KAPITEL 38

James McElroy setzte sich neben Stone auf die Bank, während die Leibwächter des Briten sich im Hintergrund hielten. Er lehnte seinen Stock gegen die Kante der metallenen Armlehne.

»Chapman hat mich über die Einzelheiten informiert«, sagte er.

»Das war mir klar.«

»Sie sagt, Sie hätten ihr das Leben gerettet.«

Stone antwortete nicht.

»Es war trotzdem kein besonders guter Tag, für keinen von uns.«

»Das könnte man sagen.«

»Und Sie geben sich die Schuld daran?«

Stone sah ihn an. »Sollte ich das nicht?«

McElroy dachte darüber nach. »Wahrscheinlich wäre ich enttäuscht, hätten Sie mir eine andere Antwort gegeben. Ich habe mich im Lauf der Jahre daran gewöhnt, dass man mit dem Finger auf andere Leute zeigt, und es akzeptiert. Die Welt funktioniert heutzutage nun mal so. Aber ich weiß, dass sie für Sie nicht so funktioniert, nie funktioniert hat. Und für mich auch nicht.«

»Also werde ich von dem Fall abgezogen?«

»Möchten Sie das?«

»Ich mag keine unerledigten Angelegenheiten.«

»Ich wünschte, ich könnte Ihnen eine definitive Antwort geben, aber das kann ich nicht.«

»Der Präsident zweifelt an mir? Das war vorher schon so.«

»Er ist Politiker. Das ist niemals einfach. Deshalb habe ich meinen Hut auch nie in diesen Ring geworfen. Da ist das Leben eines Spions doch etwas einfacher.«

»Ich kann meine Ermittlung also weiterführen, bis ich einen definitiven Bescheid bekomme?«

»Ja.«

»Mehr muss ich nicht wissen.«

»Wie ich hörte, hat Riley Weaver Ihnen einen Besuch abgestattet.«

»Allerdings.«

»Ich nehme an, er hat Angst. Er sieht etwas Großes am Horizont aufziehen. Und er glaubt, was hier passiert ist, hat irgendwie damit zu tun. Dass es nur ein erster Schritt war. Was meinen Sie?«

»Ja, vermutlich glaubt er das.«

»Sie auch?«

»Da der Anschlag im Park für sich genommen keinen Sinn ergibt, ist es durchaus möglich, dass er Teil eines anderen Plans ist.«

»Eines größeren Planes, der sich nicht darauf beschränkt, gegenüber vom bescheidenen Wohnsitz Ihres Präsidenten eine Bombe explodieren und Maschinenpistolen feuern zu lassen? Du meine Güte, dann stecken wir vielleicht in ernsthaften Schwierigkeiten.«

McElroy hatte eher im Scherz gesprochen, doch der Ausdruck von Besorgnis in seinen Augen machte deutlich, dass auch er eine gewisse Vorahnung hatte. »Haben Sie eine Vermutung, was für Schwierigkeiten das sein könnten?«

Stone drehte sich zu ihm um. »Fuat Turkekul.«

»Was ist mit ihm?«

»Ich glaube nicht an Zufälle.«

»Sie meinen, er war im Park, als der Anschlag verübt wurde.«

»Ich glaube, jemand in Ihrer Nahrungskette weiß etwas darüber.«

»Warum hat man ihn dann nicht umgebracht?«

»Das würde die Antwort einfach machen. Diese Sache ist aber nicht einfach.« Er warf einen Blick zu den Leibwächtern hinüber. »Haben Sie Lust auf einen kleinen Spaziergang?«

»Wenn Sie mich stützen, gern. Die Knie sind nicht mehr das, was sie mal waren. Ich fürchte, sie waren sowieso nie viel wert.«

Die beiden alten Verbündeten gingen den gepflasterten Weg entlang. Stone stützte McElroy mit festem Griff unter dem Ellbogen, während der Spionagechef mithilfe seines Stocks langsam ausschritt.

»Theorien?«, fragte McElroy.

»Sie wissen alles, bevor wir es wissen. Noch wichtiger ist, dass sie zu wissen scheinen, was wir tun werden, während wir noch darüber nachdenken.«

»Also mit Sicherheit ein Verräter?«

Stone nickte. »Haben Sie einen Verdacht?«

»Ich habe diese Möglichkeit von allen Seiten beleuchtet, kann aber keinen Verdächtigen ausmachen. Verdammt ärgerlich.«

»Also haben Sie so etwas auch schon vermutet?«

»Ich vermute so etwas immer. Und normalerweise erweist es sich als zutreffend. Ich stimme Ihnen zu, dass die andere Seite uns stets einen Schritt voraus zu sein scheint. Aber ich weiß nicht, wie die das machen.«

»Wir könnten eine Falle stellen. Informationen nur an eine Quelle geben und abwarten, ob sie in den falschen Händen landen.«

»Ich glaube nicht, dass die andere Seite darauf hereinfallen wird, um wen auch immer es sich handelt.«

»Wäre es nicht einen Versuch wert?«

»Damit würden wir sie warnen, dass wir Verdacht geschöpft haben.«

»Wenn sie so gut sind, wie ich glaube, wissen sie das längst.«

»Ich fürchte, ich muss mich setzen, Oliver.«

Stone half seinem Freund zu einer anderen Bank und nahm neben ihm Platz. »Verraten Sie mir etwas«, sagte er. »Hat das, was im Park geschehen ist, Turkekul dazu gebracht, seine Pläne in irgendeiner Hinsicht zu ändern? Wurde die Mission überhaupt modifiziert?«

McElroy antwortete nicht sofort. »Natürlich hätte man sie modifiziert, wäre Turkekul getötet worden«, stellte er klar. »Wir hätten sie wahrscheinlich sogar abgebrochen. Man könnte glauben, dass dies das Ziel des Anschlags war.«

»Da der Mann aber nicht gestorben ist, müssen wir über andere Gründe nachdenken.«

»Richtig. Nur fällt mir keiner ein.«

»Im Augenblick nicht, aber wir müssen es weiterhin versuchen.«

»Das wird nicht einfach für Sie. Das FBI scheint es darauf angelegt zu haben, Sie fertigzumachen. Sein Direktor hat sich bereits mit Ihrem Präsidenten getroffen. Ich habe auch schon das Vergnügen gehabt, mit Ihrem Staatschef zu sprechen, und habe mein Bestes getan, ihn davon abzubringen, Sie von dem Fall abzuziehen.«

»Bis sie mich aufhalten, mache ich weiter.«

»Das fasst unser Berufsleben ziemlich gut zusammen, Oliver.«

»Ja, in der Tat.«

»Ich wünsche Ihnen Glück.«

»Ich werde es brauchen.«

»Sie werden auch das hier brauchen.« McElroy zog einen USB-Stick aus der Tasche und reichte ihn Stone.

»Was ist das?«

»Der vorläufige Bericht des FBI über den Anschlag in der Baumschule. Ach ja«, fügte McElroy hinzu, als Stone den USB-Stick zweifelnd betrachtete, »ich habe heute einen Computer zu Ihrem Häuschen liefern lassen.« Er hielt inne. »Sie wissen doch, wie man mit einem Computer arbeitet?«

»Das bekomme ich schon hin. Und vielen Dank.«

»Cheers.«

McElroy erhob sich auf steifen Beinen und ging langsam davon.

Der Auftrag
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