Dunkle Orte
Seit er im Käfig aufgewacht war, hatte Pimm Ellie an sich ziehen und sein Gesicht in ihrem Haar vergraben wollen vor lauter Freude, dass ihr nichts geschehen war. Während Oswald seinen großspurigen Monolog gehalten hatte, war er eher daran interessiert gewesen, ihr Profil zu betrachten, als die verrückten Geheimnisse des Alten zu hören. Nun hatten sie endlich einen Augenblick Ruhe. Er erwog, ihre Hand zu nehmen und ihr zu sagen, dass er, nachdem er mit dem Kopf in ihrem Schoß aus seiner Betäubung erwacht war, seinen Standpunkt zu bestimmten bedeutsamen Themen geändert hatte. Aber er begnügte sich damit, Ellie eine weitere Tasse Tee einzugießen. Währenddessen war Freddy damit beschäftigt, das Schloss zu knacken, wobei sie vor sich hin murmelte und mit ihren Werkzeugen hantierte. Big Ben war nun ebenfalls wach und saß in einer Ecke, mit einer Teetasse, die in seiner riesigen Hand wie ein Fingerhut wirkte. Er hielt Wache für den Fall, dass Carrington oder Crippen oder Oswald selbst zurückkamen. Vielleicht saßen die anderen dort draußen im Dunkeln und beobachteten sie, doch keiner von ihren Feinden schien jemand zu sein, der gerne still dasitzt und zusieht.
„Es tut mir leid, dass ich das Picknick verpasst habe“, raunte Pimm Ellie zu.
„Ja, ansonsten hätten sie uns alle drei auf einmal entführen können“, meinte Ellie. „Das hätte eine Menge Zeit gespart.“ Sie warf einen Blick auf Freddy, dann neigte sie sich zu Pimm, was sein Herz etwas zum Flattern brachte. Sie fragte: „Warum haben Sie sie geheiratet?“
Ah. „Nun, sie war natürlich in einer schrecklich misslichen Lage. Sie brauchte Hilfe, und ich konnte sie ihr geben. Freddys Familie war nie besonders geduldig oder verständnisvoll und hätte die Schande nicht hingenommen. Damals war Freddy auch nicht in der Lage, sich als Frau ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Es war eindeutig, dass sie eine neue Identität annehmen musste, und ich hatte die richtigen Kontakte, um das zu ermöglichen. Ich hätte ihr auch bloß Geld geben können, damit sie ihren eigenen Haushalt gründen konnte. Aber eine unverheiratete Frau, die sichtlich wohlhabend ist und allein lebt, hätte Verehrer angezogen, die es auf ihr Vermögen abgesehen hätten. Sie hätte wohl keinen Augenblick Ruhe gehabt. Natürlich konnte ich auch keine junge Dame in meinem Haus leben lassen, ohne sie zu heiraten. Es erschien uns einfach eine sinnvolle Lösung für beide unserer Probleme. Mein Problem war es, dass meine Familie zunehmend nachdrücklich von mir verlangte, ich solle jemanden heiraten und zur Ruhe kommen.“
„Aber dass Sie sich selbst die Chance verwehrt haben, aus Liebe zu heiraten …“
In Pimms Gesellschaftsschicht wurde selten aus Liebe geheiratet oder zumindest selten nur aus Liebe, doch das war kaum erwähnenswert. „Es kam mir falsch vor, mich an eine Frau zu binden, angesichts meiner Lebensweise. Die Verbrecherjagd, Sie wissen schon. Offen gestanden auch, weil ich mehr trinke, als alle anderen gutheißen. Meine Eltern drängten mir immer wieder diese süßen Mädchen aus der guten Gesellschaft auf, wissen Sie, die jüngeren Töchter ihrer Freunde. Wie mir schien, wurden die mit jedem Jahr jünger. Ich fürchtete, meine Familie würde mich mürbe machen, bis ich schließlich eine von ihnen geheiratet hätte, nur um meine Ruhe zu haben. Ich hätte das arme Ding unglücklich gemacht. Ein Mädchen, das Tanz und Bälle und Handarbeit liebt und gern reitet und Klavier spielt – mit mir zusammen zu leben, wäre für so jemanden ein nicht enden wollendes Grauen. Indem ich Freddy heiratete, habe ich einem anderen armen Mädchen ein solches Schicksal erspart.“ Er gab sich einen Ruck und sah Ellie in die Augen. So blau, so aufmerksam. „Ich gestehe, dass ich nicht erwartet hatte, eine andere Frau kennen zu lernen, deren Wesensart weitaus besser zu mir, ähm …“
„Aber Sie sind verheiratet“, sagte Ellie.
„Ja“, sagte Pimm unglücklich.
„Wie kompliziert diese neue Welt doch ist“, meinte Ellie. Sie nahm seine Hand. „Aber wir müssen bereit sein, mit der Zeit zu gehen. Die Welt ist schließlich nicht mehr an Konventionen gebunden. Vielleicht bleibt uns nichts anderes übrig, als selbst ein wenig unkonventionell zu werden.“
„Wollen Sie damit sagen …“
„Ich will damit sagen, wenn wir nicht hier oder in naher Zukunft sterben, dann sollten Sie und ich zusammen essen gehen. Dieses Mal werde ich keinen falschen Schnurrbart und keine Weste tragen. Das ist alles, was ich dazu sagen kann. Aber ich sage es mit sehr viel Nachdruck.“
„Es lässt mir das Herz aufgehen, dass ihr beide einander so zugetan seid“, rief Freddy, „aber wir sollten uns jetzt wirklich auf den Weg machen.“ Sie grinste und stieß die Käfigtür auf, die kaum quietschte. Freddy hatte klugerweise ein wenig Olivenöl aus dem Picknickkorb auf die Angeln geträufelt.
„Wir können noch nicht sofort fliehen“, sagte Pimm. „Es gibt noch ein Schloss, das du knacken musst, Freddy.“
„Die Königin, ja. Ich kann es kaum glauben. Es kommt mir vor, als müsste sie in gewisser Weise immun gegen körperliche Leiden sein.“ Freddy schob sich ihre Dietriche wieder ins Haar und zog die Nase kraus. „Nun sind die Dietriche vom Schloss schmutzig. Ich muss mir wirklich einige Kleider mit Taschen besorgen. Dass bei Frauenkleidung die Taschen fehlen, ist ein Teil der systematischen Versuche, die Frauen zu unterdrücken. Wussten Sie das, Ellie? Sie sollten darüber mal einen Artikel schreiben.“
Als sie schließlich dem Käfig entkommen waren, nahm Pimm seinen Mantel vom Stuhl und tastete die Taschen ab. „Die Pistole fehlt, Carrington hat sie wohl behalten. Alles andere ist aber noch da. Dann wäre da natürlich noch mein Gehstock.“ Er hob den Stock vom Fußboden auf und spähte in die Dunkelheit, während er seine Augen vor dem Licht der alchemistischen Lampe abschirmte. „Glaubt ihr, das ist eine Falle? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns völlig unbewacht gelassen haben.“
Ben schnaubte. „Oswald hat keine Ahnung von dem, was er tut, und dieser Carrington ebenso wenig. Nicht, wenn es darum geht, Gefangene festzuhalten. Ohne Value, der ihnen Ratschläge zur kriminellen Praxis erteilt, sind sie verloren. Natürlich werden sie darauf vertrauen, dass ein Schloss und Gitterstäbe uns aufhalten. Aber wir sollten von der Lampe weggehen. Hier sitzen wir auf dem Präsentierteller, verstehen Sie.“
„Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll“, sagte Pimm und stieß in die Dunkelheit vor. Er ging in die Richtung, in die Carrington verschwunden war, als er den Tee geholt hatte. „Weißt du, in welcher Richtung das Büro liegt, Ben?“
„Leider nicht. Ich konnte gerade nicht aufpassen, als sie uns hierher geschleift haben.“
„Nun gut, das Lagerhaus kann schließlich nicht allzu groß sein“, meinte Pimm.
„Hüte dich vor solchen Bemerkungen. Als du das gesagt hast, hat sich seine Größe bestimmt verdreifacht“, beschwerte sich Freddy.
„Ich erinnere mich, dass Mr. Value mir erzählt hat, dass hier ursprünglich drei Lagerhäuser waren, die zusammengelegt wurden“, sagte Ben. „Deshalb haben wir wahrscheinlich noch ein gutes Stück Fußmarsch vor uns.“
Das Licht, das durch die hohen Fenster fiel, wurde im Laufe des Nachmittags immer schwächer. Sie bewegten sich vorsichtig durch die Dunkelheit und umrundeten mehrere Haufen alter Maschinenteile und große, glitschige Ölflecken auf dem Boden. Sie entdeckten ein Dutzend mechanische Frauen, die stocksteif in Reihen standen. Die Puppen erinnerten an ein Regiment von Spielzeugsoldaten, mit leeren Augen, kraftlos und orientierungslos, unheimliche Wachen im Dunkeln.
Nicht weit entfernt von dem kleinen Wald aus Kurtisanen stießen sie auf eine hohe Trennwand, die den Raum teilte. Dahinter fanden sie Oswalds mechanische Fabrik. Alchemistische Lampen baumelten von den Balken über ihnen und beleuchteten verlassene Arbeitsflächen, auf denen überall Werkzeuge herumlagen. Es gab große Regale, in denen Behälter voll künstlicher Körperteile standen, die täuschend echt aussahen: Arme, Beine, Rümpfe, Füße, Hände. Pimm und die anderen wanderten durch den Raum und bestaunten all die schrecklichen Dinge. Auf einem hohen Bord hatte man die augenlosen, kahlen Köpfe der Frauen in einer Reihe angeordnet, während daneben Perücken auf Ständern aufgereiht waren. „Ich wünschte, ich hätte einen Zeichner mitgebracht“, meinte Ellie. „Ein Kupferstich hiervon wäre eine eindrucksvolle Beilage zu dem Zeitungsartikel, den ich unbedingt schreiben werde. Ich fürchte, eine bloße Beschreibung wird dieser Szenerie nicht gerecht.“
Ben hob eine große Kiste mit verschiedenfarbigen Augäpfeln hoch und schüttelte sie. „Gruselig, was?“, meinte er. „Aber ich war tatsächlich schon einmal in diesem Teil des Lagerhauses, als ich mit Mr. Value zu Besuch war. Ich glaube, ich weiß, wie wir von hier zum Büro kommen.“
„Nur zu, führe uns“, sagte Pimm. Ben zeigte ihnen den Weg durch eine niedrige Tür in einen weiteren höhlenartigen Raum, der hautsächlich vom Klang tropfenden Wassers erfüllt war. Sie gelangten auf einen Pfad, der zwischen zersplitterten Holzkisten und beschädigten Maschinenteilen hindurchführte, bis Pimm in der Ferne den Umriss einer Tür sah.
„Dort sind wir hereingekommen“, flüsterte Ben. „Das Büro ist da vorne.“
„Pst“, machte Ellie. „Dort drüben bewegt sich jemand.“
Sie spähten alle zum Büro, das sich knapp hundert Meter von ihnen entfernt auf seinem erhöhten Podest befand. Die Fenster des Büros waren nun vom stetigen Schein einer alchemistischen Lampe erhellt, und drinnen bewegte sich eine Gestalt. Einen Augenblick später fiel krachend eine Tür zu, Carrington kam pfeifend heraus und ging die Stufen hinunter.
„Ihr müsst Uns augenblicklich freilassen!“, rief eine wütende Stimme. Carrington verlangsamte seinen Schritt nicht, sondern rief nur „Halt dein Maul, du alte Fregatte!“ über die Schulter, während er hinabstieg. Pimm gab seinen Freunden einen Wink, und sie alle zogen sich zurück und kauerten sich hinter einen Kistenstapel.
Als Carrington an ihrem Versteck vorbeikam, trat Pimm hervor, stieß ihm die Metallkugel am Griff des Gehstocks in die Seite und drückte den Knopf, der den gespeicherten Strom entlud. Carrington schüttelte sich und brach zu einem zuckenden Häuflein zusammen.
„Darf ich ihm einen Tritt geben?“, fragte Freddy. „Einen ganz kleinen?“
„Wir könnten ihn verhören“, sagte Ellie. „Vielleicht weiß er mehr über Oswalds großes Werk und über das, was für die Ausstellung heute Abend geplant ist.“
„Gut, gut.“ Pimm kniete sich hin, zog die Pistole aus Carringtons Tasche und erhob sich wieder. „Ben, nimm ihn bitte mit. Aber zuerst sollten wir wohl lieber …“
„Die alte Fregatte befreien?“, meinte Freddy.
„Zeig doch bitte etwas mehr Respekt vor deiner Monarchin, Freddy.“ Er führte sie zum Käfig, während Ben Carrington wie einen Sack Kartoffeln über der Schulter trug. „Eure Majestät!“, rief Pimm. „Meine Freunde und ich werden Euch sogleich befreien.“
„Eilt euch bloß“, rief der Mann im Käfig.
„Eure Majestät“, sagte Freddy und machte einen Knicks, während sie die Dietriche aus ihrem Haar zog. „Wenn mein Herr Ehemann die Güte hat, mir seine tragbare Lampe zu borgen, werde ich mein Bestes tun, Euch zu befreien.“
Pimm reichte ihr seine alchemistische Lampe von der Größe einer Taschenuhr. Dann sah er zu Ellie und bemerkte, dass ihr Blick die Treppen zum Büro hinauf gerichtet war. „Sie möchten in Oswalds Akten blättern, nicht wahr?“, meinte Pimm.
„Es ist mein innigster Herzenswunsch“, sagte sie.
Das hört ein Mann doch gern, dachte Pimm mit mildem Sarkasmus und sagte: „Ich hatte ebenfalls gehofft, hier einige Beweise seiner Niedertracht zu finden.“ Er bedeutete ihr mit einer Geste, vor ihm die Treppe hinaufzugehen, und sah zu, wie sie ihre Röcke raffte und mit mädchenhafter Begeisterung die Treppe hoch und durch die Tür eilte.
Als Pimm das Büro erreichte, erwies es sich als wenig aufregend. Es gab einen Schreibtisch, auf dem ordentlich gestapelte Papiere angeordnet waren, sowie mit Mappen und Büchern vollgepackte Regale. An einer Wand standen Ablagen, die mit zusammengerollten Papieren gefüllt waren. Während Ellie systematisch den Inhalt der Ablagen durchging, setzte Pimm sich an den Schreibtisch und zog die unterste Schublade heraus. Darin befand sich eine kleine Flasche Brandy, halbvoll, zusammen mit einem einzelnen Glas. Er lächelte. Oh ja, das wiederum war sein innigster Herzenswunsch. Oder zumindest sein zweitinnigster. Er goss sich ein Glas ein. Ellie sah zu ihm hinüber und runzelte die Stirn, doch sie sagte nichts, daher wertete er ihren Blick wenn nicht als Zustimmung, so zumindest als Erlaubnis. Schnell kippte er den Drink hinunter. Der beginnende Kopfschmerz ließ nach, und er schenkte sich eine weiteres Glas Brandy ein, das er langsamer trinken wollte.
„Es gibt reichlich Beweismaterial, um Oswald mit den mechanischen Kurtisanen in Verbindung zu bringen“, meinte Ellie. „Lieferscheine, Rechnungen, Aufträge, alle von ihm unterschrieben. Aber es gibt nichts, das auf ein Verbrechen hindeutet, und ganz gewiss nicht auf Hochverrat. Die Königin im Käfig wird ihn gewiss mit Freuden zur Rechenschaft ziehen wollen. Vorausgesetzt, dass irgendjemand ihren Beteuerungen Glauben schenkt. Ich selbst bin nicht völlig sicher, ob ich ihr glauben soll, aber das könnte auch an meiner angeborenen Skepsis liegen.“
„Der Mann dort unten ähnelt der Königin kaum“, meinte Pimm, „und in Bedlam gibt es bestimmt den einen oder anderen Patienten, der behauptet, irgendein König zu sein, ohne dafür einen Beweis zu haben.“
„Es gibt doch gewiss eine Möglichkeit. Eine wissenschaftliche Methode, mit der man feststellen kann, ob sie wirklich die ist, die sie zu sein behauptet.“, meinte Ellie zweifelnd.
„Die gibt es in der Tat“, sagte Pimm. „Es dürfte sich jedoch wesentlich schwieriger darstellen, jemanden zu finden, der bereit ist, den Test durchzuführen. Unumstößliche, schriftliche Beweise für Oswalds Missetaten wären auf jeden Fall hilfreich.“ Pimm sah die Schubladen des Schreibtischs durch. Er fand nicht viel, das von Interesse gewesen wäre. Bis ihm auffiel, dass bei einer Schublade die Unterseite gut fünf Zentimeter höher saß, als sie sitzen sollte.
„Hier ist etwas versteckt“, sagte er. „Die Leute halten sich immer für sehr klug, wenn sie solche Verstecke benutzen. In gewisser Hinsicht sind sie das wohl auch, aber jeder ist dabei auf dieselbe Art klug, was die Sache berechenbar macht. Schlussendlich ist Berechenbarkeit manchmal dasselbe wie Dummheit.“ Pimm durchwühlte die oberste Schreibtischschublade, bis er einen metallenen Brieföffner fand. Ellie sah zu, wie er die Spitze des Brieföffners in den Spalt vor dem falschen Boden klemmte und ihn aushebelte, sodass darunter ein kleines Fach zum Vorschein kam. Darin lag ein großes Buch mit rotem Lederumschlag. Pimm zog das Buch heraus und schlug es an einer zufälligen Stelle auf. Die Seiten waren eng mit brauner Tinte beschrieben.
„Eine Geheimschrift“, meinte Pimm, nachdem er sich das Buch kurz angesehen hatte.
„So etwas Ähnliches“, sagte Ellie. Sie folgte mit dem Finger einer Zeile von rechts nach links. „Es ist Spiegelschrift, sehen Sie? Jeder Buchstabe ist verkehrt herum, und jedes Wort und jeder Satz ist rückwärts geschrieben. So hat auch Leonardo da Vinci seine Tagebücher geführt.“
„Ich bin sicher, die Ähnlichkeit zu Leonardo ist auch unserem Sir Bertram nicht entgangen“, sagte Pimm. „Er neigt dazu, sich in eine Reihe mit Genies zu stellen. Fürwahr, es hat fast den Anschein, als seien Newton und Galileo in seinen Augen blutige Anfänger.“
„Es wäre leichter zu lesen, wenn wir einen Spiegel hätten“, sagte Ellie, „aber in diesem Abschnitt hier scheint es um die Katastrophe in Whitechapel zu gehen, sehen Sie? Hier, das Datum passt, und darunter steht viel Geschwätz über violette Kristalle.“
Sie blätterten weiter das Tagebuch durch, und als Nächstes war Pimm derjenige, der mit dem Finger auf eine Textstelle tippte. „Hier, die ‚Große Verwandlung‘, das ist Morbus Konstantin. Sehen Sie, er erzählt alles darüber, da steht Mabel Worths Name.“ Er rieb sich die Augen. „Meine Augen sind nicht dafür gemacht, rückwärts zu lesen. Vorwärts zu lesen, fällt mir meist schon schwer genug.“
„Das ist ein eindeutiger Beweis für seine Verbrechen“, sagte Ellie. „Wenn wir Glück haben, hat er auch etwas darüber geschrieben, wie er die Königin vergiften und austauschen will.
Pimm nickte. „Das hoffe ich. Es würde dem Gefangenen dort unten helfen, wieder als Monarchin erkannt zu werden. Vorausgesetzt, wir können sie davon abhalten, in den Palast zu marschieren und augenblicklich ihre vollen Ehren zurückzuverlangen.“
„Wir sind kein Narr, Lord Pembroke“, sagte die Königin streng. Sie stand im Eingang zum Büro. „Uns ist klar, dass es Widerstand geben wird, doch Wir haben treue Freunde am Hof, die sich von unserer rein äußerlichen Veränderung nicht täuschen lassen werden. Außerdem gibt es Dinge, die nur die Monarchin und wenige Eingeweihte im Reich wissen, mit denen Wir Unseren Anspruch belegen können. Wir sind zuversichtlich, dass wir Unseren Rang zurückerlangen werden, wenn wir diejenigen erreichen können, deren Vertrauen wir dafür benötigen.“
„Der Premierminister und die anderen Kabinettsmitglieder werden vermutlich auf der Ausstellung heute Abend sein“, sagte Freddy, die hinter der Königin stand. „Gemeinsam mit dem Ding, das Oswald als die Königin ausgeben will. Sir Bertram – verzeiht, Eure Majestät, ich meine natürlich Mr. Oswald – wird ebenfalls dort sein. Wir sollten der Ausstellung einen Besuch abstatten, meint ihr nicht?“
„Oh ja“, sagte Pimm. „Aber lasst uns zunächst mit Mr. Carrington sprechen und hören, was er uns über Mr. Oswalds Pläne erzählen kann.“