33

Am Steuer seines eigenen Bootes angekommen, riss Worth sich eine Dose Bier auf und sah zu, wie der Regen in ständig neuen Kurven an den Fenstern hinabrann. Die Mädels waren jetzt schon seit mindestens zwei Stunden auf dieser Insel. Muss ein verdammt großer Schatz sein, dachte er.

Er überprüfte noch einmal die 44er-Magnum, dieselbe Waffe, mit der er Harrison’s Grocery überfallen hatte, als er fünfzehn gewesen war. Er hielt sie hoch, zielte am Lauf entlang, balancierte sie in der Hand aus. Er hatte erst neulich versucht, sie zu verpfänden, als er Geld für Meth gebraucht hatte, aber niemand hatte sie nehmen wollen. Hatten behauptet, das sei Müll. Was wussten die denn schon? Gestern Abend hatte sie sehr gut funktioniert, und er lächelte beim Gedanken an die vielen Frösche, die er und sein Onkel mit dieser Waffe in kleine rosa Wolken verwandelt hatten.

Er schaute am Lauf entlang und tat so, als zielte er auf eine Möwe, die hinter der Heckreling auf dem Wasser schaukelte. Er wünschte, er könnte sie abknallen – das gäbe eine hübsche Federwolke –, aber er durfte keinen Lärm machen. »Peng, peng«, sagte er. Die Möwe flog davon.

Er legte den Revolver aufs Armaturenbrett neben vier Schachteln Munition, ein Bowie-Messer mit stehender Klinge, Bindedraht, Teppichmesser, Seil und Klebeband. Er glaubte nicht, dass er Letzteres brauchen würde, aber nur für alle Fälle. Er trank noch einen Schluck Bier und lauschte. Außer dem zischelnden Regen war es da draußen ziemlich still geworden im Nebel, nur hin und wieder kreischte eine unsichtbare Möwe. Das Kribbeln und Krabbeln setzte wieder ein, doch er ignorierte es.

Er spürte eine leichte Bewegung des Bootes, und das Heck schwang mit der auffrischenden Brise herum. Während der letzten halben Stunde war starke Dünung aufgekommen, lange, niedrige Wellen, die schweres Wetter ankündigten. Er sah auf seine Armbanduhr. Fünf Uhr. Es wurde schon spät. Bei der Dünung konnten sie nicht über Nacht vor Shark Island ankern – zu exponiert. Sie würden den Schatz an Bord schaffen und bei den weiter landwärts gelegenen Inseln Schutz suchen, vermutlich in der Bucht vor Otter Island, wo sie sich nach ihrem Besuch auf der Insel des Admirals versteckt hatten.

Er hörte etwas und lauschte konzentriert. Schwach drangen Stimmen übers Wasser, Ruder klapperten in Dollen. Sie ruderten zurück. Er konnte hören, wie sie die Riemen einzogen und Zeug aufs Boot luden – etwas prallte dumpf aufs Deck, eine Schaufel klirrte. Ihre Stimmen waren leise, sehr leise. Mit dem Regen war der Nebel dünner geworden, doch die Sichtweite lag immer noch unter hundert Metern.

Rasch ging Worth alles noch einmal durch. Er war bereit.

Er hörte den Motor der Marea anspringen und eine Weile vor sich hin tuckern, während die Mädchen den Anker lichteten. Wahrscheinlich spielten sie am Funkgerät und am Radar herum und fragten sich, warum sie nicht funktionierten. Wenn sie klug wären, hätten sie ein batteriebetriebenes Radio und ein zusätzliches GPS-Gerät mitgenommen, aber er hatte die Marea abgesucht und nichts gefunden.

Der Motor der Marea wurde auf Touren gebracht, und Worth sah zu, wie der grüne Fleck auf seinem Radar sich in Bewegung setzte. Er sah auf die Uhr und merkte sich die Zeit. Neun Minuten nach fünf.

Er stellte den Radius seines Radars auf zwei Meilen und wählte eine stärkere Auflösung. Dann sah er zu, wie die Marea sich westwärts bewegte, auf die landwärts gelegenen Inseln zu, genau wie er erwartet hatte. Als sie den Abstand von einer Seemeile auf seinem Radar überschritt, ließ Worth seinen eigenen Motor an, lichtete den Anker und folgte ihnen mit großem Abstand. Vor ihnen lagen sechs Meilen offener See, bis sie den Schutz der Inseln erreichten, und sie fuhren mit sechs Knoten. Der Seegang wurde von Minute zu Minute schwerer.

Nach etwa einer Meile nahm er Fahrt weg. Die Marea war stehen geblieben. Rasch schaltete er seinen Motor aus, ließ sich treiben und lauschte. Nichts. Der Motor der Marea hatte den Geist aufgegeben: Das Schiff lag wie tot im Wasser, in dichten Nebel gehüllt, sieben Meilen vor der Küste und ohne Funk.

Er ließ seinen Motor wieder an, gab Gas und hielt direkt auf die Marea zu. Sie wurde auf dem Radar schnell größer, er kam näher, eine halbe Meile, eine Viertelmeile, dreihundert Meter …

Aus hundert Metern Entfernung sah er sie zum ersten Mal. Die Marea tauchte aus dem Nebel auf. Eines der Mädchen fummelte am Funkgerät herum, das andere kniete vor der offenen Motorraumklappe und spähte mit einer Taschenlampe hinein. Beide wandten sich um und starrten ihn an.

Hallo, ihr Schlampen.

Sieben Meter vor der Marea wendete er sein Boot neunzig Grad steuerbord, schaltete in den Leerlauf, legte den Rückwärtsgang ein und brachte das Boot abrupt zum Halten. Dann packte er den Griff des Revolvers mit beiden Händen, zielte auf die beiden Mädchen und eröffnete das Feuer.

Der Krater
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