Damals …

Fozzie sieht ihn zuerst. Er stößt Fränkie mit dem Ellbogen in die Rippen und deutet mit dem Kopf nach vorne. »Ich glaub’s ja nicht. Guckt mal, der schon wieder.«

Festus steht unmittelbar vor dem Eingang ihres Hauptquartiers.

Unter den großkarierten Shorts, deren Bund er über das verwaschene gelbe T-Shirt bis weit über den Bauchnabel gezogen hat, schauen seine dürren X-Beine hervor wie Besenstiele. Die Spitzen der Sandalen zeigen zueinander, die nackten Füße darin starren vor Dreck. Die Hände hält er vor dem Körper, die Finger sind in ständiger Bewegung, als versuche er, sie ineinander zu verknoten.

Seinen Spitznamen Festus hat Gerd Köhler von seinem Vater geerbt, der so genannt wird, weil er angeblich große Ähnlichkeit mit dem Hilfssheriff Festus aus der Westernserie Rauchende Colts hat. Fränkie und die anderen kennen die Serie nicht, und es ist ihnen auch egal.

Festus ist geistig auf dem Stand eines Vierjährigen, weshalb niemand mit ihm zu tun haben möchte. Fränkie findet den dauergrinsenden Jungen eigentlich nett, aber er würde sich nie mit ihm abgeben, weil er sich damit zum Gespött der anderen machen würde. Seit Wochen rennt Festus ihnen nun schon hinterher, weil er Mitglied in ihrer Bande werden möchte.

»He, Festus, was machst du denn schon wieder hier?«, ruft Fozzie zu ihm hinüber, während alle aufstehen und auf ihn zugehen. Der Junge wartet, bis sie zwei Meter vor ihm stehen bleiben.

»Will in der Bande mitmachen«, sagt er, und seine Finger erhöhen das Tempo, mit dem sie sich ineinander verschlingen.

»Das geht nicht, Festus, das haben wir dir doch schon gesagt«, erklärt Fränkie langsam. »Geh wieder nach Hause.«

»Festus will mitmachen«, beharrt Festus und grinst Manu an. »Schönes Mädchen.«

Kupfer und Fozzie prusten los. Manu bemüht sich sichtlich, ernst zu bleiben. »Danke schön, das ist lieb. Aber jetzt gehst du besser wieder.«

»Aber mitmachen.«

»Hey, ich hab eine Idee.« Fozzie reibt sich die Tränen aus den Augen und zwinkert den anderen zu. »Wir machen einen Aufnahmetest, okay, Festus?«

»Okay.«

»Also gut, hier ist er: Wie viel ist zwei mal fünf?«

Kupfer hält sich die Hand vor den Mund, als müsse er damit das Lachen unterdrücken.

»Lasst ihn doch in Ruhe«, versucht Manu dem Spiel ein Ende zu bereiten, doch Fozzie winkt ab. »Nun lass mal, er will doch Mitglied in der Bande werden.«

Festus’ Grinsen wird breiter. »Ja, bei der Bande.«

»Da siehst du’s. Also, Festus, wie viel ist zwei mal fünf?«

Der Junge spitzt die Lippen und schaut mit gerunzelter Stirn nach oben, so, als müsse er angestrengt nachdenken. Nach wenigen Sekunden kehrt das Grinsen auf sein Gesicht zurück, und er verkündet stolz: »Zweifünf.«

Fränkie kann nicht anders, er muss in das schallende Gelächter der anderen einfallen, und selbst Manus Mund zuckt.

»Zweifünf«, grölt Fozzie, »ich brech zusammen. Zwei-fünf! Der Kerl ist eine Granate.«

»Jetzt in der Bande?«

»Nein, das geht wirklich nicht«, sagt Fränkie, als er wieder halbwegs normal sprechen kann, woraufhin Festus die Unterlippe nach vorne schiebt. »Aber … Zweifünf.«

»Nein. Geh wieder nach Hause.«

»Hey«, sagt Fozzie leise und zupft Fränkie am Arm. »Kommt mal mit, ich hab ’ne klasse Idee.« Und an Festus gewandt: »Wart mal ’nen Moment, wir müssen was besprechen.«

Die drei folgen Fozzie zurück ins Hauptquartier, wo er sich umdreht und nach einem Blick nach draußen verschwörerisch zu ihnen sagt: »Wir nehmen Festus in die Bande auf.«

»Was?«, stößt Kupfer überrascht aus, während Manu und Fränkie sich irritiert ansehen. »Hast du sie nicht mehr alle?«

Fozzie feixt: »Doch. Das wird ein Heidenspaß. Wir nehmen ihn auf. Aber erst nachdem er eine Mutprobe bestanden hat.«

Das Rachespiel
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