Ich lieb dich, ich lieb dich nicht
038
Das Witzige ist, seit ich mit dem Online-Blödsinn angefangen habe, schießt so etwas wie eine romantische Parallelwelt aus dem Boden wie frühreife Pilze. Und die findet außerhalb des Netzes statt. Als ob ich mich versteckt gehalten oder ein Flirtbazillus die fünfundvierzig bis sechzigjährigen Männer befallen hätte und ich das perfekte Opfer bin, werde ich neuerdings angeguckt und angemacht wie in New York. Vielleicht ist es wirklich ein Naturgesetz, dass immer alles auf einmal kommt oder, wie es im Englischen heißt: »When it rains, it pours!« (Wenn es regnet, dann gießt es!)
Ich hatte mich mit einem Peter bei einer Foto-GalerieEröffnung verabredet. Der ideale Ort, finde ich, denn sollte das Date langweilig sein, dann gibt es immer noch Kunst, und wenn die langweilig ist, wie leider oft der Fall, dann gibt es immer noch Leute, mit denen man quatschen kann.
Peter und ich waren uns über das Thema Schokolade nähergekommen.
Erst hatte er mir gemailt: »Du siehst interessant aus.«
Ich daraufhin: »Ja, und?«
Und dann entwickelte sich eine recht witzige Unterhaltung, bei der irgendwie herauskam, dass sein Großvater der Direktor einer Schokoladenfabrik gewesen war, an der ich bis zur vierten Klasse auf meinem Schulweg vorbeigehen musste. Es roch immer herrlich, und wir Kinder blieben stehen und schnupperten. Wohl in der Hoffnung, dass ein freundlicher Gönner mit einer Schubkarre aus der Fabrik rollen und uns vernaschten Gören stapelweise Schokoladentafeln zustecken würde. Das passierte aber nie.
Ich mochte Peter sofort noch lieber, denn alles, was uns aus der Kindheit vertraut ist, ruft scheinbar sehr positive Gefühle hervor. Er war sechsundfünfzig Jahre alt und hatte immer noch mit Schokolade zu tun, allerdings als Exporteur.
Wir telefonierten, und er war lustig und wollte mich gern mit Schokolade überziehen (und wahrscheinlich ablecken). Es hörte sich überhaupt nicht pervers, sondern verspielt an, und ich hatte auch etwas auf die Bemerkung hingearbeitet. Er sah auf dem Foto ein bisschen aus wie ein Bürokrat mit einer blühenden Fantasie. Vielleicht würde es ein vergnügter Abend werden.
 
Der Peter, der kommt, ist kleiner (schon wieder!) als angegeben, hat Haare mit echtem rötlichem Stich und trägt ein Tweedjackett, eine gelbe Wollweste und eine Fliege! Irgendwie passt er in einen Harry-Potter-Film. Er ist tatsächlich recht lebendig und wir unterhalten uns über die Fotos (Amerika in den frühen Sechzigerjahren).
Aus den Augenwinkeln bemerke ich einen Mann, der mich schon zweimal angeguckt hat. Graue Haare, interessantes, etwas verlebtes Gesicht, sehr nettes Lachen, prüfende Augen. Als Peter schon wieder einen Wein holt, gucke ich wie zufällig in seine Richtung, und er kommt wie zufällig näher - ein nettes Spiel.
Nach zwei Sätzen über das klassische Kennedy-Attentat-Foto und darüber, wo wir waren, als es passierte, fragt er: »Bist du allein hier?«
Ich nicke, sage aber: »Ich bin mit einem Bekannten gekommen.«
Nie im Leben würde ich zugeben, dass ich mit einem Blind-Online-Date da bin. Also immer noch die kleine Spießerin.
Ich hatte mir gerade eingeredet, dass Peter soo schlecht ja nicht sei, er könnte ja reich sein und mein persönlicher Förderer werden. Aber das mit der Anziehungskraft geht blitzschnell, und nun stehe ich da mit diesem Philipp, so heißt er, und bin kurz davor, mir neckisch durchs Haar zu fahren und das noch nicht aufgebrauchte Potenzial für ein erotisches Lächeln zusammenzukratzen.
So ein Benehmen passiert wie auf Knopfdruck, wenn man an einem Mann interessiert ist. Kennen wir nicht alle Situationen, in denen ansonsten vernünftige Frauen nicht wiederzuerkennen sind, nur weil ein Mann die Szene betritt? Ihre Stimme ist lauter und Oktaven höher, ihre Körperhaltung straffer. Und wir als Freundinnen wollen sie dann immer gern kicken oder auf den Mond schießen.
Philipp ist sehr, sehr nett, ein bisschen kompakt, das ist dezent ausgedrückt, mit keineswegs zartgliedrigen Händen, die zupacken können, einem entwaffnenden Lachen, etwas dröhnend vielleicht, aber irgendwie sitzt der Schalk in den mit vielen Fältchen gesäumten dunkelblauen Augen. Das einzige Problem ist die Cordjacke in olivgrün, die altmodischen hellbraunen Halbschuhe lassen wir mal durchgehen …
Wenn man jemanden spontan mag, dann ist es, als wenn eine Tür aufgeht, finde ich. Und man möchte gern durchgehen, bis zur nächsten Tür und wieder der nächsten und immer weiter, bis man ans Herz oder die Seele kommt oder wie man das nennen mag, das sich wie ein Zuhause anfühlt, in das man dann eintreten darf.
Ich würde wirklich gern das Gesetz der Attraktion erklären und auch ergründen, aber wie alles zwischen Männern und Frauen ist und bleibt rätselhaft, warum es der sein muss und nicht der andere. Das ändert sich auch im Alter nicht.
 
Natürlich haben Soziologen und Hirnforscher das Phänomen der Liebe und Sexualität längst geklärt. Wir haben weniger Einfluss darauf, als wir uns oft einbilden. Während wir sehr wohl die Kraft und die Intelligenz haben, aus verhängnisvollen Beziehungen auszubrechen, die uns einmal als der Himmel auf Erden erschienen, so können wir die geheimnisvolle Chemie, die dazu führt, dass wir stottern, rot werden, mit unseren Haaren spielen, dieses überdrehte Gelache haben (auch mit sechzig!), das nur Frauen haben, die an einem Mann interessiert sind, weder ergründen noch steuern. Wir können nur schnell wegrennen, wenn der Falsche kommt.
Nur, wer zum Teufel ist der Falsche? Klar, ein ungehobelter, intoleranter, saufender Rassist ist nicht schwer auszumachen, aber was ist mit den Grenzfällen? Der herzliche Mann mit Charme und guten Manieren, witzig, wohlhabend und charakterfest, warum darf er nicht der Richtige sein und wird weggeschickt? Und warum darf der rücksichtslose, unzuverlässige aber teuflisch sexy bad boy unter unsere Haut und ins Bett kriechen und dort Chaos anrichten?
Philipp wirkt zwar nicht wie ein bad boy, bei dem die Alarmlampen angehen sollten, aber er hat eine sexuell verschlingende Aura, die erotisierend ist. Er ist ein Jahr jünger, geschieden (wer nicht?), hat zwei fast erwachsene Kinder und arbeitet in der Kunstszene als Organisator.
Unsere Augen klicken ineinander ein wie Schlüssel und Schloss, und wir vertiefen uns in eine Unterhaltung, bei der wir scheinbar die anderen vergessen.
Auch Peter, der kommt und mich abholen will.
Mir ist alles egal.
»Ich habe einen alten Freund getroffen und möchte jetzt hier nicht weg«, lüge ich und zwinkere Philipp zu wie jemand in einem neckischen Werbespot.
Peter gefällt das nicht, aber er trollt sich.
Philipp legt den Arm um meine Taille, zieht mich zu sich und raunt: »Bei dir muss man ja aufpassen.«
Ich nicke. Mir gefällt das alles sehr. Wir flirten weiter, und ich denke: »Was mache ich jetzt bloß mit ihm?«
Wir haben zwei Gläser Wein getrunken, es ist noch nicht mal neun. Plötzlich beugt er sich vor und küsst mich auf den Mund. Vor allen Leuten. Nicht lange, so wie im Film, aber fest genug, um zu merken, dass er sehr gern küsst und wirklich weiß, wie man es macht.
Ich bin verblüfft und geschmeichelt und sage nur »Hey!« und schiebe ihn weg.
Wir müssen ins Kino, finde ich plötzlich, das ist der ideale Platz für eine altmodische Annäherung, obwohl ich ja gerade das im Moment abzuwenden scheine. Ich will wissen, was mit uns im Dunkeln passiert, wenn wir nebeneinandersitzen. Es ist einige Jahre her, dass ich mit einem aufregenden Typen im Kino war. Es gibt sicherlich einen alten Film irgendwo zur Spätvorstellung.
 
Ach, Kino, Jungs und erste Annäherungsversuche, was war das für ein komplexes Unterfangen, und die offizielle Vorstufe zum Knutschen im Auto. Jedes Mädchen wusste, wenn ein Junge mit ihr ins Kino gehen wollte, hieß das: letzte Reihe, Grabbeln, Kichern und, wenn er Glück hatte, Knutschen, während auf der Leinwand Krimi, Lustspiel oder Western abspulte. Was wirklich egal war, denn auch nur seine Hand sachte auf dem Schenkel zu fühlen oder seinen Arm auf der Rückenlehne zu wissen war spannender. Gut für Schüchterne war daran, dass man tun konnte, als würde man es nicht merken - ganze zwei Stunden lang (mit Vorfilm, den es früher immer gab). Ganz, ganz forsche und erwachsene Mädchen wagten dann den vorsichtigen Griff ans Glied; man konnte das im flackernden Licht sehen, denn die ganze letzte Reihe war scheinbar exklusiv für Pärchen reserviert. Natürlich ist der romantische Bedarf an letzten Reihen im Kino stark zurückgegangen, schon allein deshalb, weil öffentliche Liebesbeweise weder geheim gehalten werden müssen noch Empörung provozieren. Heute kann man Sex in der U-Bahn haben und keiner guckt.
 
Philipp gefällt die Idee, und wir machen uns auf den Weg ins Kino. Es gibt leider nur Der Pate 2, zu lang, zu laut, zu brutal.
Wir gehen trotzdem rein, setzen uns natürlich nicht in die letzte Reihe, aber kaum wird es dunkel, nimmt er meine Hand. Dann streichelt er sie, dann gleiten seine Fingerspitzen über die Handfläche, weiter über den Puls bis zur Armbeuge. Wie schön, dass meine Arme unbedeckt sind. Ein göttliches Gefühl, der Mann ist sinnlich. Endlich ein Volltreffer, Cordjacke hin oder her.
Unsere Finger verhaken sich und spielen miteinander, und ich finde es ziemlich aufregend, rutsche tiefer in den Sitz und habe schmutzige Gedanken. Schade, dass ich keinen Rock anhabe … Mein Hirn arbeitet fieberhaft, während Marlon Brando vorne nuschelt. Soll ich Philipp mit nach Hause nehmen? (Er wohnt viel zu weit weg.)
Er drückt meinen Arm, küsst mich aufs Ohr und flüstert, als könne er Gedanken lesen: »Wollen wir gehen?«
Ich nicke, die Corleones sind zu blutrünstig für meine sexualisierten Gedanken.
Im Auto sagt er sofort: »Fahren wir zu dir? Hast du Lust? Natürlich nur auf einen Kaffee!« Er lächelt gespielt arglos in die aufgeladene Spannung hinein.
»Natürlich«, sage ich, »nichts liebe ich mehr, als nachts Kaffee zu trinken. Am liebsten nackt.«
Er lacht. Ich habe ein dumpfes Gefühl der Angst, das ich mit dem albernen Geplänkel überspiele.
Was wird passieren? Werde ich es mögen? Bitte, lass es mich mögen!
Geht es denn je um irgendetwas anderes? Es geht nicht nur um Befriedigung, es geht um das Prinzip Hoffnung und die Chance zum Glück. Wir sind süchtig nach Glück und möchten es am Leben erhalten. Für immer. Bis wir tot sind.
Wie sieht die Wohnung aus? Habe ich mein Bett gemacht, ist das blöde Gleitgel, das auch schon Jahre alt ist, greifbar? Gut, dass ich keine Sexmagazine am Bett liegen habe, die meinen sexuellen Notstand verraten, wie es sicherlich bei einigen Herren der Fall ist. Die Gedanken sind sofort aus meinem Kopf verschwunden.
Sobald wir bei mir sind, geht alles ganz schnell, genau so, wie ich es mag, denn verrückt wie ich bin, neige ich immer dazu, alles zu verkomplizieren, wenn ich zu viel Zeit habe.
Erst kommt das Küssen. Er fängt damit an, sehr leidenschaftlich. Wir küssen uns viel. Und wir lachen. Lippe auf Lippe, während die Lust steigt. Ich bin begeistert, endlich mal einer, der Küssen kann und vor allem will.
Ich bin ja ein großer Kussfan, aber leider haben nur wenige diese so subtil erregende Kunst gelernt, genauso wenig wie das Flirten. Zwei Drittel aller Frauen gaben in einer Umfrage an, dass ein Mann gut küssen muss. Und oft. Und eben an Qualität sowie auch Quantität hapert es scheinbar, denn jeder Dritte (inklusive Männer) kann sich nicht mehr an seinen letzten Kuss erinnern, behauptet Partnerbörse Elite.
Was im starken Gegensatz zur Tatsache steht, dass sich praktisch jeder an seinen ersten Kuss erinnert. Ich bin in den letzten fünf Monaten ein paarmal geküsst worden - von Fremden und Freunden - und erinnere mich daran. Nicht schlecht für eine ältere Dame, oder?
 
Meine Wohnung ist klein, und das ist sehr günstig, denn ohne große Umschweife liegen wir schnell flach auf dem Bett, und unsere Körper arrangieren sich von selbst in harmonische Positionen. Die störende Klippe von Cremes und Kondom wird kaum wahrnehmbar umschifft.
Das Gewicht von einem kräftigen männlichen Mann bringt Urgefühle von natürlicher Hingabe hoch, finde ich, kein Kampf ist nötig, fließende Bewegungen entstehen.
Sex ist, als ob man tanzend Barrieren einreißt, man besinnt sich auf Austausch, Auflösung und Transzendenz - ein schöner Moment.
Wir liegen danach atemlos und sicherlich etwas überrascht da, sichtlich zufrieden. Doch dann steht er vom Bett auf und geht kurz raus, ich blicke ihm nach und denke, dass er noch einen ziemlich flotten Arsch hat. Besonders in dem gedimmten Licht. Der absolute Wahnsinn ist aber, und das fällt mir erst jetzt auf, er ist der erste Mann über fünfzig, mit dem ich im Bett bin!
Ich kuschele mich tiefer in die Kissen und ziehe die Bettdecke unter meine Nase, schnuppere und lächle, während ich mich recke. Ich weiß nicht, warum man das macht, denn ich glaube nicht, dass ich die Einzige bin, die dazu neigt. Es ist sicherlich dieser Geruch von Haut, Schweiß, Sperma, Parfum, anderen Duftnoten und allem, was dazugehört.
Wie wenig sich Bettszenen ändern, wie wenig wir uns ändern! Ich glaube, Bewegungen bleiben stets gleich. Wir umarmen auf eine gewisse Art, wir küssen auf eine bestimmte Art, die halb erlernt ist und halb aus unseren ganz persönlichen Tiefen kommt - unser intuitiver körperlicher Weg, um mit der Welt zu kommunizieren und sich mit den Menschen zu verbinden. Dazu kommt natürlich, wie wir aufgewachsen und erzogen worden sind, wie zärtlich und offen unsere Eltern waren und der Grad unseres individuellen Temperaments.
 
Philipp kommt zurück. Mein Lächeln erstarrt, er hat eine Schachtel Zigaretten in der Hand! Es gibt sicherlich wenige passionierte Nichtraucherinnen unter der Sonne, die sich mehr über Raucher aufregen als ich, sie kaum in die Wohnung und schon gar nicht dort rauchen lassen. Dort, wo wir uns getroffen hatten, durfte nicht geraucht werden, und er hat es wohl ohne Zigaretten ausgehalten.
Obwohl, ich hatte schon ein klein bisschen Rauch an ihm gerochen, wollte aber nichts sagen, um mich nicht um ein erotisches Abenteuer zu bringen.
»Sorry, hier wird nicht geraucht, tut mir leid«, erkläre ich ihm, und sofort verändert sich die Stimmung. Ein feindlicher Luftzug weht durchs Zimmer.
Raucher sind irrationale Süchtige mit narzisstischen Störungen, die absurde Rechtfertigungen für ihre Sucht haben, wovon »Ich rauche gern« die aberwitzigste ist.
Ich hoffe, dass ich mich jetzt nicht mit Philipp in einer Raucherdebatte verheddere.
Er zieht seine Hose an und verlässt das Schlafzimmer mit der Frage: »Kann ich auf dem Balkon rauchen?«
Ich nicke nur und weiß, dass die Nacht gelaufen ist, wenn nicht ein Wunder in Form von Gutwilligkeit und Diplomatie passiert. Mir kommt das alles sehr bekannt vor.
Das ist wohl so: Wenn man sechzig ist, dann erinnert jeder Mann einen unweigerlich an einen anderen, den man irgendwo und irgendwann in seinem Leben gekannt, geliebt oder vielleicht gehasst hat. Durch Gesten, Stimmlagen, Gesichtsausdruck und vor allem durch all die Storys, Ausreden, ihren netten und auch weniger netten Ticks.
Keiner hat die Chance, frisch angesehen und ohne Vorurteile akzeptiert zu werden und völlig unbelastet in dein unschuldiges Leben zu spazieren. Und natürlich umgekehrt genauso. Der Ballast, der nach so vielen Jahren der einstigen Naivität den Schuss Zynismus verpasst hat, ist nicht so leicht wegzuschieben.
Es ist nicht einfach, einen fremden Menschen vollkommen zu mögen und zu akzeptieren. Es gibt viele Hindernisse auf diesem Weg zur Toleranz, der eigentlich weniger dornig und hindernisreich sein sollte.
Ich kann nicht mit einem Raucher zusammen sein, so viel weiß ich. Ich liebe meine Gesundheit und finde Menschen mit schädlichen Angewohnheiten - ja, eigentlich charakterschwach. Man raucht und säuft einfach mit sechzig nicht mehr, genauso wie man keine Karottenhosen trägt oder sich groteske schwarze Tätowierungen auf die Arme machen lässt.
Als ich sechsunddreißig war und mich Hals über Kopf verliebte, sah ich zwei Monate darüber hinweg, dass der Traummann den Morgen mit einer Zigarette in der Hand begann, die er aus dem Fenster hielt. (Bei mir in der Wohnung!) Das Gute war, dass es ihn selbst nervte.
Ich sagte zwar nicht, Nikotin oder Sex, entscheide dich, aber meinte so was in der Richtung.
Er hörte von heute auf morgen auf. Cold turkey. Und sagte mir immer, dass er mir ewig dafür dankbar war, auch wenn er sonst unter mir gelitten habe.
 
Ich glaube, Philipp ist weder dankbar noch denkt er daran, das Rauchen aufzugeben. Nikotin, du Feind meines Sexlebens! Verdammte Zigarettenindustrie!
Er kommt aber noch mal ins Bett, nimmt mich in den Arm, guckt mir in die Augen und sagt: »Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass Menschen Sachen tun, die du nicht magst.«
Stimmt.
 
Aber ist das möglich? Die Obsession, sich absolut und unter keinen Umständen mit einem weniger als perfekten Traummann zufriedenzugeben, ist relativ neu. Philipp und ich sind beide Zeitgenossen der Emanzipation, und die hat uns Wichtiges und Großes beschert und ermöglicht, aber auch das konventionelle Glücksstreben erschwert und einen kräftigen Riss in romantischen Bildern hinterlassen. Auf beiden Seiten.
Nichts war mehr eingegrenzt, die bekannten Richtlinien, ja auch eine Stütze, wurden zum Hindernis, weil nicht nur die Gehälter, sondern auch die Ansprüche der Frauen irrsinnig gestiegen waren. Aber noch wichtiger war die Erkenntnis, dass nicht irgendein Mann, nur weil er Mann und daher eine natürliche Kostbarkeit war, eine Hauptrolle übernehmen konnte. Dadurch ist auch das Konzept Mann ein anderes geworden. Er ist ein bisschen entmythologisiert worden, längst nicht mehr das Sonnensystem, um das die kleinen Frauenplaneten kreisen. Ich glaube, jeder Mann, der mit einer selbstbewussten Frau zusammen ist, spürt das.
 
Tja, Philipp, so ist das. Was machen wir nun?
Er muss nach Hause, sammelt seine Klamotten vom Boden auf, zieht sich an, nimmt die Cordjacke und verabschiedet sich mit einem festen Kuss.
Ich bleibe allein zurück. Ein bisschen traurig und ein bisschen einsam.
Und nun?
So kurz, so schön, so vorbei? Nicht schon wieder! Ich hätte mich gern noch mit ihm im Bett unterhalten, ineinander verschlungen, mein Kopf an seiner Brust - und all die intimen kleinen Geschichten ausgetauscht, die man nur im Bett erzählt, wenn glücklicher Sex all die Ängste und Barrieren etwas aufgelöst hat und die Gesichter endlich so natürlich und schön aussehen, wie sie vorgesehen sind.
Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
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