Der Weg zum Glück ist steinig
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Ich sehe Liebe dieser Tage als Rarität. Selbst Aufregung ist schwerer zu finden als Stöckelschuhe mit nur fünf Zentimeter hohen Absätzen. Trotzdem mache ich weiter im Spiel mit Männerbekanntschaften.
Die Anmache ist freundlich, wenn auch nicht aufregend: »Dein Profil gefällt mir sehr, ich würde dich gern kennenlernen.«
Das Foto zeigt vier mittelalte Männer, die Jazz spielen. Einer davon, der große Schlanke mit dem Schnauz, ist Hans-Dieter. Der spielt freitags um einundzwanzig Uhr immer in einer Amateur-Dixieland-Band draußen bei Sasel Klarinette.
Ich hasse diesen fröhlichen Altherrenjazz, wie er schon in den frühen Sechzigerjahren von weißen Männern nachgespielt wurde und der nichts mit den amerikanischen Originalen zu tun hat. Ich sage nur: Chris Barber und Songs wie Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen.
Und doch antworte ich Hans-Dieter, denn generell liebe ich Musiker, und Klarinette ist ein schönes Instrument, das geschickte Lippen braucht. (Oh, muss ich denn immer alles sexualisieren!)
Ich glänze per Mail etwas mit meinen Jazzkenntnissen, denn ich war schon in meinen Teenagerjahren Jazzfan gewesen - John Coltrane, Miles Davis, Billie Holiday und so. Er ist beeindruckt und lädt mich zu einem Jazz-Brunch am Sonntag ein. Ich will es mir überlegen.
Warum nicht?
Gerade mit Musikveranstaltungen habe ich sehr schöne Überraschungen erlebt, wenn ich mich mal etwas anderem ausgesetzt habe als sonst. Auf diesem Wege habe ich afrikanische Bands, russische Frauenchöre und lettische Volkslieder entdeckt. Vielleicht sind die Herren ja gut. Woody Allen spielt auch jeden Sonntag in einem bekannten Restaurant in New York Klarinette in einer Band.
Hans-Dieter, der im Berufsleben (sein letztes Jahr!) Prokurist ist, freut sich und erzählt mir, wie er als Kind Blockflöte lernen musste, was er hasste, und dann als Sechzehnjähriger von einem Schulfreund mithilfe von alten Louis-Armstrong-Schellackplatten in die Welt des Jazz eingeführt wurde.
Das gefällt mir, denn auch bei uns zu Hause gab es alte Platten amerikanischen Ursprungs mit dem weißen Hund und dem Trichter, die sehr vorsichtig auf den Plattenspieler, der sich zusammen mit dem Radio in einem Teakholzmöbel auf vier schrägen Beinen befand, gelegt wurden und herrlich kratzten. Durch diesen Nostalgiebonus beflügelt, sage ich Hans-Dieter fest zu.
Aber auf dem Weg zum Jazz-Brunch passiert etwas, das man nur als Torschlusspanik bezeichnen kann. Die Vorstellung, in einer Vorortkneipe Dixieland-Jazz von mittelalten Herren hören zu müssen, versetzt mich in tiefe Trauer über mein verwirktes Leben. Etwas an diesem Szenario erscheint mir so absurd und weit weg, dass ich etwas sehr Spontanes tue - was mir sofort die beruhigende Sicherheit gibt, immer noch in meinem Leben wählen zu können. Ich steige aus der S-Bahn und nehme die nächste zurück nach Hause.
Kaum zu Hause wieder angekommen, lege ich hastig Jimi Hendrix in den CD-Spieler, nur um schnell Töne in meine Ohren zu kriegen, die mir vertraut sind und die ich liebe.
Ich weiß, ich bin ungerecht.
Ich weiß, ich urteile zu schnell.
Ich weiß, dass es wunderbare, nette, herzliche, prima Männer in meinem Alter gibt, die besser Klarinette, Blockflöte, Klavier, Geige und Gitarre spielen können als ich.
Ich weiß auch, ich sollte meine Idee von Abgrenzung und Anderssein abbauen und mich etwas mehr anpassen.
Aber wie?
»Bleib bloß so, wie du bist!«, ruft Sarah und verdreht die Augen, als ich ihr diesen seltsamen Fast-Ausflug in das kauzige Reich der Jazz-Aliens beschreibe, meine deplatzierten Gefühle dabei und diese Zweifel an der Richtigkeit meines mangelnden Spielvergnügens an diesen Dates.
»Nimm das nicht so ernst«, rät Karen mit einer wegwerfenden Handbewegung.
Und das ist wahrscheinlich ein guter Rat. Denn worum geht es eigentlich, wenn man Männer, ja überhaupt Menschen kennenlernt? Wohl kaum um eifrige Anpassung.
 
Ich bin sehr traurig über das Ende der Philipp-Episode. Was ist mein Beitrag zum Scheitern gewesen? Die nicht mehr reformierbare, nicht anpassungsfähige Junggesellin, die trotzdem noch sucht und hofft?
Ich hatte ein paar schwierige Freunde in meinem Leben gehabt - passend zu mir als schwieriger Frau. Besonders den letzten vor acht Jahren liebte ich sehr.
Er war launisch, er war supersexy und brillant, und als wir uns wieder einmal zankten und ich ihn beschuldigte, sich nicht zu mir zu bekennen, guckte er mich mit seinen Wolfsaugen an und sagte bissig: »Was willst du, ich bin Single und du bist Single. Wir leben bewusst allein. Das ist kein Zufall, oder?«
Nein, nicht nur.
Denn es ist immer wieder diese Zwiespältigkeit, die mich und sicher Abertausende von gleichgesinnten Frauen in die sehnsuchtsvolle Ecke drängt, wo das Gefühl eine Kleinmädchenstimme hat und wimmert: »Ich will nicht allein sein. Ich brauch jemanden, um mich gut zu fühlen.«
Und ja, ich finde, es ist schöner, Gefühle zu teilen, zu lachen, sich zu amüsieren, Zartheit und Zweifel, Aggression und Konflikte auszudrücken, echt und ehrlich zu sein.
Aber sonst? Den Mann auf der Bettkante um der Bettkante willen? Nein. Die Ära von ungleichen Verbindungen, in der nicht jeder zumindest einen Teil von dem kriegt, was er wirklich will, ist für immer beendet, finde ich. Der Preis ist zu hoch, der Artikel zu dürftig hergestellt.
Und der andere Preis? Der für die Unabhängigkeit? Ein bisschen Angst, ein bisschen Trauer, aber auch viel Freude, viele Freunde, und immer noch die Möglichkeit von Abenteuern.
Denn auch dieses ist die Wahrheit: Ich bin eine Abenteurerin. Ich will immer noch etwas. Irgendetwas Neues. Es gibt immer noch irgendwo ein Tabu, ein winzig kleines vielleicht nur, dass gebrochen werden muss.
Ist doch eine schöne Entwicklung. Von gebrochenen Herzen zu gebrochenen Tabus. Eine kleine Herausforderung.
»Du musst dir doch nichts beweisen«, sagt Sarah.
Ach doch, irgendwie schon. Dass ich lebe, dass ich mich immer weiterentwickele. Jetzt hat es nicht geklappt, mit diesem Mann.
Na und? Vielleicht später.
Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
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