KAPITEL 98

»Moment mal, woher wussten Sie, dass Sie dieses Laserdingsbums mitbringen mussten?«, fragte Knox die britische Agentin, als sie in der Dunkelheit kauerten.

»Genau wie Ihre Pfadfinder hat sich der MI6 auf die Fahne geschrieben, allzeit bereit zu sein.«

»Dann haben Sie Stone nicht geglaubt?«

»Der Schlüssel?« Chapman schnaubte. »Natürlich habe ich ihm nicht geglaubt. Es war nicht schwer, sein psychologisches Profil zu lesen. Er würde uns nicht in Gefahr bringen.«

»Er hat sich auch in New York von uns begleiten lassen«, meinte Finn.

»Vermutlich hielt er die South Bronx für sicherer als diesen Ort«, erwiderte Knox.

»Die Mördergrube«, sagte Chapman. »Das war interessanter Lesestoff.«

Die beiden Männer blickten sie an.

»Ich habe recherchiert. Sie nicht?«

Knox räusperte sich. »Woher wussten Sie, was Sie recherchieren mussten? Stone hat diesen Ort erst unterwegs erwähnt.«

»Der Ort, wo alles begann. Erinnern Sie sich? Das hat Ming in New York gesagt. Also habe ich nachgehakt und meine Leute in England ebenfalls darauf angesetzt. Ich wusste, dass Stones Karriere bei der Abteilung 666 ihren Anfang genommen hatte. Ich wusste allerdings nicht, dass sie mit einer einjährigen Ausbildung hier begann. Zwei Stunden vor unserem Aufbruch bekam ich eine Akte gemailt. Wie gesagt, eine interessante Lektüre.«

Finn betrachtete den laminierten Grundriss, den Stone ihm gegeben hatte. »Hier gibt es viele Stellen für einen Hinterhalt.«

»Das können sich beide Parteien zunutze machen«, meinte Knox, und Chapman nickte.

Sie zeigte auf den Plan. »Wir haben zwei Möglichkeiten. Wir gehen zusammen durch jede Seite, oder wir trennen uns.«

»Ich stimme dafür, dass wir weitergehen. Sollten wir durch diese Sektionen müssen, trennen wir uns«, sagte Finn. »Ich gehe nach links, Sie beide nach rechts.«

Chapman schüttelte den Kopf. »Nein, Sie beide gehen nach rechts, ich nach links.«

Wieder blickten die Männer sie an. »Was ist?«, fragte Chapman. »Kann eine Frau nicht allein gehen? Braucht sie einen kostbaren Mann, der ihr die arme zerbrechliche Hand hält?«

»Das ist es nicht«, sagte Knox unbehaglich.

»Schön zu hören«, erwiderte sie. »Ich nehme links. Und Sie müssen noch ein paar Kleinigkeiten über die rechte Sektion erfahren, um dort sicher durchzukommen.« Sie weihte sie in die Einzelheiten ein, die sie durch ihre Recherchen erfahren hatte.

»Verstanden?« Sie blickte die Männer an.

»Sie haben ja viel darüber nachgedacht«, sagte Knox.

»Warum auch nicht?«, gab Chapman zurück. »Das ist mein Job.«

»Viel Glück«, sagte Finn.

»Gleichfalls.«

Sie ließ die beiden Männer stehen, deren Blicke ihr folgten, bis sie in der Dunkelheit verschwunden war.

* * *

Stone wartete noch immer am Schießstand. Er dachte über seine Möglichkeiten nach. Da sie nicht sehr zahlreich waren, nahm es nicht viel Zeit in Anspruch. Er konnte hierbleiben, bis er verhungerte. Oder durch diese Tür gehen.

Oder …

Er erhob sich, griff nach dem Draht, mit dem die Zielscheiben bewegt wurden, und riss ihn frei. Ein Ende wickelte er um den Türgriff und über einen der Scheibenwagen. Dann duckte er sich hinter die Theke und wickelte den Drahtrest um die Hand. Er zählte bis fünf und zielte auf die Türöffnung. Langsam zog er am Draht. Die Türklinke bewegte sich. Er zog fester. Die Tür öffnete sich. Sie war kaum halb auf, als eine Kugelsalve in den Schießstand peitschte. Überall prallten die Geschosse von Metalloberflächen ab.

Okay, die Russen sind es leid, mit Betäubungspfeilen herumzuspielen, auch wenn es vermutlich gegen die Befehle verstößt.

Mit einem Ruck zog Stone die Tür ganz auf und wickelte den Draht um einen Haken, damit sie offen blieb. Dann schob er sich an der Theke vorbei und setzte das Nachtsichtgerät auf. Es war ein älteres Modell und hatte einen großen Nachteil, falls die andere Seite ebenfalls über eine solche Ausrüstung verfügte.

Stone näherte sich der Öffnung, behielt aber ständig etwas Massives zwischen sich und der Tür. Dann tat er etwas Ungewöhnliches, jedenfalls für einen unerfahrenen Beobachter. Er streifte das Nachtsichtgerät vom Kopf, ließ es aber eingeschaltet. Blitzschnell legte er es oben auf der Theke ab, zur Tür gerichtet. Dann kroch er davon, zielte und wartete auf das, was seiner Meinung nach jetzt geschehen würde.

Schüsse dröhnten. Er zählte vier. Zwar konnte er die Kugeln nicht sehen, war aber sicher, dass sie nur wenige Zentimeter über dem roten Punkt getroffen hatten, den sein Nachtsichtgerät für jemanden verursachte, der ebenfalls ein solches Gerät benutzte. Das war der Nachteil der alten Modelle. Eingeschaltet malte einem das Infrarot einen Punkt auf die Stirn, was jedem Scharfschützen ein prächtiges und tödliches Ziel bot.

Die Mündungsblitze in der offenen Tür verrieten die Position der Russen. Stone feuerte schnell – einmal, zweimal, dann ein drittes und viertes Mal. Er zielte eine Handbreit oberhalb der beiden Blitze. Die Entladungen der Waffen verrieten ihm, dass es sich um Pistolen handelte. Benutzten sie den klassischen Schützenanschlag, entsprach Stones Zielauswahl ihren Köpfen oberhalb der Schutzwesten.

Es dröhnte zweimal dumpf, als Körper auf dem Boden aufschlugen.

Stone richtete sich auf, schnappte sich sein Nachtsichtgerät und setzte sich in Bewegung.

Drei Russen erledigt. Drei waren noch im Spiel.

Und Friedman.

Der Auftrag
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