26

»Das war ja die reinste Zeitverschwendung«, murmelte Hawkins, als sie außer Hörweite waren.

»Ärgern Sie sich nicht.« Connor zog die Fahrertür seines Honda Civic auf. »Es hat ja nicht lange gedauert, und wir haben ein paar Plätzchen bekommen. Ich mag die mit Vanillecreme am liebsten. Und wie Sie schon auf dem Hinweg sagten, Sackgassen haben auch ihre Vorteile.«

»Am Ende einer Sackgasse weiß man jedenfalls, dass es nicht mehr weitergeht.« Hawkins winkte der mittelalten Frau zu, die in der Haustür stand. »Aber es macht keinen Spaß, immer wieder den Rückwärtsgang einzulegen.«

Connor hatte trotzdem recht. Dass sich für eine scheinbar heiße Spur so schnell eine simple Erklärung fand, war ungewöhnlich, auch wenn das Ergebnis nicht das war, worauf sie gehofft hatte.

Hawkins hatte sich am Morgen gefreut, als er ihr die Adresse von Thomas Evans präsentierte – nach Angabe ihres Ehemannes einer der Liebhaber seiner Frau. Eddie hatte herumgestöbert, wo andere nicht nachgeschaut hatten: beim Sozialdienst in Godalming, die den Namen T. Evans in ihren Büchern hatten.

Anschließend hatte sie gehofft, dass sie bei ihrem unangekündigten Besuch in Evans’ Wohnung in Compton auf einen halbwegs passablen Verdächtigen treffen würden.

Aber als ihnen eine ältliche Sozialarbeiterin die Tür öffnete, waren ihre Hoffnungen gesunken und vollends erstorben, als sie mit Connor in ein kleines Wohnzimmer geführt wurde, wo sie von einem niedergeschlagenen Thomas Evans begrüßt wurden.

Er saß im Rollstuhl.

Vor vier Monaten hatte der Vierundzwanzigjährige einen schlimmen Motorradunfall gehabt, man hatte ihm beide Beine unterhalb des Knies amputieren müssen. Er beschrieb ihnen alle Details und anschließend sein ganzes klägliches Leben. Er hatte eine Reihe schlecht bezahlter Jobs gehabt, eine kurze, aber heftige Affäre mit Jessica Anderton und dann den furchtbaren Unfall. Er zeigte ihnen Berichte darüber aus den lokalen Zeitungen und dann noch die Röntgenbilder seiner kaputten Beine.

All das schloss ihn als möglichen Verdächtigen aus.

Connor lenkte den Civic wieder Richtung London. Während sie sich unterhielten, merkte Hawkins, dass er immer zu ihr herüberschielte.

Das hatte er inzwischen schon so oft getan, seit sie aufgebrochen waren, dass sie annahm, er schaue in den Außenspiegel. Sie fragte ihn, ob sie verfolgt wurden. Seine Erklärung war dann wesentlich harmloser gewesen.

Er hielt es aus, bis sie die Autobahn erreicht hatten. »Jetzt machen Sie doch endlich das Handschuhfach auf.«

»Schon? Sie sagten doch, erst nach dreißig Kilometern.«

»Ja klar, aber wir arbeiten an einem schwierigen Fall, und ich hab Stress zu Hause.«

»Na gut.« Hawkins öffnete das kühlschrankkalte Handschuhfach und holte einen Mars-Riegel heraus, den sie weiterreichte. »Es sind ja Ihre Zähne.«

»Machen Sie sich nicht ins Hemd, Chefin. Ich gebe Ihnen gern was ab.«

»Nein danke. Kalte Schokolade ist hart wie Beton. Mögen Sie das wirklich?«

»Logisch. Ich hab den Wagen nur wegen dieses Kühlfachs gekauft.«

Sie grinsten einander an. Vor ihnen tauchte das Hinweisschild einer Raststätte auf.

»Zeit fürs Mittagessen«, sagte sie. »Wie wäre es mit einem teuren, versalzenen, teilweise gefrorenen Sandwich?«

»Wie schön, dass all die Jahre im Polizeidienst Sie nicht für die wahren Genüsse verdorben haben. Das da ist bestimmt die feinste Gourmet-Adresse in ganz England.«

»Da sind Sie aber sehr optimistisch. Ich kann mich nicht erinnern, dass dieses Lokal in den einschlägigen Restaurantführern für Kriminalisten erwähnt wird.«

Connor lenkte den Wagen auf die Ausfahrt. Eine fröhliche Melodie, die aus ihrer Schultertasche drang, erinnerte sie daran, dass sie bereits bei ihrer Ankunft in Evans’ Haus eine Nachricht erhalten hatte.

Während Connor einparkte, wählte sie die Nummer der Mailbox.

»Ma’am, hier ist Amala. Ich war bei der Firma, die den Chatroom betreibt, den Jessica Anderton besucht hat. Der Inhaber hat leider erklärt, es gäbe von den Sitzungen so viel Datenmaterial, dass es unmöglich länger als ein paar Tage gespeichert werden kann. Außerdem will er keine Details über die bei ihm registrierten Nutzer herausgeben. Bitte rufen Sie mich zurück.«

»Wenn man schon mal eine Spur hat …«, murmelte Hawkins, drückte auf Ende und wandte sich an Connor. »Tut mir leid, aber wir müssen weiter.«

Der Adventkiller
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