soll weiß ich nicht; hier ist sie abermals in Gefahr von Philosophen, Naturforschern und Consorten sehr in die Enge getrieben zu werden. Zwar kann ich nicht läugnen daß ich die Herren selbst einlade und auffordere, und der bösen Gewohnheit des Theoretisirens aus freiem Willen nachhänge, und also kann ich niemand anklagen als mich selbst. Indessen werden recht gute Dinge auf recht gute Weise in Anregung gebracht, so daß ich meine Zeit vergnügt genug hinbringe.
Loder hofft Sie Donnerstags zu sehen; GeheimeRath Voigt hatte, wie man sagt, auch nicht übel Lust; vielleicht machten Sie zusammen eine Partie und brächten Meyern mit. Sagen Sie mir aber doch hierüber etwas näheres mit den Boten, damit wir indessen unsere Einrichtung machen können.
Wenn Sie zu uns kommen so werden Sie viel Enthusiasmus für das Festum Saeculare finden; man hat wirklich einige gute Gedanken gehabt die vielleicht ausführbar sind.
Zur Helena haben sich einige gute Motive gefunden, und wenn ich ein Dutzend Briefe die ich schuldig war, bei meinem hiesigen Aufenthalt los werde, so ist auch von der Seite was gewonnen.
Ich wünsche gleiches zu allen Ihren Unternehmungen.
Jena am 18. November 1800.
G.
774. An Goethe.
Weimar, 19. November 1800.
Der GeheimeRath Voigt hat Geschäfte bekommen, die ihm diese Woche nicht erlauben nach Jena zu gehen, ich werde also nur mit Meyern kommen, und auf den Freitag, weil da auch meine Schwiegermutter und Schwägerin von Rudolstadt durch Jena passiren; doch kann ich diese nicht bei Lodern einladen, weil es ungewiß ist, ob sie zu rechter Zeit eintreffen.
Vielleicht entschließen Sie sich dann, wieder mit uns herüber zu kommen.
Ich war in diesen Tagen ziemlich bei meiner Arbeit, und habe die Scenen mit den Trimeters beendigt.
Wegen unsrer secularischen Festlichkeiten habe ich bei Iffland und auch bei Opitz angefragt, und erwarte nun ihre Antwort. Iffland schrieb mir vor einigen Tagen wegen der Maria, die jetzt bald soll gegeben werden. Ich sehe aus seinen Aeußerungen, daß er mit seiner Lage in Berlin unzufrieden ist und sich besonders auch als Schauspieler zurückgesetzt sieht, so daß er nach einer Rolle, die ihn wieder heben kann, schmachtet. Da Fleck, wie er schreibt, in der Maria spielen wird, so muß es mit seiner Krankheit nicht so arg sein als man gemacht, und es wäre vielleicht möglich, wenn uns Iffland nicht besuchen kann, Fleck mit seiner Frau hieher zu bekommen. Unsre Vorschläge wegen des Jubiläums circuliren jetzt hier, man wird dieser Tage den Herzog darum angehen, daß von dieser Seite kein Hinderniß entsteht. Wenn ich nach Jena komme, so wollen wir unsre Ideen zusammen tragen.
Leben Sie recht wohl und genießen Ihren Aufenthalt. Lodern bitte mich schönstens zu empfehlen.
Sch.
775. An Schiller.
Wenn Sie mir heute Abend das Vergnügen machen wollen mit mir, in Gesellschaft des Professor Gentz zu essen, so soll es mir sehr angenehm sein. Ich muß Sie aber bitten erst um acht Uhr zu kommen, weil wir vorher eine Visite bei Gores machen. Wenn Sie zusagen, so haben Sie die Güte beiliegendes Billet an den Ueberbringer zu geben, daß er es zu Mellish trage den ich auch einlade.
Weimar am 2. December 1800.
Goethe.
776. An Schiller.
Ich wünschte, wie Sie wissen, morgen nach Jena zu gehen; nun ist aber Iphigenia von Gluck in Arbeit, und wenn die Repräsentation nicht mit Leben und Geschick arrangirt wird, so möchte wenig davon zu hoffen sein. Ich ersuche Sie daher sich derselben anzunehmen. Vielleicht fahren Sie um drei Uhr mit in die Probe, um sich einen allgemeinen Begriff zu machen. Geht es gut so wäre es auch gleich eine Oper zum Secularfest.
Dagegen soll auch alles angewendet werden die Schöpfung zu Stande zu bringen.
G.
777. An Goethe.
Ich habe wie Sie wissen in Angelegenheiten der Musik und Oper so wenig Competenz und Einsicht, daß ich Ihnen mit meinem besten Willen und Vermögen bei dieser Gelegenheit wenig taugen werde; besonders, da man es in Opersachen mit sehr heiklichten Leuten zu thun hat. In den Nachmittagstunden von drei bis fünf Uhr will ich mit Vergnügen bei den Proben gegenwärtig sein, aber mehr als die Gegenwart kann ich nicht leisten. Heute gegen vier Uhr suche ich Sie in der Probe auf, früher kann ich nicht abkommen.
Sie wollen uns die Schöpfung von Haydn verschaffen, wie Sie schreiben, und vorhin sagte mir der Capellmeister Kranz, von Ihrentwegen, daß ich sie schaffen möchte, und zwar durch den Herrn Coadjutor; man wolle sogleich einen Expressen mit dem Brief abschicken. Ich schrieb diesen Brief auf der Stelle und erwarte nun den Expressen, der ihn abholen soll.
Das weitere mündlich.
Sch.
778. An Goethe.
Eben schreibt mir Iffland daß er vierzehn Tage nach Neujahr zu kommen hoffe, und fragt an, ob uns, im Fall seines Nichtkommens, Flecks willkommen sein würden. Da ich ihm schnell zurückschreiben muß, so hinterlassen Sie mir oder dem Herrn Hofkammerrath Ihre Vollmachten, wegen Flecks. Guten Morgen und glückliche Reise.
Sch.
779. An Schiller..
In den ersten Tagen meines Hierseins erhielt ich, durch Kirms, die Nachricht daß Iffland meinen Tancred den 18. Januar, zur Krönungsfeier, aufführen wolle. Ich habe ihm zwei Acte geschickt und denke den Ueberrest nachzusenden. Hätte er früher etwas von einer solchen Absicht merken lassen, so hätte man die Chöre hinzufügen und dadurch dem Stück mehr Leben und Masse geben können.
Mag es indessen gehen wie es kann; aber da ich auf diese Weise compromittirt bin, so muß ich wenigstens noch acht Tage hier bleiben um das Ganze fertig zu machen, denn absetzen darf ich gar nicht. Um nur das möglich zu machen was geschehen ist, habe ich in diesen Tagen meines Hierseins die absolute Einsamkeit statuirt, keinen Philosophen noch Physiker, kurz, außer Lodern, gar niemand gesehen. Ich habe mich in dem romantisch tragischen Kreise gehalten und das was ich mache, so wie das was ich gemacht habe, erscheint mir doch einigermaßen in einem günstigen Lichte, welches höchst nöthig ist, wenn man fertig werden will.
Da an Iffland, wie mir Kirms schreibt, noch nichts gegangen ist, so wäre mein Rath man suchte ihn auf den Mai zu bestimmen; denn ich weiß überhaupt nicht wie er, oder irgend ein bedeutender Berliner Schauspieler, im Januar kommen will, wenn sie den 18ten Januar auf das Krönungsfest entweder den Tancred, oder irgend ein bedeutendes Stück geben wollen. Erlauben Sie daß der Hofkammerrath Kirms Sie deshalb spreche; ich werde ihn dazu veranlassen.
Nun muß ich Sie aber inständig ersuchen mit Meyern, den ich recht sehr zu grüßen bitte, sich der Aufführung der Iphigenia anzunehmen. Auch wird Probe und Vorstellung immer genug Interesse für Sie haben, da das Stück doch ganz als lyrische Tragödie erscheint.
Weiter weiß ich nichts zu sagen und füge nur noch ein herzliches Lebewohl hinzu.
Jena am 16. December 1800.
G.
780. An Goethe.
Weimar, 17. December 1800.
Es ist recht günstig, daß Sie von Berlin aus diesen Sporn erhalten, den Tancred zu beschleunigen, er wird also gewiß zu rechter Zeit fertig und Sie werden damit zufrieden sein. Ohne Zweifel senden Sie ihn Aktweise fort, weil er sonst doch nicht mehr könnte eingelernt werden.
Was Meyer und ich für die Iphigenia thun können, wollen wir recht gern thun, um Ihren Fleiß nicht zu unterbrechen. Wie ich aber höre, so wird Iphigenia auf den Sonnabend nicht gespielt , sondern Cosi fan tutte.
Ifflanden will ich schreiben, daß nunmehr die Zeit des Kommens von seiner Convenienz abhänge und daß er Ihnen und uns allen im Mai sehr willkommen sein würde – Das jetzige Delabrement unsers Theaters durch Graffs und Vohs Krankheit würde ohnehin die Wahl mancher Stücke geniren, worin man Iffland gerne gesehen hätte.
Daß Sie unterdessen mit den Musen allein leben und die Philosophen verbannt haben, hören wir mit großem Vergnügen.
Ich selbst habe meine Zeit hier auch nicht verloren, und mich ruhig zu Hause gehalten und an mein Geschäft. Auch bin ich über einige schwere Partien, die ich hinter mir gelassen hatte, nun glücklich weg.
Leben Sie recht wohl, und erfahren bei dieser Gelegenheit, daß sich die poetische Muse im Nothfall auch commandiren läßt.
Sch.
781. An Schiller.
Beiliegendes anmuthige Heft wild wohl bei Ihnen schon in Cours sein, wo nicht, so halten Sie es noch einige Tage zurück, es ist nicht zu leugnen daß es brillante Partien hat.
Ich habe wenigstens noch drei Tage zu thun um mit meinen Rittern fertig zu werden. Der tragische Jammer hat mir in diesen kurzen Tagen wirklich zugesetzt, ich wäre längst fertig und wieder bei Ihnen, wenn ich mich gegen Iffland nicht engagirt hätte. Denn immer gleich alles genau zu corrigiren, abschreiben zu lassen und wieder durchzusehen, das hält mich auf. Sie wissen ja wie ein solches Geschäft aussieht. Dagegen ist es wieder gut, wenn man einmal drin stickt , daß die Arbeit fertig wird, und wir brauchen sie doch auch zu Anfang des Jahrs. Eigentlich hatte ich doch zu lange gezaudert, und für Einen Anlauf, nach meiner Art, war die noch übrige Arbeit zu groß. Man glaubt nicht was für Fäden in so einem Dinge stecken, bis man sich selbst daran macht sie wieder aufzudröseln.
Das wäre nun die Confession über die vergangenen acht Tage. Ich wünsche daß Sie mir auch manches und von besserer Art zu erzählen haben mögen.
Mein einsames Leben habe ich fortgesetzt, bin nur einmal an dem schönsten Tage spazieren gegangen: Friedrich Schlegel, Haarbauer und Niethammer haben mich besucht.
Schelling werde ich auf den Freitag mitbringen, um bei unserer Säcular-Empirie einen tüchtigen Hinterhalt zu haben.
Uebrigens habe ich sehr viel gelesen um die langen Abende einigermaßen zu nutzen. Leben Sie recht wohl, mich verlangt bald wieder die Abende mit Ihnen zuzubringen.
Jena am 22. December 1800.
G.
782. An Goethe.
Weimar, 24. December 1800.
Ich erwarte Sie und Ihre Arbeit mit großem Verlangen, und wünsche Ihnen Glück, daß Sie diese Besogno noch im alten Jahrhundert abthun konnten. Sie haben nun doch dieses verflossene Jahr sich im dramatischen aller Art produktiv gezeigt und können mit sich zufrieden sein.
Hier erwartet Sie die Iphigenia, von der ich alles Gute hoffe; ich war bei der gestrigen Probe, es ist nur noch wenig zu thun. Die Musik ist so himmlisch, daß sie mich selbst in der Probe unter den Possen und Zerstreuungen der Sänger und Sängerinnen zu Thränen gerührt hat. Ich finde auch den dramatischen Gang des Stücks überaus verständig; übrigens bestätigt sich Ihre neuliche Bemerkung, daß der Anklang der Namen und Personen an die alte poetische Zeit unwiderstehlich ist.
Für die Ihrem Brief beigelegte Novität danke ich sehr. Sie hat mich sehr ergötzt, manche Bonmots sind trefflich; noch etwas größern Reichthum in Materie und auch in Formen hätte das Werk vertragen können: so wie es jetzt ist, übersieht man und erschöpft man es zu leicht, eine endlose unübersehbare Fülle von Witz und Bosheit sollte es enthalten. Hier habe ich noch nichts davon sprechen hören.
Burgsdorf ist hier durchgekommen und Sie haben ihn ohne Zweifel jetzt auch gesprochen und sich von unsern Freunden in Paris erzählen lassen, die erst im Mai zu kommen gedenken.
Ich habe seit Ihrer Abwesenheit meine Tragödie auch um einige bedeutende Schritte vorwärts gebracht, doch liegt immer noch viel vor mir. Mit dem was jetzt in Ordnung gebracht ist bin ich sehr zufrieden und ich hoffe, es soll Ihren Beifall haben. Das historische ist überwunden, und doch so viel ich urtheilen kann, in seinem möglichsten Umfang benutzt, die Motive sind alle poetisch und größtentheils von der naiven Gattung.
Diese Tage habe ich einen Roman der Madame Genlis gelesen und zu meiner großen Verwunderung eine große Geistesverwandtschaft zwischen ihr und unserm Hermes gefunden, so weit es bei dem großen Unterschied der Nation, des Geschlechts und des Standes möglich ist.
Leben Sie recht wohl, und kehren vergnügt zu uns zurück .
Sch.
783. An Goethe.
Der Herzog hat gegen unsre vorgeschlagene secularische Festlichkeiten ganz neuerdings, wie mir berichtet wird, sein entschiedenes Misfallen zu erkennen gegeben und unter andern dagegen angeführt, daß solche ohne Zuziehung der Theaterdirektion unternommen wären. Welche Bewandtniß es damit hat, wissen Sie. Unter diesen Umständen aber kann ich keinen Antrieb mehr haben, mich mit diesen Sachen zu beschäftigen, und ich überlasse es also Ihnen ganz, ob von Seiten der Theaterdirektion mit Iffland oder Fleck etwas arrangirt werden soll. Ich selbst schreibe an Iffland, daß die projectirten Festivitäten nicht mehr statt haben , und daß er meine Insinuation als eine Privatsache ansehen möge.
Zugleich bitte ich Sie, unser nach Jena gesandtes Circular dort von Lodern zurückzufordern und cassiren zu lassen. Das Circulare wegen der Münze behielte aber seinen Gang.
Unter diesen Umständen haben wir hier auch mit keinen Theaterarrangements zu eilen, und wir wollen in Gottes Namen uns in unsre Poesien vergraben, und von innen zu produciren suchen, da uns die Production nach außen so schlecht gelungen ist.
Sch.
784. An Schiller.
Sie erhalten den Tancred, noch feucht vom Buchbinder; haben Sie die Güte ihn mit Aufmerksamkeit durchzulesen und sich ihn gleich auf unserm Theater zu denken.
Mögen Sie heute Abend ein gewöhnlich frugales Gastmahl, in der philosophisch-artistischen Gesellschaft einnehmen, so sollen Sie uns herzlich willkommen sein. Wir können alsdann über das Stück weiter sprechen, dessen Rollen inzwischen abgeschrieben werden.
Weimar am 30. December 1800.
G.
1801
785. An Schiller.
Mögen Sie heute Abend, nach der Probe, die doch vor acht Uhr geendigt sein wird, mit uns eine kleine Abendmahlzeit einnehmen, so sollen Sie uns herzlich willkommen sein. Götze kann im Theater auf Ihre Befehle warten und wenn der Fünfte Act angegangen ist, Ihnen den Wagen holen. Wollen Sie auch hineinfahren, so geben Sie ihm deßhalb Ordre.
Mit mir geht es ganz leidlich; ich habe heute früh die Rolle mit der Caspers durchgegangen und bin mit dem guten Kinde recht wohl zufrieden.
Leben Sie recht wohl.
Weimar am 29. Januar 1801.
G.
786. An Schiller.
Ein durchreisender Schauspieler soll heute Abend nach der Probe in einigen Scenen sein Talent zeigen, da man ihm keine Gastrolle zugestehen mag.
Wollten Sie wohl diesen Versuch mit ansehen, so schickte ich gegen 6 Uhr meinen Wagen, der alsdann dort warten und Sie zu mir bringen kann.
Weimar am 6. Februar 1801.
Goethe.
787. An Goethe.
(Weimar, 9. Febr. 1801.)
Ich sage Ihnen schriftlich guten Abend, weil ich eines starken Schnupfens und einer schlecht zugebrachten Nacht wegen übel daran bin und mich zu Hause halten muß. Heute Nacht habe ich gefürchtet krank zu werden, weil ich Frost und Hitze spürte, bin aber doch den ganzen Tag von Fieberbewegungen frei und hoffe, daß es gar nichts auf sich hat.
Mögen Sie sich immer mehr und mehr erholen, und das Manuscript von Faust auf Ihrem Tische nicht müßig liegen!
Schlafen Sie recht wohl. Ich hoffe Sie morgen zu sehen.
Sch.
788. An Schiller.
Halten Sie sich ja, daß dieser Sturm vorübergehe; freilich hätte ich gehofft Sie heute Abend in meiner Einsamkeit zu sehen. Arbeiten möcht’ und könnte ich wohl, besonders auch Ihnen zur Freude, wenn nicht mein zerrißner Zustand mir fast alle Hoffnung und zugleich den Muth benähme.
Die Motive die Sie mir gestern erzählten habe ich weiter durchgedacht, und es scheint wohl daß ich sie auch nach meiner Art zu denken sämmtlich billigen werde; ich wünsche nun die Anlage des Stücks auch von vorn herein zu kennen.
Weimar am 9. Februar 1801.
G.
789. An Goethe.
(Weimar, 11. Februar 1801.)
Ich habe Ihnen von meiner Jungfrau schon so viel einzelnes zerstreutes verrathen, daß ich es fürs beste halte, Sie mit dem Ganzen in der Ordnung bekannt zu machen. Auch brauche ich jetzt einen gewissen Sporn, um mit frischer Thätigkeit bis zum Ziel zu gelangen. Drei Acte sind in Ordnung geschrieben; wenn Sie Lust haben, sie heute zu hören, so werde ich um 6 Uhr mich einfinden. Oder wollen Sie selbst Ihr Zimmer wieder einmal verlassen, so kommen Sie zu uns, und bleiben zum Abendessen. Dieß würde uns viele Freude machen, und ich selbst wagte weniger, wenn ich nach der Erhitzung eines zweistündigen Lesens mich nicht der Luft auszusetzen brauchte. Wenn Sie kommen wollen , so haben Sie die Güte es Meyern auch zu sagen, doch daß er vor acht Uhr nicht kommt.
Sch.
790. An Schiller.
Ich nehme die Lectüre mit vielem Vergnügen an, um so mehr als ich Sie selbst ersuchen wollte mir wenigstens den Plan von vorn herein zu erzählen. Nur kann ich heute nicht ausfahren, weil Starke heute früh eine etwas schmerzliche, ich hoffe aber die letzte Operation am Auge vorgenommen und mir das Ausgehen wegen der Kälte verboten hat. Ich schicke Ihnen daher um halb Sechs den Wagen und so können Sie auch nach Tische nach Hause fahren. Ich verspreche mir viel Gutes von dieser Lectüre sowohl für Ihr Fortschreiten als für eigne Production.
Weimar am 11. Februar 1801.
G.
791. An Schiller.
Heute Abend um fünf Uhr werde ich Probe von Tancred halten; ich will Ihnen aber nicht zumuthen dabei zu erscheinen. Nach derselben aber, etwa gegen acht Uhr, komm’ ich, wenn es Ihnen recht ist, Sie abzuholen zu dem gewöhnlichen frugalen Abendessen.
Am 20. Februar 1801.
G.
792. An Goethe.
Ich zweifle, ob ich mit meinen Depeschen nach Leipzig und nach Berlin, die ich für heut Abend und morgen frühe zu expediren habe, noch zeitig genug fertig werde, um Sie heute noch zu sehen. Es ist jetzt eine fatale Zeit für mich, wo sich diese Geschäfte ganz unvernünftig zusammen häufen, ich habe schon drei Tage nicht an meine Tragödie kommen können.
Morgen habe ich wieder für acht Tage Rast, und hoffe Sie dann morgen auf den Abend zu sehen.
Sch.
793. An Schiller.
Nehmen Sie es freundlich auf, wenn ich, eingedenk Ihrer gefälligen Theilnahme an den Propyläen, einen Theil eines so eben angekommenen Weintransports zusende. In der Hoffnung daß Sie die übrigen Sorten bei mir versuchen und genießen mögen.
Weimar den 28. Februar 1801.
G.
794. An Schiller
Da es schon spät ist und ich keine Hoffnung mehr habe heute von Ihnen etwas zu hören, so will ich hiermit das Neueste vermelden.
Herr Hartmann von Stuttgart ist angekommen; wenn ich ihn und sein Gemälde gesehen habe sollen Sie ein näheres vernehmen.
Ueber die Preisfrage habe ich wieder nachgedacht und finde vorläufig daß ihr von dem Standpunkte der empirischen Psychologie, wo wir Poeten doch eigentlich zu Hause sind, recht gut beizukommen ist. Man steht zwischen dem Philosophen und Historiker und befindet sich auf dem Gebiete des eigentlichen Gehalts, wenn jener die Form und dieser den Stoff bringt.
Der, durch alle Zeiten und Orte durchgehende, unveränderliche Naturstand scheint mir die Base zu sein, worauf das ganze Gebäude aufgeführt werden muß, doch dies dient mehr zur Beantwortung als zur Aufstellung der Frage.
Mich verlangt sehr zu erfahren, wie Ihnen die Veränderung zuschlägt und wünsche das Beste.
Leben Sie wohl und lassen bald von sich hören.
Weimar am 7. März 1801.
G.
795. An Goethe.
Jena, 10. März 1801.
In Rücksicht auf die Preisfrage kann ich Ihnen noch nicht viel brauchbares mittheilen. Das Einzige gebe ich Ihnen zu bedenken, ob man die Frage nicht ganz aus dem Gebiet der Geschichte hinweg in das Gebiet der Anthropologie verlegen sollte, wobei man einer ungeheuren Moles los würde, die noch dazu nicht viel hilft, denn die Geschichte ist für den philosophischen Gebrauch zu unzuverlässig und empirisch. Für die Sache selbst ist es, däucht mir, ganz gleichgültig ob die Untersuchung nach der Länge oder nach der Breite angestellt wird. Denn wenn man, wie Sie selbst meinen, den Naturstand zur Basis macht, so ist man gleich gut bedient, man mag nun das Ganze der Gegenwart anthropologisch ansehen, oder die verschiedenen Erscheinungen des Menschen rückwärts in der Geschichte aufsuchen: der Mensch ist in jeder Zeit ganz zu finden.
Ich erwarte in Ihrem nächsten Brief noch bestimmter zu hören, wie ich die Frage eigentlich fassen und aussprechen soll, um mit unsern Philosophen darüber umständlicher zu conferiren.
Ich habe diese bis jetzt noch nicht viel zum Gespräch bringen können; wenn die Ferien angehen, wird es hoffe ich besser damit gehen, weil sich jetzt am Ende der Collegien die Arbeiten häufen. Schelling will eine Deduction der verschiedenen Kunstgattungen a priori liefern, worauf ich begierig bin.
Was mein eigenes Thun betrifft, so kann ich noch nicht viel Gutes davon sagen. Die Schwierigkeiten meines jetzigen Pensums spannen mir den Kopf noch zu sehr an, dazu kommt die Furcht, nicht zu rechter Zeit fertig zu werden; ich hetze und ängstige mich und es will nicht recht damit fort. Wenn ich diese pathologischen Einflüsse nicht bald überwinde, so fürchte ich muthlos zu werden.
Vielleicht sind Sie mitten unter Ihren Weimarischen Zerstreuungen productiver als ich in meiner Einsamkeit, welches ich Ihnen herzlich wünsche.
Die Tage sind heiter und ich genieße sie in meinem Garten.
Leben Sie recht wohl. Ich hoffe, das nächstemal Sie besser zu unterhalten.
Sch.
796. An Schiller.
Meine Hoffnung, daß Sie, in diesen schönen Tagen, recht weit vorgerückt sein würden, benimmt mir Ihr Brief. Vielleicht kommt es auf einmal, wie es mir auch sonst, in ähnlichen Fällen, gegangen ist.
Hartmann von Stuttgart ist hier und es thut mir recht leid daß Sie ihn nicht kennen lernen. Ein großer, derber, junger Mann von 28 Jahren, den man eher für einen Musikus als für einen Maler halten würde. Sein Wesen und Betragen ist naiv, in Absicht auf Kunstgesinnung ist er auf dem rechten Felde, nur nicht immer auf dem rechten Wege. Sein großes Bild ist sehenswerth. Der Gegenstand nicht zu schelten, aber doch nicht ganz glücklich.
Es ist recht angenehm mit ihm zu conversiren, ich habe mich an die bedeutendsten Puncte gehalten, damit man, mit so einem schönen Talent, mit so einem guten Menschen, in eine wahre Verbindung kommt und auch in der Ferne ein Verhältniß unterhalten kann. Das Beste ist, daß er nichts verliert, wenn das Wahre wahr ist, da so viele sich nur dem ächten deßhalb widersetzen, weil sie zu Grunde gehen würden wenn sie es anerkennten.
Mit meinem Faust geht es sachte fort. Wenn ich auch täglich nur wenig mache, so suche ich mir doch den Sinn und den Antheil daran zu erhalten.
Wegen der Preisfrage sind wir ganz einig. Man könnte verlangen
Eine gedrängte, lichtvolle Darstellung des Bestehenden im Menschen, mit Entwicklung der Phänomene der Cultur aus demselben. Man betrachte sie nun als ein Ganzes der Gegenwart oder der Succession oder als beides zugleich.
Wie Sie bin ich überzeugt daß man auf diesem Wege am ersten zum Zweck gelangen und, bei dem unendlichen Stoff, eine faßliche Darstellung erwarten könne.
In Stuttgart ist, wie ich durch Meyern höre, dem es Hartmann erzählt hat, große Bewegung und Unzufriedenheit über unsere Kunsturtheile. Wenn man das Detail vernimmt, so sieht man freilich in welcher jämmerlichen Denkweise sie gefangen sind, Ihren Aufsatz haben sie für eine Arbeit von Böttiger erklärt. Wenn sie sich auf den Styl der bildenden Kunst nicht besser verstehen als den Styl des Schreibens, so sieht es freilich windig aus. Man macht sich immer eine Illusion über die Menschen, besonders über seine Zeit. Die Confusion, die durch so viele Individuen entsteht, deren jeder ein anderes Interesse hat dieses oder jenes gelten zu machen, ist unendlich.
Sie erhalten zugleich ein Trauerspiel, in welchem Sie mit Schrecken abermals, wie mich dünkt, aus einem sehr hohlen Fasse, den Nachklang des Wallensteins hören werden.
Ich schließe mit dem Wunsch für schönes Wetter und produktive Stunden.
Weimar am 11. März 1801.
G.
797. An Goethe.
Jena, 13. März 1801.
Die Schilderung die Sie von Hartmann machen läßt mich recht bedauern, daß man ihn in die wilde Welt muß hingehen sehen, ohne sich einer so guten Requisition für das rechte ganz versichern zu können; denn wie nahe man einander auch in einem ernstlichen Umgang von einigen Tagen oder Wochen kommen kann, so kann einen doch nur eine stetige Fort- und Wechsel-Wirkung im Einverständniß erhalten.
Schade ist’s, was die Kunstkritik in den Propyläen betrifft, daß man die Stimme so selten erheben kann, und einen Eindruck den man gemacht, nicht so schnell wieder durch einen neuen zu secundiren Zeit hat. Es würde sonst gewiß gelingen, die Künstler und Kunstgenossen aus ihrer faulen Ruhe zu reißen; schon der Unwille über unsre Urtheile verbürgt mir dieß . Daher wollen wir es ja im nächsten Falle recht viel weiter treiben, und Meyer muß uns in den Stand setzen, den Schaden specialiter zu treffen und die falschen Maximen recht im einzelnen anzugreifen.
Von dem Stück, das Sie mir zugesendet, ist nichts gutes zu sagen; es ist abermals ein Beleg, wie sich die hohlsten Köpfe können einfallen lassen etwas scheinbares zu produciren, wenn die Literatur auf einer gewissen Höhe ist und eine Phraseologie sich daraus ziehen läßt. Dieses Werk in specio ist doppelt miserabel, weil es gegen den Gerstenbergischen Ugolino ein ungeheurer Rückschritt ist; denn diese Tragödie, welche Sie vielleicht nicht kennen hat sehr schöne Motive, viel wahres Pathos und wirklich genialisches, obgleich sie kein Werk des guten Geschmacks ist. Man könnte versucht sein, sich derselben zu bedienen, um die Idee der Tragödie daran aufzuklären, weil wirklich die höchsten Fragen darin zur Sprache kommen.
Ich habe diesen Mittag mit Zigesar und andern bei Lodern essen müssen und bin diesen Abend zu einem Kränzchen eingeladen. Die Abende gehen meistentheils in Gesellschaft hin, und ich kann eher über zu viel Zerstreuung als über zu wenige Unterhaltung klagen.
Doch geht es mit meiner Arbeit besser, ich habe auch wieder mehr Muth und sehe etwas entstehen.
Leben Sie recht wohl. Viele Grüße an Meyern.
Sch.
798. An Schiller.
Zuvörderst wünsche von Herzen Glück, daß die Arbeit gut von statten geht; ich habe an Faust auch einiges gethan und so rückt man denn immer, obgleich langsam, weiter.
Hartmanns Aufenthalt ist vielleicht für uns nützlicher als für denselben, indem wir eine nicht ganz ausgebildete Denkweise eines vorzüglichen Menschen kennen lernen. Uebrigens fällt es mir manchmal ein daß man auf die Kunst eigentlich eine geheime Gesellschaft fundiren sollte, wobei das Lustige wäre daß sehr viele Künstler in die höhern Grade gar nicht kommen könnten: auch mühte man sie selbst dem Fähigsten nicht geben, sondern wenn er endlich dahin gelangte ihm nur erklären daß er sie erreicht habe. Sprechen, schreiben, drucken wird etwas nützen, aber nicht viel; indessen wollen wir uns auch dieses nicht reuen lassen.
Hartmannen haben wir gleich veranlaßt hier etwas zu componiren und zwar einen etwas widerstrebenden Gegenstand: den Admet wie er, ungeachtet der Leiche im Hause, den Herkules aufnimmt und ihn bewirthet. Wie wir hierauf gekommen sind, sollen Sie künftig hören, zum schreiben ist es zu umständlich.
Leben Sie recht wohl, in der Einsamkeit sowohl als in der akademischen Societät, und gedenken an uns.
Weimar am 14. März 1801.
G.
799. An Goethe.
Jena den 16. März 1801.
Es geht mir hier noch immer ganz ordentlich und mit jedem Tag geschieht etwas. Ich denke, so lange als ich über meinen Garten noch disponiren kann, welches bis Ostern sein wird, noch hier zu bleiben und in dieser Zeit die rohe Anlage des ganzen Stücks vollends hinzuwerfen, daß mir in Weimar nur noch die Rundung und Polirung übrig bleibt.
Hier hat uns die philosophische Facultät auf ihre Kosten Stoff zu einer lustigen Unterhaltung gegeben. Friedrich Schlegel mußte disputiren, und um ihn zu drücken haben die Herren Ulrich, Heinrich, Hennings etc. ein altes ganz außer Curs gekommenes Gesetz, ihm selbst die Opponenten zu setzen, welche seit undenklicher Zeit von den Disputirenden selbst gewählt wurden, wieder hervorgezogen . Auf den guten Rath einiger Freunde hat sich Schlegel dieser Chicane ohne Widerspruch unterzogen und den einen dieser officiell gesetzten Opponenten, der sich bescheidener betrug, ganz gut behandelt; der andere aber, ein Professor Augusti , ein nach aller Urtheil ganz erbärmliches Subject, welches von Gotha her empfohlen worden , hat den Disputiract mit Beleidigungen und Anzüglichkeiten angefangen, und sich zugleich so unverschämt und so ungeschickt betragen, daß Schlegel ihm auch eins versetzen mußte. Ulrich der als Dekan zugegen war und alle diese groben Angriffe des Gegners passiren ließ, relevirte mit Feierlichkeiten einige Repliken von Schlegeln, dieser blieb ihm nichts schuldig, er hat die Lacher auf seiner Seite, und es gab scandalöse Scenen. Nach der allgemeinen Erzählung aber soll sich Schlegel mit vieler Mäßigung und Anständigkeit betragen haben, und man vermuthet, daß dieser Handel seinen, als Docent schon sehr gesunkenen Credit wieder heben werde.
Von Madame Veit ist ein Roman herausgekommen, den ich Ihnen mittheilen will; der Curiosität wegen sehen Sie ihn an. Sie werden darin auch die Gespenster alter Bekannten spuken sehen. Indessen hat mir dieser Roman, der eine seltsame Fratze ist, doch eine bessere Vorstellung von der Verfasserin gegeben, und er ist ein neuer Beweis, wie weit die Dilettanterei wenigstens in dem Mechanischen und in der hohlen Form kommen kann. Das Buch erbitte ich mir zurück, sobald Sie es gelesen.
Die Aufgabe zu einem Gemälde an Hartmann hat mich überrascht, aber sie hat auf den ersten Blick etwas recht interessantes und einladendes. Ohne sich selbst das Räthsel zu lösen, fühlt man daß es von einem geistreichen Einfall abhängt, ob der Gegenstand glücklich oder refractär ist. Eine vollkommene Selbstständigkeit des Gemäldes ist wohl nicht zu erwarten, aber es ist schon viel, wenn es auf den bloßen Anblick ohne den Schlüssel gleich interessant und auffordernd ist, und sich, sobald man den Schlüssel erhält, rein und vollständig auflöst.
Viel Glück zu den Fortschritten im Faust, auf den die hiesigen Philosophen ganz unaussprechlich gespannt sind.
Leben Sie recht wohl, an Meyern viele Grüße.
Sch.
Die Beilagen bitte gehorsamst, gleich übergeben zu lassen.
800. An Schiller.
Obgleich Florentin als ein Erdgeborner auftritt, so ließe sich doch recht gut seine Stammtafel machen, es können durch diese Filiationen noch wunderliche Geschöpfe entstehen.
Ich habe ohngefähr hundert Seiten gelesen und conformire mich mit Ihrem Urtheil. Einige Situationen sind gut angelegt, ich bin neugierig ob sie die Verfasserin in der Folge zu nutzen weiß. Was sich aber ein Student freuen muß, wenn er einen solchen Helden gewahr wird! Denn so ohngefähr möchten sie doch gern alle aussehen.
Dagegen sende ich Ihnen eine andere Erscheinung, die, wie sie sagt, vom Himmel kommt, allein, wie mich dünkt, gar zu viel von dieser altfränkischen Erde an sich hat. Der Verfasser dieses Werkleins scheint mir sich wie im Fegfeuer zwischen der Empirie und der Abstraction, in einem sehr unbehaglichen Mittelstande zu befinden; indeß ist weder an Inhalt noch an Form etwas über das sonst gewohnte.
Ich wünsche daß Schlegel von diesem Kampf einigen Vortheil ziehen möge, denn freilich habe ich seine Gabe als Docent, auch von seinen besten Freunden, nicht rühmen hören.
Ob wir gleich Ihre Abwesenheit hier sehr fühlen: so wünsche ich doch daß Sie so lange als möglich drüben bleiben. Wenigstens ist mir die letzte Zeit immer in der Einsamkeit die günstigste gewesen, welches ich Ihnen auch von Herzen wünschen will.
Keinen eigentlichen Stillstand an Faust habe ich noch nicht gemacht, aber mitunter nur schwache Fortschritte. Da die Philosophen auf diese Arbeit neugierig sind, habe ich mich freilich zusammen zu nehmen.
Hartmanns erster Entwurf von dem angezeigten Bilde hat schon vieles zur Sprache gebracht, wenn er das prosaisch reelle durch das poetisch symbolische erheben lernt, so kann es was erfreuliches werden.
Uebrigens sagte ich neulich zu Meyern: wir stehen gegen die neuere Kunst wie Julian gegen das Christenthum, nur daß wir ein bischen klarer sind als wie er. Es ist recht sonderbar wie gewisse Denkweisen allgemein werden und sich lange Zeit erhalten können und so lange wirklich als ein Bestehendes der menschlichen Natur angesehen werden können. Es ist dieß einer von den Hauptpunkten auf den zu reflectiren ist, wenn die Preisfrage zur Sprache kommt.
Leben Sie recht wohl und genießen das akademische Wesen nach Herzenslust.
Weimar am 18. März 1801.
G.
801. An Goethe.
Jena, 20. März 1801.
Die mitgetheilten Novitäten folgen hier mit meinem besten Danke zurück.
Diese Adrastea ist ein bitterböses Werk, das mir wenig Freude gemacht hat. Der Gedanke an sich war nicht übel, das verflossene Jahrhundert, in etwa einem Dutzend reich ausgestatteten Heften, vorüber zu führen, aber das hätte einen andern Führer erfordert, und die Thiere mit Flügeln und Klauen die das Werk ziehen, können bloß die Flüchtigkeit der Arbeit und die Feindseligkeit der Maximen bedeuten. Herder verfällt wirklich zusehends und man möchte sich zuweilen im Ernst fragen, ob einer der sich jetzt so unendlich trivial, schwach und hohl zeigt, wirklich jemals außerordentlich gewesen sein kann. Es sind Ansichten in dem Buch, die man im Reichsanzeiger zu finden gewohnt ist; und dieses erbärmliche Hervorklauben der frühern und abgelebten Literatur, um nur die Gegenwart zu ignoriren, oder hämische Vergleichungen anzustellen!
Und was sagen Sie zu der Aeonis? Haben Sie hier eine feste Gestalt gepackt? Ich gestehe, daß ich nicht recht weiß wovon die Rede ist; wovon die Rede sein soll, sieht man wohl. Indessen ist es gut, daß der Dünkel und der Widerspruchsgeist den Verfasser in die Arena herausgelockt haben, um in Nachahmung Ihres Vorbildes seine Schwäche und Ungeschicklichkeit an den Tag zu legen. Was an dem Stücke gut ist, die Aufstellung zweier Hauptfiguren als ein Gegensatz der sich auflöst und die Begleitung derselben mit allegorischen Nebenfiguren, dieß ist Ihnen abgeborgt, und mit der eignen Erfindung beginnt die Pfuscherei.
Die Erzählung von Tressan hat mir in meiner Einsamkeit Vergnügen gemacht. Von den Ritterromanen, die er bearbeitet hat, ist zwar in ihn selbst wenig mehr übergegangen als eine gewisse moralische Reinheit und Delikatesse; statt der Natürlichkeit der Gefühle findet man nur den Kanzleistyl derselben, und alles ist auf einen sentimentalen Effekt berechnet, aber eine gewisse Einfachheit in der Anlage und eine Geschicklichkeit in der Anordnung befriedigt und erfreut.
Den Ugolino können Sie auf keinen Fall brauchen. Es ist nichts damit zu thun als ihn an den Herrn Dr. Gries aus Hamburg , der sich noch hier aufhält so schnell als möglich zurückzugeben.
Der unaufhörliche Wind, dem ich auch bei verschlossenen Zimmern nicht entweichen kann, macht mir meinen Aufenthalt im Garten oft lästig, und hindert mich auch am Ausgehen, weil er mir die Brust angreift.
Indessen rückt doch die Arbeit immer fort, obgleich nicht mit schnellen Schritten.
Leben Sie recht wohl, Meyern viele Grüße.
Sch.
802. An Schiller.
Ich vermuthete, daß ich Ihnen durch die Rittergeschichte einiges Vergnügen machen würde, sie ist sehr artig und unterhaltend und dabei ein rechtes Muster von modernem Auffassen und Behandeln älterer Zustände.
Mit Hartmann werden wir, ob er gleich schon zwei Zeichnungen gemacht hat, über den Admet nicht einig werden, weil er in einem Bilde, das ganz symbolisch sein müßte, die Begebenheit natürlich darstellt. Es ist hier eine Kluft befestigt, die nur durch Offenbarung zu überspringen ist. Wir glaubten uns so deutlich darüber gegen ihn ausgedrückt zu haben, allein aus seiner Production sieht man daß er nicht weiß was wir wollen. Es gehört freilich eine völlige Sinnesänderung dazu, und wer weiß ob er bei seinem schönen Talente unter die Berufenen gehört. Professor Meyer hat mir versprochen, wenn Hartmann fort ist, eine Zeichnung in unserm Sinne zu machen, aber nur für unsern stillen Gebrauch.
Ich denke bei gutem und schlimmem Wetter an Sie. Hätte ich voraussehen können daß der Herzog so lange außen bleibt (er kommt erst den 27sten), so hätte ich Sie auf einige Tage besucht; mit nächstem Boten schicke ich wieder einiges zu lesen.
Den üblen Eindruck, welchen das Greifenpaar auf Sie machen würde, habe ich vorausgesehen. Das allegorische Drama habe ich diesen Morgen wieder gelesen; was mir besonders auffiel ist die Bitterkeit und die Trauer in Einem Product. Ich möchte nicht in der Haut des Verfassers stecken.
Zu Ihren Arbeiten wünsche ich viel Glück und freue mich auf die Zeiten wenn wir wieder zusammen sein werden. Faust hat noch keinen völligen Stillstand erlitten.
Weimar am 21. März 1801.
G.
803. An Goethe.
Ich schreibe Ihnen nur ein paar Zeilen um das Botenmädchen nicht leer abgehen zu lassen; denn eben da ich mich zum Schreiben niedersetze, kommen meine zwei Philosophen ins Zimmer. Vorgestern hatte ich Besuch von meiner Frau mit den Kindern und meinem jungen Vetter, der Adjutant bei der holländisch-französischen Armee ist. Er hat mir für einen blutjungen Militair, der viele Jahre dieses Kriegs mitgemacht hat, sehr gesittet und einfach-bescheiden geschienen.
Mit der Arbeit geht es ganz ordentlich, doch fürchte ich wird mich das lange Zögern der guten Jahrszeit und der ewige Wind binnen acht Tagen von hier wegtreiben.
Der vorletzte Act den ich hier angefangen und fertig mitzubringen hoffe, ist die Ausbeute meines Hierseins. Leben Sie recht wohl. Viele Grüße an Meyern.
Jena, 24. März 1801.
Sch.
804. An Schiller.
Eben bin ich im Begriff auf acht Tage nach Roßla zu gehen nach deren Verlauf wir uns denn wohl wieder treffen werden, worauf ich mich sehr freue.
Wenn Ihr Aufenthalt in Jena nicht ganz so fruchtbar wird wie Sie es hofften, so ist das das gewöhnliche Schicksal poetischer Vorsätze; indessen muß man auch das wenigere mit Dank empfangen.
Ich schicke Ihnen eine portugiesische Reisebeschreibung, welche unterhaltend und lehrreich ist und den Wunsch dieses Land zu besuchen, wohl schwerlich rege machen wird.
Beim Nachdenken übers Beharrende im Menschen, worauf sich die Phänomene der Cultur beziehen ließen, habe ich bis jetzt nur vier Grundzustände gefunden:
des Genießens,
des Strebens,
der Resignation,
der Gewohnheit.
Ueberhaupt geht es bei einer solchen Betrachtung sonderbar, daß nämlich die Differenzen unter den Fällen verschwinden; doch eine gewisse Einheit ist ja was man bezwecken will.
Leben Sie recht wohl. Es hat sich inzwischen manches zugetragen, was Stoff zur Unterhaltung geben wird.
Weimar am 25. März 1801.
G.
805. An Goethe.
Jena, 27. März 1801.
Ich werde Jena nun bald verlassen, zwar mit keinen großen Thaten und Werken beladen, aber doch auch nicht ohne alle Frucht; es ist doch immer so viel geschehen als ich in eben so vieler Zeit zu Weimar würde ausgerichtet haben. Ich habe also zwar nichts in der Lotterie gewonnen, habe aber doch im Ganzen meinen Einsatz wieder.
Auch von der hiesigen Welt habe ich, wie es mir immer geht, weniger profitirt, als ich geglaubt hatte; einige Gespräche mit Schelling und Niethammern waren alles. Erst vor einigen Tagen habe ich Schelling den Krieg gemacht wegen einer Behauptung in seiner Transscendental-Philosophie, daß Â»in der Natur von dem Bewußtlosen angefangen werde um es zum Bewußten zu erheben, in der Kunst hingegen man vom Bewußtsein ausgehe zum Bewußtlosen.« Ihm ist zwar hier nur um den Gegensatz zwischen dem Natur- und dem Kunstproduct zu thun, und in so fern hat er ganz recht. Ich fürchte aber, daß diese Herren Idealisten ihrer Ideen wegen allzuwenig Notiz von der Erfahrung nehmen, und in der Erfahrung fängt auch der Dichter nur mit dem Bewußtlosen an, ja er hat sich glücklich zu schätzen, wenn er durch das klarste Bewußtsein seiner Operationen nur so weit kommt, um die erste dunkle Totalidee seines Werks in der vollendeten Arbeit ungeschwächt wieder zu finden. Ohne eine solche dunkle, aber mächtige Totalidee die allem technischen vorhergeht, kann kein poetisches Werk entstehen, und die Poesie, däucht mir, besteht eben darin, jenes Bewußtlose aussprechen und mittheilen zu können, d. h. es in ein Object überzutragen. Der Nichtpoet kann so gut als der Dichter von einer poetischen Idee gerührt sein, aber er kann sie in kein Object legen, er kann sie nicht mit einem Anspruch auf Nothwendigkeit darstellen. Eben so kann der Nichtpoet so gut als der Dichter ein Product mit Bewußtsein und mit Nothwendigkeit hervorbringen, aber ein solches Werk fängt nicht aus dem Bewußtlosen an, und endigt nicht in demselben. Es bleibt nur ein Werk der Besonnenheit. Das Bewußtlose mit dem Besonnenen vereinigt macht den poetischen Künstler aus. Man hat in den letzten Jahren über dem Bestreben der Poesie einen höheren Grad zu geben, ihren Begriff verwirrt. Jeden, der im Stande ist, seinen Einpfindungszustand in ein Object zu legen, so, daß dieses Object mich nöthigt, in jenen Empfindungszustand überzugehen, folglich lebendig auf mich wirkt, heiße ich einen Poeten, einen Macher. Aber nicht jeder Poet ist darum dem Grad nach ein vortrefflicher. Der Grad seiner Vollkommenheit beruht auf dem Reichthum, dem Gehalt, den er in sich hat und folglich außer sich darstellt, und auf dem Grad von Notwendigkeit, die sein Werk ausübt. Je subjectiver sein Empfinden ist, desto zufälliger ist es; die objective Kraft beruht auf dem ideellen. Totalität des Ausdrucks wird von jedem dichterischen Werk gefordert, denn jedes muß Charakter haben, oder es ist nichts; aber der vollkommene Dichter spricht das Ganze der Menschheit aus.
Es leben jetzt mehrere so weit ausgebildete Menschen, die nur das ganz vortreffliche befriedigt, die aber nicht im Stande wären, auch nur etwas gutes hervorzubringen. Sie können nichts machen, ihnen ist der Weg vom Subject zum Object verschlossen; aber eben dieser Schritt macht mir den Poeten.
Eben so gab und giebt es Dichter genug, die etwas gutes und charakteristisches hervorbringen können, aber mit ihrem Product jene hohen Forderungen nicht erreichen, ja nicht einmal an sich selbst machen. Diesen nun, sage ich, fehlt nur der Grad, jenen fehlt aber die Art, und dieß meine ich wird jetzt zu wenig unterschieden. Daher ein unnützer und niemals beizulegender Streit zwischen Beiden, wobei die Kunst nichts gewinnt; denn die Ersten welche sich auf dem vagen Gebiet des Absoluten aufhalten, halten ihren Gegnern immer nur die dunkle Idee des Höchsten entgegen, diese hingegen haben die That für sich, die zwar beschränkt, aber reell ist. Aus der Idee aber kann ohne die That gar nichts werden.
Ich weiß nicht, ob ich mich deutlich genug ausgedrückt habe, ich möchte Ihre Gedanken über diese Materie wissen, welche einem durch den jetzigen Streit in der ästhetischen Welt so nahe gelegt wird.
Von hier aus werde ich Ihnen wohl nicht mehr schreiben, denn ich denke auf den Mittwoch wieder nach Weimar zu kommen; vielleicht sind Sie dann wieder dort, und unsere Mittheilungen können wieder eröffnet werden.
Ich danke für die Portugiesische Reisebeschreibung; sie ist nicht übel geschrieben, doch etwas dürftig und nicht ohne Ansprüche. Der Verfasser scheint mir zu den Verstandesmenschen zu gehören, die im Herzen feindlicher gegen Philosophie und Kunst gesinnt sind, als sie gestehen. Dieß hat zwar bei dieser Reisebeschreibung nicht viel zu sagen, aber es drückt sich doch aus und wird empfunden.
Leben Sie recht wohl und genießen Sie heitere Tage.
Sch.
806. An Goethe.
Weimar, 3. April 1801.
Am Mittwoch bin ich wieder hier eingetroffen und habe sehr beklagt, Sie nicht zu finden. Möge Ihnen indessen der Aufenthalt auf dem Lande nur recht günstig sein! Ich will während Ihrer Abwesenheit mein Geschäft so weit als möglich zu fördern suchen, daß ich es Ihnen bald nach Ihrer Zurückkunft geendigt vorlegen kann. In etwa vierzehn Tagen hoffe ich am Ziele zu sein. Von meinem letzten Act augurire ich viel Gutes, er erklärt den ersten, und so beißt sich die Schlange in den Schwanz. Weil meine Heldin darin auf sich allein steht, und im Unglück von den Göttern deserirt ist, so zeigt sich ihre Selbstständigkeit und ihr Charakteranspruch auf die Prophetenrolle deutlicher. Der Schluß des vorletzten Acts ist sehr theatralisch und der donnernde Deus ex machina wird seine Wirkung nicht verfehlen.
Meyer hat meinen kleinen Ernst gemalt, wie Sie wissen; das Bild ist fertig und sehr schön ausgefallen, daß es Sie gewiß auch erfreuen wird. Es ist so bedeutend gefaßt und sehr angenehm behandelt; auch die Ähnlichkeit fehlt nicht, so schwer es auch hielt, den Kleinen in eine ruhige Positur zu bringen.
Es hat mir leid gethan, meinen Garten gerade jetzt da das Wetter so schön geworden, zu verlassen; doch habe ich mich auch wieder nach Haus zurückgesehnt; und zum Glück bin ich hier gleich wieder in meine Arbeit herein gekommen.
Ich habe Verlangen wieder einige Zeilen von Ihnen zu sehen, denn in Roßla liegen Sie uns doch, so nah es ist, wie am Ende der Welt. Leben Sie recht wohl und alles Gute sei mit Ihnen.
Sch.
807. An Schiller.
Ich wünsche Glück zu Ihrer Zurückkunft nach Weimar und hoffe Sie bald wieder zu sehen, entweder daß Sie mich besuchen, oder daß ich mich auch wieder nach der Stadt verfüge.
Mein hiesiger Aufenthalt bekommt mir sehr gut, theils weil ich den ganzen Tag mich in freier Luft bewege, theils weil ich durch die gemeinen Gegenstände des Lebens depotentiirt werde, wodurch eine gewisse Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit in meinen Zustand kommt, die ich lange nicht mehr kannte.
Was die Fragen betrifft die Ihr letzter Brief enthält, bin ich nicht allein Ihrer Meinung, sondern ich gehe noch weiter. Ich glaube daß alles was das Genie, als Genie thut, unbewußt geschehe. Der Mensch von Genie kann auch verständig handeln, nach gepflogener Ueberlegung, aus Ueberzeugung; das geschieht aber alles nur so nebenher. Kein Werk des Genies kann durch Reflexion und ihre nächsten Folgen verbessert, von seinen Fehlern befreit werden; aber das Genie kann sich durch Reflexion und That nach und nach dergestalt hinaufheben, daß es endlich musterhafte Werke hervorbringt. Je mehr das Jahrhundert selbst Genie hat, desto mehr ist das Einzelne gefördert.
Was die großen Anforderungen betrifft, die man jetzt an den Dichter macht, so glaube ich auch daß sie nicht leicht einen Dichter hervorbringen werden. Die Dichtkunst verlangt im Subject, das sie ausüben soll, eine gewisse gutmüthige, ins Reale verliebte Beschränktheit, hinter welcher das Absolute verborgen liegt. Die Forderungen von oben herein zerstören jenen unschuldigen productiven Zustand und setzen, für lauter Poesie, an die Stelle der Poesie, etwas das nun ein für allemal nicht Poesie ist, wie wir in unsern Tagen leider gewahr werden; und so verhält es sich mit den verwandten Künsten, ja der Kunst im weitesten Sinne.
Dieß ist mein Glaubensbekenntniß, welches übrigens keine weiteren Ansprüche macht.
Von Ihrer neuesten Arbeit hoffe ich sehr viel Gutes. Das Werk ist gut aufgefaßt, und wenn Sie sich genug Muße geben, so wird es sich von selbst runden. An Faust ist in der Zeit auch etwas geschehen. Ich hoffe daß bald in der großen Lücke nur der Disputationsactus fehlen soll, welcher denn freilich als ein eigenes Werk anzusehen ist und aus dem Stegreife nicht entstehen wird.
Die famose Preisfrage habe ich diese Zeit auch nicht aus der Acht gelassen. Ich habe, um eine empirische Unterlage zu meinen Betrachtungen zu gewinnen, angefangen mir ein Anschauen der europäischen Nationen zu bilden. Nach der Linkischen Reise habe ich noch manches über Portugal gelesen und werde nun nach Spanien übergehen. Wie sehr sich alles ins Enge ziehe, wenn man solche Betrachtungen recht von innen heraus nimmt, werde ich täglich mehr überzeugt.
Ritter besuchte mich einen Augenblick und hat meine Gedanken auch auf die Farbenlehre geleitet. Die neuen Entdeckungen Herschels, welche durch unsern jungen Naturforscher weiter fortgesetzt und ausgedehnt worden, schließen sich gar schön an jene Erfahrung an, von der ich Ihnen mehrmals gesagt habe, daß die bononischen Leuchtsteine an der gelbrothen Seite des Spectrums kein Licht empfangen, wohl aber an der blaurothen. Die physischen Farben identificiren sich hierdurch mit den chemischen. Mein Fleiß, den ich in dieser Sache nicht gespart habe, setzt mich bei Beurtheilung der neuen Erfahrungen in die größte Avantage, wie ich denn auch gleich neue, die Sache weiter auszuführende Versuche ausgesonnen habe; ich sehe vor mir, daß ich dieses Jahr wenigstens wieder ein paar Capitel der Farbenlehre schreiben werde. Ich wünsche Ihnen das Neueste bald vorzutragen.
Möchten Sie mich wohl Donnerstags mit Professor Meyer besuchen? Bereden Sie es doch mit diesem, dem ich das Nähere geschrieben habe.
Leben Sie indeß recht wohl.
Oberroßla den 6. April 1801.
G.
808. An Goethe.
(Weimar, 15. April 1801.)
Ich heiße Sie herzlich willkommen in Weimar, und freue mich, nach einer so langen Abwesenheit wieder mit Ihnen vereinigt zu sein. Lassen Sie mich doch wissen, ob Sie heute Abend zu Hause bleiben oder ob ich Sie in der Komödie finde.
Ich werde heute mit meinem Stücke fertig, und dieser Tag ist mir also doppelt werth. Weil mir aber das Wetter zusetzt, und meine Arbeit mich in den letzten Tagen etwas angegriffen, so befinde ich mich nicht ganz wohl.
Meine Frau grüßt Sie aufs beste. Auch Niethammer, der diesen Morgen angekommen, empfiehlt sich Ihrem Andenken.
Sch.
809. An Schiller.
Auch ich freue mich recht sehr wieder in Ihrer Nähe zu sein und besonders an diesem Tage anzukommen der eine solche Epoche macht.
Heute Abend um sieben Uhr finden Sie mich zu Hause. Will Niethammer zum Abendessen auch von den Unsern sein, so heiße ich ihn willkommen.
Viele Grüße an Ihre liebe Frau der ich noch einen Dank für ihren freundlichen Brief schuldig bin.
Viel Glück zur Vollendung Ihres Werkes.
Weimar am 15. April 1801.
G.
810. An Goethe.
(Weimar, 18, April 1801.)
Hier sende ich Ihnen das verlangte Werk, nebst dem Entwurf der Rollenbesetzung. Auf dem Exemplar fürs Theater sind ohngefähr sechs Blätter weniger.
Den Nathan will ich heute vornehmen und Ihnen auf den Abend in der Oper eine Definitivantwort darüber sagen.
Sch.
811. An Schiller.
Nehmen Sie mit Dank das Stück wieder. Es ist so brav, gut und schön daß ich ihm nichts zu vergleichen weiß.
Lassen Sie uns gegen Abend zusammen spazieren und zusammen bleiben.
Morgen geh ich wieder aufs Land.
Weimar den 20. April 1801.
G.
812. An Schiller.
Indessen Sie allerlei außerordentliche theatralische Ergetzlichkeiten genießen, muß ich auf dem Lande verweilen und mich mit allerlei gerichtlichen und außergerichtlichen Händeln, Besuchen in der Nachbarschaft und sonstigen realistischen Späßen unterhalten. Kann ich es möglich machen so komme ich Sonnabends. Sagen Sie mir doch ein Wort wie es mit Nathan geht, und ob die tapfere Jungfrau sich weiters producirt hat. Von mir kann ich weiter nichts sagen als daß mir der hiesige Aufenthalt physisch nicht übel bekommt und daß ich wohl damit zufrieden sein kann, da ich von meinem reconvalescirenden Zustand ohnehin keine Wunder erwarten darf. Leben Sie recht wohl und erfreuen mich bald mit einigen Zeilen.
Oberroßla am 27. April 1801.
G.
813. An Goethe.
Weimar, 28. April 1801.
Sie verlieren doch etwas, daß Sie diese musikalische Woche versäumen, wo Tanz und Gesang sich zu unsrer Ergötzlichkeit vereinigen. Gern hat uns durch seine schöne Stimme im Sarastro viel Freude gemacht; im Tarare hat er weniger befriedigt, denn die gewaltsame brusque Person widersteht seiner weichen Sprache.
Die Tänzer welche am Montag im Intermezzo sich sehen ließen, haben die Weimarianer in eine zweifelhafte Verwunderung gesetzt; man ist an die seltsamen Stellungen und Bewegungen, wo das Nein ganz lang nach hinten und nach der Seite ausgestreckt wird, nicht gewöhnt. Sie sehen unschicklich, indecent und nichts weniger als schön aus. Aber die Leichtigkeit und Flüchtigkeit und das musikalische Maß hat sehr viel ergötzendes. Cotta ist in diesen Tagen durchgereist, hat sich aber nur einige Stunden aufgehalten, und wird auf seiner Rückreise etwas länger bleiben, wo er auch Sie hier zu finden hofft. Er hat den Kupferstecher Müller aus Stuttgart mitgebracht, den Sie auch schon von Person kennen, so viel ich weiß. Es ist ein braver Mann, aber der Mann und seine Kunst erklären einander wechselsweise; er hat ganz das sorgfältige, reinliche, kleinliche und delikate seines Griffels. Es sind auch vier Zeichnungen Wächters zum Wallenstein mitgekommen, die zu vielerlei Betrachtungen, besonders wieder über die Wahl der Gegenstände Anlaß gaben . Aber es ist etwas recht tüchtiges, charakteristisches und kräftiges darin. Meyer hat sie noch nicht gesehen, ich bin neugierig ob er den Künstler erräth.
Der Nathan ist ausgeschrieben und wird Ihnen zugeschickt werden, daß Sie die Rollen austheilen. Ich will mit dem Schauspielervolk nichts mehr zu schaffen haben, denn durch Vernunft und Gefälligkeit ist nichts auszurichten, es giebt nur ein einziges Verhältniß zu ihnen, den kurzen Imperativ, den ich nicht auszuüben habe.
Die Jungfrau habe ich vor acht Tagen dem Herzog schicken müssen und habe sie noch nicht aus seinen Händen zurück erhalten. Wie er sich aber gegen meine Frau und Schwägerin geäußert, so hat sie, bei aller Opposition, in der sie zu seinem Geschmacke steht , eine unerwartete Wirkung auf ihn gemacht. Er meint aber, sie könne nicht gespielt werden und darin könnte er Recht haben. Nach langer Veranschlagung mit mir selbst, werde ich sie auch nicht aufs Theater bringen, ob mir gleich einige Vortheile dabei entgehen. Erstlich rechnet Unger, an den ich sie verkauft habe, darauf, daß er sie als eine vollkommene Novität zur Herbstmesse bringe; er hat mich gut bezahlt und ich kann ihm hierin nicht entgegen sein. Dann schreckt mich auch die schreckliche Empirie des Einlernens, des Behelfens und der Zeitverlust der Proben davon zurück, den Verlust der guten Stimmung nicht einmal gerechnet. Ich trage mich jetzt mit zwei neuen dramatischen Sujets, und wenn ich sie beide durchdacht und durchgeprüft habe, so will ich zu einer neuen Arbeit übergehen. Leben Sie recht wohl und kommen ja auf den Sonnabend her.
Sch.
814. An Schiller.
Ich habe diese Tage gerade das Gegentheil von Gesang und Tanzkunst erlebt, indem ich mit der rohen Natur und über das ekelhafteste Mein und Dein im Streite lag. Heute bin ich meinen alten Pachter erst los geworden und nun giebt es so manches zu besorgen und zu bedenken da der neue erst Johannis anzieht. Ich glaube daher kaum daß ich Sonnabends kommen werde. Nehmen Sie sich doch einer Leseprobe vom Nathan einstweilen an, bis ich eintreffe, denn ohne Leitung würden sich die Leute gar nicht zu helfen wissen; es ist ein sehr undankbares Geschäft, doch kann man es nicht ganz los werden.
Einer Vorstellung Ihrer Jungfrau möchte ich nicht ganz entsagen. Sie hat zwar große Schwierigkeiten, doch haben wir schon große genug überwunden, aber freilich wird durch theatralische Erfahrungen Glauben, Liebe und Hoffnung nicht vermehrt. Daß Sie persönlich etwas besseres thun können als sich einer solchen Didaskalie zu unterziehen bin ich selbst überzeugt; es käme darauf an ob ich bei meiner jetzigen Halbthätigkeit dazu nicht am besten taugte. Doch davon wird sich reden lassen wenn wir wieder zusammen kommen.
Ich habe der Versuchung nicht widerstehen können mir einen Spaziergang hier anzulegen, da man vorher keinen Schritt im Trocknen thun konnte bei feuchtem Wetter und keinen im Schatten bei Sonnenschein. Nun hat mich das etwas weiter geführt als billig, und ich muß hier bleiben bis die Anlage fertig ist, weil sie mir sonst zuletzt noch verpfuscht werden könnte. Leben Sie indessen wohl in einer bessern Welt und sinnen Sie auf neue Schöpfungen zu unserer Freude.
Oberroßla am 28. April 1801.
G.
815. An Schiller.
Mögen Sie heute halb Zwölf zu mir kommen, die bewußten Versuche sehen und sodann eine Stunde mit mir spazieren fahren so wird es uns eine Freude sein.
(Weimar) Den 12. Mai 1801.
G.
816. An Schiller.
Ehe ich von Göttingen scheide muß ich Ihnen doch ein Lebenszeichen geben. Es ist mir bisher sehr wohl gegangen, ich habe die merkwürdigsten Anstalten gesehen und den größten Theil der Professoren kennen lernen; man begegnet mir mit viel Neigung und gutem Willen und ich gestehe, daß ich mich lange nicht so wohl und heiter befunden habe.
Die Anstalten sind höchst respectabel, doch werden Sie darüber, so wie über die Menschen erst mündlich von mir hören. Leider scheinen meine Acten auf dieser Reise nicht so anzuschwellen, wie auf der letzten nach der Schweiz; damals war ich freilich im Falle meine Kräfte an der Welt zu versuchen, jetzt will ich zufrieden sein wenn ich sie an ihr wieder herstelle. Kann ich indessen nicht zum Anschauen der Totalität des Göttingischen Zustands gelangen, so wird mir diese Reise von außerordentlichem Nutzen sein; schon jetzt fühl’ ich, wie sich mein Geist bei Betrachtung dieser Zustände aufheitert.
Mein Reisegefährte August, welcher Karln schönstens grüßen läßt, ist auch Schuld an meinem mindern Fleiß, indem er mich zerstreut und manche Betrachtung ableitet; doch ist er sehr glücklich, er gewinnt in manchem Sinne und auch mein Verhältnis; gegen die Menschen wird durch ihn gelinder und heiterer, als es vielleicht außerdem hätte sein können. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und erfreuen Sie mich, wenn ich wieder komme, mit Früchten Ihres Fleißes.
Göttingen am 11. Juni 1801.
G.
817. An Goethe.
Weimar, 28. Juni 1801.
Wir haben mit großer Sehnsucht auf Nachrichten von Ihnen geharrt und erst vorgestern, nachdem er fünfzehn Tage unterwegs gewesen, erhalte ich Ihren Brief aus Göttingen. Den meinigen hoffe ich durch eine Gelegenheit, die diese Woche von hier nach Pyrmont geht, schneller in Ihre Hände zu bringen. Das kalte Wetter vor vierzehn Tagen wird, wie ich fürchte, dem Anfang der Brunnenkur sehr ungünstig gewesen sein und Sie zwingen, Ihren Aufenthalt dort zu verlängern. Es hat auch meine Gesundheit angegriffen, und dem Fleiß geschadet. Für Cotta habe ich indeß doch eine Ballade, Leander und Hero, wirklich zu Stande gebracht, nebst noch einigen kleinern Gedichten, was ich Ihnen bei Ihrer Zurückkunft vorzutragen hoffe. Das Schauspiel fängt an, sich zu organisiren, und in acht Tagen denke ich an die Ausführung zu gehen. Der Plan ist einfach, die Handlung rasch, und ich darf nicht besorgen, ins Breite getrieben zu werden.
Aber auch mir droht eine lange Zerstreuung, denn mein Entschluß ist nun ernstlich gefaßt, in etwa drei Wochen an die Ostsee zu reisen, dort das Seebad zu versuchen und dann über Berlin und Dresden zurückzugehen. Viel Vergnügen erwarte ich mir zwar nicht von dieser Reise, ja in Berlin fürchte ich peinliche Tage, aber ich muß neue Gegenstände sehen, ich muß einen entscheidenden Versuch über meine Gesundheit machen; ich wünsche einige gute Theatervorstellungen, wenigstens einige vorzügliche Talente zu sehen und, da es keinen großen Umweg kostet, auch die alten Freunde wieder zu sehen. Meine Erwartungen sind so, daß sie eher übertroffen, als getäuscht werden können. Uebrigens hoffe ich auf den zehnten September wieder zurück zu sein, denn ich werde schnell reisen, und mich nur zwölf Tage in Dobberan, eben so lang in Berlin und sechs Tage in Dresden verweilen. Bei meiner Zurückkunft hoffe ich Sie heiter und gesund wieder anzutreffen und vielleicht selbst an Wohlsein gewonnen zu haben.
Was seit Ihrer Abreise neues hier vorgegangen, werden Sie sonst erfahren haben. Mit den Badischen Herrschaften war eine Frau von Hack hier, eine alte Bekanntschaft von Ihnen, die sich Ihrer mit Antheil erinnerte, und Sie in dem Bilde von Bury ganz wieder erkannte. Auch Knebel hält sich seit einigen Tagen mit seiner Frau hier auf, er soll sehr heiter und im übrigen ganz noch derselbe sein.
Rochlitz aus Leipzig war hier: wie er sagt, so haben Sie ihn aufgemuntert zu den Preisstücken zu concurriren. Er hat wohl eine gute Intention, aber die Kräfte fehlen . Aus Leipzig hat er mir die fertige Hälfte eines Lustspiels zugesendet, und will meine Meinung wissen, ob es mit einiger Hoffnung und Wahrscheinlichkeit um den Preis kämpfen kann; denn wie er schreibt, könnte er es nicht ohne Aufopferung auf den bestimmten Termin vollenden, und möchte daher, wenn er ein Uebriges thun soll, auch des Erfolgs gewiß sein. Das Stück ist, so weit es fertig, allerdings spielbar; es hat einige gute Theaterscenen, die ihre Wirkung nicht verfehlen werden, aber loben läßt sich’s nicht, und noch weniger krönen, wenn es auch wirklich unter den Concurrenzstücken das beste sein sollte. Es ist zu trivial, schwach und geistlos . In der Verlegenheit, worin ich bin, ihm einen leidlichen Bescheid zu geben, werde ich mich etwas streng an die Aufgabe eines Intriguenstücks halten: denn was die zwei Akte gutes und piquantes haben, liegt in dem Spiel zweier lustigen Charaktere und keineswegs in der Intrigue. Ich werde ihn ermuntern das Stück zu vollenden, aber es nicht eigentlich zur Concurrenz um den Preis einzuschicken. Daß wir es spielen wollen und werden, kann ich ihm versprechen, und so steht es dann immer bei Ihnen, ob Sie es als ein Concurrenzstück ansehen wollen oder nicht.
Seckendorf schreibt mir aus Regensburg, daß unter der dortigen schlechten Truppe sich ein brauchbarer Schauspieler Namens Eugen befinde, der den Tenor singt, in der Opera die Buffons und im Schauspiel die ersten Liebhaber spielt. Für die letzteren Rollen mache ihn seine mittlere und untersetzte Figur zwar nicht besonders geschickt, aber er meint daß er es mit Kordemann und Haide wohl aufnehmen könne, ja den ersten um vieles übertreffe. Er habe dort wöchentlich zehn Gulden rheinisch, und könne von sechs Wochen zu sechs Wochen abgehen. Ich melde Ihnen dieses, weil Seckendorf doch eher zu tadeln als das Lob zu übertreiben pflegt, und an dem jungen Menschen also doch etwas sein muß, was vielleicht weiter auszubilden ist.
Weil es mit den Propyläen, wie mir Cotta versicherte, noch gar nicht fort will, und zu wenige Exemplare davon in Circulation kommen, wodurch also, wenn Sie auch ganz auf alle Einnahme großmüthig Verzicht thäten, immer der Zweck der Verbreitung leiden muß, so habe ich Meyern die Idee mitgetheilt, die Lit. Zeitung zum Canal zu machen, die Kunstbegriffe worauf es ankommt ins Publikum zu bringen. Sie würden z. B. alle Vierteljahr sich eine Woche von der Lit. Zeitung ausbedingen und das Kunstwesen darin vornehmen. Die Kritik der neuesten Kunstwerke und Kunstschriften wäre das Vehikel für alles was man sagen will, und außer dem großen Vortheil einer allgemeinen Verbreitung gewänne man auch das, daß dem falschen Geschmack sein nichtigstes Tribunal entzogen und dieses genöthigt würde, für die gute Sache zu zeugen. Meyer ist auch meiner Meinung und wird bei seiner nächsten Zusammenkunft mit Ihnen ausführlicher von der Sache reden.
Jetzt sage ich Ihnen ein herzliches Lebewohl und wünsche, daß wir recht bald erfreuliche Nachrichten von Ihnen erhalten mögen. Die schönsten Grüße von meiner Frau und Schwägerin, und von Karin an Augusten.
Sch.
818. An Schiller.
Zu der Entschließung die Sie gefaßt haben wünsche ich von Herzen Glück; es ist recht schön daß Sie sich nach Norden bewegen, indeß ich im nordwestlichen Deutschland mich umsehe; wir werden alsdann manches einander mittheilen und die Zustände vergleichen können.
Da mich die Kur zu aller Arbeit untüchtig gemacht hat, so habe ich hier wenig Zufriedenheit genossen; doch darf ich manches guten und interessanten Gesprächs nicht vergessen. Der Prediger Schütz aus Bückeburg, Bruder der Frau Griesbach, ist ein sehr unterrichteter und angenehmer Mann; besonders merkwürdig ist es wenn man im Stillen eine Vergleichung zwischen ihm und seinen Geschwistern anstellt. Von andern persönlichen Erscheinungen mündlich.
Wenn ich von einem Resultate reden soll das sich in mir zu bilden scheint, so sieht es aus, als wenn ich Lust fühlte immer mehr für mich zu theoretisiren und immer weniger für andere. Die Menschen scherzen und bangen sich an den Lebensräthseln herum, wenige kümmern sich um die auflösenden Worte. Da sie nun sämmtlich sehr recht daran thun, so muß man sie nicht irre machen.
Was auch diese Expedition und Kur auf Geist und Leib für eine Wirkung haben mag, so fühle ich doch daß ich alle Ursache habe mich zu beschränken und nur das nächste und nothwendigste vorzunehmen. Es wird mir also ganz angenehm sein, irgend ein Engagement los zu werden: in ein neues hingegen möchte ich mich nicht gern einlassen; doch das wird sich alles zeigen, wenn wir wieder zusammenkommen und sowohl unser Erworbenes als unsere Kräfte berechnen.
Auf Hero und Leander bin ich recht neugierig, ich wünschte Sie hätten mir es mitgeschickt. Was Ihr Schauspiel betrifft, so weiß ich nicht, ob Sie von den Malthesern oder von dem untergeschobenen Prinzen sprechen, und ich werde also auf doppelte Weise überrascht sein wenn Sie auch hierin vorwärts rücken.
Die Totalität des Pyrmonter Zustandes habe ich so ziemlich vor mir. Auf meiner Rückreise hoffe ich auch zu completiren was mir noch an Göttingen fehlt. Kassel werde ich mehr im allgemeinen und nur von der Kunstseite zu fassen suchen, weil die Zeit zu einem weitern nicht hinreicht.
Meine Acten sind übrigens sehr mager geblieben; die Badelisten und Komödienzettel machen den größten Theil davon aus. Bei dem hiesigen Theater sind mehrere Subjecte die ein recht gutes äußerliches haben und perfectibel scheinen. Die Gesellschaft ist im Ganzen eher gut als schlecht, doch bringt sie eigentlich nichts erfreuliches hervor, weil der Naturalismus, die Pfuscherei, die falsche Richtung der Individualitäten, entweder zum Trocknen oder zum Manierirten, und wie das Unheil alle heißen mag, hier so wie überall webt und wirkt und das Zusammenbrennen des Ganzen verhindert.
Mich verlangt sehr auf die Schilderung die Sie uns vom Berliner Theater machen werden.
Der Herzog wird morgen oder übermorgen erwartet; wenn er sich eingerichtet hat, denke ich nach Göttingen zurückzugehen. Blumenbachs Schädelsammlung hat manche alte Idee wieder aufgeregt und ich hoffe ein oder das andere Resultat soll bei näherer Betrachtung nicht fehlen. Professor Hofmann wird mich mit den kryptogamischen Gewächsen näher bekannt machen und dadurch eine starke Lücke in meinen botanischen Kenntnissen ausfüllen. Was ich für meine Farbenlehre auf der Bibliothek zu suchen habe, ist auch schon notirt und wird nun desto schneller zu finden sein. Ich leugne nicht, daß ich wohl ein Vierteljahr in Göttingen zubringen möchte, indem daselbst gar vieles beisammen zu haben ist.
Der Herzog ist nun angekommen und ist im Falle aller Ankommenden: er hofft und amüsirt sich, ich hingegen, als ein Abgehender, finde sehr mäßigen Gewinn und die Weile will alle Tage länger werden. Ich sehe daher mit Sehnsucht meiner Erlösung entgegen, die sich wahrscheinlich Mittwochs den fünfzehnten ereignen wird. Von Göttingen schreibe ich noch einmal, wenn ich einigermaßen etwas zu sagen habe.
Leben Sie recht wohl und reisen Sie glücklich. Grüßen Sie die Ihrigen und gedenken mein.
Pyrmont den 12. Juli 1801.
G.
819. An Schiller.
Unser gestriges Gastmahl war, ohngeachtet der starken Würze, auf dem Wege sehr schlecht abzulaufen. Ihr Außenbleiben machte gleich eine große Lücke in die kleine Gesellschaft, Mellish war nicht vom besten Humor und dieß gab auch mir eine etwas trübe Stimmung. Wir mußten erst einige Stunden essen und trinken, bis wir uns belebt fühlten. Die Jäger, die erst gegen fünf Uhr kamen und mit gutem Appetit in die Ueberreste einfielen, gaben der ganzen Begebenheit eine bessere Wendung. Der ganze Verlauf der Parforcejagd ward nochmals vorgeführt und wir blieben ganz heiter bis gegen sieben Uhr beisammen .
Nun gehe ich nach Jena ohne Sie nochmals gesehen zu haben, in sechs Tagen bin ich wieder hier und schicke indessen ein Paar Lustspiele zu gefälliger Einsicht.
Leben Sie recht wohl, sein Sie fleißig und gedenken mein.
Weimar am 18. October 1801.
G.
820. An Schiller.
Da meine Ankunft noch vor den Ablauf Ihres Geburtstages trifft so säume ich nicht Ihnen noch meinen besten Glückswunsch, von dem Sie schon überzeugt sind, ausdrücklich und schriftlich zu überschicken und zugleich auf morgen, als zum zweiten Feiertag zur bekannten freundschaftlichen Zusammenkunft einzuladen.
Weimar am 10. November 1801.
G.
821. An Goethe.
(Weimar, 10. November 1801.)
Ich freue mich Ihrer Zurückkunft und sage Ihnen den schönsten Dank für Ihren freundschaftlichen Glückwunsch. Morgen hoffe ich von Ihnen zu hören, daß die Musen Ihnen in Jena günstiger als mir gewesen .
Ich erhielt heute von Rochlitz aus Leipzig einen kläglichen Erinnerungsbrief wegen seiner Zauberflöte. Er wartet auf eine Zeile Antwort von Ihnen, was das Schicksal dieses Werkes sei, und erbittet sich das Manuscript zurück.
Leben Sie recht wohl. Ich freue mich Sie morgen wieder zu sehen.
Sch.
822. An Schiller.
Da es wohl Zeit sein möchte daß wir einander wieder einmal sähen, so komme ich, wenn es Ihnen recht ist, heute Abend um Sieben mit dem Wagen Sie abzuholen.
Haben Sie besondere Neigung zur Redoute, so soll Ihnen nach dem Abendessen das Fuhrwerk auch dazu bereit stehen.
Weimar am 27. November 1801.
G.
823. An Goethe.
(Weimar, 14. December 1801.)
Ich glaube, daß wir jetzt auf gutem Wege sind. Das Fieber hat sich ganz gelegt und die schlimmen Zufälle sind bei meiner Frau auch verschwunden. Mit den Kindern ist alles bis jetzt gut abgelaufen. So hoffe ich also mit einer schlimmen Woche wegzukommen.
Wenn Sie für August nichts fürchten, so wäre es für meinen Carl eine große Freude, ihn zu sehen.
Haben Sie selbst keine Scheu vor der Krankheit und mögen nach Tische eine Stunde ausfahren, so machte mir’s große Freude, Sie zu begleiten und einen Augenblick wieder zu sehen. Auch würde mir die frische Luft gut thun, denn ich habe nun fünf Tage bloß im Lazareth gelebt.
Sch.