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Nacht. Die dauernde Dunkelheit, in der sie sich bewegte, begann ihr auf die Nerven zu gehen. Sie stand auf dem großen Balkon, der zu ihrem Hotelzimmer gehörte, und blickte auf die Myriaden von Lichtern, die sich ohne Zweifel allergrößte Mühe gaben, die Nacht zum Tag zu machen. Aber es war nicht das Gleiche, ganz und gar nicht.

Karla stützte sich auf die Brüstung und starrte in das bunte, blinkende Gewimmel der Hochhäuser und zehnspurigen Straßen. Wo waren sie? War das Singapur oder schon New York? Sie hatte vor zwei Wochen begonnen, die Orientierung zu verlieren – oder, besser gesagt, sie hatte die Lust verloren, sich zu merken, in welchem Stadtmoloch ihr derzeitiges Hotelzimmer lag.

Egal, wo sie waren, Kit bestand darauf, eine Suite im obersten Geschoss in einem dieser gesichtslosen Hotels zu mieten, die es überall auf der Welt gab. Egal, ob sie in Sydney, Tokio, Bangkok oder San Francisco logierten – in ihrer Suite war alles ganz genauso wie in der letzten, das Frühstück schmeckte exakt gleich, die Dinnerkarte sah genauso aus wie die vorletzte und die übernächste, und manchmal glaubte Karla, dass sogar das uniformierte Personal immer dasselbe war – geklont, nur für den Einsatz in dieser Hotelkette hergestellt, künstlich, steril, lächelnd …

Sie hasste es so, dass sie am liebsten ihre Koffer genommen hätte und zum Flughafen gefahren wäre. Ein Flugzeug, egal wohin, nur weg von diesen schrecklichen Hotels.

»Ich bin es leid, Kit«, sagte sie und kehrte ins Zimmer zurück. »Wenn du weiter für Perfido den Botenjungen spielen willst, dann ist das deine Sache. Ich möchte nach Hause.«

Er blickte von der Zeitung auf, die er las. Sein Gesicht legte sich in besorgte Falten. »Komm her«, sagte er. »Ich massiere dir den Nacken.«

Sie legte sich neben ihn und streckte die Beine aus. »Ich will keine Massage«, wehrte sie ab. »Kit, das ist kein Leben für mich. Ich weiß manchmal nicht mehr, wo wir sind und welches Datum wir haben. Welche Jahreszeit, welcher Kontinent. Ich bin diese ewige Dunkelheit so leid.« Sie biss sich auf die Lippe.

Seine Hände berührten ihre Schultern und begannen sie sanft zu massieren. »Ich werde Perfido um Urlaub bitten«, sagte er. »Er wird nichts dagegen haben. Ich habe im letzten halben Jahr gute Arbeit geleistet.«

»Ist es dir so gleichgültig, dass er dir deinen Nachtclub weggenommen hat?«, fragte Karla heftig.

Seine Hände fuhren fort, ihre verspannten Muskeln zu kneten. »Es war nicht mein Nachtclub«, erwiderte er ruhig. »Ich war dort nur Geschäftsführer. Der Princeps …«

Karla machte sich los und drehte sich um, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte. »Du tanzt, wenn er pfeift?« Warum fragte sie ihn das? Alle Nachtgeborenen ihrer Gens tanzten widerspruchslos zu Perfidos Melodie.

Kit legte seine Arme um sie, und Karla ließ sich mit einem Seufzer zurücksinken. »Hat er dich nicht genug bestraft?«, fragte sie. »Ich habe dir verziehen. Kann er es nicht auch?«

Kit küsste sie auf den Hals. Seine scharfen Eckzähne kratzten dabei zart über ihre Haut, was sie schaudern ließ.

»Wenn wir zurückgehen«, flüsterte er, »wäre es an der Zeit, dich vollständig zu wandeln, meinst du nicht auch?«

Karla blickte aus dem Fenster auf die Lichtreklamen und erleuchteten Fenster, sah über den Dächern der Wolkenkratzer die helle Dunstglocke, die den Nachthimmel mit seinen Sternen verblassen ließ. Sie atmete tief ein und aus und nickte dann. »Ich denke, wir sollten es tun. Wird Perfido es erlauben? Ich bin als Generartrix doch viel wertvoller für die Gens.«

»Ich habe mit ihm gesprochen«, unterbrach Kit sie. »Er hat nichts dagegen.« Er streichelte ihren Rücken, fuhr mit zärtlichen Fingern an ihrer Wirbelsäule hinunter.

Karla drehte sich weg und stützte sich auf den Ellbogen. Sie musterte Kit mit zusammengezogenen Brauen. »Über meinen Kopf hinweg?«, fragte sie sanft, aber der Zorn, den sie empfand, färbte ihre Stimme dunkel.

Kit sah sie verständnislos an. »Ja, sicher«, erwiderte er.

Karla ließ sich zurücksinken und starrte an die Decke. Manchmal war er ihr so fremd. Immer, wenn sie zu vergessen drohte, dass er kein Mensch war, sondern ein Nachtgeborener, wurde sie wieder darauf gestoßen, und jedes Mal fühlte sie sich erschreckt, angewidert. Sie musste sich damit abfinden, dass die Gens ihre Familie war und Perfido ihr Herrscher, dass jedes seiner Familienmitglieder ihm blind gehorchte und keines seine Macht infrage stellte.

Wenn sie mit Kit in die Villa zog und sich der Umwandlung unterwarf – würde das auch für sie gelten.

Wie weit war sie sich selbst schon fremd geworden? Ihr Zorn auf Kit, ihr Wunsch, ihn nie wiederzusehen, ihr Verlangen, ihn zur Hölle zu jagen und für immer aus ihrem Gedächtnis zu streichen – das alles war in dem Moment verblasst, in dem sie gemeinsam zur Villa gefahren waren. Sie hatte sein Verlangen gespürt, ihre Essentia pochte dumpf, schien kurz vor dem Ausbruch – der Teil von ihr, der bereits umgewandelt war, hatte seinem Hunger nichts entgegenzusetzen.

Karla fand sich mit Kit in ihrem Zimmer – dem kleinen Schlafraum, in dem sie sich auch immer mit Maurizio zu treffen pflegte –, und als sie seinen Hunger gestillt hatte und in seinem Arm lag, war ihr Zorn eine ferne, fremde Erinnerung.

Seitdem war er nicht mehr von ihrer Seite gewichen, und sie fühlte sich so kräftig und gesund wie schon seit Langem nicht mehr. Der beständige Abfluss ihrer Essentia war das Geheimnis. So, wie es sie krank machte, den Überschuss an Lebenskraft horten zu müssen, so sehr ließ es sie gesunden, ihn regelmäßig abzugeben – entweder an Kit oder an Maurizio. Karla gönnte sich den seltenen Luxus, sich verwöhnen zu lassen, denn man las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.

Als Kit ihr nach zwei Wochen erklärte, sein Urlaub sei vorüber und er müsse wieder abreisen, zögerte sie keine Sekunde.

Und hier war sie nun, die erste Euphorie war verklungen, sie fragte sich wieder, wer sie eigentlich war und was sie vom Leben erwartete – und die Antwort lautete in letzter Zeit immer häufiger: Pack deine Koffer und lauf davon.

»Ich muss noch unsere Niederlassung in Taipeh besuchen«, hörte sie Kit sagen. »Danach können wir nach Hause zurück. Sobald deine Umwandlung stabil ist, wird Perfido mich sicherlich wieder losschicken, aber er hat mir zugesagt, dass ich diesen Job nicht mehr lange machen muss. Dann sucht er uns etwas Angemessenes. Würdest du gerne mit mir ein Hotel führen?«

Karla setzte sich auf und rieb sich über die Arme. Trotz der Schwüle fröstelte sie. »Ja, das klingt nett.« Sie stand auf und suchte nach ihrer Hose. »Ich gehe kurz ins Bistro. Soll ich dir etwas mitbringen?«

Kit nahm seine Zeitung auf. »Danke«, sagte er und lächelte ihr zu. »Lass dir Zeit. Ich dachte, wir gehen nach Mitternacht noch ein wenig aus?«

Sie ging durch den teppichbelegten Flur und fuhr in einem der spiegelglänzenden Aufzüge nach unten. Im Bistro saß die übliche Mischung aus Geschäftsleuten und Touristen, es war laut, und die Klimaanlage arbeitete auf Hochtouren. Karla trank einen Espresso an der Theke und flüchtete.

Im Foyer sah sie sich die Schaukästen mit Handtaschen, Kosmetika und Schmuck an, nickte der jungen Frau am Empfang zu, dann stieg sie wieder in den Aufzug.

Als sie durch den Gang lief, klingelte ihr Telefon. Sie erschrak. Am Anfang hatte Raoul noch ein paarmal angerufen, und sie hatte ihn immer kurz abgefertigt. Danach war das Telefon stumm geblieben. Ihrer Schwester schickte sie gelegentlich eine SMS, aber Helene und sie waren beide nicht der Typ, der sich ständig versichern musste, dass die andere noch lebte.

Karla ließ sich in den Sessel einer Sitzgruppe fallen, die vor einem der bodentiefen Fenster aufgestellt war, und nahm das Gespräch an. Es war Raoul, sie hatte die Nummer erkannt.

Dezember, dachte sie beiläufig. Wir müssen inzwischen Dezember haben. Und die Welt steht noch immer …

Sie meldete sich und lauschte dem Rauschen des Æthers. Keine Antwort, wahrscheinlich war die Verbindung schlecht. »Hallo?«, rief sie laut. »Raoul?«

Rauschen. Dann eine ferne, leise Stimme: »Hilfe!«

Karla glaubte, sich verhört zu haben. Sie sagte laut: »Raoul? Was ist los?«

Wieder nur das ferne Ætherrauschen. Karla meinte, Atem zu hören, der irgendwie gehetzt klang, aber wahrscheinlich war auch das ein Störgeräusch.

Plötzlich hörte sie Raouls Stimme klar und deutlich: »Karla, hilf mir! Sie sind hinter mir her. Sie wollen mich töten.«

Karla umklammerte das Telefon so fest, dass das Gehäuse knackte. »Wo bist du?«

Das Rauschen nahm wieder zu. Sie hörte ihn atmen. Dann wieder seine Stimme, überlagert von Störgeräuschen: »Ich habe mich eingeschlossen. Aber sie werden mich finden. Ich habe Angst. Bitte, komm zu mir!«

»Raoul, hör mir zu«, rief Karla. »Ich sitze auf der anderen Seite der Welt. Ich nehme das nächste Flugzeug. Aber bis dahin musst du alleine auf dich aufpassen.« Sie zwang sich, den Griff um das Telefon zu lockern. »Wer ist hinter dir her?«

Ein Knacken. Er antwortete, aber sie verstand ihn nicht. »Raoul«, rief sie, »was ist mit Tora? Kann sie dir …?«

»… nicht mit mir«, hörte sie seine verzerrte Stimme. »… versucht … töten. Quass auch … bin untergetaucht, aber …« Die Leitung wurde immer schlechter, er war kaum noch zu hören.

»Leg auf, ich rufe dich an«, schrie Karla.

»Hilf mir!«, sagte er noch einmal laut und deutlich, dann war die Leitung tot.

Karla wählte mit fliegenden Fingern seine Nummer, aber niemand nahm ab. Sie versuchte es weiter, während sie zu ihrem Zimmer rannte.

»Buch mir einen Flug nach Hause«, rief sie Kit zu, der sie erstaunt ansah. Sie zog ihren Koffer aus dem Fach und öffnete ihn. Kit schlüpfte in seine Jacke und ging hinaus. Wahrscheinlich wollte er an der Rezeption telefonieren, damit er sie nicht störte.

Raoul ging weiter nicht ans Telefon. Karla fluchte und suchte nach Toras Nummer. Wieder klingelte es endlos, dann endlich ertönte ihre Stimme.

»Tora-san«, sagte Karla, »was ist mit Raoul?«

»Frau van Zomeren?« Die Großmeisterin klang so ruhig wie immer, aber Karla glaubte, eine unterdrückte Spannung in ihrer Stimme zu vernehmen. »Warum rufen Sie mich an? Wo sind Sie?«

»In …« Karla blickte auf die Zeitung, die Kit neben das Bett geworfen hatte, bevor er hinausgegangen war. »In Singapur. Raoul hat mich angerufen, und ich bin sehr besorgt. Ich fliege schnellstmöglich nach Hause, aber vorher wollte ich mit Ihnen sprechen.«

»Bleiben Sie, wo Sie sind«, erwiderte Tora zu Karlas Überraschung. »Singapur. Ich hätte mir einen weniger anfälligen Ort für Sie gewünscht – etwas Weitabgelegenes. Nun gut. Sehen Sie zu, dass Sie sich nur im Erdgeschoss aufhalten. Meiden Sie Menschenansammlungen. Am besten schließen Sie sich in irgendeinen Keller ein. Ich habe keine Ahnung, wie schlimm es wird. Und kommen Sie auf keinen Fall auf die Idee, ein Flugzeug zu benutzen. Die Dinger stürzen ab.«

Karla starrte ihr Telefon sprachlos an. Was war da los? Waren alle verrückt geworden?

»Was ist mit Raoul?«, fragte sie erneut. »Er sagt, dass ihn jemand verfolgt und töten will.«

»Ja.« Nichts weiter.

»Tora-san?«

»Bleiben Sie, wo Sie sind. Das ist der beste Rat, den ich Ihnen geben kann.« Die Verbindung wurde beendet.

Karla fluchte und trat gegen ihren Koffer. Dann wählte sie die Nummer von Quass von Deyen.

Es klingelte. Karla verdrehte die Augen und warf ihre T-Shirts in den Koffer. Die Hosen. Die Jacken. Die Pullover. Ihre Unterwäsche …

»Bei von Deyen, was kann ich für Sie tun?«, meldete sich die ruhige Stimme des Butlers.

»Horace!« Karla wurden die Knie weich vor Erleichterung. »Karla van Zomeren hier, erinnern Sie sich an mich?«

»Frau van Zomeren, selbstverständlich. Was …?«

Karla sprach schnell weiter. »Können Sie mich mit Herrn von Deyen verbinden?«

Der Butler räusperte sich. »Ich fürchte, das ist nicht möglich.«

»Bitte, Horace, es ist dringend. Ich befinde mich in Singapur und habe einen besorgniserregenden Anruf von Raoul Winter erhalten …«

»Ich würde Sie ja gerne mit Herrn von Deyen verbinden«, sagte der Butler, »aber Herr von Deyen ist momentan nicht in der Lage, ans Telefon zu gehen.«

Karla setzte sich auf die Bettkante. »Was ist los bei euch?«, fragte sie scharf. »Sind denn alle verrückt geworden?«

»Frau van Zomeren …« Horace zögerte, dann sagte er schnell und leise, als wollte er nicht, dass seine Worte an die falschen Ohren gelangten: »Ich darf es Ihnen eigentlich nicht sagen, eine solche Indiskretion ist unverzeihlich. Aber Sie haben doch Erfahrung … Etwas Schreckliches geht vor sich. Er hat sich eingesperrt und weigert sich, mit mir zu reden. Er lässt niemanden zu sich vor, auch Herrn Winter nicht. Er fürchtet, dass ihn jemand umbringen will, und vertraut nicht einmal mehr mir. Ich fürchte, er verliert seinen Verstand …«

»Horace«, sagte Karla, »Horace, ganz ruhig. Ich werde heute zurückfliegen, dann komme ich bei Ihnen vorbei. Aber was ist vorgefallen?«

»Nichts«, erwiderte der Butler. »Gar nichts. Wir haben einige sehr friedliche Wochen genossen, die Winterruhe vorbereitet, gelegentlich kam Herr Raoul zu Besuch – nichts Außergewöhnliches. Ich begreife es nicht …«

»Ich verstehe«, sagte Karla, obwohl sie nichts dergleichen tat. Sie versprach Horace, sich bei ihm zu melden, und legte auf. Ein paar Atemzüge lang starrte sie auf ihren gähnenden Koffer und ließ ihre Gedanken wieder zur Ruhe kommen. Es nützte niemandem, wenn sie durchdrehte. Packen. Nach Hause fliegen. Erst nach Raoul suchen, dann mit Horace telefonieren. Sie rieb sich über die Augen und stand auf.

»Ich habe einen Flug für dich«, sagte Kit und schloss die Tür hinter sich. »Warum musst du so eilig abreisen?«

»Raoul steckt in Schwierigkeiten«, sagte Karla knapp. »Wann kann ich fliegen?«

»In sechs Stunden mit der Qantas. Du müsstest in Heathrow umsteigen.«

Karla stopfte ihre letzten Utensilien in den Koffer und drückte ihn zu. »Qantas?«, fragte sie unkonzentriert. »Das ist keine Drachengesellschaft.«

Kit stand mit hängenden Armen da. Seine Finger bewegten sich unruhig. »Nein«, sagte er. »Die Drachenfluglinien haben alle den Verkehr eingestellt. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt einen Flug nach Europa für dich reservieren konnte.«

Karla starrte Kit ungläubig an. »Die Drachen fliegen nicht mehr?«

Er schüttelte den Kopf und hob die Zeitung auf. »Hier«, sagte er und deutete auf einen Artikel auf der ersten Seite.

Karla überflog ihn mit gerunzelter Stirn. Sie hatte in den letzten Wochen keine Zeitungen gelesen und Kit gebeten, sie mit schlechten Neuigkeiten zu verschonen. Aber allein die erste Seite der Singapore Evening Post trieb ihr eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken.

Sie sah auf und schüttelte den Kopf. »Seit wann ist es so schlimm?«

Kit ließ sich in einen Sessel fallen und faltete die Hände. »Etwa seit drei Wochen. Es fing an mit den zwei Vulkanausbrüchen in Island und Süditalien. Dann folgte das südamerikanische Erdbeben, ein Hurrikan im mittleren Westen und die dritte Flutwelle im Pazifik. Hast du wirklich nichts davon mitbekommen?«

Karla schüttelte den Kopf. Sie hatte es bewusst vermieden, sich Zeitungsschlagzeilen anzusehen oder den Fernseher einzuschalten. Und da auch Kit nicht zu den Informationsjunkies gehörte, hatte das ganz gut geklappt, nicht zuletzt, weil sie in der letzten Zeit das Hotelzimmer nur zu den Mahlzeiten verlassen hatte.

»Die Flugzeugabstürze«, sagte sie und blätterte die Zeitung durch. »Welche Fluglinien sind vor allem betroffen?«

»So gut wie alle, die Europa anfliegen«, erwiderte Kit unbehaglich. »Ich an deiner Stelle würde hierbleiben. Dieser Teil Asiens ist bisher einigermaßen verschont geblieben.«

Karla legte das Gesicht in die Hände und dachte nach. Das Betreten eines Flugzeugs hatte im Moment anscheinend den Beigeschmack von Russischem Roulette. Irgendwelche atmosphärischen Störungen sorgten seit zehn Tagen regelmäßig dafür, dass Instrumente ausfielen und die Blechkisten einfach vom Himmel fielen.

»Danke, dass du dir die Mühe gemacht hast, Kit, aber das riskiere ich nicht.«

Er schüttelte den Kopf. »Gut. Wenn du Anstalten gemacht hättest, zum Flughafen zu fahren, hätte ich dich gefesselt, geknebelt und ins Hotelzimmer gesperrt«, sagte er mit einem schwachen Lächeln. »Auch auf die Gefahr hin, dass du mich dann wieder hättest umbringen wollen.«

Karla lachte trotz ihrer Anspannung. »Du hast also in Wirklichkeit gar keine Reservierung für mich gemacht? Gut, dann müssen wir auch nichts stornieren.« Karla stand auf und starrte ihren Koffer an. »Das schaffe ich nicht«, sagte sie. »Kit, du bleibst doch sicher hier.«

Er nickte vorsichtig.

»Dann vertraue ich dir meinen Koffer an.« Sie kniete sich hin und sortierte mit schnellen Handgriffen etwas Wäsche und ein paar Sachen zum Wechseln aus, die sie in ihren Rucksack stopfte. Sie sah sich um und wog den Rucksack in der Hand. »Das ist alles«, murmelte sie. »Hilf mir mal, ich brauche eine ebene Fläche, auf der ich einen Kreis ziehen kann. Verdammter Teppichboden.«

Kit deutete wortlos auf den Balkon. Karla tippte sich gegen die Stirn, lachte und kramte aus ihrer Tasche ein Stück Kreide. »Du kannst mir helfen«, sagte sie, während sie einen Kreis auf dem Boden zog. Sie ließ eine fußbreite Öffnung unvollendet und sah zu Kit auf. »Ich brauche Salz zur Reinigung, ein Pfund wenigstens. Und vielleicht ein paar Kerzen.«

Kit nickte schweigend und ging zum Telefon.

Last days on Earth: Thriller
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