KAPITEL 76

»Er ist unterwegs«, sagte Agentin Ashburn. Sie saß auf dem Vordersitz des SUV und trug ein Headset. Sie drehte sich zu Stone und der MI6-Agentin um. »Ich hoffe, das funktioniert.«

»Wenn nicht, werden wir es bald wissen«, erwiderte Stone.

»Was ist mit seinem Personenschutz?«, fragte Chapman.

»Man hat ihnen befohlen, ihm seinen Freiraum zu lassen.«

»Werden die Männer keinen Verdacht schöpfen?«

»Sie sollen ihn vor anderen beschützen, das ist ihr Job. Nicht vor sich selbst. Er hat gesagt, er wolle schlafen gehen. Sie rechnen nicht damit, dass er sich rausschleicht, was er soeben getan hat.«

Eine Stimme meldete sich in Ashburns Headset. »Okay, er ist gerade in ein Taxi gestiegen. Er muss es in der Wohnung bestellt haben. Er fährt nach Westen.«

»Westen?«, wiederholte Stone. »Aus der Stadt raus?«

Ashburn nickte. »Gerade hat er die Key Bridge überquert. Jetzt biegt er nach rechts auf den GW Parkway ab und schlägt die Richtung nach Virginia ein.« Sie tippte dem Fahrer auf die Schulter. »Auf geht’s.«

Der Wagen fuhr zügig los, überquerte den Fluss und hielt sich auf der Schnellstraße rechts.

»Bleiben Sie ein Stück zurück«, wies Ashburn den Fahrer an. »Wir haben unsere Leute überall. Wir können ihn nicht verlieren.«

Stone schien nicht so überzeugt zu sein. Er warf Chapman einen unbehaglichen Blick zu.

Ashburn schaute wieder nach hinten. »Wenn Riley Weaver Wind davon bekommt, was wir hier tun, wird er Theater machen.«

»Das wäre nicht das erste Mal«, erwiderte Stone und spähte aus dem Fenster in die Dunkelheit. Der GW Parkway gehörte zu den landschaftlich schönsten Straßen im Großraum des DC. Dichte Wälder säumten beide Seiten des Asphalts; die Straße wurde von Steinmauern begrenzt, von denen das Terrain steil zum Potomac River und dem sich nördlich des Flusses ausbreitenden, hell erleuchteten Georgetown abfiel. Aber Stones Gedanken galten nicht der Schönheit der Landschaft. Stattdessen beobachtete er die fernen Rücklichter des Taxis, das gerade in Sicht gekommen war.

»Er verlässt die Straße«, sagte Ashburn kurze Zeit später. »Fährt auf den Aussichtspunkt.«

Stone hatte es bereits gesehen. Die Rücklichter des Taxis verschwanden, als es abbog.

»Vorbeifahren und dann das Tempo verringern«, befahl Ashburn dem Fahrer. Sie sprach den gleichen Befehl in ihr Headset.

Stone wusste nicht, wie viele Fahrzeuge das FBI eingesetzt hatte. Normalerweise bewältigte das Bureau jede Aufgabe mit einer überwältigenden Streitmacht, aber bei dieser Mission ging es nicht darum, Turkekul und jeden zu verhaften, mit dem er sich traf, sondern dieser Person zu folgen und zu hoffen, dass sie sie zum Nächsthöheren in der Kommandokette führte. Vielleicht sogar den ganzen Weg hinauf bis zum russischen Präsidenten.

»Wir haben überall Infrarotaugen«, sagte Ashburn. »Er steigt aus dem Taxi und geht zur Mauer am Ende des Parkplatzes.«

»Steht da noch ein anderer Wagen?«, fragte Stone. »Als wir vorbeifuhren, habe ich keinen gesehen.«

Ashburn schien verwirrt. Sie sprach in ihr Headset. »Wie soll er sich denn sonst mit jemandem treffen? Wird der etwa eingeflogen?« Unvermittelt zuckte sie zusammen. »In Nähe der Mauer ist gerade ein Licht im Wald erschienen.«

»Sie hätten vom Flussufer kommen können«, meinte Stone.

»Das ist aber ein ordentliches Wegstück«, sagte Ashburn. »Alle bereithalten«, befahl sie dann in das Headset. »Nicht eingreifen. Ich wiederhole, nicht eingreifen. Das ist ein …«

Der Knall eines Schusses ließ alle zusammenzucken. Stone packte die Schulter des Fahrers. »Los! Los!«

Der SUV schoss in eine enge Kurve, walzte über den Mittelstreifen und raste zur Abzweigung zurück.

»Alle Mann vor Ort«, rief Ashburn in ihr Mikro.

Der SUV jagte auf den Parkplatz. Stone und Chapman sprangen aus dem Wagen, noch bevor er stand. Stone rannte auf die reglose Gestalt zu, die auf dem Asphalt lag. Neben Turkekul ging er auf die Knie, Chapman direkt hinter sich.

»Er ist tot«, verkündete er. »Austrittswunde vorn. Er stand dem Fluss zugewandt. Das bedeutet, der Schuss kam von der anderen Straßenseite.«

Ashburn rief ihrer Truppe bereits Befehle zu. Ein Trupp Agenten rannte auf die Bäume auf der anderen Straßenseite zu, von wo der Schuss gekommen war. Zwei andere Agenten zerrten einen entsetzten Taxifahrer aus seinem Wagen. Chapman stieg über die Mauer und spähte in die Tiefe.

»Das Licht kam von einer batteriebetriebenen Laterne mit Zeitschaltuhr«, meldete sie.

Sie ging zu Stone zurück und schaute auf Turkekul.

»Könnte wirklich eine Fatwa auf ihn ausgestellt worden sein?«, fragte sie.

Stone schüttelte den Kopf. »Man hat uns an der Nase herumgeführt. Wieder mal«, fügte er dann bitter hinzu.

»Und was passiert jetzt?«

»Man reißt uns den Arsch auf«, murmelte er.

Der Auftrag
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