12. 19. 19. 12. 15.

 

Sie waren über eine Stunde im Auto unterwegs gewesen. In dieser Stunde hatte Karla sich alle Mühe gegeben, den Drachen zu verhören, und Norxis von Felsenstein hatte sich elegant und scheinbar mühelos all ihren Fragen entzogen. Karla wartete darauf, dass er über ihre unverblümten Fragen zornig werden würde, aber der Drache schien das Katz-und-Maus-Spiel zu genießen. Er versorgte sie mit einem betörend duftenden Rotwein aus der kleinen Bar, die in die Sitze eingebaut war, und sein glimmender Blick ließ sie während der gesamten Fahrt keine Sekunde aus den Augen.

Sie fuhren in eine Tiefgarage und dann mit einem Aufzug direkt in ein Wohnzimmer von den Ausmaßen eines Sportfelds. Teppiche, Wände, Mobiliar waren in den Farben der Nacht und einem so dunklen Rot gehalten, dass es sich kaum von den schwarzen Möbeln und Stoffen der Umgebung abhob. Die einzigen Lichtpunkte stammten, neben der indirekten Beleuchtung, von effektvoll angestrahlten Edelsteinen, die ihre Reflexe auf die düstere Umgebung warfen wie bunte Glühwürmchen.

»Willkommen in meinem Hort«, sagte der Drache. »Sie sollten es sich jetzt bequem machen.«

Karla seufzte und entschied sich, seinen Kommandoton zu überhören und ihre Schuhe auszuziehen.

Norxis verschwand wortlos in einem Nebenraum. Karla ließ sich auf eine breite, bequeme Couch fallen, stopfte sich Kissen in den Rücken und ließ die Atmosphäre des Raums auf sich wirken. All diese Düsternis hätte eigentlich etwas Erschreckendes oder Bedrückendes ausstrahlen müssen, aber Karla fühlte sich so geborgen wie in einem Kokon tief unter der Erde. Das Flirren der allgegenwärtigen Edelsteine übte eine hypnotische Wirkung auf sie aus. Karla merkte, wie ihre Lider schwer wurden.

Sie erwachte in schimmernder Dunkelheit, ja sie schwebte förmlich darin. Ihr Körper schien sich in reine Energie aufgelöst zu haben. Sie fühlte die Kraftlinien, die der starke, pulsierende Strom der Essentia erzeugte, den sie mit jedem Atemzug im Überfluss produzierte. Diese Kraftlinien gingen in einem glühenden Fächer von ihr aus, strömten in die Dunkelheit, und sie fühlte deutlich, wie jemand ihre Essentia absorbierte. Langsam und genüsslich, mit sanften, fordernden Geistfingern, die sie streichelten und berührten.

Karla überließ sich der Berührung, unter der die Quelle ihrer Essentia wie eine reife Samenkapsel anschwoll und ihre Lebenskraft in vollem Strom herausschießen ließ. Einen winzigen Moment lang fürchtete sie, zu viel zu geben und durch den Verlust geschwächt zu werden, aber im gleichen Moment, als dieser Gedanke sie streifte, schloss sich ein Kreis, und Essentia strömte in gleicher Fülle zu ihr zurück, drang in sie ein und erfüllte sie mit einer tobenden Hitze, die sie erkennen ließ, dass dies nicht ihre eigene Lebenskraft war, die sie nun in wilder Gier aufnahm wie eine Verdurstende das frische Wasser einer klaren Quelle.

Eine Zeit lang schwebte sie so in der samtenen Dunkelheit, im Zentrum einer Wolke aus Essentia und Glut. Dann wurde der Strom schwächer, und auch ihre eigene Kraftquelle begann zu versiegen. Sie wurde müde. Begann sich nach Licht zu sehnen, einer Stimme, die etwas zu ihr sagte, einer zärtlichen Berührung. Keine Glieder, keine Haut, keine Zunge, kein Empfinden. Es war schrecklich und atemberaubend schön zur gleichen Zeit – und dann, in einem kurzen, heftigen Kippen des Gleichgewichts, war es nur noch schrecklich. Karla öffnete den körperlosen Mund, um zu schreien –

– und fand sich auf der breiten, weichen Couch in Norxis von Felsensteins Wohnzimmer liegend. Ihr gegenüber ruhte der Hausherr in einem überdimensionalen Sessel, und Karla sah zum ersten Mal seine Drachengestalt, die nicht minder imposant war als sein halb menschliches Erscheinungsbild. Die glänzend schwarzen Schuppen, die seinen Leib bedeckten, fanden nun einen Widerschein in den absurd zart erscheinenden, sich in einem unsichtbaren Luftzug bewegenden Flügeln, die sich wie riesige Segel spinnwebzart und schimmernd wie eine Seifenblase durch den Raum streckten.

Schläfrig fragte Karla sich, ob alle Drachen diese Flügel besaßen und ob sich eine derart massiv wirkende Wesenheit mit so etwas Hauchzartem überhaupt in die Luft erheben konnte. Dann fing Norxis ihren Blick auf und ließ sie in seine Augen tauchen wie eine Fliege in zähes Harz. Dort hielt er sie einen endlosen Augenblick lang fest, und sie spürte seine Berührung hauchzart und irisierend wie seine Flügel, ehe er sie wieder freiließ und den Blick abwandte.

Karla schnappte nach Luft und klammerte sich an das Polster. Die Rückkehr in die reale, körperliche Welt schmerzte. Alles war zu laut, zu fest, zu rau, zu grob, zu grell. Sie schloss die Augen, ließ ihren Atem langsamer werden und wartete, bis ihr Puls nicht mehr so rasend schlug.

»Ich werde mich nun zur Ruhe begeben«, hörte sie Norxis sagen. »Möchten Sie über Nacht hierbleiben? Ich besitze kein Gästezimmer, aber man hat mir versichert, dass dieses Sofa bequem genug sei, um darauf zu nächtigen.«

Karla öffnete die Augen. Was auch immer sie eben noch gesehen und als Flügel gedeutet hatte, war verschwunden wie Rauch in einem Kamin. Der Drache ragte wie ein schwarzer Monolith vor ihr auf, und nur das Licht in seinen Augen und der Schimmer seiner Haut rissen seine Konturen aus der Dunkelheit.

»Ich würde es vorziehen, in meinem eigenen Bett zu schlafen«, erwiderte Karla. »Macht es Ihnen etwas aus, mich wieder zurückfahren zu lassen?«

Der Drache streckte sich mit katzenhafter Grazie. Seine Klauen schabten über den Boden. »Nicht im Mindesten«, erwiderte er. »Ich bin keine gesellige Natur.«

»Das scheint Ihre Spezies auszuzeichnen.«

Norxis ließ ein paar Funken aus seinen Nasenlöchern stieben. »Damit liegen Sie vermutlich ganz richtig, Frau van Zomeren.« Er erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, wobei sein langer, stachelbewehrter Schwanz dicht an Karlas Fuß vorbeiglitt.

Karla schlüpfte in ihre Schuhe und folgte dem riesigen Wesen durch sein düsteres Loft. Sie konnte die dunkle Glut der Essentia in ihrem Inneren fühlen. Es war wirklich an der Zeit, sich wieder einmal mit Maurizio zu treffen. Karla berührte die Lebenskraft, die wie ein beständiger Grundton ihren Puls begleitete. Fühlte sie sich anders an als sonst? Hatte sie nicht eine tiefere, wärmere Qualität als das quecksilbrige, glitzernde Strömen, das Karla sonst zu kennen meinte?

Sie blieb an der Tür stehen und zwang sich, Norxis’ Blick einzufangen. »Was ist heute Abend geschehen?«, fragte sie.

Was, glauben Sie, ist geschehen? Der Drache klang amüsiert. Wie auch immer, ich danke Ihnen für einen angenehmen, erquicklichen Ausklang eines insgesamt unerfreulichen Tages. Ich wäre bereit, dies zu wiederholen.

Er drückte einen Rufknopf und sagte: »Kern, bringen Sie Frau van Zomeren wohin sie möchte.« Er wandte sich ab und bemerkte im Hinausgehen: »Sie haben meine Karte. Rufen Sie mich an.«

Die Rückfahrt verbrachte Karla damit, ihre Gedanken und Emotionen zu ordnen. Was hatte sie erreicht? Sie war immer noch nicht sicher, ob Felsenstein etwas mit ihrem Fall zu tun hatte. Vielleicht hatten ihm die gestohlenen Bücher wirklich nur gehört. Sie hatte zwar das unbestimmte Gefühl, dass er dennoch seine Klauen im Spiel hatte, aber sie konnte es nicht beweisen.

Die leisen Motorengeräusche schläferten sie mitten in ihren Überlegungen ein, und sie erwachte erst, als ein unangenehm kühler Luftzug durch die geöffnete Tür strömte und sie frösteln ließ.

Der Chauffeur begleitete sie schweigend zur Haustür, wartete, bis sie aufgeschlossen hatte, verneigte sich höflich und kehrte zur Limousine zurück.

Karla stieg die Treppen hinauf und blieb einen Moment lang vor Raouls Tür stehen. Dann entschied sie, ihn nicht aufzuwecken. Es gab nichts zu berichten, was nicht auch bis zum nächsten Tag warten konnte.

Es war Mittag, als sie sich zu einem späten Frühstück in Raouls Küche begab. Sie hörte ihn im Bad hantieren und schloss daraus, dass auch er nicht allzu früh im Bett gewesen war.

Sein Anblick, als er jetzt hereingeschlurft kam, bestätigte den Verdacht und ergänzte ihn um den Zusatz: »… und nicht allzu nüchtern.«

Sie stellte ihm schweigend einen Becher Kaffee hin und setzte sich ihm gegenüber an den Küchentisch. Raoul brummte einen Dank und nahm die Tasse in die Hände. »Na?«, fragte er.

Karla verkniff sich ein Lächeln. Er sah ausgesprochen missvergnügt aus. »War eine lange Nacht, hm?«

Er knurrte wieder und trank einen Schluck Kaffee.

»Alles in Ordnung«, sagte sie. »Mach nicht so ein Gesicht. Er hat mich weder gefressen noch geschwängert.«

Raoul stellte den Becher ab und schob ihn von sich, als wäre ihm plötzlich schlecht geworden. »Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?«

Karla hob die Schultern. »Es erschien mir in doppelter Hinsicht nützlich. Wir wollten ihn verhören und ich hatte schon Zugang zu ihm gefunden – und er hat deinen Freund bedroht. Quass machte auf mich den Eindruck eines Mannes, der zum Schafott geführt werden soll.«

Raoul blinzelte mehrmals. »Du bist irre«, sagte er mit einem kurzen Lachen. »Quass hat beinahe der Schlag getroffen. Er hat alle rausgeschmissen, kaum dass ihr beide zur Tür hinaus wart. Und dann hat er sich mit mir betrunken.« Er befühlte seinen Nacken. »Ich bin das nicht gewöhnt. So etwas erledigt sonst Brad für mich.«

Karlas Versuch, sich einen betrunkenen Drachen vorzustellen, scheiterte kläglich. Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann ganz gut auf mich aufpassen, Raoul. Du müsstest mich doch inzwischen gut genug kennen, um zu wissen, dass ich ein kalkuliertes Risiko eingegangen bin.«

Er schnaubte. »Du bist was? Karla, du hast keine Ahnung. Drachen sind vollkommen unkalkulierbar. Du darfst nicht von Quass auf andere Mitglieder seiner Spezies schließen. Er gilt als verschroben und nicht ganz normal, und er wäre wahrscheinlich schon längst Drachenfutter, wenn er nicht den Vorsitz des Dragons Clubs innehätte.«

»Wie hat er den Posten überhaupt bekommen?«

Raoul lachte. »Er hat den Club vor ein paar Jahrhunderten gegründet und sich seitdem nicht aus dem Sattel werfen lassen.« Er beugte sich vor und griff nach Karlas Hand. »Mach so was nie wieder«, bat er eindringlich. »Wir haben uns in die Hosen gemacht vor Angst. Quass lässt dir übrigens seinen Dank aussprechen. Er sagt, er stünde tief in deiner Schuld.«

Karla winkte ab und stand auf, um sich noch ein Brot zu schmieren.

»Was hast du bei deiner Selbstmordmission herausgefunden?«

Karla berichtete, was Norxis von Felsenstein ihr an Informationen zu geben geruht hatte. Es war nicht viel. Sie sah Raoul an: »Wir stecken fest, oder was meinst du?«

Raoul lehnte sich zurück und musterte sie mit düsterem Blick. »Ich habe von Quass etwas Interessantes erfahren«, sagte er. »Er war schon ziemlich hinüber, sonst hätte er es mir sicher nicht erzählt … Dieses Gerät in seinem Arbeitszimmer …«

»Der angebliche Memplex-Generator«, ergänzte Karla. »Was ist damit?«

»Sie besitzen alle so ein Ding.«

Karla verschluckte sich an ihrem Kaffee. »Jeder – das heißt, jeder Drache?«, fragte sie schließlich erstickt.

Raoul nickte. »Das behauptet Quass. Er war betrunken, aber er machte den Eindruck, genau zu wissen, wovon er spricht.«

Karla rieb sich fest über die Schläfen. »Warum? Wozu benutzen sie dieses fragwürdige Gerät? Warte mal …« Sie nahm die Quittung, die an einem Stück Käse klebte, und begann sich Notizen auf der Rückseite zu machen. »Wie viele Drachen waren gestern da?«

»Genau 98«, erwiderte Raoul. »99 mit Quass.« Er erwiderte ihren erstaunten Blick mit milder Belustigung. »Brad. Er hat einen Zählzwang.«

»Das passt«, murmelte Karla. »Also 99 Memplex-Generatoren, die über den gesamten Kontinent verteilt sind.« Sie kritzelte ein paar Zahlen und Formeln auf das Zettelchen. »Weltweit?«

Raoul schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Wieso gehst du davon aus, dass die Drachen der anderen Länder auch …«

»Weil es nur logisch ist«, unterbrach ihn Karla. »Sie begreifen sich als Spezies völlig anders als wir. Bei allem zur Schau getragenen Individualismus – wenn alle europäischen Drachen so ein Teil besitzen, dann halte ich jede Wette, dass das auch für die restliche Dragonity gilt.«

»Und das heißt?«

Karla knüllte die vollgekritzelte Quittung zusammen und warf das Papierbällchen in die Spüle. »Keine Ahnung. Solange ich weder weiß, was dieser komische Generator wirklich produziert, noch, was ein Drache mit dem, was dabei herauskommt, anfängt …« Sie unterbrach sich mit einem Stöhnen.

»Was?«

»Ich habe gerade eine Eingebung.« Karla beugte sich vor und fixierte Raouls Gesicht. »Essentia.«

»Was ist damit?«

»Lebenskraft. Vampire benötigen sie, um ihre Form des Lebens aufrechtzuerhalten. Jedes lebende Wesen auf der Welt produziert Essentia in mehr oder weniger großer Menge. Manche Lebewesen produzieren sogar mehr, als sie selbst benötigen.« Sie blickte auf, sah Raoul an. »Ich bin so ein Wesen, ich bin eine Generartrix. Mein Überschuss dient dazu, Mitglieder meiner Gens zu speisen.«

Raoul nickte.

»Ich bin nicht sicher, ob ich damit richtigliege«, fuhr Karla fort, »aber die letzte Nacht hat meinen Blick auf Essentia ein wenig verändert. Die Drachen tauschen ihre Lebenskraft miteinander, während sie sich in einer Sphäre befinden, von der ich vermute, dass es der Æther ist.«

Raoul verzog das Gesicht. »Dieser Austausch ist was? Ihre Form von Sex?«

Karla zuckte die Achseln. »Frag Quass danach. Ich bin keine Drachin.« Raouls Frage machte sie ärgerlich. »Darum geht es jetzt auch nicht. Was ich mich frage, ist etwas ganz anderes. Wie viel Energie produziert so ein kleiner Memplex-Generator?«

Sie wartete nicht darauf, dass Raoul etwas erwiderte oder fragte, sondern sprang auf. »Ich muss das mit jemandem durchrechnen, der Ahnung von Elementarmathemagie hat. Oder sogar von höherer Magick. Verdammt. Das waren meine schwächsten Fächer.« Sie lief ins Arbeitszimmer.

Raoul stand gemächlich auf und folgte ihr. »Was suchst du?«, fragte er, während Karla den Schreibtisch durchwühlte.

»Ein Telefonbuch«, erwiderte sie und riss die zweite Tür auf. »Ich brauche die Nummer meines alten Dozenten für Mathemagie.«

Raoul grinste. »Mathemagie war ganz zufällig eine meiner Paradedisziplinen. Ich mag nur ein durchschnittlich begabter Chaosmagier sein, aber mir hätte eine strahlende Karriere im Versicherungswesen offen …« Er konnte nicht weitersprechen, weil Karla ihn am Hals gepackt hatte, um ihn ein wenig zu würgen.

»Gut«, sagte er wenig später, als sie am Schreibtisch saßen. »Was willst du berechnen?«

»Gehen wir davon aus, dass diese Maschinen funktionieren und Memplexe erzeugen. Wir wissen, dass Drachen Essentia konsumieren. Memplexe und Essentia sind verwandte Energieformen.« Sie beugte sich vor. »Sieh mal, wenn ich mich richtig erinnere, dann beschreibt diese Formel den Zusammenhang von magischer Energie und den Auswirkungen, die ihre Anwendung auf ein bestehendes System …«

»Ich verstehe«, fiel Raoul ihr ins Wort. Er nahm einen Taschenrechner und begann zu tippen. Runzelte die Stirn, murmelte: »Moment«, und ging zum Bücherregal.

Karla sah ihm dabei zu, wie er Bücher aus dem Regal zog und auf dem Tisch stapelte. Er begann sich Notizen zu machen, dann tippte er wieder auf seinem Taschenrechner herum. Das würde wohl dauern. Karla stand auf und ging ins Wohnzimmer.

Sie fuhr auf, als Raoul ins Zimmer kam.

»Hab geschlafen«, sagte sie. Ihr Kopf war schwer, und die fremde Lebenskraft, die sie seit gestern in sich trug, ließ ihre Glieder bleiern werden, als hätte sie eine Grippe in den Knochen. Sie beugte sich über einen Stapel Blätter, die mit Raouls eckiger Schrift bedeckt waren.

Karla verglich die Ergebnisse auf den verschiedenen Zetteln miteinander. »Wenn wir diese Daten hochrechnen«, überlegte sie laut, »und mit den Katastrophen vergleichen, die in diesem Jahr …«

Raoul riss ihr die Zettel aus der Hand und verschwand wieder im Arbeitszimmer. Karla seufzte und streckte sich auf der Couch aus. Essentia. Sheldrake-Energie. Morphische Felder. Das alles waren unterschiedliche Ausprägungen des gleichen Prinzips. Jemand produzierte Überschuss in globalen Maßstäben, so wie sie es im Kleinen in ihrem Körper tat. Wenn alle Drachen der Welt einen Generator besaßen – auch wenn es nur so ein kleines Gerät war, wie Quass von Deyen es besaß – dann war der Überschuss an Energie, der dadurch entstand, wahrscheinlich groß genug, um einen Weltuntergang damit zu betreiben. Aber …

»Wie wollen sie die einzelnen Energiefelder koppeln?«, rief Raoul plötzlich aus dem Nebenzimmer.

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie alle unter einer Decke stecken«, sagte sie Wenn es darum ginge, diese Welt zu zerstören, wäre es viel sinnvoller, eine große Maschine zu bauen. Nein, ich denke, dass jeder dieser Drachen die produzierte Essentia zu seinem ureigenen Vergnügen benutzt. Aber möglicherweise dienen diese kleinen Generatoren dazu, die Herstellung eines viel größeren Apparates zu ermöglichen.«

»Das ist doch verrückt.« Raoul lehnte am Türrahmen. »Eine Weltuntergangsmaschine. Karla, das klingt wie in einem schlechten Film.«

Karla rieb sich über den Nacken und stöhnte leise. »Ich gebe auf. Raoul, wir stecken so fest, dass wir irgendwelche absurden Theorien entwickeln. Sollten wir uns nicht endlich eingestehen, dass wir keinen Schritt weiter sind als vor fünf Monaten und wahrscheinlich auch nicht mehr weiter kommen werden? Sämtliche Spuren führen ins Nirgendwo.«

Raoul stützte das Kinn auf die Hand. »Was schlägst du vor?«

»Ich an deiner Stelle würde Tora-san den Abschlussbericht und meine Rechnung präsentieren.« Karla erhob sich und rieb über die Narben an ihren Armen, die zu jucken begannen. »Ich muss zur Villa. Bin gespannt, was Maurizio zu der seltsamen Essentia sagt, die ich ihm mitbringe.« Sie grinste schief.

Raoul blickte auf die Notizen, die auf dem niedrigen Tisch verstreut lagen. »Also geben wir auf?«

»Wir geben auf.«

Last days on Earth: Thriller
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