4.

Hans von Dettelbach wirkte an diesem Tag noch hinfälliger als beim letzten Besuch. Dennoch versuchte Michel, den alten Ritter von den Vorteilen zu überzeugen, die dieser aus einer Verpfändung seines Marktes an ihn ziehen würde. Dabei ärgerte er sich im Stillen, weil er eines seiner anderen Besitztümer würde opfern müssen, um die Pfandsumme aufzubringen. Aber er konnte sich nicht gleichzeitig auf eine Fehde vorbereiten und Geld für den Ankauf des Marktorts ausgeben.

Der Dettelbacher hob abwehrend die Hand. »Ihr erschöpft mich, Kibitzstein. Ich verstehe Eure Beweggründe, will aber zu einer besseren Zeit darüber nachsinnen. Doch Ihr sollt den Ritt nicht ganz umsonst angetreten haben. Daher bin ich bereit, Euch zunächst einmal die Hälfte des Dorfes Erlbach zu verpfänden, um für dieses Geld Messen für mein Seelenheil lesen zu lassen.«

Erlbach befand sich zwar unweit von Dettelbach, war aber vollständig von Würzburger Gebiet umgeben. Deswegen hätte Michel diesen Handel am liebsten abgelehnt. Aber damit hätte er Herrn Hans verärgert und ihn vielleicht dazu getrieben, den Marktflecken an einen anderen zu verpfänden oder zu vererben. Deswegen streckte er dem Kranken die Hand hin.

»Das tun wir, Ritter Hans! Gott schenke Euch für diese Gebete noch etliche Jahre bei guter Gesundheit. Ich möchte noch manchen Humpen mit Euch leeren.«

Hans von Dettelbach ergriff Michels Hand mit schlaffem Griff, sank aber sofort wieder in die Kissen zurück, die seine Wirtschafterin ihm in den Rücken gestopft hatte. »Lasst den Vertrag von meinem Beichtvater aufsetzen. Er wird ihn mir vorlegen.«

Seine Stimme klang so, als empfände der Kranke es bereits als zu anstrengend, Unterschrift und Siegel unter eine Urkunde zu setzen.

Michel wollte wenigstens noch die Pfandsumme aushandeln, erhielt aber zur Antwort, dass der Priester auch dies übernehmen würde.

»Ich bin zu müde dazu«, erklärte der Dettelbacher und zeigte so deutlich, dass er allein zu bleiben wünsche.

»Nun denn, Gott befohlen!« Michel nickte dem Ritter noch einmal zu und verließ das Krankenzimmer.

Draußen hielt er einen Diener auf und fragte ihn nach dem Burgkaplan.

»Der ist zur Baustelle für die neue Pfarrkirche gegangen, um nachzusehen, wie dort die Arbeit vorangeht.«

»Hab Dank!« Michel reichte dem Diener eine Münze und ging hastig weiter.

Im Freien blieb er ein paar Augenblicke stehen und sog die frische Luft ein. In den düsteren Mauern der alten, schon lange nicht mehr gepflegten Burg hatte er das Gefühl gehabt, ersticken zu müssen. Während er durch die Gassen des Marktorts auf die neue Kirche zuschlenderte, wurde ihm klar, dass das meiste, was er mit Hans von Dettelbach hatte besprechen wollen, ungesagt geblieben war. Ihm kam der Gedanke, der Ritter nutze seine Schwäche als Vorwand, um alles, was ihm nicht passte, von sich fernzuhalten. Aber Michel wollte seine Ziele nicht den Launen eines alten Mannes opfern und nahm sich vor, die Verpfändung Erlbachs noch am gleichen Tag festzuschreiben. Auch wenn er damit noch keinen Anteil an Dettelbach selbst besaß, so hoffte er, über dieses Pfand über kurz oder lang in den Besitz des Marktorts gelangen zu können.

Die Tochter der Wanderhure
cover.html
title.html
part001.html
part001chapter001.html
part001chapter002.html
part001chapter003.html
part001chapter004.html
part001chapter005.html
part001chapter006.html
part001chapter007.html
part001chapter008.html
part001chapter009.html
part001chapter010.html
part001chapter011.html
part001chapter012.html
part001chapter013.html
part001chapter014.html
part001chapter015.html
part001chapter016.html
part001chapter017.html
part001chapter018.html
part002.html
part002chapter001.html
part002chapter002.html
part002chapter003.html
part002chapter004.html
part002chapter005.html
part002chapter006.html
part002chapter007.html
part002chapter008.html
part002chapter009.html
part002chapter010.html
part002chapter011.html
part002chapter012.html
part002chapter013.html
part002chapter014.html
part002chapter015.html
part003.html
part003chapter001.html
part003chapter002.html
part003chapter003.html
part003chapter004.html
part003chapter005.html
part003chapter006.html
part003chapter007.html
part003chapter008.html
part003chapter009.html
part003chapter010.html
part003chapter011.html
part003chapter012.html
part003chapter013.html
part003chapter014.html
part004.html
part004chapter001.html
part004chapter002.html
part004chapter003.html
part004chapter004.html
part004chapter005.html
part004chapter006.html
part004chapter007.html
part004chapter008.html
part004chapter009.html
part004chapter010.html
part004chapter011.html
part004chapter012.html
part004chapter013.html
part004chapter014.html
part004chapter015.html
part005.html
part005chapter001.html
part005chapter002.html
part005chapter003.html
part005chapter004.html
part005chapter005.html
part005chapter006.html
part005chapter007.html
part005chapter008.html
part005chapter009.html
part005chapter010.html
part005chapter011.html
part005chapter012.html
part005chapter013.html
part006.html
part006chapter001.html
part006chapter002.html
part006chapter003.html
part006chapter004.html
part006chapter005.html
part006chapter006.html
part006chapter007.html
part006chapter008.html
part006chapter009.html
part006chapter010.html
part006chapter011.html
part006chapter012.html
part007.html
part007chapter001.html
part007chapter002.html
part007chapter003.html
part007chapter004.html
part007chapter005.html
part007chapter006.html
part007chapter007.html
part007chapter008.html
part007chapter009.html
part007chapter010.html
part007chapter011.html
part007chapter012.html
part008.html
part008chapter001.html
part008chapter002.html
part008chapter003.html
part008chapter004.html
part008chapter005.html
part008chapter006.html
part008chapter007.html
part008chapter008.html
part008chapter009.html
part008chapter010.html
part008chapter011.html
part008chapter012.html
part008chapter013.html
part008chapter014.html
part008chapter015.html
part008chapter016.html
part008chapter017.html
part008chapter018.html
part008chapter019.html
backmatter001.html
backmatter002.html
backmatter003.html
copyright.html