496. An Schiller.
Herzlichen Dank für das Andenken das Sie meinem Geburtstag widmeten, und schon für den Gedanken daß Sie mich hätten besuchen mögen. Der Tag ist mir zerstreut und fruchtlos hingegangen, ich hoffe mich bald in Ihrer Nähe zu sammeln. Hygin hat mir auch, so oft ich ihn aufgeschlagen, Freude gemacht; es wird mir sehr lieb sein ihn einmal im Ganzen mit Ihnen durchzugehen. Auf die Argonauten hatte ich auch immer ein Zutrauen, und nach der neuen Lehre, da man von der Epopöe keine Einheit fordern will, wäre das Sujet seiner rhapsodischen Natur nach äußerst bequem. Es liegen herrliche Motive darin und gewiß ließen sich noch manche daraus entwickeln. Freitags will ich nun die letzten Hefte des Manuscripts abschicken. An der Einleitung habe ich noch manches gethan, das ihr hoffentlich nicht schaden soll, und würde immer noch mehr daran ausputzen, wenn ich sie nicht fortschicken müßte. Nun geht aber eigentlich eine neue Ansicht der Dinge an, denn schon in den Aushängebogen hat das Wesen eine andere Gestalt als in dem Manuscripte. Ich hoffe es soll nicht fehlen gleich aus den vier ersten Stücken eine Art von harmonirender Composition zu machen. Wenn wir nur noch etwas dazu von Ihnen erhalten könnten das weiter hinaus deutete. Der Druck zum Almanach nimmt sich recht artig aus, freilich fordert die kleine Schrift sorgfältigen Druck und glattes Papier.
Es freut mich daß die Herren Conz und Bürde ein wenig liederlich werden und sich an verbotnen Liebschaften ergötzen; wenn ich es noch von Matthisson erleben könnte würde es mir noch größern Spaß machen. Es ist curios , wie sich die Leute vor gewissen An- und Nachklängen nicht retten können. So tönt der alte Hexenmeister in der alten Wundergerte doch einigermaßen nach.
Vielleicht erhalten Sie gegen das Ende doch noch etwas von mir.
Der Deckel ist fertig und man wird nun sehen wie es mit dem Aufhöhen und Aufputzen der Zierrathe gehen kann. Sie sollen ehestens davon ein Pröbchen haben. Leben Sie recht wohl und fleißig, indem ich auch mich hier loszuarbeiten suche. Die erste Hälfte Septembers möchte ich gar gerne bei Ihnen zubringen.
Nutzen Sie das neue Verhältniß zu Fichten für sich so viel als möglich und lassen es auch ihm heilsam werden. An eine engere Verbindung mit ihm ist nicht zu denken, aber es ist immer sehr interessant ihn in der Nähe zu haben.
Weimar am 29. August 1798.
G.
497. An Goethe.
Jena den 31. August 1798.
Wenn ich es irgend einrichten kann und mein Befinden es erlaubt, so komme ich nächste Woche gewiß auf einige Tage hinüber. Freilich muß ich mit meinen Beiträgen zum Almanach im Reinen sein, dazu aber kann binnen vier Tagen Rath werden, denn es sind zwei Balladen fertig, welche zusammen zwanzig Seiten, gedruckt, betragen, und das Gedicht woran ich eben jetzt bin, wird auch zwischen zehn und zwölf Seiten bekommen, so daß ich also, mit dem schon abgedruckten Gedicht, doch ein Contingent von sechs und dreißig bis vierzig Seiten zusammenbringe, außer dem was vielleicht noch der Zufall binnen den nächsten vierzehn Tagen beschert. Ich kann dann mit weniger Sorge bei Ihnen sein und auch den Gedanken an den Wallenstein Raum geben.
Sie haben recht daß gewisse Stimmungen, die Sie erregt haben, bei diesen Herren nachhallen. Diese moralischen Gemüther treffen aber die Mitte selten, und wenn sie menschlich werden, so wird gleich etwas Plattes daraus. Zur nunmehrigen völligen Ausfertigung des ersten Stücks der Propyläen wünsche ich Glück. Ich bin recht verlangend es im Druck zu lesen und mich dann mit Ruhe darüber zu machen. Auf einen Vertrag von mir für das vierte Stück dürfen Sie sicher rechnen, denn ich brauche zur Beendigung des Wallensteins allerhöchstens noch den Rest dieses Jahres. Die Ausarbeitung des Stücks fürs Theater, als einer bloßen Verstandessache, kann ich schon mit einem andern, besonders theoretischen Geschäft zugleich vornehmen.
Ich freue mich den Theaterbau mit anzusehen, und glaube Ihnen, daß der Anblick der Bretter allerlei erwecken wird. Es ist mir neulich aufgefallen was ich in einer Zeitschrift oder Zeitung las, daß das Hamburger Publikum sich über die Wiederholung der Inländischen Stücke beklage und sie satt sei. Wenn dieß einen analogischen Schluß auf andere Städte erlaubt, so würde mein Wallenstein einen günstigen Moment treffen. Unwahrscheinlich ist es nicht, daß das Publikum sich selbst nicht mehr sehen mag, es fühlt sich in gar zu schlechter Gesellschaft. Die Begierde nach jenen Stücken scheint mir auch mehr durch einen Ueberdruß an den Ritterschauspielen erzeugt oder wenigstens verstärkt worden zu sein, man wollte sich von Verzerrungen erholen. Aber das lange Angaffen eines Alltagsgesichts muß endlich freilich auch ermüden.
Die ersten Bogen von den Propyläen, so wie die Decken zum Almanach werde ich wohl selbst bei Ihnen in Augenschein nehmen.
Werde ich die paar Tage bei Meyern logiren können ohne ihn zu geniren?
Leben Sie recht wohl; meine Frau grüßt Sie aufs beste.
Sch.
498. An Schiller.
Meine heutige Botschaft sei vorzüglich der Decke des Almanachs gewidmet davon ich hier ein paar Proben übersende.
Die auf weiß Papier zeigt wie sauber sie gestochen sei; einige Tausend können abgezogen werden, ohne daß man es merklich spüren wird, denn alles ist mit dem Grabstichel gemacht. Auf gefärbtem Papier nimmt sie sich, dünkt mich, besonders gut aus, eigentlich aber ist darauf calculirt daß ein bischen Farbe drauf kommen soll, wie die eine Hälfte zeigt.
Das Ries von dem Schreibpapier, wie eine Probe mitkommt, soll 3 Reichsthaler 12 Groschen kosten; es würde sich gefärbt ganz gut ausnehmen und das Ries würde nicht gar 2000 Decken geben.
Das 100 mit erwärmter Platte und sehr sorgfältig zu drucken, verlangt man 16 Groschen, das Buch Papier zu färben 5 Groschen.
Für ein Exemplar zu malen würde man allenfalls 18 Pfennige geben müssen. Es käme darauf an wie viel gemalte Sie etwa haben wollten. Ich glaube mancher wird ein paar Groschen fürs bunte Exemplar gerne mehr geben.
Schicken Sie mir das gemalte Exemplar so wie das Papiermuster zurück und bestimmen Ihre Bestellung, so kann alles hinter einander gemacht und die Decke zur rechten Zeit fertig werden.
Wenn Sie uns besuchen so können Sie recht gut neben Meyern logiren. Erfüllen Sie nur wo möglich Ihr Versprechen.
Weimar am 1. September 1798.
G.
499. An Goethe.
Jena den 2. September 1798.
Ein schwedischer Kaufmann Herr Lindahl überbringt Ihnen diesen Brief. Er ist ein sehr eifriger Freund der deutschen Literatur, hat viele Kenntnisse und scheint in Schweden mit den bedeutendsten Gelehrten viele Verbindungen zu haben. Sie werden ihn also freundschaftlich empfangen, wie ich wünsche, denn es ist ein Mann der es zu verdienen scheint, auch wünschte ich daß er Meyern kennen lernte.
Die Decke nimmt sich sehr zierlich aus; wir können die 170 Exemplare auf Velinpapier vor der Hand mit bunten Decken auszieren lassen. Es ist darnach noch immer Zeit, auch noch andere aufzuhöhen. Auch ist die gewählte graugelbe Farbe sehr passend, und besonders für die bunten Exemplare, Zu den letztern kann ich vielleicht etwas besseres Papier von hier aus schicken, sonst ist das wovon Sie eine Probe geschickt, ganz brauchbar. Den Preis von allem wird Cotta nicht zu hoch finden.
Ich sende die Decken und das Papier morgen, weil ich dem Fremden keinen größeren Brief mitgeben will.
Das Wetter hat sich wieder sehr glücklich verändert und meinen Entschluß nach Weimar zu gehen, etwa auf den Donnerstag, sehr ernstlich bestimmt.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
500. An Goethe.
Jena den 4. September 1798.
Meinen Brief vom Sonntag wird Ihnen der Schwede überliefert haben. Hier folgen die Proben zurück.
Auch sende ich einstweilen eine von den Balladen, die andere kann ich vielleicht auch noch beilegen. Es sollte mir lieb sein, wenn ich den christlich-mönchisch-ritterlichen Geist der Handlung richtig getroffen, und die disparaten Momente derselben in einem harmonirenden Ganzen vereinigt hätte. Die Erzählung des Ritters ist zwar etwas lang ausgefallen, doch das Detail war nöthig und trennen ließ sie sich nicht wohl.
Haben Sie die Güte mich zu erinnern, wenn Sie etwas anders wünschten, und mir das Manuscript mit dem Botenmädchen zurückzusenden.
Die andere Geschichte hat mir der Hyginus zugeführt. Ich bin neugierig ob ich alle Hauptmotive, die in dem Stoffe lagen, glücklich herausgefunden habe. Denken Sie nach ob Ihnen noch eines beifällt; es ist dieß einer von den Fällen, wo man mit einer großen Deutlichkeit verfahren und beinahe nach Principien erfinden kann.
Ich habe mir zwar jetzt einen starken Schnupfen zugezogen, doch denke ich, wenn nichts dazwischen kommt, auf den Donnerstag zu kommen.
Herzlich freue ich mich Sie wieder zu sehen.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau ladet Sie zum Mangold ein, der jetzt recht schön steht.
Sch.
Meine Frau bittet Sie, ihr den versprochnen Sternbald zu schicken.
501. An Schiller.
In der Hoffnung Sie morgen zu sehen schreibe ich nur wenig. Die Balladen folgen zurück, sie sind beide sehr gut gerathen. Bei dem christlichen Drachen finde ich nichts zu erinnern, er ist sehr schön und zweckmäßig. In der Bürgschaft möchte es physiologisch nicht ganz zu passiren sein, daß einer, der sich an einem regnigen Tag aus dem Strome gerettet, vor Durst umkommen will, da er noch ganz nasse Kleider haben mag. Aber auch das wahre abgerechnet und ohne an die Resorption der Haut zu denken kommt der Phantasie und der Gemüthstimmung der Durst hier nicht ganz recht. Ein ander schickliches Motiv das aus dem Wandrer selbst hervorginge fällt mir freilich zum Ersatz nicht ein; die beiden andern von außen, durch eine Naturbegebenheit und Menschengewalt, sind recht gut gefunden.
Wollten Sie wohl die Güte haben beiliegenden Zettel an Professor Lenz zu schicken und mir das Buch mitzubringen. Treten Sie ja von Ihrem guten Vorsatz nicht zurück. Ihre Reise wird Ihnen gewiß wohl bekommen.
Den vortrefflichen Sternbald lege ich bei, es ist unglaublich wie leer das artige Gefäß ist.
Weimar den 5. September 1798.
G.
502. An Goethe.
Jena den 5. September 1798.
Weil mein Schnupfen noch heftig ist, so will ich meine Wanderung lieber noch einen Tag oder zwei verschieben. Auch kann ich morgen noch eine Correctur abthun, und das Gedicht das ich unter Händen habe vielleicht schließen, obgleich der Schnupfen eine schlechte Stimmung giebt.
Können Sie noch etwas in den Almanach stiften, so thun Sie es ja, denn es wird hart halten, den nöthigen Tribut zu liefern, obgleich der göttliche Matthisson heute abermals ein Gedicht nachgesendet hat; denn unsre Dichterinnen haben mich stecken lassen.
Die Stanzen, die Sie auf der Herzogin Geburtstag gemacht, wünschte ich zu haben. Das Blatt, das Sie mir gesendet, muß unter meinen Papieren in der Stadt liegen; hier kann ich’s nicht finden, vielleicht finden Sie es in Weimar.
Ein klein Liedchen lege ich hier bei. Gefällt es Ihnen so können wir’s auch drucken lassen. Ich finde unter meinen Papieren allerlei angefangen, aber die Stimmung läßt sich nicht commandiren um es zu endigen.
Leben Sie recht wohl. Ich wünsche zu hören, daß Sie mit der gestrigen Sendung zufrieden sein mögen.
Sch.
503. An Schiller.
Wir haben Sie mit Sehnsucht erwartet und, was den Schnupfen betrifft, so hätten Sie ihn, nach unsers Fürsten erprobter Theorie, eben dadurch curirt wenn Sie sich der Luft ausgesetzt hätten.
Mich hält das Theater fest, bei dessen Bau und Einrichtung alle Tage etwas zu ordnen vorkommt, sonst wäre ich schon wieder zu Ihnen hinüber gekommen.
Hiebei liegt das Gedicht an die Herzogin; finden Sie nun aber auch einen Titel dazu!
Das kleine Lied das ich zurückschicke ist allerliebst, und hat vollkommen den Ton der Klage.
Ich habe in den Bogen des Almanachs, die ich besitze, drei, nicht unbedeutende Druckfehler gefunden.
pag. 20 vorletzte Zeile, gerecht statt gereiht ; " 27 im Matthissonischen Gedicht, zweiter Pentameter, Singt statt Siegt;
der dritte fällt mir gegenwärtig nicht ein.
Wegen des Umschlags wollten wir gerne mündlich sprechen. Haben Sie nur die Güte sobald als möglich das bessere Papier herüber zu schicken, damit wir es können färben und die Exemplare drucken und malen lassen.
Der Umschlag zu den Propyläen ist auch fertig geworden; Sie sehen einen Probedruck aus der Beilage. Was für mechanische Schwierigkeiten dabei zu überwinden waren, und noch sind, ließ sich gar nicht voraussehen. Indessen hat sie der ächt deutsche Geist unsers Facius, mit aller Treue, bekämpft, und ich hoffe noch manchen Spaß davon zu erleben.
Ich habe in allen meinen Papieren herumgedacht und finde nichts womit ich Ihnen zum Almanach zu Hülfe kommen könnte. Noch zu der Voigtischen Hochzeit hatte ich ein Gedicht ganz disponirt, das leider nicht fertig ward und selbst im Almanach würde es noch immer zur rechten Zeit kommen. Aber woher die Stimmung nehmen!?!?
Denn da hat mir neulich Freund Richter ganz andere Lichter aufgesteckt, indem er mich versicherte (zwar freilich bescheidentlich, und in seiner Art sich auszudrücken), daß es mit der Stimmung Narrenspossen seien, er brauche nur Kaffee zu trinken, um, so grade von heiler Haut, Sachen zu schreiben worüber die Christenheit sich entzücke.
Dieses und seine fernere Versicherung: daß alles körperlich sei, lassen Sie uns künftig zu Herzen nehmen, da wir denn das Duplum und Triplum von Productionen wohl an das Tageslicht fördern werden.
Uebrigens wird dieser edle Freund sich künftigen Winter gleichfalls in Weimar niederlassen, und hat schon ein Quartier über unserer kleinen Maticzek gemiethet. Ich bin recht neugierig wie ihm dieses theatralische Hausamalgam bekommen wird.
Uebrigens habe ich noch mancherlei Curiosa aufgespart, weil ich Sie hüben oder drüben zu sehen hoffte.
Weimar den 6. September 1798.
G.
504. An Goethe.
Jena den 7. September 1798.
Ich lege mich mit dem festen Vorsatz nieder morgen zu Ihnen hinüberzufahren. Für den Almanach habe ich mein Geschäft geschlossen; das letzte Gedicht bringe ich mit. Jetzt muß ich eilen, den kleinen Rest der guten Jahrszeit und meines Gartenaufenthalts für den Wallenstein zu benutzen; denn wenn ich meine Liebesscenen nicht schon fertig in die Stadt bringe, so möchte mir der Winter keine Stimmung dazu geben, da ich einmal nicht so glücklich bin, meine Begeisterung im Kaffe zu finden.
Das Buch von Lenz so wie auch das bessere Papier zu den Decken bringe ich mit. Ich hoffe diesem Brief bald zu folgen. Leben Sie recht wohl.
Sch.
505. An Goethe.
Jena den 9. September 1798.
Es thut mir leid, daß ich am Samstag mein Kommen bestimmt und wieder nicht gehalten habe, aber ich bin sehr unschuldig, denn ich habe in den vier letzten Tagen zwei Nächte ganz schlaflos zugebracht, welches mich sehr angegriffen. Ein eigenes Unglück ist es doch, daß mir dieses gerade in diesen Tagen zum erstenmal wieder begegnen mußte, nachdem ich den ganzen Sommer davon frei gewesen bin. Jetzt habe ich den Muth verloren, etwas festes über mein Kommen zu beschließen, doch wenn ich diese Nacht schlafen kann, und mich ein wenig erhole, komme ich morgen doch. Indessen sende ich den Lyonet, damit Sie in Ihren Geschäften durch mich nicht aufgehalten werden mögen. Leben Sie recht wohl.
Sch.
506. An Goethe.
Jena den 18. September 1798.
Ich habe mich gleich nach meiner Zurückkunft an den Prolog gemacht und ihn noch einmal aus der Rücksicht, daß er für sich allein stehen soll, betrachtet. Hiebei ergab sich nun, daß um ihn zu diesem Zweck geschickter zu machen, zweierlei geschehen muß:
1. muß er als Charakter- und Sittengemälde noch etwas mehr Vollständigkeit und Reichthum erhalten, um auch wirklich eine gewisse Existenz zu versinnlichen, und dadurch wird auch das
2. te erreicht, daß über der Menge der Figuren und einzelner Schilderungen dem Zuschauer unmöglich gemacht wird, einen Faden zu verfolgen und sich einen Begriff von der Handlung zu bilden, die darin vorkommt.
Ich sehe mich also genöthigt, noch einige Figuren hinein zu setzen, und einigen die schon da sind etwas mehr Ausführung zu geben; doch werde ich unser Weimarisches Personale immer vor Augen haben. Auf den Sonnabend sollen Sie den Prolog erhalten.
Cotta schreibt mir, daß ihm der Herzog ein neues Zeitungsprivilegium gegeben, und daß er durch Verlegung des Zeitungscomptoirs nach Stuttgart gegen 3500 fl. erspare. Ob Posselt auch diese neue Zeitung herausgiebt, schreibt er nicht; doch zweifle ich nicht daran. Er scheint einmal sein ganzes Heil in diese Zeitungsfabrikation zu setzen .
Ich lege hier wieder einen Bogen bei. Wenn es Ihnen recht ist, so will ich Ihr Gedicht an die Herzogin bloß: Stanzen überschreiben.
Noch einmal meinen besten Dank für alles was Sie mir in Weimar Schönes und Gutes erwiesen. Sobald der Prolog weg ist, werde ich an nichts anders mehr denken als das Stück fürs erste in dem Theatersinne zu vollenden, und werde von Ihren Rathschlägen und Bemerkungen allen Gebrauch machen der mir möglich ist.
Meyern grüße schönstens. Zugleich bitte ich ihn, einen größern und zwei kleinere Schlüssel, die ich in meiner Commode oder sonst irgendwo habe liegen lassen, zu suchen und mir durch die Botenfrau zu schicken.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau empfiehlt sich aufs beste.
Sch.
507. An Schiller.
Mittwochs war ich in Roßla und fand Ihren Brief gestern bei meiner Wiederkehr. Ich wünsche daß Sie bei Ihrer Arbeit fühlen mögen welchen guten Eindruck auf uns Sie zurückgelassen. Ein Monument einer so besondern Geistesthätigkeit als Ihr Wallenstein ist muß jeden in thätige Stimmung versetzen, wer derselben nur einigermaßen fähig ist. Nehmen Sie Ihr ganzes Wollen zusammen um das Werk nur erst auf unser Theater zu schieben, Sie empfangen es von dorther gewiß geschmeidiger und bildsamer als aus dem Manuscripte, das Ihnen schon zu lange vor den Augen fixirt steht. Sie sind schon so weit, daß nach meiner Einsicht ein solcher Versuch nur Nutzen bringen kann.
Was Sie an dem Prolog noch thun wollen muß ich sehr billigen. Ich erwarte ihn mit Verlangen und wir wollen über die fernere Taktik alsdann zusammen conferiren.
Heute nichts weiter. Hierbei folgen die Schlüssel. Das Gedicht kann wohl unter dem allgemeinen Titel: Stanzen hingehen.
Leben Sie recht wohl, wir grüßen Sie und Ihre liebe Frau aufs beste.
Weimar am 21. September 1798.
G.
508. An Schiller.
In meinem Briefe habe ich vergessen zu sagen daß wir gutes Schweizer Papier brauchen zum Abdruck des Titelkupfers in den Almanach. Hier findet sich’s nicht. Hertelhat gewiß welches. Wir bitten solches bald zu schicken.
Weimar am 21. September 1798.
G.
509. An Goethe.
Jena den 21. September 1798.
Ich habe vorgestern keinen Brief von Ihnen erhalten und hoffe, daß es nichts zu bedeuten hat. Nachdem ich eine Woche bei Ihnen zugebracht, ist es mir ganz ungewohnt so lange nichts von Ihnen zu hören.
Eine schlaflose Nacht, die ich heute gehabt und die mir den ganzen Tag verdorben, hat mich verhindert, den Prolog noch für heute zu expediren; überdieß hat der Abschreiber mich sitzen lassen. Ich denke, in der Gestalt, die er jetzt bekommt, soll er als ein lebhaftes Gemälde eines historischen Moments und einer gewissen soldatischen Existenz ganz gut auf sich selber stehen können. Nur weiß ich freilich nicht , ob alles was ich dem Ganzen zu lieb darin aufnehmen mußte, auch auf dem Theater wird erscheinen dürfen. So ist z. B. ein Capuziner hinein gekommen, der den Kroaten predigt, denn gerade dieser Charakterzug der Zeit und des Platzes hatte mir noch gefehlt. Es liegt aber auch nichts dran, wenn er von dem Theater wegbleibt.
Humboldt hat geschrieben, und empfiehlt sich Ihnen. Ihren Brief nebst dem Gedicht hat er erhalten, und wird Ihnen ehestens antworten. Mit unserm Arrangement mit seinem Werk ist er wohl zufrieden, aber er hat keine rechte Zuversicht zu seinem Werke, seine natürliche Furchtsamkeit kommt noch dazu, daß er der wirklichen Erscheinung mit einer gewissen Bangigkeit entgegen sieht. Er hat auch Vieweg empfohlen nur 500 Exemplare abziehen zu lassen, worin ihm dieser hoffentlich nicht willfahren wird; denn ich zweifle nicht sowohl daran, daß man die Schrift nicht kauft, als daß man sie liest. Kaufen wird man sie schon des Gedichtes wegen .
Er schreibt auch ein paar Worte von Retif, den er persönlich kennt, aber nichts von seinen Schriften. Er vergleicht sein Benehmen und Wesen mit unserm Richter die Nationaldifferenz abgerechnet; mir scheinen sie sehr verschieden.
Um auf meinen Prolog zurückzukommen, so wäre mir’s lieb, wenn ein andres passendes Stück und keine Oper damit könnte verbunden werden; denn ich muß ihn mit vieler Musik begleiten lassen, er beginnt mit einem Lied und endigt mit einem; auch in der Mitte ist ein klein Liedchen, er ist also selbst klangreich genug, und ein ruhiges moralisches Drama würde ihn also wahrscheinlich am besten herausheben, da sein ganzes Verdienst bloß Lebhaftigkeit sein kann.
Leben Sie recht wohl. Ich warte mit Verlangen auf Nachricht von Ihnen. Meyern viele Grüße, er möchte sich doch des Bechers erinnern.
Sch.
510. An Schiller.
Durch gegenwärtigen Boten wünschte ich Ihre Geschichte des dreißigjährigen Kriegs zu erhalten, um sie, sowohl zum Anfangsliede, als sonst zu mancherlei nutzen zu können. Heute Abend komme ich nicht, denn ich will noch bis es dunkel wird in Wallensteins Lager verweilen, und dann die modern-antiken Preußen und Sachsen auf dem Jenaischen Theater beschauen. Ich kann der Versuchung nicht widerstehen.
Morgen Mittag, wenn Sie es erlauben, bin ich Ihr Gast um noch manches durchzureden. Leben Sie recht wohl.
(Jena) Am 29. September 1798.
G,
511. An Goethe.
(Jena den 29. Sept. 1798 -->.
Ich beklage daß wir Sie heute nicht sehen sollen. Bei dem trüben Himmel ist das Gespräch noch der einzige Trost. Ich will suchen meinen Beitrag zum Prolog den ich angefangen, zu beendigen, daß ich ihn Ihnen morgen Mittag vorlegen kann. Die Geschichte des dreißigjährigen Kriegs sollen Sie binnen einer halben Stunde erhalten.
Leben Sie recht wohl. Unterhalten Sie sich bei dem Drama aus dem siebenjährigen Krieg so gut Sie können.
Sch.
512. An Goethe.
Die zwei Brüder meines Schwagers sind auf ihrer Rückreise nach Schlesien hier und werden den Abend hier bleiben. Ich schreibe es Ihnen, wenn Sie vielleicht nicht gern in dieser Gesellschaft sind. Sollten Sie nicht Lust haben, den Abend mit da zu sein, so sehe ich Sie vielleicht vorher?
Sch.
513. An Goethe.
Jena den 2. Oktober 1798.
Ein Besuch von unsern Weimarischen Dichterinnen Amelie Imhof und meiner Schwägerin hinderte mich, der Botenfrau das Gedicht mitzugeben, wozu nur noch ein paar Stunden nöthig sind. Sie sollen es mit der ersten Post erhalten. Ich bin mit der Anlage wohl zufrieden und denke, es wird unsre Absicht erfüllen. Schreiben Sie mir mit dem rückgehenden Botenmädchen, ob Sie nichts dagegen haben, wenn ich diesen Prolog noch an den Almanach anflicke. Ich erreiche dadurch mehrere Zwecke zugleich, der Almanach gewinnt ein nicht unbedeutendes Gedicht mehr, die Zahl meiner Beiträge wird dadurch vergrößert , und der Prolog erhält mehr Verbreitung; denn Ihre Absicht, ihn dem Posselt einzuverleiben wird dadurch keineswegs verhindert. Der Prolog kommt auch darum nicht früher ins Publikum als recht ist, weil ich vor Ende der nächsten Woche kein Exemplar davon weggebe, und auch alsdann nur diejenigen Exemplare, welche nach Leipzig bestimmt sind, folglich auch erst drei Tage später ausgepackt werden. Fänden Sie an dem Prolog etwas zu ändern, so senden Sie mir einen Expressen, daß ich bei der Correctur des Bogens noch davon Gebrauch machen kann. Vielleicht schicke ich ihn morgen selbst durch einen Expressen.
Um Decken und Titelkupfer zum Almanach bitte ich dringend.
Morgen mehr. Leben Sie recht wohl.
Sch.
514. An Schiller.
Sie werden sehr wohl thun den Prolog in den Almanach zu rücken, er mag in den Posselt und sonst wohin alsdann auch noch wandern, wir müssen uns nach und nach in die Ubiquität auch einrichten und sie soll uns nicht fehlen.
Haben Sie die Güte mir den Prolog, sobald er fertig ist, zu senden; die Anlage dazu ist fürtrefflich und die Ausführung wird nicht zurückbleiben.
Noch vor Abgang dieses Briefs hoffe ich Abdrücke von der Decke und Titelkupfer zu erhalten.
Für heute nichts weiter, denn die Konfusion ist gar groß um mich herum.
Weimar den 3. October 1798.
G.
Was ich von Abdrücken habe erhalten können, sende hierbei mit, es war nicht einmal Zeit sie nachzuzählen; haben Sie die Güte solches thun zu lassen und zu schreiben wie viel Sie noch überdieß brauchen, damit man Anstalten dazu macht, denn es ist jetzt hier alles gar sehr beschäftigt. Leben Sie recht wohl.
515. An Goethe.
Jena den 4. October 1798.
Hier sende ich den Prolog, möge er Ihnen Genüge leisten. Sagen Sie mir durch den rückgehenden Boten, wenn Sie noch etwas geändert wünschen. Mir däucht, daß es besser ist, das was ich in Klammern eingeschlossen, wegzulassen beim wirklichen Vortrag. Es lassen sich manche Dinge nicht sagen, die sich ganz gut lesen lassen, und die Umstände, unter welchen ein Prolog declamirt wird, die Feierlichkeit die davon unzertrennlich ist, führen gewisse Einschränkungen mit sich, die in der Stube schwer zu berechnen sind. Da der Prolog ohnehin ziemlich groß ist, so denke ich schließen wir ihn vor dem letzten Absatz. Haben Sie die Güte mir nur frisch weg zuschicken zu lassen was von Decken und Titelkupfern fertig ist. Unter den letztern finde ich keins von brauner Farbe abgedruckt; wenn es keine Umstände macht, so lassen Sie doch etwa ein 500 Abdrücke in dieser Farbe machen.
Ich bin sehr begierig zu vernehmen, wie sich Ihre Schauspieler zu dem Vorspiel anlassen.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau grüßt schönstens.
Sch.
516. An Schiller.
Der Prolog ist gerathen wie er angelegt war; ich habe eine sehr große Freude daran und danke Ihnen tausendmal. Ich habe ihn nur erst einigemal durchgelesen um mich von dem Ganzen recht zu penetriren, und noch kann ich nicht bestimmen, was vielleicht wegzulassen wäre und ob ich nicht wegen des Theatereffects noch hie und da einen kleinen Pinselstrich aufhöhen würde.
Morgen Abend mit den Botenfrauen sollen Sie meine Edition erhalten; können Sie den Druck noch so lange aufschieben, so wird es gut sein, damit wir einerlei Lesart haben; Montag soll er gleich nach Stuttgart.
Es thut mir nur leid daß ich ihn nicht selbst sprechen kann, doch wenn sich Vohs hält wie unsere andern beim Vorspiel, so können wir zufrieden sein. Leißring , Weyrauch und Haide declamiren die gereimten Verse als wenn sie ihr Lebtag nichts anders gethan hätten, besonders hat Haide gegen den Schluß einige Perioden declamirt wie ich’s auf dem deutschen Theater noch gar nicht gehört habe.
Nach dieser guten Nachricht muß ich aber leider anzeigen: daß es mir unmöglich war auch nur eine Zeile zu unserm Zwecke beizutragen, deswegen schicke ich einen Band des Pater Abraham, der Sie gewiß gleich zu der Capuzinerpredigt begeistern wird. So wäre z. E. Das Raben Cras als Schlußformel, in Genasts Munde, vielleicht höchst erbaulich. s. die gezeichnete Seite p. 77. Es ist übrigens ein so reicher Schatz der die höchste Stimmung mit sich führt.
Das Anfangslied bring ich auch nicht zu Stande, habe aber etwas schickliches dafür zu substituiren. Das kann alles bei den folgenden Repräsentationen nachgebracht werden, wie überhaupt das Stück fordert daß immer etwas neues und veränderliches darin vorkommt, damit bei folgenden Repräsentationen sich niemand orientiren könne. Leben Sie indessen recht wohl, Sie erfahren nun bald den Tag an dem ich Ihre Ankunft wünsche; bis jetzt geht es noch sehr bunt zu. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.
Weimar am 5. October 1798.
G.
517. An Goethe.
Jena den 5. October 1798.
Daß Sie mit dem Prolog zufrieden sind und daß die drei Herren sich zum Vorspiel so glücklich anlassen, sind mir sehr willkommene Nachrichten. Den Abdruck des Prologs kann ich bis morgen Abend nicht aufhalten, doch denke ich nicht, daß eine kleine Ungleichheit des gesprochenen und gedruckten Gedichts viel zu sagen haben wird, wenn nur das Exemplar, das Sie Posselten schicken, mit dem andern im Almanach gleichlautend ist.
An die Capuziner-Predigt will ich mich also machen, und habe gute Hoffnung von dem würdigen Abraham. Noch habe ich ihn nicht lesen können, weil Schelling den ganzen Nachmittag bei mir war. Auch muß ich Sie präveniren, daß noch einige andere Veränderungen im Werke sind, welche ich nebst der Capuziner-Predigt auf den Montag Abend abzuschicken hoffe, denn da sie nicht durchs Ganze gehen, so können sie in einem halben Tag recht gut eingelernt werden.
Sie werden es z. B. auch billigen daß ich den Constabler mit einer bestimmten dramatischen Figur vertausche. An seiner Statt habe ich einen Stelzfuß eingefühlt, der mir ein gutes Gegenstück zum Rekruten macht. Dieser Invalide bringt ein Zeitungsblatt, und so erfährt man unmittelbar aus der Zeitung Regenspurgs Einnahme und die neuesten passendsten Ereignisse. Es giebt Gelegenheit, dem Herzog Bernhard einige artige Complimente zu machen u. s. f. Zu einem Subject für den Stelzfuß wird sich schon Rath finden hoffe ich.
Finde ich Stimmung und Zeit, so will ich das Liedlein von Magdeburg noch machen, und nach einer alten Melodie, daß dadurch kein Aufenthalt entsteht. Uebrigens bin ich getröstet, wenn es an Zeit dazu fehlt, daß Sie etwas anders substituiren können.
Wenn Sie mir durch die Botenfrau mein Exemplar des Vorspiels schicken könnten, so würde es mir bei den vorhabenden Arbeiten gute Dienste thun. Wenn ich auch nur die ersten acht oder zehn Blatt habe, denn am Ende und in der Mitte wird nichts verändert.
Schelling ist mit sehr viel Ernst und Lust zurückgekehrt; er besuchte mich gleich in der ersten Stunde seines Hierseins, und zeigt überaus viel Wärme. Ueber die Farbenlehre, sagt er mir, habe er in der letzten Zeit viel nachgelesen, um im Gespräch mit Ihnen fortzukommen, und habe Sie um vieles zu fragen. Nach der Aufführung des Vorspiels wird er sich bei Ihnen melden, denn ich sagte ihm, daß er Sie jetzt zu beschäftigt finde. Es wäre hübsch, wenn Sie ihm vor Ihrer Hieherkunft noch Ihre Experimente zeigen könnten.
Ein sonderbares Original von einem moralisch-politischen Enthusiasten habe ich dieser Tage hier kennen lernen, den Wieland und Herder über Hals und Kopf zu der großen Nation spediren. Es ist ein hiesiger Student aus Kempten, ein Mensch voll guten Willens, von vieler Fähigkeit und einer heftig sinnlichen Energie. Er hat mir eine ganz neue Erfahrung verschafft. Leben Sie recht wohl. Ich denke es werden in diesen Tagen wohl noch einige Boten zwischen hier und Weimar in Bewegung gesetzt werden.
Meine Frau grüßt Sie aufs beste.
Sch.
Wenn Sie bei Empfang dieses Briefs mit Ihren Veränderungen im Prolog einig sind, und finden gleich einen Expressen, so haben Sie die Güte, mir das Exemplar gleich durch ihn zu senden.
N. S.
Hier lege ich noch einen Correctur-Abdruck des Prologs bei, so wie er im Almanach stehen wird; denn da ich die, Ihnen gesandte Abschrift aus dem Gedächtniß niederschrieb, so wurde einiges darin extemporirt und es finden sich Varianten die ich mit NB bezeichnet habe. Können Sie mir nun Ihre Aenderungen morgen vor Nachmittag 2 Uhr durch einen Expressen schicken, so kann ich mich im Druck noch darnach richten. Geht dieß nicht an, so haben Sie die Güte dieß beiliegende gedruckte Exemplar des Prologs, und nicht das geschriebne, an Posselt abzusenden, damit die zwei gedruckten Exemplare gleich lauten.
518. An Schiller.
Hier kommt der Prolog zurück; ich habe Ihre Aenderungen mit Vergnügen aufgenommen, denn sie sind sehr zweckmäßig; dagegen wünschte ich daß, statt der Stelle, die ich ausgestrichen habe, die andere eingefügt werde, welche hier im Manuscript folgt. Meine Absicht war dabei
1. daß von unsern Schauspielern etwas mehr,
2. von Iffland etwas weniger gesprochen würde,
3. daß irgend eine Stelle auf Schrödern gedeutet werden könne.
Haben Sie die Güte daß ich einige gedruckte Exemplare vom Prolog Montags bei Zeiten erhalte, so schicke ich gleich eins an Schrödern, mit einem artigen Wort, und eins nach Stuttgart.
Allenfalls könnten Sie mir, durch diesen Expressen, den Correcturbogen, wenn Sie ihn weiter nicht brauchen, wieder herüberschicken und mir nur anzeigen: ob Sie meine Stelle aufnehmen wollen, so lasse ich die beiden Exemplare, die abgehen sollen, gleich schreiben.
Hier kommt ein Theil des Vorspiels! arbeiten Sie ja daran fort, ob ich Ihnen gleich nicht versprechen kann schon das nächste mal die Veränderungen aufzunehmen. Alles ist jetzt schon so auf Reim und Sylbenfall eingerichtet, so auf die Stichwörter eingehetzt daß ich nichts zu ändern wage, weil unmittelbar Stockungen zu befürchten sind. Leben Sie recht wohl; es fängt nun an so bunt zu gehen, daß nur die Hoffnung: es werde bald Abend und alles vorbei sein, mich noch erhalten kann.
Weimar am 6. October 1798.
G.
519. An Goethe.
Jena den 6. Oktober 1798.
Die Veränderungen im Prolog nehme ich mit Vergnügen auf; gegen die drei angeführten Gründe ist nichts einzuwenden.
Ich will etwa sechs besondere Abdrücke vom Prolog machen lassen, um die Copistenarbeit zu ersparen. Wenn Sie mir dann Montag früh eine Einlage an Schröder und Cotta senden wollen, so können solche mit dem gedruckten Prolog gleich von hier an die Behörden abgehen. Auf alle Fälle aber folgt hier der Prolog zurück.
Es thut mir freilich leid, wenn die kleinen Veränderungen im Vorspiel nicht gleich der ersten Vorstellung zu gute kommen können. Das Motiv mit der Zeitung wäre passend zu einer vollkommenen Exposition des Moments und der Kriegsgeschichte. Lassen Sie wenigstens bei Nro. 5 den Constabler mit einem Zeitungsblatt auftreten und anstatt des Verses:
Aber ein Eilbot ist angekommen,
setzen:
Aber das Prager Blatt ist angekommen.
Auf diese Art leiten wir doch die Zeitung ein, wenn wir sie ein andermal bringen wollen.
Auch haben Sie mich neulich wegen der Perücken zweifelhaft gemacht. Wenn wir statt jener Stelle lieber setzten :
Nro. 3.
Wachtmeister.
Und das Gemunkel, und Gespionire, Und das Heimlichthun, und die vielen Kouriere –
Trompeter.
Ja ja! das hat sicher was zu sagen.
Wachtmeister.
Und der spanische steife Kragen Den man etc.
Der Bote eilt, ich kann für heute nichts mehr sagen. Vielleicht lassen Sie mich noch durch das Botenmädchen wissen, welcher Termin für die Vorstellung festgesetzt ist; denn freilich wünschte ich zur Capuzinerpredigt ein paar Tage Muße.
Leben Sie recht wohl.
Sch.
520. An Schiller.
Mit der heutigen Abendpost will ich Ihnen nur einige Worte sagen wie wir ohngefähr stehen:
Von dem Prolog lasse ich zwei Abschriften machen, gleichlautend mit Ihrem gedruckten. Der von mir veränderte Periode, den Sie aufgenommen haben, wird eingeschaltet.
Für die Recitation hier habe ich eine andere Ausgabe veranstaltet, und die Mimen und Aeren bei Seite gebracht, dagegen den Wallenstein ein paarmal genannt, damit man nur irgend ohngefähr verstehe was wir wollen. Wie anders ist es was man mit sich und unter Freunden ins zarteste und besonderste arbeitet! und was der fremden Masse im allgemeinsten vorgetragen werden soll! Sie werden darüber noch das wunderbarste bei dieser Gelegenheit erleben und hören.
Uebrigens geht noch bis jetzt alles ganz erwünscht. Der Saal sieht sehr artig aus und der größte Theil ist vergnügt und erfreut darüber, so daß die einzelnen Widersacher ein sehr böses Spiel haben.
Das Vorspiel geht recht artig. Es war heute Probe auf dem Theater. Wir müssen aber auf die geringste Verändrung Verzicht thun. Bei der Schwierigkeit eine so neue und fremde Aufgabe mit Ehren zu vollenden, klammert sich jeder so fest an seine Rolle, wie ein Schiffbrüchiger ans Brett, so daß man ihn unglücklich machte, wenn man’s ihm wacklig macht.
Ich arbeite nur daß alles Einzelne heraus gehoben werde und sich ans Ganze anschließe .
Das Soldatenlied liegt bei, womit das Stück anfangen soll. Die Musik wird morgen früh in Ordnung kommen und ich hoffe, bald soll alles wohl im Hause stehen.
Ich will Sie nicht eher herübersprengen, als nöthig ist, denn es ist noch nicht einmal wahrscheinlich daß wir Mittwoch spielen. Sobald aber Prolog und Vorspiel so eingelernt sind daß Sie solche mit Vergnügen hören könnten, so schicke ich einen Expressen. Halten Sie sich daher parat um abgehen zu können.
Die Kapuzinerpredigt schicken Sie mir ja, sobald sie fertig ist. Sonst ist alles besorgt und die Abschriften, von denen ich zu Anfang des Briefes sprach, gehen morgen Abend an Schröder und Posselt.
Uebrigens ist eine Vorrecension der Aufführung, so wie des Effects, den das Stück gemacht hat, schematisirt und kann in einigen guten Stunden fertig werden. Da ich mich einmal auf das Element der Unverschämtheit begeben habe, so wollen wir sehen wer es mit uns aufnimmt.
Indessen bleiben Sie ruhig bis mein Bote kommt. Sollte sich’s morgen zeigen daß wir Mittwoch nicht spielen, so erfahren Sie’s Dienstag durch einen Boten.
Uebrigens kann ich Sie versichern, daß der Hauptzweck erreicht wird. Einige wenige, die dem Prolog zugehört haben, glauben, so wie die Schauspieler selbst, daß sie doch nun so ziemlich wüßten wie es damals ausgesehen habe.
Leben Sie recht wohl und seien Sie nur so fleißig als möglich.
Wegen der Kupfer wird Meyer das seinige thun; leider liegt auf diesen Dingen der Fluch daß sie immer übereilt werden müssen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.
Weimar am 7. October 1798.
G.
521. An Goethe.
(Jena den 8. October.)
Hier erhalten Sie meine Capuzinerpredigt, so wie sie unter den Zerstreuungen dieser letzten Tage, die von Besuchen wimmelten, hat zu Stand kommen können. Da sie nur für ein paar Vorstellungen in Weimar bestimmt ist, und ich mir zu einer andern, die ordentlich gelten soll, noch Zeit nehmen werde, so habe ich kein Bedenken getragen, mein würdiges Vorbild in vielen Stellen bloß zu übersetzen und in andern zu copiren. Den Geist glaube ich so ziemlich getroffen zu haben.
Aber nun ein Hauptanliegen. Wenn Sie die Predigt gelesen haben so werden Sie selbst finden, daß sie nothwendig um einige Scenen später kommen muß, wenn man durch die beiden Jäger und andre Figuren schon einen Begriff von den Soldaten durch sie selbst bekommen hat. Käme sie früher, so würden die unmittelbar folgenden Scenen dadurch geschwächt und gegen die Gradation gefehlt werden. Auch ist es gut, daß unmittelbar nach ihr eine belebte handelnde Scene folge, daher ist mein Vorschlag sie unmittelbar entweder vor dem Auftritt des Rekruten oder was mir noch lieber wäre, unmittelbar vor der Ertappung des Bauren und dem Auflauf im Zelt zu bringen. Es wird an der übrigen Oekonomie dadurch gar nicht gerückt, wie Sie finden werden, es ist nur ein Stichwort zu verändern. Die paar Reden, welche die Soldaten darin bekommen haben, sind in ein paar Minuten gelernt.
Daß ich den Spielmann und den Tanz habe noch anbringen müssen, um die Scene beim Eintritt des Capuziners bunt und belebt zu machen, werden Sie gleichfalls für nothwendig erkennen.
Haben Sie Dank für das Anfangslied: ich finde es ganz zweckmäßig, vielleicht kann ich noch ein paar Strophen anflicken, denn es möchte um ein weniges zu kurz sein.
Ich will von morgen an immer auf dem Sprung sein, abzureisen. Leben Sie recht wohl.
Sch.
522. An Schiller.
Hier kommt nun wieder ein Paket Abdrücke; die folgenden von der Decke sollen recht farbig sein: sie kommen etwas theurer zu stehen, sie sehen aber auch dafür recht erfreulich aus. Wahrscheinlich wird die Eröffnung unsers Theaters erst Freitag sein. Ich ersuche Sie also sich Donnerstags, zu guter Vormittagszeit, einzufinden, damit wir noch alles besprechen und Abends die Hauptprobe abwarten können.
Die Hauptfiguren machen ihre Sache trefflich und haben schon excellent memorirt; mit den übrigen stockt’s noch ein wenig, das wird sich aber alles noch in thätige Harmonie auflösen. Uebrigens versteht man an allen Ecken und Enden das leiseste wohlartikulirte Wort.
Uebrigens habe ich das Pensum, wie solches die neue Zeitung nunmehr bald bringen wird, bisher öfters zu repetiren Gelegenheit gehabt und ich hoffe man wird mir nun bald meine eignen Worte wieder vorsagen.
Leben Sie recht wohl, ich bin vom besten Humor weil bis jetzt wirklich alles recht gut geht.
Schicken Sie mir doch ein paar Abdrücke des Prologs mit den Botenweibern und die Kapucinerpredigt je eher je lieber.
Weimar am 8. October 1798.
G.
523. An Goethe.
Jena den 9. October 1798.
Dank für die überschickten Decken und Kupfer, die wir hier recht nöthig brauchten, und für die guten Nachrichten besonders, die Sie mir vom Gang unsrer Theatralien schreiben. Der Aufschub des Stücks kann mir nicht anders als lieb sein; auf den Donnerstag hoffe ich bei guter Zeit da sein zu können. Bei dieser belebten Behandlung der Sache entwickeln sich allerlei Dinge in meinem Kopf, die dem Wallenstein noch zu statten kommen werden. Das Vorspiel denke ich noch viel mehr für das Ganze zu benutzen, und weiß auch schon viele bedeutende Striche, die es noch zu seinem Vortheil erhalten soll. Die Arbeit wird mir vergrößert und doch zugleich beschleunigt werden.
Hätte ich gedacht daß die Capuzinerpredigt morgen früh nicht zu spät kommen würde, so hätte sie noch besser ausfallen müssen. Im Grund macht es mir große Lust, auf diese Fratze noch etwas zu verwenden; denn dieser Pater Abraham ist ein prächtiges Original, vor dem man Respekt bekommen muß, und es ist eine interessante und keineswegs leichte Aufgabe es ihm zugleich in der Tollheit und in der Gescheidigkeit nach- oder gar zuvorzuthun. Indeß werde ich das möglichste versuchen.
Das Soldatenlied habe ich noch mit ein paar Versen vermehrt, die ich beilege. Es däucht mir daß es gut sein wird, dem Zuschauer Anfangs etwas Zeit zu geben, so wie auch den Statisten selbst, die Gruppe in ihrer Bewegung zu sehen, und die Anordnungen zu machen. Sie werden es wohl so einrichten, daß mehrere Stimmen sich in die Strophen theilen, und daß auch ein Chorus die letzten Zeilen immer wiederholt.
Sie haben es mit den Veränderungen, die Sie in meinem Text vorgenommen ganz gnädig gemacht. Von einigen ist mir die Ursache nicht gleich klar, doch darüber werden wir sprechen. Solche Kleinigkeiten führen oft zu den nützlichsten Bemerkungen.
Leben Sie recht wohl. Ich freue mich nur, daß Lust und Humor Sie bei dieser mechanischen Hetzerei nicht verlassen.
Meine Frau grüßt aufs beste.
Sch.
Sollten Sie mir morgen mit der Botenfrau noch etwas zu sagen haben, so lassen Sie ihr doch einprägen, mir den Brief zeitig zu übergeben. Ich erhalte ihn sonst erst Donnerstags.
524. An Schiller.
Alles wohl in Betrachtung gezogen, und mit besonderer Zustimmung unserer geistlichen und leiblichen Müdigkeit, gedenken wir heute Abend zu Hause zu bleiben, und wünschen eine gute und geruhige Nacht.
Ist es möglich mir auf morgen früh Ihren Abschreiber zu schicken, so werde ich durch ihn besonders gefördert sein.
(Jena) den 18. October 1798.
G.
525. An Goethe.
(Jena den 18. October 1798.)
Nach dem heutigen wohl zurückgelegten Tag ist die Ruhe freilich das beste. Ich freue mich, daß alles so heiter und vergnügt von uns geschieden ist, und was mich selbst betrifft, so habe ich einen recht angenehmen Tag durchlebt.
Ich hoffe, Sie morgen desto länger zu sehen. Nach dem Abschreiber will ich mit dem frühesten schicken.
Schlafen Sie recht wohl.
Sch.
526. An Schiller.
Das Opus hat mich länger aufgehalten als ich dachte; es ist nicht mehr Zeit es abzuschreiben: wir wollen daher dieses saubere Concept auf den Abend abschicken. Zur Bequemlichkeit des Setzers habe ich die Verse roth vorgestrichen, welche mit anderer Schrift zu drucken sind.
Gehen Sie doch den Aufsatz bedächtig durch, ob man vielleicht noch etwas einschaltete oder anhinge. Ich will heute bei Zeiten kommen und wir schicken das Paket, vom Garten aus, weg. Leben Sie recht wohl.
(Jena) Den 19. October 1798.
G.
527. An Goethe.
Jena den 23. October 1798.
Es ist schade, daß Sie diese letzten schönen Tage nicht noch in Jena ausgewartet haben. Es geht uns darin ganz wohl, ob ich gleich in meiner Arbeit nicht so schnell fortrücke, als ich dachte. Die Umsetzung meines Texts in eine angemessene, deutliche und maulrechte Theatersprache ist eine sehr aufhaltende Arbeit, wobei das schlimmste noch ist, daß man über der nothwendigen und lebhaften Vorstellung der Wirklichkeit, des Personals und aller übrigen Bedingungen allen poetischen Sinn abstumpft. Gott helfe mir über diese Besogne hinweg. Uebrigens konnte es nicht fehlen, daß dieser deutliche Theaterzweck, auf den ich jetzt losarbeite, mich nicht auch zu einigen neuen wesentlichen Zusätzen und Veränderungen veranlaßt hätte, welche dem Ganzen zuträglich sind.
Ich habe seit Ihrer Abreise nichts vorgenommen als meine Arbeit, und nichts gesehen als meine Familie, kann Ihnen also heute nichts neues noch sonst erbauliches schreiben. Wenn Sie etwas in Erfahrung bringen, so lassen Sie mich’s ja wissen.
Leben Sie recht wohl. Meine Frau empfiehlt sich. An Meyern schöne Grüße.
Sch.
Beiliegenden Almanach bitte an Herdern abgeben zu lassen.
528. An Goethe.
Jena den 26. October 1798.
Ein Besuch, der mir bis in den späten Abend blieb, läßt mich heute nicht viel sagen. Ich bitte Sie mir die Auslagen für den Almanach aufsetzen zu lassen und bald möglichst zu senden, daß ich diese Sache mit Cotta berichtigen kann. Auch frage ich an, ob die 24 Louisdors, welche wir Ihnen für den Almanach schuldig geworden, hier an Sie bezahlt oder bei Cotta berechnet werden. Wenn Sie Montags nicht selbst hier sind, so bitte ich mir bis dahin Ihre Antwort darüber aus. Herzlich grüßen wir Sie. Ich muß mit Herrn Cottas Formel schließen:
In Eil.
Sch.
529. An Schiller.
Endlich ist denn auch die erste Redoute, mit männiglicher Zufriedenheit, vorüber und das Lokal zu diesem Zwecke nun auch bestimmt. Ich muß noch einige Tage verschiedenen Geschäften widmen, Dienstag nach Roßla gehen, so daß ich glaube Sonntags den 4. November bei Ihnen zu sein und den übrigen Monat mit Ihnen zuzubringen. Mich verlangt es gar sehr nach einer Folge von innerer Thätigkeit, die ich leider bisher so lange nicht genossen habe. Unsere Schauspieler mögen mittlerweile einige Nova, welche, aufrichtig zu reden, von schrecklicher Art sind, lernen und vortragen. Die Rechnung wegen der Auslagen liegt bei; Professor Meyer hat sie gemacht und erwartet deren gelegentliche Wiedererstattung.
Den Betrag für den Musenalmanach, für welchen im voraus danke, wünsche hier zu erhalten, ob es gleich auf eins hinauskommt; denn Cotta hat mir früher oder später etwas zu remittiren.
Von Schrödern habe ich eine Antwort, die, wenn man seine Art kennt, welche freilich unglaublich trocken und abgelebt ist, so ganz freundlich und artig klingt. Es entscheidet sich aber doch dadurch, daß er diesen Winter nicht kommt, und wahrscheinlich auch künftigen nicht u. s. w. Es ist mir nur lieb, daß man wenigstens für die erste Zeit hierüber Gewißheit hat und seinen eignen Gang fortgehen kann. Hoffen und harren ist gar meine Sache nicht.
Leben Sie recht wohl und fahren fleißig in Ihrer Arbeit fort. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und genießen der schönen Tage, welches mir versagt ist.
Weimar am 27. October 1798.
G.
530. An Goethe.
Jena den 30. October 1798.
Wir sind noch immer im Garten, wo wir uns des ungewöhnlich schönen Wetters noch recht erfreuen und vergessen daß es auf lange Zeit von uns Abschied nimmt. Mit Furcht sehe ich aber den November herankommen, wo ich so viel zu leisten, und einen so unfreundlichen Himmel zu erwarten habe. Das Geschäft rückte unterdessen weiter, aber nicht so schnell, als Sie vielleicht denken. Doch hoffe ich Ihnen wenn Sie kommen, die zwei ersten Akte ganz fertig, und in wenigen Tagen darauf auch die zwei letzten vorzulegen.
Ich habe mit großem Vergnügen unterdessen in den Propyläen gelesen, wo ich mich aufs neu an den klar und bestimmt herausgesprochenen Wahrheiten und Kunstorakeln erbauet habe. Es ist mir, als wenn sie mir noch nie so nahe gerückt, so klar entgegen gekommen wären. Sie werden zwar wenigen zu gute kommen, aber es ist nur gut, daß Sie veranlaßt worden sind, damit herauszugehen. Es wird merkwürdig sein, wie mancher, der doch auch zu Ihrer Confession zu gehören glaubt, diese hohen Ideen seinen kleinlichen Begriffen accommodiren wird.
Daß Schröder sein Kommen so gar ungewiß macht und so weit hinausschiebt nimmt mich doch Wunder. Ich wäre begierig seinen Brief zu sehen, wenn Sie ihn mittheilen wollen. Indessen soll mir dieser Umstand etwas mehr Freiheit gegen ihn im Verkauf des Wallensteins verschaffen, wenn ich es vielleicht nicht gar überhoben sein kann, mit ihm selbst zu tractiren, da er die Direction des Theaters so viel ich weiß an vier oder fünf Schauspieler verkauft hat.
Von Iffland habe noch keine Antwort.
Die Rechnungen sind an Cotta geschickt. Er hat mir auch ein gutes Exemplar der Propyläen gesendet, so daß Sie mir keins zu schicken brauchen.
Leben Sie recht wohl. Mir ist der Kopf von meinem Tagewerk nicht zum besten zugerichtet.
Meine Frau grüßt aufs schönste.
Sch.
531. An Schiller.
Hier schicke ich den Schröderischen Brief zum Zeugniß daß ich nicht übel gelesen habe. Ich habe nie sonderliche Hoffnung auf sein Kommen gehabt, indessen haben wir das unsrige gethan.
Der Herzog ist nicht wohl, darüber werde ich etwas später kommen, denn ich muß doch noch einmal vorher nach Roßla. Mich verlangt gar sehr zu sehen wie weit Sie gekommen sind, und fühle ein wahres Bedürfniß das Farbenwesen endlich einmal los zu werden. Die Propyläen sind für mich eine wahre Wohlthat, indem sie mich endlich nöthigen die Ideen und Erfahrungen, die ich mit mir so lange herumschleppe, auszusprechen. Es freut mich sehr wenn Ihnen das erste Stück recht freundlich und gemüthlich entgegen gekommen ist. Leben Sie recht wohl, genießen Sie der schönen Tage, ich habe jetzt nur meine großen Zimmer im Schloß und meinen neuen Ofen im Auge, und hege keinen andern Wunsch als von der Chromatik entbunden zu sein; doch wer kann wissen was über uns verhängt sei. Grüßen Sie Ihre liebe Frau und bleiben Sie fest im Bunde des Ernstes und der Liebe, alles übrige ist ein leeres und trauriges Wesen.
Weimar am 31. October 1798.
G.
532. An Goethe.
Jena den 2. November 1798.
Herrn Schröders Brief send’ ich anbei zurück. Wir haben, wie ich sehe, ohne seinen Ehrgeiz in Bewegung zu setzen, bloß seiner Eitelkeit geschmeichelt, und unsere Artigkeiten gegen ihn werden, scheint es, bloß dazu gebraucht werden, sein Schmollen mit den Hamburgern desto pikanter zu machen. Es ist klein und armselig, daß er diese lokale Bitterkeiten gegen Menschen, von denen man in Weimar keine Notiz nimmt, in diese reine freie Kunstangelegenheit und in den Brief an Sie konnte mit einfließen lassen.
NB. Es ist dringend nöthig daß noch 600 Kupfer und Umschläge vom Almanach so schnell als möglich abgedruckt werden. Haben Sie daher die Güte Meyern zu ersuchen, daß er dieses ja schleunigst besorgen möge, und daß ich spätestens auf den Mittwoch Abend 400 davon bekomme. Ich hatte es Cotta ersparen wollen, unnöthig Geld für diese Sache auszugeben, aber die Gewohnheit, Exemplare auf Commission zu versenden, macht daß eine große Zahl mehr verschickt als wirklich gekauft wird. Ich sende zu den Titelkupfern Papier, für die Umschläge kann es Meyer in Weimar wohl finden, hellgelbes scheint das wohlfeilste zu sein.
Ueber den Almanach habe ich noch wenig vernommen. Von Körnern erwarte ich den gewöhnlichen umständlichen Brief darüber; vorläufig habe ich nur von ihm gehört, was ihm am besten gefallen. Diese Art, oder Unart, aus Werken einer bestimmten poetischen Stimmung sich eines auszusuchen, und ihm wie einem besser schmeckenden Apfel den Vorzug zu geben, ist mir immer fatal, obgleich es keine Frage ist, daß unter mehreren Productionen immer eins das bessere sein kann und wird. Aber das Gefühl sollte gegen jedes besondere Werk einer besondern Stimmung gerechter sein, und gewöhnlich sind hinter solchen Urtheilen doch nur Sperlingskritiken versteckt.
Ich hätte gar nicht übel Lust, sobald ich vor dem Wallenstein nur Ruhe habe, zu demjenigen Theil Ihrer Einleitung in die Propyläen und des Gesprächs, der von der unästhetischen Forderung des Naturwirklichen handelt, das Gegenstück zu machen, und die entgegengesetzte, aber damit gewöhnlich verbundene, Forderung des Moralischen und Naturmöglichen, oder vielmehr Vernunftmöglichen anzugreifen: denn wenn man von dieser Seite auch noch herankommt, so bekommt man den Feind recht in die Mitte. Sie konnten davon nicht wohl reden, weil diese Unart nicht sowohl die bildenden Künste und Urtheile darüber, als die poetischen Werke und Kritiken derselben anzustecken pflegt.
Leben Sie recht wohl für heute. Es ist mir unangenehm, daß Ihre Hieherkunft verzögert wird. Hier heißt es, man würde morgen Wallensteins Lager wieder spielen, ich zweifle aber daran.
Leben Sie recht wohl. Die Frau grüßt aufs beste.
Die 600 Kupfer und Umschläge empfehle nochmals. Schiller.
533. An Goethe.
Jena den 6. November 1798.
Ich schreibe Ihnen von meinem Castell in der Stadt; wir sind heut eingezogen, und abgemattet wie ich bin kann ich Ihnen nichts als einen guten Abend sagen. Wir haben lange nichts von Ihnen gehört, es ist mir etwas ganz ungewohntes, an das ich mich auch nicht gewöhnen möchte.
Die Arbeit geht übrigens ihren Gang fort, und Sie sollen schon etwas gethan finden, wenn Sie kommen.
An die Decken und Kupfer erinnre nochmals; ich werde sehr drum gemahnt.
Leben Sie recht wohl. Die Frau grüßt aufs beste.
Sch.
534. An Schiller.
Ihren Brief, mein Werthester, habe ich leider erst gestern Abend gefunden als ich von Roßla zurückkam. Professor Meyer wird das mögliche thun Ihnen die Abdrücke bald zu schaffen.
Ich gratulire zum Einzug in die Stadt. Die Nachbarschaft giebt denn doch, besonders den Winter, eine lebhaftere und bequemere Communication.
Schröders Antwort ist, wie es scheint, Ihnen sonderbarer als mir vorgekommen . Bei meinem radicalen Unglauben an die Menschen kommt mir so etwas ganz natürlich vor.
Eben so möchte ich auch wegen der Aufnahme des Almanachs sagen: wer nicht wie jener unvernünftige Sämann im Evangelio den Samen umherwerfen mag ohne zu fragen was davon und wo es aufgeht, der muß sich mit dem Publico gar nicht abgeben.
Ich wünsche guten Fortgang des Wallensteinischen Gedichtes. Was mich betrifft so komme ich diesmal mit dem festen Vorsatz zu Ihnen mir das Farbenwesen, es koste was es wolle, vom Halse zu schaffen. Ich habe es diese letzten Tage einmal wieder ganz überdacht und die Darstellung meiner Ansichten scheint mir immer möglicher zu werden.
Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau; ich werde nun nicht lange mehr außen bleiben.
Weimar am 7. November 1798.
G.
535. An Goethe.
Jena den 9. November 1798.
Ich bin seit gestern endlich an den poetisch wichtigsten, bis jetzt immer aufgesparten Theil des Wallensteins gegangen, der der Liebe gewidmet ist, und sich seiner frei menschlichen Natur nach von dem geschäftigen Wesen der übrigen Staatsaction völlig trennt, ja demselben, dem Geist nach, entgegensetzt. Nun erst, da ich diesem letztern die mir mögliche Gestalt gegeben, kann ich mir ihn aus dem Sinne schlagen und eine ganz verschiedene Stimmung in mir aufkommen lassen; und ich werde einige Zeit damit zuzubringen haben, ihn wirklich zu vergessen. Was ich nun am meisten zu fürchten habe ist, daß das überwiegende menschliche Interesse dieser großen Episode an der schon feststehenden ausgeführten Handlung leicht etwas verrücken möchte: denn ihrer Natur nach gebührt ihr die Herrschaft, und je mehr mir die Ausführung derselben gelingen sollte, desto mehr möchte die übrige Handlung dabei ins Gedränge kommen. Denn es ist weit schwerer ein Interesse für das Gefühl als eins für den Verstand aufzugeben.
Vor der Hand ist nun mein Geschäft, mich aller Motive, die im ganzen Umkreis meines Stücks für diese Episode und in ihr selbst liegen zu bemächtigen, und so, wenn es auch langsam geht, die rechte Stimmung in mir reifen zu lassen. Ich glaube mich schon auf dem eigentlichen rechten Weg zu finden und hoffe daher keine verlorene frais zu machen.
So viel muß ich aber vorher sagen, daß der Piccolomini nicht eher aus meiner Hand in die der Schauspieler kommen kann und darf, als bis wirklich auch das dritte Stück, die letzte Hand abgerechnet, ganz aus der Feder ist. Und so wünsche ich nur, daß mir Apollo gnädig sein möchte, um in den nächsten sechs Wochen meinen Weg zurückzulegen.
Damit mir meine bisherige Arbeit aus den Augen komme, sende ich sie Ihnen gleich jetzt. Es sind nur eigentlich zwei kleine Lücken geblieben, die eine betrifft die geheime mystische Geschichte zwischen Octavio und Wallenstein, und die andre die Präsentation Questenbergs an die Generale, welche mir in der ersten Ausführung noch etwas steifes hatte, und wo mir die rechte Wendung noch nicht einfiel. Die zwei ersten und die zwei letzten Acte sind sonst fertig, wie Sie sehen, und der Anfang des dritten ist auch abgeschrieben.
Vielleicht hätte ich mir’s ersparen können, Ihnen das Manuscript nach Weimar zu schicken, da ich Sie, nach Ihrem letzten Brief, jeden Tag erwarten kann.
Zu den Farbenuntersuchungen wünsche ich Ihnen ernstlich Glück, denn es wird sehr viel gewonnen sein, wenn Sie diese Last sich vom Herzen gewälzt haben, und da der Winter Sie so nicht zum produktiven stimmt, so können Sie ihn nicht besser anwenden, als wenn Sie, neben der Sorge für die Propyläen, dieser Arbeit sich widmen.
Was von Decken und Kupfern fertig ist, bitte mir mit der Botenfrau zu senden. Von den Kupfern brauche ich 115 weniger als bestellt sind, denn so viel fanden sich zufälligerweise noch. Ich ersuche Meyern diese abzustellen , wenn’s noch Zeit ist.
Daß mir Iffland noch nicht geantwortet, kommt mir bedenklich vor, denn er pressirte mich selbst so sehr, und es ist sein Interesse das Stück bald zu haben, wenn er es ernstlich will.
Leben Sie nun recht wohl. Mein Aufenthalt in der Stadt ist mir bisher ganz gut bekommen. Meine Frau grüßt.
Sch.
536. An Schiller.
Hier schicke ich Abdrücke, so viel fertig geworden sind, ich weiß selbst nicht wie viel.
Morgen gegen Abend bin ich bei Ihnen und hoffe eine Zeit lang zu bleiben. Mögen meine Wünsche nicht vergeblich sein!
Für den Wallenstein danke ich; die zwei ersten Acte habe ich heute früh mit großem Vergnügen gelesen. Den ersten, den ich nun so genau kenne, halte ich fast durchaus für theatralisch zweckmäßig. Die Familienscenen sind sehr glücklich und von der Art die mich rührt. In der Audienzscene möchten einige historische Punkte deutlicher auszusprechen sein, so wie ich in meiner Ausgabe des Prologs den Wallenstein zweimal genannt habe. Man glaubt nicht was man deutlich zu sein Ursache hat. Doch wird uns über alles dieses das Gespräch bald aufklären worauf ich mich sehr freue. Leben Sie recht wohl, ich sage nichts weiter.
Weimar am 10. November 1798.
G.
537. An Schiller.
Indem ich das Schema der physiologischen Farben überschicke, empfehle ich es zur Beherzigung, als Base unserer Untersuchungen und Disceptationen.
Knebel empfiehlt sich und schickt einen Properz.
Darf ich um Sulzers Wörterbuch bitten? Es ist nun Zeit daß ich mich nach den hergebrachten Vorstellungsarten umsehe. Der ich wünsche wohl geschlafen zu haben.
(Jena.) Am 16. November 1798.
Zugleich folgt auch noch ein Exemplar Propyläen.
G.
538. An Goethe.
(Jena, 21. Nov. 1798.)
Ich bitte mir die Piccolominis aus. Iffland, der heute geschrieben und meinen Contract ratificirt hat, treibt mich, das Stück bald zu schicken, und so muß ich denn die Nebenstunden benutzen, ihm seine letzte Gestalt zu geben. Auch wollen wir wenn es Ihnen recht ist, in diesen Tagen über die Theaterforderungen an das Stück übereinzukommen suchen.
S.
539. An Schiller.
(Jena, 24. November 1798.)
Dieser viele Schnee, wenn gleich das Barometer steigt, tractirt mich nicht zum besten, ich will daher zu Hause bleiben bis der Loderische Wagen mich zum Feenpalast der Literatur hinführt.
Mein Familiengemälde der Kunstfreunde und Sammler geht recht gut vorwärts. Dienstag Abend haben wir den Grund dazu gelegt und es wäre wirklich lustig genug wenn ich nächsten Dienstag damit aufwarten könnte.
Wie geht es mit Ihrer Arbeit? Ich wünsche gar sehr daß Sie darin vorschreiten mögen.
Wollten Sie mir nicht die Geschichte der Atlanten schicken? so eine hypothetische Lectüre ist nach Tische nicht übel. Leben Sie recht wohl und beschließen fröhlich diese Woche.
G.
540. An Goethe.
Jena den 24. November 1798.
Ich wünsche Ihnen also, da ich Sie heute nicht mehr sehe, eine reiche Ausbeute bei der heutigen Charakterausstellung. Ich selbst werde den Abend in stiller philosophischer Gesellschaft mit Schelling zubringen.
Der heutige Wintertag, durch das Schlittengeklingel unterbrochen, ist mir nicht unangenehm; und obgleich meine jetzige Arbeit nicht von der Art ist, daß sich die Fortschritte gut bemerken lassen, so bin ich doch nicht unthätig.
Anbei folgen die Atlanten, die Sie doch vielleicht unterhalten, da sich der verwegene oratorische Ton an Diderots Kunstreflexionen einigermaßen anschließt, den Geist immer ausgenommen.
Leben Sie recht wohl. Ich hoffe morgen viel von Ihnen zu hören.
Sch.
541. An Goethe.
Jena den 30. November 1798.
Ich bin es diese Tage her so gewohnt worden, daß Sie in der Abendstunde kamen, und die Uhr meiner Gedanken aufzogen und stellten, daß es mir ganz ungewohnt thut, nach gethaner Arbeit, mich an mich selbst verwiesen zu sehen. Besonders wünschte ich, daß es uns nicht erst am letzten Tag eingefallen wäre, den chromatischen Cursus anzufangen, denn gerade eine solche reine Sachbeschäftigung gewährte mir eine heilsame Abwechslung und Erholung von meiner jetzigen poetischen Arbeit, und ich würde gesucht haben, mir in Ihrer Abwesenheit auf meine eigene Weise darin fortzuhelfen. So viel bemerkte ich indessen, daß ein Hauptmoment in der Methode sein wird, den rein faktischen so wie den polemischen Theil aufs strengste von dem hypothetischen unterschieden zu halten, daß die Evidenz des Falles und die des Newtonischen Falsums nicht in das problematische der Erklärung verwickelt werde, und daß es nicht scheine, als wenn jene auch so wie diese einen gewissen Glauben postulire. Es liegt zwar schon in Ihrer Natur, die Sache und die Vorstellung wohl zu trennen, aber demungeachtet ist es kaum zu vermeiden, daß man eine gangbar gewordene Vorstellungsweise nicht zuweilen den Dingen selbst unterschiebt, und aus einem bloßen Instrument für das Denken eine Realursache zu machen geneigt ist.
Ihre lange Arbeit mit den Farben und der Ernst, den Sie darauf verwendet, muß mit einem nicht gemeinen Erfolg belohnt werden. Sie müssen, da Sie es können, ein Muster aufstellen, wie man physikalische Forschungen behandeln soll, und das Werk muß durch seine Behandlung eben so belehrend sein als durch seine Ausbeute für die Wissenschaft.
Wenn man überlegt, daß das Schicksal dichterischer Werke an das Schicksal der Sprache gebunden ist, die schwerlich auf dem jetzigen Punkte stehen bleibt, so ist ein unsterblicher Name in der Wissenschaft etwas sehr wünschenswürdiges. Heute endlich habe ich den Wallenstein zum erstenmal in die Welt ausfliegen lassen und an Iffland abgeschickt. Die Costumes werden Sie so gütig sein, ihm bald schicken zu lassen, weil er sie bald nöthig haben könnte. Ich hab’ ihn vorläufig davon benachrichtigt.
Meyern, den ich bestens grüße, bitte um Zurücksendung der quittirten Rechnung.
Leben Sie recht wohl in Ihren jetzigen Zerstreuungen. Wie wünschte ich, daß Sie mir Ihre Muse, die Sie jetzt gerade nicht brauchen, zu meiner jetzigen Arbeit leihen könnten.
Die Frau grüßt Sie bestens. Leben Sie wohl.
Sch.
542. An Schiller.
Wie sehr unterschieden ist der Nachklang unserer ruhigen Betrachtungen den ich aus Ihrem Briefe vernehme, von dem Getöse das mich die Paar Tage meines hiesigen Aufenthaltes schon wieder umgiebt. Doch war er nicht ohne Nutzen für mich; denn Graf Frieß hat unter andern ein Dutzend alte Kupfer von Martin Schön mitgebracht an denen ich zuerst das Verdienst und Unverdienst dieses Künstlers schematisiren konnte. Es ist uns höchst wahrscheinlich, obgleich Freund Lerse die entgegengesetzte Hypothese hat, daß die Deutschen in einer frühern Connexion mit Italien gestanden.
Martin Schön hat nach Masaccios Tode noch vierzig Jahre gelebt; sollte in dieser Zeit gar kein Hauch über die Alpen herüber gekommen sein? Ich habe über diese Sache niemals nachgedacht, sondern sie eben so gut sein lassen; sie interessirt mich aber für die Zukunft mehr.
Die Behandlungsart, die Sie den chromatischen Arbeiten vorschreiben, bleibt freilich mein höchster Wunsch, doch fürchte ich fast, daß sie, wie jede andere Idee unerreichbar sein wird; das mögliche wird durch Ihre Theilnahme hervorgebracht werden. Jedermann hält die Absonderung der Hypothese vom Facto sehr schwer, sie ist aber noch schwerer als man gewöhnlich denkt, weil jeder Vortrag selbst, jede Methode schon hypothetisch ist.
Da Sie als ein Dritter nunmehr nach und nach meinen Vortrag anhören, so werden Sie das Hypothetische vom Factischen besser trennen als ich es nun künftig jemals vermag, weil sich gewisse Vorstellungsarten doch bei mir festgesetzt, und gleichsam factisirt haben. Ferner ist Ihnen das interessant woran ich mich schon matt und müde gedacht habe, und Sie finden die Hauptpunkte worauf das meiste ankommt eher heraus. Doch davon ist jetzt keine Zeit zu reden; ich erwarte Freunde zum Frühstück und von da wird es bis zur Zauberflöte zwar nicht feenmäßig, doch bunt und unruhig genug zugehen.
Leben Sie recht wohl, grüßen Ihre liebe Frau und gedenken mein, wenn Sie den Braten verzehren den ich Ihnen hier überschicke.
Weimar den 4. December 1798.
G.
543. An Goethe.
Jena den 4. December 1798.
Ich muß Sie heute mit einer astrologischen Frage behelligen, und mir Ihr ästhetisch-kritisches Bedenken in einer verwickelten Sache ausbitten.
Durch die größere Ausdehnung der Piccolomini bin ich nun genöthigt, mich über die Wahl des astrologischen Motivs zu entscheiden, wodurch der Abfall Wallensteins eingeleitet werden und ein muthvoller Glaube an das Glück der Unternehmung in ihm erweckt werden soll. Nach dem ersten Entwurf sollte dieß dadurch geschehen, daß die Constellation glücklich befunden wird, und das Speculum astrologicum sollte in dem bewußten Zimmer vor den Augen des Zuschauers gemacht werden. Aber dieß ist ohne dramatisches Interesse, ist trocken, leer und noch dazu wegen der technischen Ausdrücke dunkel für den Zuschauer. Es macht auf die Einbildungskraft keine Wirkung und würde immer nur eine lächerliche Fratze bleiben. Ich habe es daher auf eine andere Art versucht, und gleich auszuführen angefangen, wie Sie es aus der Beilage ersehen.
Die Scene eröffnete den Vierten Akt der Piccolomini, nach der neuen Eintheilung, und ginge dem Auftritte, worin Wallenstein Sesins Gefangennehmung erfährt und worauf der große Monolog folgt, unmittelbar vorher; und es wäre die Frage, ob man des astrologischen Zimmers nicht ganz überhoben sein könnte, da es zu keiner Operation gebraucht wird.
Ich wünschte nun zu wissen, ob Sie dafür halten, daß mein Zweck, der dahin geht, dem Wallenstein durch das Wunderbare einen augenblicklichen Schwung zu geben, auf dem Weg den ich gewählt habe, wirklich erreicht wird, und ob also die Fratze, die ich gebraucht, einen gewissen tragischen Gehalt hat, und nicht bloß als lächerlich auffällt. Der Fall ist sehr schwer, und man mag es angreifen wie man will, so wird die Mischung des Thörichten und Abgeschmackten mit dem Ernsthaften und Verständigen immer anstößig bleiben. Auf der andern Seite durfte ich mich von dem Charakter des Astrologischen nicht entfernen, und mußte dem Geist des Zeitalters nahe bleiben, dem das gewählte Motiv sehr entspricht.
Die Reflexionen, welche Wallenstein darüber anstellt, führe ich vielleicht noch weiter aus, und wenn nur der Fall selbst dem tragischen nicht widersprechend und mit dem Ernst unvereinbar ist, so hoffe ich ihn durch jene Reflexionen schon zu erheben.
Haben Sie nun die Güte und sagen mir darüber Ihre Meinung.
Das jetzige fatale Wetter setzt mir sehr zu, und ich habe durch Krämpfe und Schlaflosigkeiten wieder einige Tage für meine Arbeit verloren.
Meine Frau empfiehlt sich aufs beste, und für den Braten danken wir Ihnen gar schön. Er ist sehr willkommen gewesen.
Leben Sie recht wohl. Ich wünsche zu hören, daß Sie in Ihren Schematibus etwas vorrücken mögen.
Sch.
544. An Schiller.
Ihr Brief findet mich in großer Zerstreuung und in Beschäftigungen, die mit einem ästhetischen Urtheile über dramatische Motive nichts gemeines haben. Ich muß also um Aufschub bitten, bis ich meine Gedanken über Ihre Anfrage sammeln kann. Dem ersten Anblick nach scheint mir die Idee sehr wohl gefunden und ich sollte denken, daß man dabei acquiesciren könnte. Denn, wie Sie auch selbst bemerken, so scheint immer ein unauflösbarer Bruch zwischen dieser Fratze und der tragischen Würde übrig zu bleiben und es kann vielleicht immer nur die Frage sein: ob sie etwas würdiges hervorbringe? und das scheint mir diesmal geleistet.
Ist doch selbst der politische Stoff nicht viel besser als der astrologische und mich dünkt man müßte den astrologischen, um ihn zu beurtheilen, nicht unmittelbar gegen das Tragische halten, sondern das Astrologische wäre als ein Theil des historisch, politisch, barbarischen Temporären mit in der übrigen Masse gegen das Tragische zu stellen und mit ihm zu verbinden.
Den fünffachen Buchstaben, ob er mir gleich wohl gefällt, weiß ich noch nicht gegen jenes astrologische Zimmer zu bilanciren; beides scheint etwas für sich zu haben. Und ich muß endigen wie ich anfing daß ich heute weder im Stande bin rein zu empfinden noch recht zu denken.
Nehmen Sie daher nur noch ein Lebewohl und grüßen mir Ihre liebe Frau.
Weimar am 5. December 1798.
G.
545. An Goethe.
Jena den 7. December 1798.
Wir leben jetzt wieder in sehr entgegengesetzten Zuständen, Sie unter lauter Zerstreuungen, die Ihnen keine Sammlung des Gemüths erlauben, und ich in einer Abgeschiedenheit und Einförmigkeit, die mich nach Zerstreuung seufzen macht, um den Geist wieder zu erfrischen. Ich habe übrigens diese traurigen Tage, die sich erst heute wieder aufhellten, nicht ganz unnütz verbracht, und einige bedeutende Lücken in meiner Handlung ausgefüllt, wodurch sie sich immer mehr rundet und stetiger wird. Es sind verschiedene ganz neue Scenen entstanden, die dem Ganzen sehr gut thun. Auch jenen nicht ganz aufzuhebenden Bruch, von dem Sie schreiben, in Betreff des Tollen und Vernünftigen, seh’ ich dadurch etwas vermindert, indem alles darauf ankommt, daß jene seltsame Verbindung heterogener Elemente als beharrender Charakter erscheine, aus dem Total des Menschen hervorkomme und sich überall offenbare. Denn wenn es gelingt, sie nur recht individuell zu machen, so wird sie wahr, da das individuelle zur Phantasie spricht, und man es also nicht mit dem trockenen Verstand zu thun hat.
Wenn Sie glauben, daß wir das astrologische Zimmer nicht einbüßen sollten, so ließe sich immer noch Gebrauch davon machen, auch im Fall, daß wir die andere Fratze behielten. Das Mehr schadet hier nichts, und eins hilft dem andern. Mir ist eigentlich nur darum zu thun, daß ich von Ihnen wisse, ob das neulich überschickte überall nur statthaft ist, denn es ist gar nicht nöthig, daß etwas anderes dadurch ausgeschlossen wird.
Ich weiß Ihnen heute nichts zu sagen, was Sie interessiren könnte, denn ich bin nicht aus meiner Arbeit gekommen, und habe auch von außen nichts in Erfahrung gebracht.
Wollten Sie mir nicht das Buch über den Caucasus verschaffen, von dem Sie mir öfters sagten. Ich habe jetzt gerade ein Bedürfniß nach einer ergötzlichen Lectüre.
Leben Sie recht wohl, an Meyern viele Grüße. Meine Frau empfiehlt sich.
Sch.
546. An Schiller.
Wie sehr wünschte ich gerade über die vorliegende Frage mit Ihnen einen Abend zu conversiren, denn sie ist doch um vieles wichtiger als jene Quästion: in welcher Ordnung die Rüstung erscheinen soll. Ich fasse mich nur kurz zusammen und gehe über alles hinaus, worüber wir einig sind.
Ich halte nach vielfältiger Ueberlegung das astrologische Motiv für besser als das neue.
Der astrologische Aberglaube ruht auf dem dunkeln Gefühl eines ungeheuren Weltganzen. Die Erfahrung spricht, daß die nächsten Gestirne einen entschiedenen Einfluß auf Witterung, Vegetation u.s.w. haben; man darf nur stufenweise immer aufwärts steigen und es läßt sich nicht sagen wo diese Wirkung aufhört. Findet doch der Astronom überall Störungen eines Gestirns durchs andere; ist doch der Philosoph geneigt, ja genöthigt eine Wirkung auf das Entfernteste anzunehmen. So darf der Mensch im Vorgefühl seiner selbst nur immer etwas weiter schreiten und diese Einwirkung aufs sittliche, auf Glück und Unglück ausdehnen. Diesen und ähnlichen Wahn möchte ich nicht einmal Aberglauben nennen, er liegt unserer Natur so nahe, ist so leidlich und läßlich als irgend ein Glaube.
Nicht allein in gewissen Jahrhunderten, sondern auch in gewissen Epochen des Lebens, ja bei gewissen Naturen, tritt er öfter als man glauben kann, herein. Hat doch der verstorbne König in Preußen blos darum auf den Wallenstein gehofft, weil er erwartete daß dieses Wesen ernsthaft darin behandelt sein würde.
Der moderne Orakel-Aberglaube hat auch manches poetische Gute, nur ist gerade diejenige Species, die Sie gewählt haben, dünkt mich, nicht die beste, sie gehört zu den Anagrammen, Chronodistichen, Teufelsversen, die man rückwärts wie vorwärts lesen kann und ist also aus einer geschmacklosen und pedantischen Verwandtschaft, an die man durch ihre incurable Trockenheit erinnert wird. Die Art wie Sie die Scene behandelt haben, hat mich wirklich im Anfang so bestochen daß ich diese Eigenschaften nicht merkte und nur erst durch Reflexion darauf kam. Uebrigens mag ich nach meiner Theatererfahrung herumdenken wie ich will, so läßt sich dieses Buchstabenwesen nicht anschaulich machen. Die Lettern müssen entweder verschlungen sein wie die M des Matthias. Die F müßte man in einen Kreis stellen, die man aber, wenn man sie auch noch so groß macht, von weitem nicht erkennen würde.
Das sind meine Bedenklichkeiten, zu denen ich nichts weiter hinzufüge. Ich habe mit Meyern darüber consultiert, welcher auch meiner Meinung ist. Nehmen Sie nun das beste heraus. Mein sehnlichster Wunsch ist, daß Ihre Arbeit fördern möge.
Meine zerstückelte Zeit bis Neujahr will ich so gut als möglich zu benutzen suchen. Das zweite Stück der Propyläen ist nun ganz abgegangen. Manuscript zum dritten ist vorräthig, wovon etwa nur noch die Hälfte zu redigiren ist; ich werde mein möglichstes thun auch damit in drei Wochen fertig zu werden.
Zu dem vierten Stück habe ich einen besondern Einfall, den ich Ihnen communiciren will und überhaupt denke ich mich so einzurichten daß mir das Frühjahr zu einer größeren Arbeit frei bleibt. Die Schemata zur Chromatik hoffe ich mit Ihrem Beistand auch bald vorwärts zu bringen.
Und so geht ein närrisch mühsames Leben immer fort, wie das Mährchen der Tausend und Eine Nacht, wo sich immer eine Fabel in die andere einschachtelt. Leben Sie recht wohl und grüßen Sie die liebe Frau.
Weimar, am 8. December 1798.
G.
547. An Goethe
Jena den 11. December 1798.
Es ist eine rechte Gottesgabe um einen weisen und sorgfältigen Freund, das habe ich bei dieser Gelegenheit aufs neue erfahren. Ihre Bemerkungen sind vollkommen richtig und Ihre Gründe überzeugend. Ich weiß nicht welcher böse Genius über mir gewaltet, daß ich das astrologische Motiv im Wallenstein nie recht ernsthaft anfassen wollte, da doch eigentlich meine Natur die Sachen lieber von der ernsthaften als leichten Seite nimmt. Die Eigenschaften des Stoffes müssen mich anfangs zurückgeschreckt haben. Ich sehe aber jetzt vollkommen ein, daß ich noch etwas bedeutendes für diese Materie thun muß und es wird auch wohl gehen, ob es gleich die Arbeit verlängert.
Leider fällt diese für mich so dringende Epoche des fertig werdens in eine sehr ungünstige Zeit: ich kann jetzt gewöhnlich über die andere Nacht nicht schlafen, und muß viel Kraft anwenden, mich in der nöthigen Klarheit der Stimmung zu erhalten. Könnte ich nicht durch meinen Willen etwas mehr, als andere in ähnlichen Fällen können, so würde ich jetzt ganz und gar pausiren müssen.
Indessen hoffe ich Ihnen doch die Piccolomini zum Christgeschenk noch schicken zu können.
Möchten nur auch Sie diese nächsten schlimmen Wochen heiter und froh durchleben und dann im Januar wieder munter zu uns und Ihren hiesigen Geschäften zurückkehren. Ich bin neugierig zu erfahren, was Sie für das vierte Stück der Propyläen ausgedacht.
Leben Sie recht wohl. Ich erhalte einen Abendbesuch von meinem Hausherrn, der mich hindert mehr zu sagen.
Die Frau grüßt Sie herzlich. Meyern viele Grüße.
Sch.
548. An Schiller.
Es freut mich, daß ich Ihnen etwas habe wieder erstatten können von der Art in der ich Ihnen so manches schuldig geworden bin. Ich wünschte nur daß mein guter Rath zu einer günstigen Jahrszeit hätte anlangen können, damit Sie dadurch schneller gefördert wären; denn ich muß Sie wirklich bedauern daß die Zeit der Vollendung in diese Tage fällt, die eben unsere Freunde nicht sind.
Glücklicherweise habe ich entdeckt, daß mich etwas ganz neues, d. h. worüber ich noch nicht gedacht habe, in diesen Stunden reizen und mich gewissermaßen productiv machen kann.
Ich schicke hier Grübels Gedichte, von denen ich schon einmal erzählte. Sie werden Ihnen Spaß machen. Ich habe eine Recension davon an Cotta zur neuen Zeitung geschickt, davon ich Ihnen eine Abschrift senden will. Ich habe die Gelegenheit ergriffen etwas über diese heitere Darstellungen, die nicht gerade immer den leidigen Schwanz moralischer Nutzanwendung hinter sich schleppen, etwas zu sagen.
Uebrigens halte ich mich bald an dieses bald an jenes, um nur die Zeit nicht ganz ungenutzt verstreichen zu lassen, und so mögen denn diese vierzehn Tage noch hingehen.
Ob Ihr erstes Stück Weihnachten fertig wird oder nicht, wird meinen Januaraufenthalt entscheiden; im ersten Fall hoffe ich Sie bei mir zu sehen, im zweiten denke ich Sie zu besuchen. Für heute leben Sie wohl und grüßen Ihre liebe Frau.
Weimar am 12. December 1798.
G.
549. An Goethe.
Jena den 14. December 1798.
Ich sage Ihnen heute nur einen freundlichen Gruß, denn der Schnupfen nimmt mir den Kopf so ein, daß ich ganz bethört von der Arbeit aufstehe. Möchten die nächsten harten drei Wochen nur für Sie und mich vorüber sein!
Für den Nürnberger Dichter danke ich; bis jetzt habe ich noch nicht viel in demselben lesen können. Es ist gar nicht übel, wenn Sie ein paar Worte zu seiner Empfehlung sagen; denn hier ist der Fall, wo keiner das Herz hätte, auf Risico des eignen Geschmacks zu loben, weil man auf keine modische Formel fußen kann. Da Ihr Hieherkommen sich nach den Piccolominis richtet, so werde ich Sie wohl zuerst in Weimar sehen, denn ich darf dieses Stück, insofern es für die Bühne bestimmt ist, nicht unvollendet in die neue Jahrzahl hinüberschleppen; auch hoffe ich in dieser Zeit noch das nöthige dafür zu thun. Sobald etwas von den neuen Scenen in Ordnung und abgeschrieben ist, sende ich’s Ihnen.
Leben Sie wohl für heute. Die Frau grüßt schönstens,
Sch.
550. An Schiller.
Bei mir geht die Arbeit noch so nothdürftig fort, indem ich allerlei vornehmen und daraus wählen kann was der Zeit und der Stimmung gemäß ist. Es wird mir ein rechtes Weihnachtsgeschenk sein wenn Sie mir den Piccolomini schicken.
Hier schicke ich was ich bei Gelegenheit Grübels ausgehen lassen. Es ist darauf angesehen daß es eine gewisse Partei ärgern soll. Die Materie muß in den Propyläen wieder gebracht und unter allen Formen erneuert werden, wozu mir schon ein Paar ganz närrische eingefallen sind.
Auch lege ich Gädikes Forderung bei, wegen des Drucks der Propyläen. Sie sind ja in dergleichen Berechnungen geübt, um zu überschlagen was aus diese Weise die Kosten eines ganzen Stückes sein würden.
Was ich außer dem Geschäftskreise thun konnte war die Vorbereitung des dritten Stücks, welches ich möglichst zu befördern suche, um zu Anfang des neuen Jahrs ganz frei zu sein. Und so werden denn doch die bösen drückenden Tage genutzt. Leben Sie recht wohl und suchen Sie aus dem Schlusse des Jahrs auch den möglichen Vortheil zu ziehen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau.
Weimar am 15. December 1798.
G.
551. An Goethe.
Jena den 18. December 1798.
So wenig ich Anstand nehme, alles was Sie von unserm Volksdichter gutes sagen, im einzelnen wie im allgemeinen zu unterschreiben, so kommt es mir doch immer als eine gewisse Unschicklichkeit vor, auf einer so öffentlichen Stelle als die Allgemeine Zeitung ist, die Augen auf ihn zu ziehen; für die Vorzüge der Form ist einmal kein Sinn zu erwarten, und so wird das Kleine und Gemeine in den Gegenständen den delikaten Herren und Damen Anstoß geben und den Witzlingen eine Blöße. Das ist wenigstens mein Gefühl, wenn ich mir, bei Durchlesung Ihrer Anzeige, zugleich das Publicum vergegenwärtige, dem sie in die Hände kommt, und es däucht mir eine annehmliche Klugheitsregel, da wo es keine Ueberzeugungsgründe giebt, um durch die Vernunft zu siegen, das Gefühl nicht zu choquiren. Ein ganz anderes wäre es, wenn eben diese Anzeige in einem literarischen Blatt stünde: hier ist man befugt und verpflichtet, alles zu würdigen, und ins Detail zu gehen. In einer politischen Zeitung kann nur das, muthmaßlich allgemein interessirende Platz finden, nicht was gefallen sollte, sondern wie Boufflers sagt, was gefällt.
Ich habe mit großem Vergnügen diesen Boufflers gelesen; er ist überaus schön geschrieben und enthält scharmante Bemerkungen, so gut gedacht als gesagt. Freilich ist eine gewisse Enge und Dürftigkeit darin. Wenn er zuweilen der Hospitalité wegen auch von den Deutschen Notiz nimmt, so kommt es gar lächerlich heraus; man sieht ihm an, daß es nichts weiter als ein Trinkgeld ist, und daß er nicht viel dabei denkt.
Garve hör’ ich soll jetzt auch gestorben sein. Wieder einer aus dem goldnen Weltalter der Literatur weniger, wird uns Wieland sagen.
In Chursachsen ist das Niethhammerische Journal verboten worden.
Den Anschlag des Buchdrucker Gädike finde ich sehr mäßig; ich sollte denken, daß Cotta die Arbeit bei sich nicht wohlfeiler haben kann.
Es wäre mir jetzt doch lieb, wenn Sie den Frankfurtern bald wollten zu wissen thun lassen, daß die drei Wallensteinischen Stücke für 60 Ducaten zu haben sind. Denn ich möchte gern bald wissen, ob die Edition fürs Reich noch nöthig oder nicht, da Kotzebue noch nicht wieder geantwortet und wahrscheinlich doch im Verhafte sitzt. Der Wallenstein bleibt das ganze Jahr 1799 ungedruckt, das kann den Frankfurtern auch geschrieben werden.
Wissen Sie noch nicht bestimmt, ob Sie Ihre Theatralische Mutter aus Regenspurg auf den nächsten Monat schon bekommen?
Die Arbeit ist in den letzten Tagen schlecht vorgerückt. Das Sudelwetter, das mir sonst nicht so unhold ist, hat mich doch sehr mitgenommen, und schon der traurige Anblick des Himmels und der Erde drückt die Seele nieder.
Leben Sie nur so wohl als es jetzt irgend angeht. Herzlich grüßen wir Sie beide.
Sch.
552. An Schiller.
Es mag mir etwas von Ihrer Meinung vorgeschwebt haben, indem ich, ehe ich den kleinen Aufsatz abschickte, bei mir zu Rathe ging, ob ich ihn nicht mutatis mutandis zur Literaturzeitung geben, oder die Materie für die Propyläen aufheben sollte? Indessen mag er zu jenem Picknick hingehen das doch nicht auf eine Consequenz der Schüsseln berechnet ist.
Boufflers hat mir auch, wie Ihnen, und in eben demselben Sinne recht wohl gefallen; dagegen haben die Franzosen und Vornehmen so viel ich hier vernehmen konnte, nicht zum besten davon sentirt, da es doch eigentlich für sie geschrieben ist. Auf welches Publikum soll denn der Schriftsteller rechnen und zählen?
Kants Anthropologie ist mir ein sehr werthes Buch und wird es künftig noch mehr sein, wenn ich es in geringern Dosen wiederholt genieße, denn im ganzen wie es da steht ist es nicht erquicklich. Von diesem Gesichtspunkte aus sieht sich der Mensch immer im pathologischen Zustande und da man, wie der alte Herr selbst versichert, vor dem sechzigsten Jahr nicht vernünftig werden kann, so ist es ein schlechter Spaß sich die übrige Zeit seines Lebens für einen Narren zu erklären. Doch wird, wenn man zu guter Stunde ein Paar Seiten drin liest, die geistreiche Behandlung immer reizend sein. Uebrigens ist mir alles verhaßt was mich blos belehrt, ohne meine Thätigkeit zu vermehren oder unmittelbar zu beleben.
Meinen Zustand in diesen Tagen kann ich auch nicht rühmen. Zu einer solchen Zeit sollte man eigentlich in einer großen Stadt sein, wo man von außen gereizt würde und sich selbst vergäße.
Mechanische Arbeiten gehen nicht vom Flecke und geistige gelingen nicht. Schon diesem Briefe merke ich an daß ich meine Gedanken nicht wie sonst beisammen habe.
Wegen Wallenstein soll bei den Frankfurtern angefragt werden.
Unsere Theatralische Mutter wird in der ersten Hälfte des künftigen Monats erwartet. Leben Sie recht wohl bis auf bessere Tage, ich will noch sehen mich von manchem einzelnen zu befreien, damit man nach dem neuen Jahre an irgend etwas ganzes gehen kann.
Weimar am 19. December 1798.
G.
553. An Goethe.
Jena den 21. December 1798.
Ich bin sehr verlangend Kants Anthropologie zu lesen. Die pathologische Seite die er am Menschen immer herauskehrt und die bei einer Anthropologie vielleicht am Platze sein mag, verfolgt einen fast in allem was er schreibt, und sie ists, die seiner praktischen Philosophie ein so grämliches Ansehen giebt. Daß dieser heitre und jovialische Geist seine Flügel nicht ganz von dem Lebensschmutz hat losmachen können, ja selbst gewisse düstere Eindrücke der Jugend etc. nicht ganz verwunden hat, ist zu verwundern und zu beklagen. Es ist immer noch etwas in ihm, was einen, wie bei Luthern, an einen Mönch erinnert, der sich zwar sein Kloster geöffnet hat, aber die Spuren desselben nicht ganz vertilgen konnte.
Daß die Aristokraten auf eine Schrift wie Boufflers nicht so ganz gut zu sprechen sind, will ich wohl glauben. Sie würden weit mehr Wahrheiten aus dem Mund und der Feder eines bürgerlichen Schriftstellers ertragen. Aber es ist immer so gewesen, auch in der Kirche war die Ketzerei eines Christen immer verhaßter, als der Unglaube eines Atheisten oder Heiden.
Haben Sie in diesen Tagen nichts an dem Farbenschema mehr gemacht? Ich freue mich auch in dieser Rücksicht auf mein Hinüberkommen zu Ihnen, um in der Materie etwas weiter zu rücken. Schelling seh ich wöchentlich nur einmal, um , zur Schande der Philosophie sei es gesagt, meistens l’Hombre mit ihm zu spielen. Mir zwar ist diese Zerstreuung, da ich jetzt absolut keine andre habe, beinah unentbehrlich worden , aber es ist freilich schlimm, daß man nichts gescheideres mit einander zu thun hat. Indessen sobald ich nur ein klein wenig den Kopf wieder über Wasser habe, will ich etwas besseres mit ihm anfangen. Er ist noch immer so wenig mittheilend und problematisch wie zuvor.
Von den abwesenden Freunden habe ich wieder lange nichts gehört. Humboldt wird, hoffe ich, nicht unter den Fremden sich befunden haben, die man in Paris arretirt hat.
Ich hatte Sie bitten wollen mir das Logis, worin Thouret gewohnt, auf drei oder vier Wochen vom Herzog auszubitten, wenn ich nach Weimar käme. Meine Schwägerin kann meine Frau mit den Kindern jetzt nicht wohl logiren und doch möchte ich von meiner Familie nicht so lang getrennt sein, auch Ihnen mit mir nicht auf so lange Ueberlast machen. Freilich würden unsre wechselseitigen Communicationen dadurch etwas gehemmt, aber es käme nur auf eine Einrichtung an, so würde es schon gehen. Ich erbitte mir darüber Ihren Rath. Etwa in zwölf Tagen dächte ich hinüber zu kommen.
Ich sehe zwar kaum ein kleines Vorrücken in der Arbeit, denn bei dem Corrigiren der letztern Akte für den Theaterzweck bin ich auf weit mehr Schwierigkeiten gestoßen als ich erwartete, und diese Arbeit ist erstaunlich penibel und zeitverderbend.
Indessen wünsche ich Ihnen zum zurückgelegten kürzesten Tag, der in Ihrer Existenz eine gewisse Epoche zu machen pflegt, Glück.
Leben Sie recht wohl, herzlich gegrüßt von uns beiden.
Sch.
554. An Schiller.
Die Nachricht von Ihrer baldigen Ankunft erfreut mich sehr und ist die schönste Hoffnung die mir die wieder rückkehrende Sonne bringt. Auf die Farbenlehre habe ich auch nicht einen Augenblick denken können; ich will diese nächsten Tage noch mancherlei Geschäfte schematisiren und aufs nächste Jahr einleiten, damit ich, wenn Sie herüber kommen, ganz frei bin.
Es ist so ein unendlich seltner Fall daß man sich mit und an einander bildet, daß es mich nicht mehr wundert wenn eine Hoffnung, wie die auf eine nähere Communication mit Schelling, auch fehl schlägt. Indessen können wir doch immer zufrieden sein daß er uns so nahe ist, indem wir doch immer gewissermaßen das was er hervorbringt, werden sehen; auch macht sichs vielleicht mit der Zeit.
Zum l’Hombre wünsche ich Glück! Sie werden in der Anthropologie selbst die Apologie des Spiels finden und ob ich gleich persönlich keine Idee habe, wie man sich dabei zerstreuen oder erfreuen könne, so zeigt es mir doch die Erfahrung an so viel Menschen. Mich entschädigen in solchen Augenblicken mancherlei wissenschaftliche Spiele, wie Mineralogie und dergleichen. Freilich sind die Abende jetzt sehr lang und unfruchtbar.
Das Thouretische Quartier steht, so viel ich weiß, ganz leer, ist rein und dürfte nur meublirt werden, wofür ich schon sorgen will. Es sind zwei heizbare Zimmer und einige Kammern.
Gern lasse ich Sie nicht aus meiner Nähe, doch ist freilich das Quartier das ich Ihnen anbieten kann, besonders im Winter, nicht bequem. Wir müssen nur eine Einrichtung treffen, denn sonst verlieren wir Zeit und Gelegenheit.
Wegen des Thouretischen Quartiers erfahren Sie Mittwochs mehr.
Könnten Sie mir die Rolle für Wallensteins Gemahlin gleich senden, so schickte ich sie unserer neuen Actrice nach Regensburg. Sie hätte auf der ganzen Herreise Zeit daran zu lernen und, da sie den vierzehnten kommt, so träfe sie noch eben zur rechten Zeit ein daß das Stück auf den dreißigsten gegeben werden könnte.
Leben Sie recht wohl; in Hoffnung Sie bald wieder zu sehen werde ich noch manches was uns hindern oder stören könnte, wegarbeiten.
Weimar den 22. December 1798.
G.
555. An Goethe.
Jena den 24. December 1798.
Ich setze mich mit einem sehr erleichterten Herzen nieder um Ihnen zu schreiben, daß die Piccolomini so eben an Iffland abgegangen sind. Er hat mich in seinem Briefe so tribulirt und gequält zu eilen, daß ich heute meine ganze Willenskraft zusammen nahm, drei Copisten zugleich anstellte, und (mit Ausschluß der einzigen Scene im astrologischen Zimmer, die ich ihm nachsende) das Werk wirklich zu Stande brachte. Eine recht glückliche Stimmung und eine wohl ausgeschlafene Nacht haben mich secundirt, und ich hoffe sagen zu können, daß diese Eile dem Geschäft nichts geschadet hat. So ist aber auch schwerlich ein heiliger Abend auf dreißig Meilen in der Runde verbracht worden, so gehetzt nämlich und qualvoll über der Angst nicht fertig zu werden. Iffland hat mir seine Noth vorgestellt, wenn er in den zwei nächsten Monaten, der eigentlichen Theaterzeit, nichts hätte, wodurch er die Opern, welche frei gegeben werden, balanciren könnte, da er, in seiner Rechnung auf das Stück, auf nichts anders gedacht hätte, und gab mir den Verlust bei dem versäumten Tempo auf 4000 Thaler an.
Ich werde nun diese Woche anwenden, das Exemplar des Stücks für unser Weimarisches Theater in Ordnung schreiben zu lassen, die astrologische Scene überdenken, und dann auf die nächste Woche, etwa den zweiten, wenn die Witterung und mein Befinden es zulassen, zu Ihnen kommen.
Da ich nicht weiß, ob mir eine Summe Geld, die ich erwarte, zu rechter Zeit eingeht, so will ich das nicht erst erwarten, und in Hoffnung, daß ich im Nothfalle bei Ihnen etwas borgen kann, wenn ich’s je brauchen sollte, mein Paket machen.
Für Ihre Güte mir das Logis zu verschaffen, danke ich Ihnen sehr. Meubles, hölzerne, wird mein Schwager missen können, Betten aber nicht, und wenn Sie mir also davon etwas leihen wollen, so brauche ich desto weniger mitzubringen.
Was unsre Communicationen betrifft, so wird sich mit einer Kutsche schon eine Einrichtung machen lassen.
Und nun für heute Lebewohl. Ich mußte mein Herz erleichtern, und Ihnen dieses neueste Evenement in meinem Hause melden. Meine Frau läßt Sie aufs beste grüßen.
Sch.
556. An Schiller.
Viel Glück zu der abgenöthigten Vollendung der Arbeit! denn ich will Ihnen gar nicht leugnen daß mir in der letzten Zeit alle Hoffnung zu vergehen anfing. Bei der Art, wie Sie diese Jahre her den Wallenstein behandelt haben, ließ sich gar keine innere Ursache mehr denken, wodurch er fertig werden konnte, so wenig als das Wachs gerinnen kann so lange es an dem Feuer steht. Sie werden selbst erst finden wenn Sie diese Sache hinter sich haben was für Sie gewonnen ist. Ich sehe es als etwas unendliches an.
Ihr Quartier im Schlosse soll aufs beste besorgt werden und ich denke es soll an nichts fehlen: auch was Sie sonst an den ersten und letzten Bedürfnissen nöthig haben möchten, soll parat sein. Lassen Sie sich ja nicht abhalten, sondern resolviren sich kurz und gut den zweiten zu kommen, denn wir haben übermäßig zu thun wenn wir bis den dreißigsten fertig werden wollen, wobei das schlimmste ist, daß sich der Termin nicht verschieben läßt. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und sein Sie zum Voraus schönstens willkommen.
Weimar am 25. December 1798.
G.
557. An Schiller.
Ueberbringer dieses stellt ein Detaschement Husaren vor, das Ordre hat, sich der Piccolominis, Vater und Sohn, wie es gehen will zu bemächtigen und wenn es derselben nicht ganz habhaft werden kann, sie wenigstens stückweise einzuliefern. Euer Liebden werden ersucht, diesem löblichen Vorhaben allen möglichen Vorschub zu thun. Die wir uns zu allen angenehmen Gegendiensten erbieten.
Weimar 27. December 1798.
Melpomenische zum Wallensteinschen Unwesen gnädigst verordnete Commission. Goethe und Kirms.
558. An Schiller.
Wenn Sie uns, werther Freund, bei der Bestimmung Ihrer Decoration um Rath gefragt hätten, so hätten wir freilich einiges einzuwenden gehabt. Denn statt des Symbols die Sache zu geben, ist freilich eine schwere Aufgabe, doch soll alles, was zur Verherrlichung der theatralischen Erscheinung geschehen kann, mit Vergnügen besorgt werden, Freund Meyer wird die Cartone selbst zeichnen, wie denn schon der Anfang zu einem kleinen Entwurf gemacht ist.
Nun aber verzeihen Sie wenn ich auch, wie Iffland, den Direktor spiele, auf den sich zuletzt alle Schwierigkeiten der Ausführung häufen.
Morgen früh kommt ein Bote, von dem ich hoffe daß er mir gegen Abend einen Theil des Stücks und auf alle Fälle die Rolle der Herzogin bringen wird.
Werden Sie ja nicht ungeduldig! denn wenn Sie nicht bald kommen sollten, so werden noch öfters Boten erscheinen. Es wird ohnedies für uns einen sauern Januar geben , da man am Ende desselben ein solches Stück erwartet und an den übrigen Lustbarkeiten, während desselben, doch nichts entbehren will. Montags sollen die vier bedeutendsten Soldatencostüms des Vorspiels an Iffland abgehen. Ich wünsche Ihnen zur Reise einen Tag wie der heutige ist und grüße Sie herzlich, so wie Ihre liebe Frau.
Weimar am 29. December 1798.
G.
559. An Goethe.
Jena den 31. December 1798.
Der Herzogin Rolle hab’ ich Ihnen gestern durch Wolzogen geschickt. Hier erhalten Sie die Piccolomini ganz, aber wie Sie sehen ganz erschrecklich gestrichen. Ich dachte schon genug davon weggeschnitten zu haben, als ich aber vorgestern zum erstenmal das Ganze hinter einander vorlas, nach der bereits verkürzten Edition, und mit dem dritten Akt schon die dritte Stunde zu Ende ging, so erschrak ich so, daß ich mich gestern nochmals hinsetzte, und noch etwa 400 Jamben aus dem Ganzen herauswarf. Sehr lang wird es auch jetzt noch spielen, aber doch nicht über die vierte Stunde, und wenn man Schlag halb Sechs anfängt, so kommt das Publicum noch vor 10 Uhr nach Hause.
Haben Sie die Güte den zweiten Akt den ich Ihnen doppelt schicke in beiden Gestalten zu lesen. Er enthält die neuen Scenen der Thekla, und es würde Sie stören, wenn Sie bei diesen Scenen, die Sie zum erstenmal lesen, auch nur durch das Auge an die Verstümmelung erinnert würden und den Text auf dem Papiere mühsam zusammensuchen müßten.
An Iffland sende ich mit heutiger Post diese neuesten Verkürzungen nach, denn die große Länge des Stücks wird ihn nicht wenig in Verlegenheit setzen.
Die bedeutende Aeußerung Wallensteins über Buttlern (IV. Aufzug, 3. Scene), die hier weggestrichen, findet im dritten Stück einen schicklichern Platz.
Bei der Rollenbesetzung habe ich darauf gerechnet, daß die Thekla durch die Jagemann gespielt wird, und ihr etwas zu singen gegeben. So bliebe freilich die Gräfin der Slanzovsky, es wäre denn, daß Sie die neu erwartete Mutter dazu passender fänden; denn an der Gräfin liegt freilich viel, und sie hat, wie Sie sehen werden, auch in den neuen Scenen des zweiten Akts bedeutende Dinge zu sagen. Da man sie noch älter annehmen darf als selbst die Herzogin (indem sie den König von Böhmen vor sechzehn Jahren hat machen helfen), so kann sich die andere nicht beklagen.
Beim Wrangel habe ich auf Hunnius gerechnet.
Und so lege ich denn das Stück in Ihre Hände. Ich habe jetzt schlechterdings kein Urtheil mehr darüber, ja manchmal möchte ich an der theatralischen Tauglichkeit ganz verzweifeln. Möchte es eine solche Wirkung auf Sie thun, daß Sie mir Muth und Hoffnung geben können, denn Die brauche ich.
Leben Sie recht wohl. Der Bote wird um 3 Uhr expedirt.
Sch.
1799
560. An Goethe.
Jena den 1. Januar 1799,
Hier zur Unterhaltung ein paar Blätter von Körnern über den Almanach.
Mein Opus ist nun in Ihren Händen, und Sie haben ihm, indem ich schreibe, schon die Nativität gestellt. Unterdessen habe ich schon angefangen, meine Gedanken auf das dritte Stück zu richten um sogleich, wenn ich in Weimar bin, daran gehen zu können. Es gibt zwar noch viel darin zu thun, aber es wird rascher gehen, weil die Handlung bestimmt ist, und lebhafte Affekte herrschen.
Ich muß morgen noch zur Ader lassen, welches ich seit meinen zwei hitzigen Brustfiebern in den Jahren 91 und 92 immer beobachtet habe. Diese Operation hält mich morgen, wenn nicht gar übermorgen, noch hier zurück. Sonst befinde ich mich innerlich recht wohl, aber um die Plage nicht ausgehen zu lassen, habe ich mich neulich unter dem Nagel in den Finger gestochen, der sehr schmerzhaft wird, und, weil es der Mittelfinger der rechten Hand ist, mich beim Schreiben sehr incommodirt.
Sie waren so gütig, mir durch den Kammerrath ein Verzeichniß dessen was ich in Weimar brauche abfordern zu lassen. Das habe ich meinem Schwager neulich zugestellt, und in der Voraussetzung, daß dieß Ihre Absicht dabei sei, alles was ich nöthig habe darunter begriffen.
Morgen hoffe ich noch von Ihnen zu erfahren, ob ich übermorgen kommen darf.
Leben Sie recht wohl. Wir freuen uns beide sehr darauf, Sie wieder zu sehen.
Sch.