Kapitel 18

Für Walther war es nicht einfach, eine Audienz beim Erzbischof von Köln zu erlangen. Anders als Wolfger von Passau war Adolf von Altena kein Freund der Musen, oder er brauchte keinen Sänger für seine Weihnachtsfeste. Der Hinweis darauf, dass Bischof Wolfger sein Gönner sei, brachte Walther vom Haushofmeister nur die höhnische Antwort, dergleichen könne jeder behaupten. Ob er denn ein Empfehlungsschreiben habe?

Das hatte er nicht. Also tat er, was für Neugierige immer am einfachsten war: Er machte eine gut besuchte Schenke aus und hörte sich den neuesten Tratsch an. Oberste Gesprächsthema war immer noch der Tod des Kaisers und die Folgen. Inzwischen breitete sich das Gerücht aus, das Kind in Sizilien sei tot, oder gar nicht der Sohn des Kaisers, sondern eines Schlächters aus Jesi.

»Ganz gleich, wessen Sohn der Junge ist«, sagte ein Mann, »der Erzbischof hat bei seiner Predigt gesagt, dass seine Mutter und der Staufer ihn nicht haben taufen lassen! Somit sind alle Treueschwüre hinfällig, wenn ihr mich fragt. Kein Ungetaufter kann König der Deutschen sein, und Eide schwören kann man Ungetauften schon gleich gar nicht!« Das führte zu weiterem Nicken bei allen in Hörweite; außerdem stimmte jeder überein, dass ein Kind als König nichts als Unglück brachte. »Wie war der Bibelvers, den der Erzbischof in seiner letzten Predigt verwendet hat? Weh dir, Land, des König ein Kind ist.«

Selbst für Köln, so schien es, waren ausgesprochen viele Fremde in der Stadt, Boten für diesen und jenen hohen Herrn oder Kaufmann. Walther hörte über den Bechern, die er bringen ließ, um sie auszuhorchen, sächsische, thüringische und badische Akzente. Österreichische oder bayerische waren nicht dabei; offenbar war Leopold glücklich mit der Steiermark und nicht gesonnen, sich an Unternehmungen des Erzbischofs zu beteiligen. Oder vielleicht war es einfach noch zu früh dafür?

Niemand sprach von den verwüsteten Dörfern, durch die Walther gekommen war. Als er das Gespräch darauf brachte, meinten alle, es gäbe mehr Räuberbanden als in den letzten Jahren, und es würde Zeit, wieder für Recht und Ordnung zu sorgen. Aber es interessierte nicht wirklich, höchstens, dass man die Überlebenden nicht in der Stadt sehen wollte, es kämen ohnehin schon genug, die man durchzufüttern habe.

Ein Sachse wollte wissen, dass seinem Herzog die Krone angeboten worden war, obwohl er noch nicht wieder aus dem Heiligen Land zurückgekehrt sei, jedoch ganz gewiss am Leben und auf dem Weg in die Heimat. »Nein, nein«, entgegnete ein Badenser, »der Herzog von Zähringen ist es, der unser nächster König werden wird. Er ist von allen Herzögen der reichste, bis auf Philipp und die Österreicher. Ganz bestimmt wird es der Zähringer.« Der nächste Gast votierte für den Brabanter.

»Was, wenn es Herzog Philipp wird?«, fragte Walther. Nicht, weil er erwartete, Zustimmung zu hören, sondern weil ihn die Einwände interessierten. Kein Besucher einer Kölner Schenke wollte einen weiteren Staufer, doch sie hatten unterschiedliche Gründe dafür: Die meisten waren sich einig, dass jemand, der seinem Neffen die Treue brach, es nicht verdiente, König zu werden, ungeachtet dessen, was sie gerade selbst über Eide ihrer Herren gegenüber ungetauften Kindern behauptet hatten; wenn Philipp sich zur Wahl stellte, bewies er damit eindeutig seine Unwürdigkeit.

»Außerdem ist er doch ein halber Mönch ohne Mumm in den Knochen«, fügte ein Bäcker hinzu. »Und selbst kaum dem Kindesalter entwachsen.«

»Wisst Ihr, wen wir wirklich brauchen?«, sagte ein Gast und setzte mit Wucht den Bierkrug ab. »Einen Welfen! Wenn sie Heinrich den Löwen nicht verbannt hätten, wäre alles anders gekommen, das sage ich euch. Dann gäbe es nicht überall diese Schwaben und Bayern in den großen Ämtern und Würden, sondern ehrliche Leute vom Rhein, Westphalen oder Sachsen!«

»Hört, hört«, wurde zustimmend gebrummt.

»Dieser Bischof von Passau, der mit auf den Kreuzzug gegangen ist, der soll versucht haben, unserem Adolf das Recht auf die Königskrönung abzusprechen. So weit ist es schon gekommen! Und Patriarch will der Passauer auch noch werden, vielleicht sogar Papst. Ha, aber daraus wird nichts, nicht jetzt, wo ein redlicher Mann aus dem Westen König wird«, schloss ein Kölner. Ein Sachse aus der Gegend von Braunschweig bemerkte kühl, ein redlicher Mann aus dem Norden sei weit besser geeignet, und nur weil der Herzog von Zähringen mehr Geld als der Herzog von Sachsen habe, mache ihn das noch lange nicht zu einem guten König. »Wer ist denn ins Heilige Land gezogen, um dort für die Sache Christi zu streiten, der Herzog von Zähringen etwa? Nein, der Herzog von Sachsen! Das ist kein Drückeberger, der lieber sein eigenes Geld zählt.«

»Da es unser Geld ist, das der neue König zählen wird«, entgegnete der Kölner, »wäre mir ein Herzog mit Vermögen in der Tat lieber als einer, der sofort Steuern erheben wird, um all das geliehene Geld für seine Wahl bei den Pfeffersäcken wieder zurückzahlen zu können.«

Damit stand er nicht alleine. Walther fragte sich unwillkürlich, ob er selbst eine Meinung hatte, die über den Wunsch hinausging, bezahlt und geschätzt zu werden. Ein neuer König musste her, ja, und wenn er an die zerstörten Dörfer dachte, dann war es bestimmt besser, wenn es sich um einen Mann handelte, vor dem alle Respekt hatten. An Philipp gefiel ihm, dass er nicht dumm war, im Gegensatz zu gewissen Markgrafen, die ihre Frauen nicht verdient hatten, doch gleichzeitig wurmte ihn Philipps Zurückhaltung ihm gegenüber und die Art, wie der Schwabe ihn allzu gerne um seinen gerechten Lohn brachte. Wenn der Herzog von Zähringen König werden sollte, dann würde es Walther keineswegs das Herz brechen, aber im Gegensatz zu den Leuten in der Schenke wusste er, dass Berthold die Krone nicht wollte. Walther glaubte auch nicht, dass ein halbherziger König ein guter König sein konnte, schon gar kein König für alle im Lande, und das sollte er doch eigentlich sein. Nun, vielleicht war es gut, keine eigene Meinung zu haben; dadurch hörte Walther, was tatsächlich gesagt wurde, nicht, was er hören wollte.

Als nichts Interessantes mehr erzählt wurde, erkundigte er sich, wer außer dem Erzbischof und seiner Umgebung noch einen Haushalt führe, der groß genug sei, um Raum für Sänger bei den Weihnachtsfeierlichkeiten zu bieten.

»Der Kaufmann Lambert und Gerhard Unmaze«, sagte ein Gast, »aber es sollte mich wundern, wenn sie noch Platz in ihren Häusern hätten für Gaukler. Jeder Spielmann, der auch nur einen Ton halten kann, hat schon seit dem Sommer versucht, den großen Gerhard zu überzeugen, dass er ihn für die Weihnachtstage braucht. Ihr kommt reichlich spät, guter Mann.«

Walther verzichtete darauf, klarzustellen, dass er kein Gaukler oder einfacher Spielmann war, und das erwies sich als Glück, denn ein anderer Gast grinste und warf ein: »Ihr solltet es beim Münzmeister Constantin versuchen. Der nimmt das Weihnachtsfest nicht so ernst, dass er schon Vorbereitungen getroffen hat, der nicht.«

»Oder wenn, dann nicht fürs Weihnachtsfest!« Eine Welle allgemeiner Belustigung breitete sich aus, bei der Walther klarwurde, dass ihm etwas entging. Schließlich hatte die Schankmagd Mitleid und teilte ihm mit, der Münzmeister Constantin sei ein getaufter Jude. »Er behauptet natürlich, ein guter Christ zu sein, aber wenn das stimmt, warum hat er dann seine Schwester mit einem Juden verheiratet?«

»Meister Stefan ist ebenfalls getauft«, beschwichtigte ein anderer Kölner.

»Ja, und deswegen hat er sich auch seine Nichte ins Haus geholt«, gab die Magd naserümpfend zurück. »Wenn ihr mich fragt, der wollte sie mit seinem Sohn verheiraten, damit alles schön in der jüdischen Familie bleibt. Vielleicht ist sie ja auch gar nicht seine Nichte. Mir kam die Geschichte mit den Masern jedenfalls sehr merkwürdig vor. Da hat sich einer ohne seine Gemahlin eine schöne Zeit machen wollen.«

»Nein, nein, das ist seine Nichte. Ich kann mich an den Vater erinnern, der war tatsächlich mit Stefans Schwester verheiratet. Hat mir einmal den Fuß zurechtgerenkt, der Josef, und einen guten Trunk gegen Erkältung hatte er auch immer.«

»Ich habe gehört, dass er wieder zurück ist. Stefan, meine ich, und nicht alleine. Was auch immer der gehabt hat, Masern waren es nicht. Einen richtigen kleinen Tross hatte er dabei! Seither steckt er ständig mit Gerhard, Constantin und Lambert zusammen.«

Walther stand auf. »Könnt Ihr mir verraten, wo ich das Haus von Meister Stefan finde?«

* * *

Da dem Erzbischof von Köln von Gerhard Unmaze, Lambert, Constantin und ihrem Onkel beigebracht werden musste, dass er nicht den Herzog von Zähringen, sondern den König von England und dessen Neffen unterstützen solle, war es kein guter Zeitpunkt für Judith, um die Auflösung ihrer Ehe zu bitten. Also beschloss sie, erst etwas Zeit verstreichen zu lassen. Es war auch nicht so, dass es in der Zwischenzeit ein schlimmes Los war, mit Gilles verheiratet zu sein. Er hatte nie versucht, mehr zu tun, als ihre Hand zu halten oder die Lage anderweitig auszunutzen. Wenn sie sich wusch oder sich umzog, blieb er aus dem Zimmer. Sie mochte ihn gerne, auch wenn ihm die Medizin ein Buch mit sieben Siegeln war. Er hatte dafür viel gesehen und erlebt, von dem er erzählte, und half ihr, wenn sie für den Besuch bei Patienten oder den Ölverkäufern einen Begleiter brauchte. Seit Stefan ihn seiner Familie als ihren Gemahl vorgestellt hatte, war auch seine Gattin freundlicher zu ihr. Auch eine der reicheren Bürgerinnen, die ein Kind erwartete und bisher nicht bereit gewesen war, sich von Judith behandeln zu lassen, war nun, da diese Entbindung bevorstand und Judith eine ehrbare verheiratete Matrone war, einverstanden.

»Ihr müsst zugeben, dass es für eine Ärztin etwas merkwürdig aussah, ledig zu sein«, erklärte die ehrenwerte Richildis, Gattin eines Salzhändlers. »Eine unvermählte Frau, die keine Nonne ist, sollte nicht mit den Leibern der Menschen auf so eine Art zu tun haben, das findet jedenfalls mein Gatte. Ich kann ihm da nicht widersprechen, aber nun seid Ihr ja eine von uns!« Sie seufzte. »Meine Füße sind ständig geschwollen. Ich kann es nicht abwarten, bis das Kind endlich da ist, selbst, wenn eine Frühjahrsgeburt besser gewesen wäre.«

»Nun, neun Monate sind neun Monate, daran lässt sich nichts ändern, doch gegen Eure geschwollenen Füße kann ich etwas tun. Badet sie in heißem Salzwasser und lagert sie dann hoch, wenn Ihr könnt, das wird Euch helfen.« Es ging Judith durch den Kopf, dass viele Frauen, die sie behandelte, es sich nicht leisten konnten, Salz für ihre Füße zu verwenden. In Salerno war das kein Problem, weil es Meerwasser für jedermann gab, aber hier in Köln musste man die Gattin eines reichen Mannes sein wie Richildis, um so viel Salz zur Verfügung zu haben, wie dafür nötig war. Es wäre gut, sich nach einem Mittel umzusehen, das auch ärmere Frauen verwenden konnten. Brombeersaft vielleicht, in erhitztes Wasser gegossen? Aber Brombeeren gab es nur im Sommer und im frühen Herbst.

»Magistra«, sagte Richildis und räusperte sich, »ich habe da noch eine Frage. Mein Gemahl, nun, er leidet an etwas, das … er will nicht zu einem Arzt gehen. Er hat zu große Angst, dass er dann zum Gespött von Köln wird. Aber ich dachte, jetzt, wo Ihr selbst verheiratet seid … Also, gibt es ein Mittel gegen geschwollene Hoden?« Sie senkte ihre Stimme. »Seine Freunde würden sagen, dass er nur eine Frau braucht, jetzt, wo meine Stunde nahe ist, aber mein Mann schwört mir, dass es nicht daran liegt … nun, gibt es ein Mittel?«

Es war eine Beschwerde, von der Judith vor Salerno nie gehört hatte, weil ihr Vater sie bei all seinen Lehren und ganz gleich, wie sie ihm zur Hand gehen durfte, doch von einigen Dingen ferngehalten hatte. In Salerno jedoch hatte ein Mitstudent während einer Debatte versucht, sie durch diese Frage in Verlegenheit zu bringen, und sie hatte die Antwort in den Schriften Trotas gefunden. »Das gibt es. Ihr braucht Wermut, Eibisch, Eisenkraut, Beifuß, Bilsenkraut und außerdem Kohl. Kocht diese Zutaten in altem oder starkem Wein, macht aus dieser Flüssigkeit feuchte Umschläge und wickelt seine Hoden zwei oder drei Mal pro Tag darin ein.«

»Und es ist auch bestimmt ein christliches Mittel?«, fragte Richildis. Judith biss die Zähne zusammen.

»Das ist es in der Tat.«

Auf dem Rückweg ertappte Judith sich dabei, wie sie Richildis für Gilles nachahmte. Sie erzählte nichts davon, um welche Beschwerde es sich handelte, das hätte gegen ihren Eid verstoßen, doch sie gab Richildis’ Stimme zum Besten. »Ist das auch bestimmt ein christliches Mittel? Ich habe in Salerno Christen behandelt, Juden und Moslems, und eines kann ich dir schwören, Gilles, die Körpersäfte sind bei allen die gleichen. Ich bin eine Ärztin, keine Magierin! Ich verwende keine Talismane oder Gebete, und mir ist völlig egal, wie der Mars gerade zur Venus am Firmament steht. Christliches Mittel!«

Es war ein unverhältnismäßig starker Ausbruch bei so einem kleinen Anlass, aber in ihr hatte sich seit Jahren etwas aufgestaut, seit jenem Tag in Klosterneuburg. Im letzten Jahr war es immer schlimmer geworden, und wenn sie sich nicht einmal Luft machte, dann würde sie irgendwann die Beherrschung verlieren, am Ende gar in Gegenwart des Erzbischofs.

»Manchmal wünschte ich«, sagte sie heftig, »ich könnte sie alle zwingen, nur einen Tag lang so wie wir zu leben. Eine Stadt zu betreten und sich zu fragen: Hat man hier auch unseresgleichen umgebracht, und war das erst kürzlich oder schon vor ein paar Jahren? Geld gegen Zins zu verleihen, nicht weil wir es wollen, sondern weil wir es müssen, da es Christen verboten ist, und zu wissen, dass es häufig nicht zurückgegeben wird, wenn ein Kirchenfürst oder der Herrscher des Landes das so verfügt. Heilen zu wollen, nur um zu hören, dass man dazu einen neuen Namen braucht, ständig lügen zu müssen. Aber keiner von ihnen wird das je verstehen!«

Gilles blieb stehen. »Ich verstehe es«, sagte er sehr ernst.

Zuerst nahm sie an, er spräche davon, dass er durch den Dienst für die Kaufleute und die Reise nach Chinon genügend erlebt hatte, um zu begreifen, wovon sie sprach. Versöhnlich begann sie: »Du bist mir ein guter Freund gewesen …«

»Nein«, sagte Gilles leise, »ich verstehe, was es heißt, ständig lügen zu müssen und Angst zu haben.«

Verwundert schaute sie ihn an. Gilles hatte bei den gelegentlichen Pöbeleien auf der Reise nie Furcht gezeigt, sondern sich immer durchgesetzt, nur nicht bei Otto und seinen Leuten, was schlicht und einfach gesunder Menschenverstand gewesen war. Glaubte er etwa immer noch, sie mache ihm einen Vorwurf? Einen Herzschlag lang kam ihr eine andere Möglichkeit in den Sinn, diejenige, dass Gilles selbst ein Jude war, der seinen Glauben versteckte, doch dann verwarf sie den Gedanken wieder; er hätte sie nie danach gefragt, was Schalet war, als er das Brot einmal bei ihr fand.

»Jutta«, fuhr Gilles fort und trat einen Schritt näher, so nahe, dass er ihr beinahe ins Ohr flüsterte, »wenn man Menschen meiner Art entdeckt, dann werden sie am Pranger mit der Staupe geprügelt, wenn sie Glück haben. Sonst werden sie verbrannt. Es – beim Heer war es leichter, dort sieht man lange keine Frauen, und es findet sich meist jemand, der auch so ist. Aber seit mein Herr mich zurückgelassen hat, habe ich jedes Mal um mein Leben gefürchtet, wenn ich – wenn ich jemanden gefragt habe. Wenn man den falschen Mann anspricht, dann hat man Glück, viel Glück, nur ausgelacht zu werden. Man hat immer noch Glück, wenn sie nur zuschlagen, denn sie könnten einen vor aller Welt bezichtigen, und dann würde ich brennen, geradeso wie die Juden in Blois. Deswegen habe ich auch … Graf Otto hat mich gefragt, an jenem Tag. Er fragte, ob ich dich wirklich heiraten will. Das sei ein guter Witz, hat er gesagt; er würde nie einen guten Christen zwingen, eine Jüdin zu heiraten. Ich schwor ihm, ich sei wirklich dein Verlobter und wolle dich heiraten, und er lachte und lachte, er bog sich vor Vergnügen, und ständig hatte ich das Gefühl, er wüsste Bescheid. Über mich, verstehst du, nicht über dich. Dabei haben gewöhnlich nur solche Leute einen Blick für unsereins, die selbst so veranlagt sind. Aber wenn ich … als verheirateter Mann, dachte ich, werden sie mich nicht mehr gleich auf den ersten Blick verdächtigen, und die Angst, sie müsste nicht mehr jeden Tag mein Begleiter sein.« Er hatte langsam und stockend begonnen und war dann immer schneller geworden, als müsse er die Worte herauspressen, ehe er die Zeit hatte, darüber nachzudenken, was für Folgen es haben könnte.

Zuerst fühlte Judith sich wieder nach Frankreich versetzt, in ein Land, dessen Sprache sie nicht beherrschte, wo hin und wieder einige Worte so vertraut klangen, dass sie das Gesagte zu verstehen meinte, nur um im nächsten Satzteil wieder den Faden zu verlieren. Gilles merkte offenbar, dass ihr der Schlüssel zu dem fehlte, was er ihr erschließen wollte, denn er zitierte plötzlich aus dem Buch Samuel, aus der Totenklage Davids um Jonathan. »Weh ist mir um dich, mein Bruder Jonathan! Wie warst du mir so hold. Deine Liebe war mir wundersamer als Frauenliebe.«

Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Greuel, zitierte die Stimme ihres Vaters aus der Thora. Ohne nachzudenken, trat sie einen Schritt zurück. Gilles zuckte zusammen, und sie sah die Mischung aus Verletzung, Scham und Ärger in seinen Augen, die ihr nur allzu vertraut war. Es brachte sie dazu, seine Hand zu ergreifen, wie er die ihre in der Nacht von Chinon genommen hatte. Er war ihr Freund und hatte ihr gerade etwas anvertraut, das mindestens genauso gefährlich war wie ihre eigenen Geheimnisse. Sie verstieß selbst ständig gegen die Vorschriften des Gesetzes; sie konnte nur selten den Sabbat einhalten, sie log nach außen und gegenüber sich selbst. Auf dem Weg von Salerno nach Frankfurt hatte sie Milch getrunken und gleichzeitig Fleisch gegessen, was nicht koscher war, und in Salerno hatte sie an Sezierungen teilgenommen. Später konnte sie darüber nachgrübeln, was es bedeutete, dass er seine eigenen Gründe gehabt hatte, sie zu heiraten, die nichts mit dem Wunsch zu tun hatten, sie vor Otto zu schützen. Jetzt musste sie ihm zeigen, dass sie keine Heuchlerin war. Er hatte sie nie spüren lassen, dass er sie als gering ansah, nicht als Jüdin, nicht als weiblichen Arzt. Er hatte sie nicht im Stich gelassen. Also entgegnete sie mit den Worten Ruths an ihre Schwiegermutter Noomi in der Stunde der Not: »Rede mir nicht ein, dass ich dich verlassen und von dir umkehren soll. Wo du hingehst, da will auch ich hingehen. Wo du bleibst, da bleibe auch ich.«

Die Erleichterung glitt wie eine Welle über sein Gesicht, und er erwiderte den Druck ihrer Finger. Sie hielt immer noch seine Hand, als sie das Haus ihres Onkels betraten, wo reger Betrieb herrschte. Er musste gerade von einem seiner Treffen mit Gerhard oder Constantin zurückgekehrt sein und war nicht allein. Sein Schreiber und zwei weitere Männer standen bei ihm. »Ah, Nichte«, sagte Stefan. »Denk dir, einer deiner alten Patienten ist in der Stadt und wollte dir seinen Respekt erweisen.«

* * *

Walther hatte sich alle Mühe gegeben, die richtigen Prioritäten zu setzen: Er war erst zum Haus des Münzmeisters Constantin gegangen und hatte als fahrender Ritter vorgesprochen, der nicht in einer der Schenken Quartier beziehen wollte und die Klöster bereits voll gefunden hatte. Auf die Frage nach Empfehlungen, die nicht nach einem Schreiben verlangte, erklärte er, die Gastfreundschaft des Landgrafen von Thüringen und des Herzogs von Zähringen genossen zu haben. »Außerdem verdanke ich den Erhalt meiner Stimme einer Ärztin aus Eurer schönen Stadt, der Dame Jutta, die mich wiederholt vor völliger Stummheit bewahrte«, fügte er hinzu. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass just in diesem Moment jener grauhaarige Kaufmann, der ihm in Nürnberg solche Magenschmerzen bereitet hatte, das Haus des Münzmeisters verlassen wollte und ihn auch sofort wiedererkannte: »Herr Walther von der Vogeltränke, nicht wahr? Aber ich dachte, Ihr hättet damals an Durchfall gelitten.«

»Es war eine lange Reise, Meister Steffen. Ich hatte mancherlei Beschwerden.«

»Wart Ihr nicht im Dienst des Bischofs von Passau? Ich meine mich zu erinnern, dass Ihr Botendienste für ihn verrichtet habt.«

»Nicht mehr als Ihr, denn wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, habt Ihr bei ihm vorgesprochen und eine Botschaft für den Erzbischof von Köln von ihm empfangen.«

»Mmm … Ihr habt ein sehr gutes Erinnerungsvermögen, Herr Walther. Das spricht für Eure Gabe, Dinge zu erzählen und zu singen, die zu hören es sich lohnt. Wisst Ihr, ich bin wegen all der Umtriebe in den letzten Wochen noch gar nicht dazu gekommen, das Weihnachtsfest in meinem Haus vorzubereiten. Warum werdet Ihr nicht mein Gast?«

Sticheleien hin oder her, das war mehr, als Walther erwartet hatte, und obwohl er sich mahnte, nicht zu vergessen, dass Stefan von Köln ein scharfsinniger Mann war, der bestimmt mehr als nur Winterlieder hören wollte, begleitete er ihn beschwingten Schrittes. Er legte sich im Kopf mehrere Bemerkungen zurecht, kluge, gewitzte, ernste Bemerkungen für das Wiedersehen. Dabei vergaß er selbstverständlich nicht, dass diese Begegnung keine größere Bedeutung hatte, schließlich war er ein Mann von Welt, und es war nur ein einziger Kuss gewesen.

Nur auf eins war er nicht gefasst: Judith Hand in Hand mit einem gutmütig lächelnden Mann vor sich stehen zu sehen, der auf seine hochgewachsene, muskulöse Art das Idealbild eines Helden zeigte, und Stefan von »meinem neuen Neffen Gilles und seiner Gattin, meine Nichte Jutta, die Ihr ja kennt« sprechen zu hören. Er blieb stumm, bis Judith sich von ihrem Gemahl löste, auf ihn zutrat und mit einer geradezu erzürnend ruhigen und zuvorkommenden Stimme fragte: »Herr Walther, wie geht es Euch? Was führt Euch nach Köln?«

Zum Glück fielen ihm dann doch wieder ein paar der Bemerkungen ein, die er sich zurechtgelegt hatte, und er hörte sich antworten: »Der Wind; was treibt uns Singvögel sonst von einem Ort zum anderen?«

»Die Aussicht auf Futter«, warf Stefan ein.

Walther fragte sich, ob er das Haus sofort verlassen sollte. Schließlich gab es viele Möglichkeiten, zu erfahren, welche deutschen Fürsten ihre Boten nach Köln schickten. Er hatte es nicht nötig, sich beleidigen zu lassen. Schon gar nicht von einem Kölner Pfeffersack, der ihn doch eigentlich eingeladen hatte.

»Die Aussicht darauf, gehört zu werden«, sagte Judith. Sie klang immer noch ruhig und zuvorkommend, und aus irgendeinem Grund fand er das schlimmer, als wenn auch sie ihn beleidigt hätte. »Das ist doch der beste Grund für einen Vogel, zu reisen.«

»Nun, warum Vögel reisen, kann ich nicht sagen«, meinte ihr Hüne von einem Gemahl, »aber ich selbst war immer froh, wenn ich ehrliche Gastfreunde fand. Es geht doch nichts darüber, das Brot mit Menschen zu teilen, die Freude an der Gesellschaft anderer haben und manches zu erzählen wissen. Seid willkommen, Herr Walther!«

Es wurde also immer schlimmer: Ihr Gemahl war kein tumber Grobian wie Dietrich von Meißen, sondern ein umgänglicher Mensch, der gerade sein Bestes gab, um einen Fremden willkommen zu heißen, und versuchte, eine Spitze des Hausherrn zu entkräften! Walther ahnte, dass ein dunkler Teil von ihm zufrieden gewesen wäre, Judith mit einem Scheusal verbunden zu finden, wenn sie schon verheiratet sein musste. Um sie vor dieser Ehe zu retten, gewiss; in dem Moment, als Stefan von »meinem neuen Neffen« sprach, hatte er sich in das Lied von seinem Namensvetter und Hildegunde hineinversetzt gefühlt und gewusst, dass er mit Judith geradeso wie jener Walther fliehen würde. Eine Frau, die man liebte, ins Elend zu wünschen, um sie retten zu können, war etwas, dessen Walther sich nicht für fähig gehalten hätte. Es verstörte ihn fast so sehr wie seine Stummheit in Wien, wie die Entdeckung, dass Stefan ihr Onkel war, oder die Erkenntnis, dass er bei allem Leugnen doch von Gefühlen für sie sprechen musste.

»Ich danke Euch«, sagte er so freundlich wie möglich zu dem Glückspilz Gilles, entschlossen, den beschämenden Wunsch in sich wiedergutzumachen. »Der armseligste Vogel ist der, welcher für sein Brot nicht singen kann, und es gibt nichts Schöneres, als seine Verse für liebenswerte Gastgeber zu schmieden.«

»Nun, um offen zu sein«, meldete sich Stefan etwas verlegen zu Wort, »Ihr werdet ein Bett mit meinem Sohn teilen müssen, doch für Euer Ross dürfte Platz im Stall zu finden sein.«

Walther fand sich schließlich bei den Sprösslingen des Kaufmanns in der Stube des Wohnhauses wieder, wobei die Tochter scheu an der Seite ihrer Mutter blieb, während der Sohn unbedingt wissen wollte, ob er auch Geschichten über Drachen kannte. Es war nicht gerade das, worauf Walther sich vorbereitet hatte, doch er erzählte, was ihm von dem neuen Lied über die Nibelungen im Gedächtnis war, und von den älteren Versionen der Geschichte. Die gebannten Gesichter des Jungen und seiner Schwester bereiteten ihm Vergnügen. Als jedoch Judith, ihr Gatte und Stefan dazukamen, konnte Walther nicht widerstehen und begann eine neue Geschichte, von einer wunderbaren Pastete, die ein Koch für den Adler backte, von der aber nichts mehr übrig war, bis sie den König der Vögel erreichte, weil viele kleine Zaunkönige alles weggefressen hatten, im Glauben, es würde sie selbst zu Adlern machen.

»Mir hat die Geschichte von Siegfried besser gefallen«, maulte Stefans Sohn.

Walther legte die Hand aufs Herz. »Das geht vielen so, selbst mir.«

»Mir scheint, Ihr seid ein wenig ungerecht gegenüber den Zaunkönigen, Herr Walther«, sagte Judith, die auf einem Schemel neben dem neumodischen Kachelofen saß, mit dem ein reicher Kaufmann wie Stefan sein Haus ausstatten konnte. »Hat denn der König ein Recht auf die ganze Pastete? Ist sie in seinem Magen wirklich besser aufgehoben?« Sie lehnte sich ein Stück vor. »Ich frage mich manchmal, ob die Welt nicht besser dran wäre, wenn jeder Zaunkönig mit seinem Pastetenstück davonflöge und es gar keine Adler gäbe.«

»Ich auch«, erwiderte Walther ehrlich, »nur befürchte ich, dass es dann auch bald keine Pasteten mehr geben wird. Ein Land braucht einen König, der für alle da ist, für ihre Sorgen und Nöte, nicht nur für die Menschen in seinem Herzogtum.« Davon war er inzwischen überzeugt.

»Die Lösung scheint mir einfach«, warf Stefan ein, der es sich auf dem einzigen Lehnstuhl im Raum gemütlich gemacht hatte. »Schließlich mag der Adler der König der Vögel sein, doch der Löwe ist der König der Tiere, mit mehr als genug Kraft, um all die kleinen Gierhälse von der Pastete fernzuhalten. Kurzum, man brauchte ein Wesen, das Adler und Löwe in sich vereint … einen Leoparden etwa.«

Das war mehr als aufschlussreich. Walther spitzte die Ohren. Die Staufer hatten Löwen als Wappentiere, die Welfen Adler. Leoparden kannte er nur, weil einer davon zu den Gaben gehörte, die der alte Herzog von Österreich von den Engländern erhalten hatte, als er seinen Gefangenen freigab: König Richard, der die Leoparden als Wappentier führte. Die Zähringer hatten einen Greif, von dem hier überhaupt nicht die Rede war. Jemanden, der sowohl Adler als auch Löwen oder Leoparden im Wappen führte. Sollte es den geben?

»Solange man so ein Tier nicht von weit herholen muss«, sagte er vorsichtig, denn wenn ihn nicht alles trog, wollte der Kölner Kaufmann damit sagen, dass er Richard von England als nächsten deutschen König bevorzugte. Das war immerhin etwas, mit dem weder der Zähringer noch Philipp gerechnet hatten, und es erschien Walther als eine unsinnige Idee, auf die nur ein Rheinländer kommen konnte. Er wusste, dass die Kölner Richard nach seiner Freilassung einen triumphalen Empfang bereitet hatten, das hatte am Wiener Hof zu mancherlei Scherzen über rheinischen Wein und englisches Bier geführt. Aber wenn man hier der Ansicht war, dass ein Herrscher, der noch nicht einmal in der Landessprache redete, ein geeigneter deutscher König sein würde, dann hatten die Kölner tatsächlich den Verstand verloren. Allerdings hatte er heute niemanden einen derartigen Vorschlag in den Schenken machen hören. Vielleicht war es nur Stefan, der solcher Ansicht war?

»Und ich dachte, Ihr seid ein tapferer Ritter auf der Suche nach Abenteuern«, spottete sein Gastgeber. »Jetzt schreckt Euch schon ein wenig frischer Wind?«

Walther beschloss, auf Zeit zu spielen. Er hatte wissen wollen, was die mächtigen Kölner Kaufleute über die Königswahl dachten, da sie eng mit dem Erzbischof verbunden waren; laut Berthold von Zähringen waren ja sie es, an die sein Geld gehen würde, wenn der Erzbischof den geforderten Preis erhielt. Aber Stefan hatte bisher nichts gesagt, was auf Berthold hinwies, und schien geradeso versessen wie er selbst darauf, aus Walther eine Stellungnahme herauszulocken. Das war, gelinde gesagt, eine Überraschung, denn sosehr Walther an seinen wachsenden Ruf an ein paar Höfen glaubte, so gewiss war er sich auch, dass einem Kaufmann in Köln eigentlich gleich sein konnte, was ein Minnesänger über den nächsten Herrscher dachte. Um also Stefan etwas länger beobachten zu können – und sich an den Anblick Judiths mit ihrem Gemahl zu gewöhnen, der ihn immer noch wie ein Dorn im Schuh stach, jedes Mal, wenn er in ihre Richtung blickte –, erwiderte er: »Mich schreckt, dass ich nicht weiß, was ich mir wünschen soll.« Er spielte ein paar Noten auf seiner Laute, dann stimmte er eines der Lieder an, die er während seiner Reisen verfasst hatte. Er arbeitete noch daran, doch für einen Kaufmannshaushalt sollte diese erste Fassung genügen.

Ich saß auf einem Stein
Und schlug Bein über Bein,
Den Ellenbogen setzt’ ich auf
Und schmiegte meine Hand darauf
Das Kinn und eine Wange.
Da dacht’ ich bei mir bange,
Wie man in dieser Welt sollt’ leben.
Und keinen Rat konnt’ ich mir geben.
Untreue liegt im Hinterhalt
Und auf der Straße fährt Gewalt.
Denn Recht und Fried’ sind tödlich wund.
Die zweie haben keinen Schutz …

»Das stimmt, bei Gott«, sagte Gilles und klatschte Beifall. Als niemand mit einstimmte, fragte er verlegen: »Oh, war das Lied noch nicht fertig?«

»Wenn es Euch gefällt«, erwiderte Walther höflich und war erleichtert, endlich einen Grund zu haben, um Gilles zu grollen.

»Das tut es«, sagte Gilles eifrig. »Um ganz ehrlich zu sein, mit den Liedern der Troubadoure habe ich nie viel anfangen können. Aber wie man in der Welt leben soll, das geht alle etwas an. Ihr würdet nicht glauben, wie oft ich kürzlich auf dem Weg von Italien mein Leben habe verteidigen müssen und wie viele Reisende ich erschlagen am Straßenrand gefunden habe, auf Bauernhöfen, selbst in Städten. Die wenigsten dieser Toten waren unter die Räuber gefallen.«

Walther war der Letzte, der nicht zugab, dass ein Sänger Lob für sich selbst als Erstes hörte, doch er dachte kaum zum Teufel, hör auf, schon wieder liebenswert zu sein, als ihn das wachrüttelte, was an Gilles’ kleiner Lobrede noch wichtiger war.

»Aus Italien kommt Ihr? Um diese Jahreszeit?«

»Nein, das war im Oktober«, entgegnete Gilles, und in Stefans Stirn grub sich eine tiefe Falte.

»Ihr habt uns noch nicht verraten, woher Euch denn der Wind hierhergetrieben hat«, sagte Judith. Ihre Stimme hatte die gemessene Zurückhaltung verloren und war ein wenig stichelnd geworden. Er hätte sich darüber gefreut, wenn es nicht geschehen wäre, um ihn von der Enthüllung abzulenken, die ihr Gemahl gerade unabsichtlich gemacht hatte. »Ich wähnte Euch längst wieder in Wien.«

»Nun, Herzog Friedrich ist nicht dort, und …«

»… Ihr hattet keinen Wunsch, an seiner Seite zur höheren Ehre Gottes zu streiten?« Diesmal war die Schärfe eindeutig für ihn bestimmt. Walther konnte nicht widerstehen: Er schlug zurück.

»Nein, nicht mehr, als Ihr offenbar den Wunsch hattet, an der Seite der Herzogin Irene zu bleiben. Sie erwartet ein Kind, wisst Ihr? Es muss ein einsames Leben sein, in einer Burg voller Fremder und ohne Ärztin auf seine Niederkunft zu warten …«

»Dann kommt Ihr also aus Hagenau«, stellte Judith fest.

Walther schloss seine Augen. Natürlich konnte er jetzt behaupten, von Irenes Schwangerschaft nur durch Gerüchte erfahren zu haben, doch eigentlich hatte er keine Lust dazu. Er war gerade nach allen Regeln der Kunst von ihr ausgehorcht worden, und selbst als ein Meister dieser Kunst fand er, dass man Tribut zollen sollte, wo es sich gebührte. Auch, wenn er immer noch nicht sicher war, ob das, was er empfand, Bewunderung oder Groll war, Zorn, verletzte Eitelkeit oder doch eine unsinnige Verliebtheit.

»Ja«, sagte er, als er seine Augen wieder öffnete.

»Nun, als ein Lehnsmann Herzog Friedrichs seid Ihr natürlich dem staufischen Haus verbunden«, bemerkte Stefan, dessen Stirn sich wieder geglättet hatte. Walther entschloss sich zu einem kleinen Glücksspiel.

»Um ein Lehnsmann zu sein, brauchte ich ein Lehen«, entgegnete er trocken. »Das habe ich nicht. Solche Güterlosigkeit verleiht einem eine gewisse Freiheit, um zu reisen und die Welt kennenzulernen.«

Stefan hüstelte. »In der Tat?«

»Mein Onkel«, sagte Judith, und zu Walthers Überraschung hatte sich die Schärfe in ihrer Stimme keineswegs verloren, als sie von Stefan sprach, »kann sich das gewiss nicht vorstellen, denn er reist nur, um Güter zu gewinnen, und ist darin ausgesprochen erfolgreich.«

Zum ersten Mal an diesem Abend mischte sich Stefans Gemahlin Martha in das Gespräch. »Nur zum Nutzen seiner Familie«, sagte sie; auch ihrer Stimme fehlte es nicht an Bissigkeit. »Ein armer Mann kann sonst nicht alle möglichen Kostgänger speisen, nicht wahr?«

Walther war nicht sicher, ob das gegen Judith oder ihn gerichtet war. Sogar Gilles machte eine Miene, als fühle er sich betroffen. Es war eine Lage, die man ausnutzen oder entspannen musste. Oder vielleicht beides.

»Wir reisen alle, um etwas zu gewinnen, ob nun Zuhörer, neues Wissen oder Güter«, sagte er begütigend und mit einer Geste, die Judith und Stefan einschloss. »Und es ist ein wahrhaft glücklicher Reisender, der dann mehrere Gewinne für sich vereinnahmen kann.«

»Der Vater kommt aber nie mit guten Geschichten wieder«, beschwerte sich Stefans Sohn. »Er redet immer nur mit Leuten, und einem Drachentöter ist er auch noch nicht begegnet.«

»Dein Vater hat versprochen, dich dem nächsten König vorzustellen, wenn er in Köln eintrifft. Das ist ein großer Held«, erinnerte seine Mutter ihn tadelnd. »Sei nicht undankbar.«

Man hätte eine Nadel auf den Boden fallen hören.

»Ich glaube, es wird Zeit für Euer nächstes Lied, Herr Walther«, sagte Stefan.

Der Rest des Abends verging mit Wintergesängen der harmlosen Art. Gilles war weiterhin geradezu unanständig freundschaftserweckend und ein dankbarer Zuhörer, der an den richtigen Stellen lachte und sich ein paar Verse wiederholen ließ, wenn ihm die deutschen Worte fehlten, weil er auf gar keinen Fall etwas falsch verstehen wollte. Niemand spielte mehr auf irgendwelche Reisen an, doch als die Zeit kam, sich für die Nacht zurückzuziehen, zog Stefan Walther beiseite und fragte offen, ob man in Hagenau vom kleinen Friedrich oder von Philipp als dem nächsten König spreche.

»Nun, von einem großen Helden ist gewiss nicht die Rede«, sagte Walther. »Ich muss sagen, Meister Stefan, Ihr überrascht mich. Ich habe gehört, dass der König von England einer der ersten Streiter unserer Zeit sein soll, und ich weiß selbst, dass er seine Worte zu setzen versteht, aber vor allem anderen scheint er gut darin zu sein, die Gelder eines Landes für seine Kriege zu nutzen. Also hätte ich nicht erwartet, dass sich ausgerechnet ein Kaufmann ihn zum Herrscher wünscht.«

»Auch Ihr überrascht mich, Herr Walther. Ich hätte nicht geglaubt, dass ausgerechnet ein Sänger seine Fabeltiere nicht der richtigen Geschichte zuordnen kann«, entgegnete Stefan und ließ ihn gehen, nicht ohne zu verkünden, es sei wohl besser, wenn Herr Walther in einem anderen Raum untergebracht würde als dort, wo ein wissenshungriger Knabe des Schlafes bedürfe. Er schlug die Seitenkammer vor, in der Judith ihre Instrumente, Salben und Kräutertränke verstaut hatte und Patienten behandelte. Judith erklärte, in diesem Fall ihre Sachen schnell selbst beiseiteräumen zu wollen, da sie niemandem zutraute, im Halbdunkel nichts umzuschütten oder gar zu zerbrechen. Sie nahm einen der Leuchter in die Hand, die mit echten Kerzen bestückt waren, keinen Talglichtern, was den Wohlstand von Stefans Haus verriet. Walther folgte ihr, halb in der Erwartung, dass Gilles oder sonst ein Haushaltsmitglied es auch tun würde, doch er fand sich allein mit Judith in der engen Seitenkammer wieder.

Es lag ihm so viel auf der Zunge, doch er blieb sprachlos. Er wollte eine spöttische Bemerkung darüber machen, wie schnell sie sich verheiratet hatte und dass sie in Nürnberg vor ihm davongelaufen sei. Eine entschuldigende Bemerkung, weil er sie geküsst hatte. Eine reuige Bemerkung, weil er sie nicht genug geküsst hatte. Eine beifällige Bemerkung, weil sie glücklich zu sein schien. Eine bewundernde Bemerkung darüber, dass sie ihm Hagenau entlockt hatte. Am Ende sagte er nichts dergleichen. Er beobachtete ihre langen, schmalen Finger dabei, wie sie Schalen wegräumte, die vor einer Truhe aufgereiht standen und Salben enthielten, und sagte: »Es ist nicht der König von England, den Euer Onkel und seine Freunde auf dem Thron sehen wollen, nicht wahr? Es muss einer seiner Neffen sein. Adler und Löwe, ein Leopard und ein Vogel. Einer der Welfen.«

»Ihr hättet Euch das etwas schneller zurechtreimen können«, erwiderte sie, ohne es zu verneinen. »Er hat Euch genügend Hinweise gegeben.«

»Aber er hat mir keinen Hinweis darauf gegeben, warum Euch der Gedanke so zuwider ist«, sagte Walther leise.

Sie hielt inne und schaute zu ihm. Ihre braunen Augen waren im flackernden Schein des Leuchters sehr dunkel. »Seid Ihr dem Grafen von Poitou begegnet, als er Geisel am Wiener Hof war?«

Das war er, und er hatte sich dabei gedacht, dass ein Leben als adelige Geisel kein schlechtes war: Der einzige Unterschied zu einem Dasein als geehrter Gast schien zu sein, dass bei einer Geisel stets ein Wächter blieb. Doch Graf Otto hatte an den meisten Gastmählern im Palas teilgenommen; die Mitglieder des Hofstaats hatten ihm die Ehrerbietung entgegenzubringen, die dem Neffen eines Königs gebührte. Sonst war Walther von Otto nicht viel in Erinnerung geblieben. Dafür fiel ihm wieder ein, dass Judith etwas über ihn gesagt hatte, zu der Herzogin Helena, etwas ganz und gar nicht Freundliches. Aber Stefan hatte sie und ihren Vater nicht nach Klosterneuburg begleitet, und Judiths bittere Bemerkung über Stefans gütergewinnende Reisen hatte auch nicht danach geklungen, als beziehe sie sich auf etwas, das schon Jahre zurücklag. Allmählich setzten sich für ihn die Teile zu einem Ganzen zusammen.

»Seid Ihr dem Grafen Otto erst kürzlich wieder begegnet?«, fragte er, und sie nickte, ohne etwas zu erwidern. Was auch immer sie dazu gebracht hatte, Otto zu verabscheuen, musste ihr so unangenehm sein, dass sie keine Worte an ihn verschwenden wollte. Walters immer rege Vorstellungskraft beschwor sofort Möglichkeiten hervor, die ihm abwechselnd die Kehle zuschnürten und den Wunsch gaben, Otto an einen der Drachen zu verfüttern, die er bisher nur in Liedern gefunden hatte. Doch Judith offen zu fragen, hätte am Ende alles noch schlimmer gemacht. Also tat er, was er so häufig tat: Er kleidete das, was er fühlte, in einen Scherz, der Wahrheit war.

»Nun, eigentlich könnt Ihr Eurem Onkel raten, sein Geld zu sparen, denn Otto wird ganz bestimmt nicht König, und Ihr wisst ja, was mit Menschen geschieht, die in die Höhe springen, ohne darauf geachtet zu haben, ob es da auch etwas zum Festhalten gibt – sie landen mit dem Gesicht im Dreck.«

Ihre Lippen kräuselten sich. »Was macht Euch da so sicher, Herr Prophet?« Sie klang weniger spöttisch als aufrichtig neugierig.

»Prophezeiungen haben ihren Preis«, gab Walther zurück. »Ihr wisst ja, dass ich ein Geschichtensammler bin. Wenn ich Euch verrate, warum ich der Landung im Dreck von Herrn Otto so gewiss bin, höre ich dann von Euch, was genau Euer Onkel sich von der Krönung eines Welfen verspricht?«

Er fragte nicht nur, weil er es wirklich wissen wollte, sondern auch, weil er das Gefühl hatte, dass ihr eine Herausforderung lieber war als ein plumper Versuch, sie wegen etwas zu trösten, von dem er noch nicht einmal wusste, ob es sich überhaupt ereignet hatte. Judith war ihm immer wie eine Bogensehne erschienen, die sich verbog, gewiss, aber nur, um einen Pfeil abzuschicken und sich danach umso sicherer wieder zu straffen.

»Ich weiß nicht, ob dieser Austausch ein gerechter wäre«, sagte Judith, und die Kerzenflammen tanzten in ihren Augen. »Schließlich kann ich mir Euren Grund schon denken. Ihr vertraut darauf, dass die Staufer sich durchsetzen.«

»Das ist nicht der einzige Grund«, gab Walther zurück und fügte nichts weiter hinzu. Auch er konnte Schweigen wirkungsvoll einsetzen.

»Gut«, murmelte sie endlich.

»Gut was?«

»Gut, ich werde Euch sagen, was mein Onkel sich von einer Welfenherrschaft verspricht, wenn Ihr mir den zweiten Grund verratet, warum Ihr sicher seid, dass es nicht dazu kommt.«

»Woher wollt Ihr wissen, dass ich nicht lüge?«

»Ich bin Ärztin«, sagte Judith, »habt Ihr das vergessen? Lügen ist schwieriger, als Ihr glaubt, wenn man jemanden anlügt, der weiß, wie man den menschlichen Körper liest. Könnt Ihr mir helfen, diese Truhe weiter nach hinten zu schieben?«

Walther griff an einem Ende zu, Judith am anderen. Gemeinsam schoben sie ein Ungetüm, das groß und schwer genug war, um eine Leiche zu beherbergen, ein Stück weiter.

»Es würde mir nicht einfallen, an Euch als Ärztin zu zweifeln, aber wenn Ihr nicht Wege gefunden habt, das Augenlicht des Menschen dem der Eule gleichzumachen, dann ist es jetzt in diesem Raum zu dunkel, um Einzelheiten zu erkennen.«

»Gut, ich gebe mich geschlagen. Ich weiß so wenig, ob Ihr lügt oder die Wahrheit sprecht, wie Ihr wissen könnt, wie es sich bei mir verhält.«

»Ich habe Euch vermisst«, sagte er, ehe er sich bewusst war, dass er die Worte laut aussprach, und danach war es zu spät, um sie zurückzunehmen. Er hörte sie Luft holen, den Atem anhalten und wieder ausstoßen. Die riesige Truhe stand zwischen ihnen. Das war ein Glück; es hinderte ihn daran, sich noch einmal zum Narren zu machen.

»Die Stadt Köln wird keinen Zoll zahlen müssen für ihren Handel mit jedem Ort, der König Richard als Herrn hat«, sagte Judith abrupt, und er nahm den Rückzug in den Austausch von Geheimnissen, die wahr oder falsch sein mochten, mit einem Gemisch aus Erleichterung und Enttäuschung an.

»Euer Erzbischof hat bereits seinen eigenen König ausgemacht, und es ist kein Welfe. Er will den Zähringer, da er sich ein hübsches Sümmchen davon verspricht – sich persönlich, nicht für die Stadt Köln. Also kann ich mir nicht vorstellen, dass er auf Euren Onkel und seine Freunde hört.«

Judith neigte den Kopf, was er gerade noch ausmachen konnte, wandte sich zur Tür und sagte: »Das Kissen und den Strohsack, die ich manchmal für meine Patienten brauche, findet Ihr dort hinten.« Sie stand bereits an der Schwelle, als sie leise hinzufügte, ohne sich umzudrehen: »Gott helfe mir, aber ich habe Euch auch vermisst.«

* * *

»Dein Onkel«, sagte Gilles zu Judith, als sie im Dunkeln nebeneinanderlagen, »glaubt, du würdest den Erzbischof darum bitten, unsere Ehe für ungültig zu erklären. Er wollte, dass ich dir meine Liebe erkläre und dich überzeuge, es nicht zu tun.«

»Hat er einen Grund genannt?«

»Seine Gemahlin Martha befürchtet, dass du ihn verleitetest, rückfällig im Glauben zu werden. Sie hat Angst um sein Leben und das ihrer Familie. Seit auch du mit einem Christen verheiratet bist, schläft sie wieder ruhiger.«

Das, dachte Judith, mag tatsächlich einer der Gründe sein. Doch inzwischen kannte sie ihren Onkel und wusste, dass es niemals der einzige war. Vielleicht war das nur gerecht: Auch sie hatte mehr als einen Grund für das, was sie tun würde.

»Mein Onkel«, erklärte Judith, »wird uns Geld leihen, damit wir das Haus meines Vaters zurückkaufen und dort leben können.«

»Uns?«, fragte Gilles verblüfft. »Dann … dann willst du meine Gemahlin bleiben?«

Sie rückte ein wenig näher an ihn heran und legte ihren Kopf an seine Schulter. Sie hatte erst geglaubt, die Nähe eines ihr fremden Mannes nicht ertragen zu können, doch inzwischen war sie dankbar, einen Menschen zu haben, der ihr durch seine Hand, seine Schulter, durch sein einfaches Dasein Sicherheit gab, ohne in ihr Ängste zu wecken, dass mehr erwartet wurde.

»Ja«, sagte sie ernst. »Solange ich unverheiratet war, gab es immer Menschen, die mich verheiraten wollten oder sich fragten, was mit mir nicht stimme. Und du – du wirst niemals heiraten können, wie du liebst, und du hast in Angst gelebt, das hast du mir selbst erzählt. Gemeinsam können wir freier leben, als es uns allein sonst möglich sein wird.«

Sie spürte, wie seine Hand über ihr Haar strich. »Ich glaube, du willst nicht mehr unter dem Dach deines Onkels leben, weil er Graf Otto als König will«, flüsterte Gilles. Obwohl das eine Vereinfachung war, traf er mit seiner Vermutung zumindest an den Rand des Schwarzen.

»Es ist nicht nur Otto. Stefans Ziele sind nicht meine Ziele, und wenn ich weiter bei ihm lebe, dann wird er mich auch weiter benutzen, um sie zu verfolgen. Das ist nun einmal seine Art.«

Vielleicht war es auch ihre Art? Versuchte sie nicht gerade, Gilles für das zu benutzen, was sie für sich unbedingt wollte? Aber sie log nicht und gab nichts vor, was nicht stimmte. Manchmal träumte sie davon, wie Stefan sie in seiner ruhigen, vernünftigen Weise überzeugte, es sei für alle das Beste, wenn sie Philipp von Hohenstaufen vergiftete. Manchmal träumte sie davon, wie sie sich selbst davon überzeugte, es sei für alle das Beste, wenn sie Otto vergiftete, sollte er tatsächlich nach Köln kommen, gewählt werden und sich krönen lassen, und wachte schweißgebadet auf. Manchmal träumte sie auch davon, dass sie einem Mann hinterherlief, obwohl sie wusste, dass er zumindest eine Teilschuld am Tod ihrer Verwandten trug, doch dann wachte sie nicht auf, sondern schlief bis in den Morgen.

Nein, es war das Beste, mit Gilles verheiratet zu sein, der nie mehr als Freundschaft von ihr fordern würde und der sie davor bewahrte, ihr Leben ständig von Wohlmeinenden und nicht so Wohlmeinenden verplant zu finden.

»Glaubst du wirklich, dass er dir das Geld geben wird?«, fragte Gilles skeptisch.

»Ich habe etwas, das er wissen möchte.«

Das Spiel der Nachtigall
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