Mailand, Oktober 1946
Man ist immer noch ein Nationalist! Wenn ich von einem Landsmann lese, daß er den Nobelpreis bekommen oder daß ihn der Kaiser von China empfangen habe, verbiete ich mir jeden Stolz, weil wir zur Genüge erfahren haben, wohin diese Art von Herdenstolz, wenn er sich nicht auf den Sportplätzen erledigt, in der Geschichte der Völker führen muß, und es gelingt mir auch einigermaßen. Aber das Gegenteil, das übrigens öfter vorkommt, wirft meine weltbürgerliche Pose jedesmal über den Haufen; wenn ich hier meine Landsleute sehe, wie sie mit ihrer Währung die italienischen Läden plündern, ärgere ich mich bleich –
Warum eigentlich?
Die offenbare Enttäuschung verrät unsere heimliche Annahme, daß das eigene Volk, nur weil wir ihm selber gerade angehören, schließlich doch ein Mustervolk sei, und somit würde es also genügen, wenn man sich über sich selber ärgerte.