Damals …

Während der Fahrt zurück nach Hause werfen sie sich immer wieder Blicke zu, aber niemand sagt etwas. Fränkies Gedanken tanzen einen wilden Reigen in seinem Kopf, während seine Füße mechanisch in die Pedale treten. Es wird nicht lange dauern, bis jemand den Einsturz des Daches bemerkt, auch wenn die Fabrik weit draußen liegt, an einer Stelle, wo selten jemand vorbeikommt. Und dann wird ganz schnell das Verschwinden von Festus mit dem Einsturz der Fabrikhalle in Verbindung gebracht werden.

Sie werden alles auf den Kopf stellen, und falls Festus dort irgendwo unter den Trümmern liegt, werden sie ihn finden, denkt Fränkie. Dann werden sie nachforschen, was Festus dort in der baufälligen Halle gemacht hat. Irgendjemand wird die Fahne auf dem Dach entdecken und sich fragen, wem sie gehört.

Die Fahne. Sie ist ein echtes Problem. Es gibt ein paar Leute aus der Schule, die wissen, dass es ihre Bandenfahne ist, und vielleicht wird einer von ihnen auf die Idee kommen, Festus könnte bei ihnen rumgehangen haben. Und dann werden sie Probleme bekommen. Richtige Probleme.

Fränkie denkt an seinen Vater, den Bankdirektor Diether mit »h« Geissler, 43, Vorstandsvorsitzender und damit Herr über mehr als 300 Angestellte einer Trierer Regionalbank mit zwei Dutzend Filialen. Fränkie denkt daran, was er ihm immer wieder sagt: Ich weiß, dass Jungs in deinem Alter Quatsch machen, das habe ich als Junge auch getan. Aber du darfst niemals etwas tun, das unserer Familie schadet.

All das geht Fränkie durch den Kopf, während sie die Straße entlangradeln. Und dann ist da der Gedanke, dass sicher auch die Polizei eingeschaltet werden wird.

Die Polizei. Fränkie spürt deutlich die Faust, die sich in seinen Bauch bohrt und einfach nicht damit aufhören will, gegen seine Eingeweide zu drücken.

Als sie an der Stelle ankommen, an der Fozzie abzweigen muss, halten sie an. Fränkie schaut in die Gesichter der anderen, sie sind ernst, wirken bleicher als sonst. Älter.

»Okay«, sagt er. »Wir fahren jetzt nach Hause und werden kein Wort über Festus verlieren.«

»Und was sollen wir sagen, wo wir gewesen sind?«, fragt Fozzie. »Wir haben doch gesagt, dass wir Festus suchen.«

Fränkie denkt darüber nach.

»Wir sagen einfach, wir sind in der Gegend herumgefahren und haben ihn gesucht«, schlägt Kupfer vor.

»Und wenn uns jemand gesehen hat?«, wendet Manu ein. »Wir sollten zumindest da die Wahrheit sagen.«

Fozzie spielt mit seiner Vorderradbremse herum. »Wie, die Wahrheit?«

»Na, dass wir an der Fabrik waren und dass die eingestürzt ist.«

Fozzie tippt sich gegen die Stirn. »Aber dann fangen die doch sofort an, da zu suchen.«

»Das werden sie sowieso.«

Fränkie sieht Manu an und nickt. »Ja, aber erst, wenn jemand den Einsturz entdeckt hat. Wir sagen einfach, dass wir ein bisschen rumgefahren sind und die Augen offen gehalten haben. Aber wir haben Festus nirgends gesehen.«

Es fühlt sich falsch an, was er da sagt. Alles. Sie reden vielleicht über den Tod eines behinderten Jungen und tun dabei so, als ginge es darum, den Eltern zu verheimlichen, dass sie geraucht haben.

Er hasst sich in diesem Moment dafür.

Alle schauen ihn an, und Fränkie wird sich seiner Rolle als Anführer bewusst. Er lehnt sich ein Stück über die Lenkstange und streckt den rechten Arm nach vorne, die Handfläche nach unten. Fozzie legt als Erstes seine fleischige Hand darauf, dann Kupfer und schließlich Manu. Sie alle schauen Fränkie an. »Kein Wort zu niemandem. Niemals«, sagt er feierlich. »Ich schwöre.«

Und alle vier wiederholen sie im Chor: »Kein Wort zu niemandem. Niemals. Ich schwöre.«

Eine knappe halbe Stunde später bricht Fränkie den Schwur.

Das Rachespiel
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