»Die Chinesische Mauer«
Heute an der Hauptprobe. Ich sehe das Stück zum erstenmal. Ein Schock etwa folgender Art: du kommst nach China, wo du noch nie gewesen bist, kommst auf einen öffentlichen Platz, wo viele Chinesen stehen, und schaust einem Tänzer zu, dessen Getue dich teilweise verwundert oder gar entzückt, teilweise auch ekelt, und alle sagen, dieser Tänzer bist du. Niemand anders als du! Im Augenblick, wo ich es zwar nicht begreife, aber glaube, hinnehme und zugebe, begreife ich überhaupt nicht mehr, was da gespielt wird, keinen Satz, keine Szene, alles Fremdsprache, keine Ahnung, ob es etwas heißt –
Übermorgen ist Premiere.
Das Theater als ein fürchterlicher Zerrspiegel, aber am fürchterlichsten, wo es das nicht ist; denn das Fremdeste, was man erleben kann, ist das Eigene einmal von außen gesehen.