KAPITEL 60

Am nächsten Morgen erwachte Mary Chapman mühsam, drehte sich auf die Seite, fiel von der schmalen Pritsche und prallte hart auf den Boden.

»Verdammter Mist!«, fluchte sie und rieb sich den Kopf. Als sie aufschaute, entdeckte sie Stone. Zwei Kaffeetassen in den Händen, stand er vor ihr.

»Guten Morgen«, sagte er freundlich.

Chapman setzte sich wieder auf die Pritsche und nahm die angebotene Tasse entgegen. Sie trank einen Schluck, zuckte zusammen und rieb sich den Schädel.

»Mein Kopf fühlt sich an, als würde er jeden Moment explodieren.«

»Vier Mojitos, zwei Wodka Tonic und ein Glas Portwein. Und das ist nur das, was ich mitbekommen habe. Ehrlich gesagt bin ich überrascht, dass Ihr Kopf überhaupt noch funktioniert.«

»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich mit Alkohol umgehen kann.«

»Warum duschen Sie nicht, dann können wir frühstücken.«

»Wunderbar. Ich bin am Verhungern. Ich kenne da ein nettes Restaurant.«

»Ich kenne ein besseres.«

Vierzig Minuten später standen sie in der Innenstadt zusammen mit einem Trupp Bauarbeiter in der Schlange vor einem Essenswagen an, ein paar Häuserblocks vom Kapitol entfernt, um Frühstück zu bestellen. Mit den Eier-Sandwichs und den Röstis gingen sie zu Chapmans Wagen zurück, setzten sich auf die Motorhaube und aßen hungrig.

»Mann, ist das lecker«, sagte Chapman.

»Ich glaube, es liegt am Fett«, sagte Stone und biss in das Rösti. »Und daran, dass sie nie die Pfanne spülen.«

Als sie fertig waren, stiegen sie in den Wagen und fuhren los.

»Wohin?«

»In den Park.«

»Hell’s Corner. Macht seinem Namen alle Ehre.«

»Ich frage mich, wie der NIC heute Morgen zurechtkommt.«

»Zieht man die Ereignisse von vergangener Nacht in Betracht, vermutlich nicht besonders gut.« Chapman strich mit den Fingern über das Lenkrad. »Ich weiß, was Sie vergangene Nacht getan haben, Oliver. Sie haben Weaver einen Riegel vorgeschoben, etwas gegen mich zu unternehmen, weil ich Sie über meine andere Mission unterrichtet habe. Das haben Sie sauber hinbekommen.«

»Ich bin lange genug in diesem Geschäft, um zu wissen, wie es funktioniert. Er musste unbedingt auf Abstand gehen, aber ihm stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung. Also brauche ich trotzdem seine Hilfe und seine Ideen.«

»Wie viel wollen Sie ihm verraten? Von dem, was Sie sich zusammengereimt haben.«

»Eine Menge. Wie schon gesagt, er hat Möglichkeiten, die wir nicht haben. Und wir verfolgen beide grundsätzlich dasselbe Ziel. Wir wollen verhindern, was auf uns zukommt, was immer es sein mag.«

»Glauben Sie wirklich, dass es sich im Planungsstadium befindet?«

»Es ist bereits über das Planungsstadium hinaus. Jetzt wird es ausgeführt.«

»Und die Russen? Schwierige Gegner.«

»Ja.«

»Ich hatte ein paarmal mit ihnen zu tun. Die können ganz schön bösartig werden.«

Stone erwiderte nichts.

»Sie haben einige Zeit in Russland verbracht. Das steht zumindest in Ihrer Akte.«

»Stimmt.«

»Im Kalten Krieg?«

»Ja.«

»Wie war das?«

»Es war, wie es war.«

»War Ihre Mission erfolgreich?«

»Ich bin lebend zurückgekommen, also würde ich mit Ja antworten.«

Chapman fuhr weiter.

Zwanzig Minuten später standen sie und Stone in dem Bürogebäude, aus dem ihrer Vermutung zufolge die Schüsse abgefeuert worden waren. Stone öffnete ein Fenster.

»Wonach suchen wir?«, fragte Chapman. »Dieses Gebäude ist hoch genug, dass es einen direkten Blick auf den Park bietet. Aber das wissen wir ja schon.«

»Ja. Aber ich glaube, da gibt es etwas anderes.«

»Und was?«

»Wenn ich das wüsste, würde ich nicht hier stehen und aus dem Fenster schauen.«

Stones Blick blieb weiterhin auf den Park gerichtet und glitt dann weiter nach Süden zum Weißen Haus. In der Tiefe seines Verstandes regte sich etwas, von dem er wusste, dass es wichtig war, aber es wollte ihm nicht einfallen. Er hatte es gesehen, im Park, davon war er überzeugt. Aber es wollte einfach nicht zum Vorschein kommen. Schon den ganzen Morgen hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, aber die Konzentration hatte die mögliche Antwort nur noch tiefer vergraben.

Chapman lehnte sich gegen den Fensterrahmen und blickte ihn an.

»Ich kriege Kopfschmerzen, wenn ich zusehe, wie Sie sich das Hirn zermartern.«

»Gehen wir. Ich muss das Schwarze Brett in der Georgetown University überprüfen.«

»Stehen Sie auf Social Networking mit Collegestudentinnen?«

»Nein. Ich suche nach was Älterem.«

Der Auftrag
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