Unterwegs
Gestern vormittag im Odeon höre ich, wie jemand am Nebentisch meinen Namen sagt, viel Genaues höre ich nicht, sehe aber, daß der Mann, der mich persönlich nicht kennt, mit dem Namen einen deutlichen Haß verbindet, nicht nur Geringschätzung, sondern Haß. Soll ich mich vorstellen? Ich tue es nicht, zahle, nehme den Mantel und gehe. Man haßt sich selber nicht selten. Dennoch, zeigt sich, bin ich betroffen, wenn ich diesen Haß an einem andern sehe, einem Fremden. Dabei ist es ganz erklärlich; wenn man selber gewisse Leute haßt, keinen Hehl macht aus seinem Haß, kann das Echo nicht ausbleiben. Trotz dieser Erklärung ist es mir unmöglich, wieder an die Arbeit zu gehen. Das Selbstgefällige, das in solcher Verblüffung liegt, ist mir bewußt. Am Nachmittag ins Kino. Kein geschriebener Satz ist möglich. Nicht einmal ein Gedanke, ohne daß ich das Mißdeutbare sehe; aber mehr als das: es braucht gar keine Mißdeutung, um hassenswert zu sein. Der Mann, ohne daß ich seine genauen Worte gehört habe, hat recht. Es gibt kein Argument gegen einen Haß. Dabei wird mir fast zum erstenmal bewußt, daß man immer, wenn man schreibt, eine Sympathie voraussetzt. Vielleicht geht es ohne diese Voraussetzung überhaupt nicht, aber es ist gut, um diese Voraussetzung zu wissen, und man müßte froh sein um einen solchen Schock, ein solches Signal –.