KAPITEL 37

Der Camel Club hatte sich – wenn auch ohne seinen Anführer – in Caleb Shaws Eigentumswohnung in Alexandria, Virginia, versammelt, die einen beeindruckenden Blick auf den Potomac bot. Caleb hatte gerade allen außer Reuben Tee und Kaffee serviert. Der große Mann hatte einen Flachmann mitgebracht, in dem sich wahrscheinlich etwas Stärkeres als Earl Grey oder Maxwell House befand.

Annabelle trug einen schwarzen Rock, Slipper und eine Jeansjacke. Sie ergriff als Erste das Wort, und ihre Worte waren unverblümt. »Wie schlimm ist es, Alex?«

Alex Ford, der noch seine Arbeitskleidung trug, Anzug und Krawatte, beugte sich auf dem Sitzkissen vor und nippte an seinem Kaffee. »Ziemlich schlimm«, sagte er dann. »Ein FBI-Agent ist tot, drei weitere Personen ebenfalls, darunter mindestens eine, die bei dem Bombenanschlag als Verdächtiger galt.«

»Und sie machen Oliver dafür verantwortlich?«, fragte Caleb mit einem Anflug von Empörung.

»Ja«, sagte Alex. »Ob nun zu Recht oder Unrecht, sei dahingestellt. Ich habe Oliver gesagt, viele Leute seien nicht besonders glücklich darüber, dass er in den Fall verwickelt ist, und das rächt sich jetzt.«

Harry Finn lehnte sich gegen eine Wand. Er hatte seinen Kaffee ausgetrunken und stellte nun die Tasse ab. »Das soll heißen, Oliver zum Sündenbock zu machen, bietet eine tolle Gelegenheit, ihm den Fall abzunehmen?«

»Genau. Doch wer Oliver kennt, der weiß, dass er sich wahrscheinlich selbst die größten Vorwürfe macht wegen dem, was passiert ist.«

»Wenn man Terroristen jagt, können Menschen verletzt werden oder sterben«, sagte Reuben. »Und sie haben ihn gebeten, wieder in den Schoß der Familie zurückzukehren, verdammt noch mal! Er hat sich nicht darum gedrängt!«

»Das macht mich ja so wütend, Alex«, sagte Annabelle. »Er hätte das gar nicht tun müssen. Jetzt setzt er sein Leben aufs Spiel, und sie wollen ihm die Schuld in die Schuhe schieben, dass jemand umgekommen ist.«

Alex breitete die Hände aus. »Sei doch nicht naiv, Annabelle. Das ist Washington. Fairness ist hier ein Fremdwort.«

Sie strich sich ihr langes Haar aus der Stirn. »Da fühle ich mich gleich viel besser.«

Caleb ergriff das Wort. »Was wird jetzt passieren?«

»Man wird eine Ermittlung vornehmen. Eigentlich zwei. Die Suche nach den Terroristen geht offensichtlich weiter. Aber jetzt wird es eine zweite Untersuchung über die Umstände geben, die zum Tod von Gross und den anderen geführt haben, um festzustellen, ob eine Nachlässigkeit oder ein Fehlverhalten vorliegt.«

»Seitens Oliver, meinst du«, warf Annabelle ein.

»Ja.«

»Welche Folgen hätte das schlimmstenfalls für ihn?«

»Je nachdem, was dabei rauskommt, könnte er ins Gefängnis wandern. Aber das ist unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher wäre, dass man ihn von dem Fall abzieht. Selbst mit Freunden in hohen Ämtern kann niemand diesen Druck lange aushalten. Besonders, wenn die Medien dieses Pferd erst einmal zu Tode reiten.«

»Das ist ein Albtraum«, sagte Caleb. »Wenn die Medien sich ins Getümmel stürzen, werden sie Nachforschungen über Oliver und seine Vergangenheit anstellen.«

»Der Mann hat keine Vergangenheit, jedenfalls nicht offiziell«, stellte Reuben fest.

»Genau«, sagte Caleb. »Darauf will ich ja hinaus. Sie werden gnadenlos nachbohren, bis sie wissen, wer er ist.«

»Das wird der Regierung nicht in den Kram passen«, meinte Alex.

Reuben nickte. »Er weiß zu viel. Und es wäre prekär, wenn einige dieser Informationen jetzt herauskämen.«

»Die Abteilung 666, meinst du?«, fragte Annabelle.

»Genau.«

»Du glaubst doch nicht, dass die Regierung versuchen könnte, ihn zum Schweigen zu bringen?«, sagte sie.

Caleb schaute ungläubig drein. »Wir sind hier nicht in der Sowjetunion, Annabelle. Wir bringen nicht unsere eigenen Leute um.«

Annabelle schaute auf Alex, der rasch den Blick abwandte. »Na schön«, sagte sie. »Oliver hat uns allen auf die eine oder andere Art schon mal geholfen. Was die Frage aufwirft, ob wir nun darüber sprechen sollten oder nicht, wie wir ihm helfen können.«

»Das ist nicht die Frage«, meinte Alex. »Die Frage ist, ob wir es für ihn noch schlimmer machen, als es schon ist, wenn wir versuchen, ihm zu helfen.«

»Wie sollte das möglich sein?«, erwiderte Annabelle. »Im Augenblick stehen alle gegen ihn. Er braucht uns. Wir sind alles, was er noch hat.«

»Er hat seine Meinung dazu ziemlich klar zum Ausdruck gebracht«, sagte Alex. »Er will unsere Hilfe nicht.«

»Aber nur, weil er uns nicht in Gefahr bringen will«, erwiderte sie. »Und für mich ist dieser Grund nicht gut genug.« Sie stand auf. »Also werde ich ihm helfen, ob er diese Hilfe nun will oder nicht.«

Der Auftrag
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