17
Ford brachte den Land Cruiser neben einer Reihe zerbeulter Motorräder zum Stehen und beäugte das handgemalte Schild über der Tür des kleinen Verwaltungsbüros. Auf Französisch und Khmer bezeichnete das Schild dies als Büro des Gemeinderats der Kommune Svay Por, Distrikt Kampong Krabey. Ford stieg aus, und die Hitze war so gewaltig, dass sie in Schleiern um ihn herum aufstieg und die Luft verzerrte.
»Gott steh uns bei«, sagte Khon mit Blick auf das schäbige Betonstein-Gebäude. »Ich hoffe, du hast jede Menge Dollar dabei.«
Ford tätschelte seine Hosentasche.
Sie klopften an die hölzerne Tür. Eine Stimme bat sie herein. Das Büro des Herrn Gemeinderat bestand aus einem einzigen Raum mit Betonboden und -wänden, frisch getüncht, mit einem Schreibtisch in der Mitte, zur Tür hin ausgerichtet, und zwei Sekretärinnentischen links und rechts. Zwei Metallstühle standen steif und förmlich vor dem Schreibtisch. Eine Hintertür führte zu einem Anbau hinter dem Büro. Der Raum stank nach Zigaretten.
Der Gemeinderat, ein gutaussehender Mann mit einer Narbe im Gesicht, erhob sich mit breitem Lächeln und enthüllte dabei das größte, weißeste Gebiss, das Ford je gesehen hatte. Es bildete einen scharfen Kontrast zum trübe olivgrünen Hemd, der tiefhängenden blauen Hose und den Sandalen. Sein Hals war dick und fleischig, das Gesicht eine glänzende Maske begeisterter Fröhlichkeit.
»Willkommen! Willkommen!«, rief der Gemeinderat auf Englisch und breitete die Arme aus. Seinem Gesichtsausdruck nach hätte man glauben können, er habe gerade im Lotto gewonnen. Vielleicht hat er das ja, dachte Ford, die unvermeidlich bevorstehende Bestechung schon im Kopf.
Khon begrüßte den Mann wortreich auf Khmer. Ford blieb stumm, denn wie üblich hielt er es für klüger, sich nicht anmerken zu lassen, dass er die jeweilige Sprache verstand.
»Wir sprechen Englisch!«, rief der Mann. »Setzen Sie sich, bitte, meine lieben, lieben Freunde!«
Ford und Khon nahmen auf den harten Metallstühlen Platz.
»Hre min gnam sa!«, herrschte der Mann eine seiner Sekretärinnen an, die aufsprang und hastig den Raum verließ, wobei sie sich im Vorbeigehen zweimal verbeugte.
»Es ist ein schöner Tag, ja?«, sagte der Mann mit einem weiteren Lächeln und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. Ford bemerkte, dass ihm beide Daumen fehlten.
»Sehr schön«, sagte Khon.
»Sehr gesund hier in Kampong Krabey.«
»Es ist wirklich sehr gesund hier«, entgegnete Khon. »Mir ist sofort aufgefallen, was für verflucht gute Luft Sie hier haben.«
»Gute Luft! Kampong Krabey Distrikt, gut!«
Ford und Khon lächelten und nickten freundlich.
Die Sekretärin kam mit drei Kokosnüssen wieder, denen man mit einer Machete ein Ende abgeschlagen hatte, um Strohhalme hineinzustecken.
»Bitte!«, sagte der Beamte. Sie tranken die Kokosnussmilch, die etwas warm war, weil die Kokosnüsse gerade noch am Baum gehangen hatten. Ford fand, dass ihm noch nie etwas so köstlich geschmeckt hatte.
»Hervorragend«, sagte Khon. »Welch wunderbare Gastfreundschaft Sie uns im Distrikt Kampong Krabey zuteilwerden lassen.«
»Beste Kokosnuss!«, rief der Mann und sog begeistert an seiner, bis der Strohhalm darin gurgelte. Er knallte die leere Nuss auf den Tisch und rülpste. »Was brauchen Sie, liebster Freund?«, fragte der Mann und breitete die Hände aus. »Ich gebe Ihnen alles.«
»Das ist Mr. Kirk Mandrake«, erklärte Khon, »und er ist Abenteuer-Tourist. Ich bin Khon, sein Übersetzer.«
»Abenta-rist«, wiederholte der Beamte unter eifrigem Nicken, obwohl er offensichtlich keine Ahnung hatte, was das bedeutete. »Gut!«
»Er möchte eine Tempelruine besuchen, die als Nokor Pheas bekannt ist.«
»Ich nicht kenne diese Tempel.«
»Er liegt sehr tief im Dschungel.«
»Wo ist Tempel? In Kampong Krabey Distrikt?«
»Nein. Er liegt jenseits des Distrikts. Wir müssen Ihren Distrikt in nordwestlicher Richtung durchqueren, um dorthin zu kommen.«
Das Lächeln des Mannes kühlte sich ab. »Jenseits mein Distrikt nichts! Niemand! Kein Tempel!«
Khon erhob sich und entrollte eine Landkarte auf dem Schreibtisch. »Der Tempel liegt hier, in den Hügeln von Phnom Ngue.«
Jetzt erlosch das Lächeln vollends. »Das ist schlechtes Gebiet. Sehr schlecht.«
»Mein Kunde, Mr. Mandrake, möchte den Tempel sehen.«
»Sie können nicht dorthin. Zu gefährlich.«
Khon fuhr fort, als hätte er den Beamten nicht gehört. »Mr. Mandrake wird Sie für die Genehmigung großzügig bezahlen. Außerdem bittet er Sie darum, ihm zu helfen, indem Sie die Pfade auf der Karte einzeichnen. Und selbstverständlich müssen wir den Landminen ausweichen. Sie kennen den Distrikt, und Sie haben die Minenkarten.«
»Zu gefährlich. Ich spreche Khmer, damit Sie verstehen. Ist okay, Mr. Mandrake, wenn ich spreche Khmer jetzt?« Ein weiteres strahlendes Lächeln.
»Natürlich.«
Er begann auf Khmer mit Khon zu reden, und Ford hörte gut zu.
»Sind Sie verrückt?«, begann der Beamte. »In dieser Gegend wimmelt es von Roten Khmer. Jetzt sind sie nur noch Banditen, die Edelsteine schmuggeln und Leute entführen, um Lösegeld zu erpressen. Wenn die Ihren Kunden in die Hände bekommen, habe ich ein gewaltiges Problem. Verstehen Sie?«
»Ich verstehe«, antwortete Khon auf Khmer. »Aber mein Kunde will diese Ruine unbedingt sehen. Er ist allein deshalb den weiten Weg nach Kambodscha gekommen. Wir gehen rein und wieder raus – wir halten uns dort nicht auf. Glauben Sie mir, ich weiß, was ich tue. Ich habe schon öfter Leute wie ihn geführt. Erst letzten Monat habe ich ein paar Amerikaner nach Banteay Chhmar gebracht.«
»Ich kann das nicht genehmigen.«
»Er wird Sie gut bezahlen.«
Der Beamte breitete die Hände aus. »Was nützt mir sein Geld, wenn ich mich mit einer Entführung herumschlagen muss? Einem entführten Amerikaner noch dazu? Was würde aus meinem Posten hier? Der Distrikt ist jetzt friedlich, es gibt keine Probleme, alle sind zufrieden. So war es nicht immer, wissen Sie?«
»Vielleicht könnte eine große Summe Sie für mögliche Unannehmlichkeiten entschädigen.«
Eine kurze Pause. »Wie viel?«
»Hundert Dollar.«
Der Beamte warf die Hände in die Luft. »Soll das ein Witz sein? Machen Sie tausend daraus.«
»Tausend? Ich muss mit meinem Kunden sprechen.«
Khon wandte sich Ford zu und sagte auf Englisch: »Die Genehmigung kostet tausend Dollar.«
Ford runzelte die Stirn. »Das ist eine Menge Geld.«
»Ja, aber …« Khon zuckte mit den Schultern.
Ford machte ein finsteres Gesicht, zog die Brauen zusammen und nickte dann abrupt. »Also gut. Ich bezahle.«
Der Beamte meldete sich auf Khmer zu Wort. »Und weitere hundert Dollar für den Zugang zu den Karten der Minenräumung!«
Khon drehte sich um. »Noch hundert Dollar mehr? Jetzt sind Sie es, der Witze macht!«
»Dann fünfzig.«
Khon sagte zu Ford: »Und weitere fünfzig Dollar für die Karten.«
»Was ist mit den Motorrädern? Wir werden Motorräder brauchen«, sagte Ford in gespieltem Ärger. »Wie viel mehr soll das denn noch kosten?«
Sie feilschten noch eine Viertelstunde lang, und endlich war alles geklärt. Eintausendeinhundertfünfzig Dollar für Genehmigung, Karten, zwei Leihmotorräder, Benzin, ein bisschen Proviant und Bewachung für den Land Cruiser, solange sie unterwegs waren. Ford holte das Geld hervor und gab es dem Gemeinderat, der es ehrfürchtig mit beiden Händen entgegennahm, blendend weiß lächelte und es in seinem Schreibtisch einschloss.
Ford und Khon gingen nach draußen, setzten sich in den Schatten eines Jackfruchtbaums und warteten darauf, dass die Motorräder aus einem der Nachbardörfer geholt wurden.
»Du hast mir geraten, fünftausend mitzunehmen«, bemerkte Ford. »Der arme Kerl hatte keine Ahnung, wie viel wir zu zahlen bereit gewesen wären.«
»Dieser Mann hat gerade zwei Jahresgehälter eingesammelt. Er ist zufrieden, wir sind zufrieden – warum sollte man die Großzügigkeit der Götter hinterfragen?«
Mit lautem Knattern trafen zwei Teenager auf den beiden Motorrädern ein, die rasselnd und hustend zum Stehen kamen.
Ford starrte die uralten Maschinen an, die von Klebeband und Draht zusammengehalten wurden. Eines hatte eine Käfighalterung aus Bambus hinter dem Sitz montiert, an der widerliche Klumpen und Schlieren von getrocknetem Schweineblut klebten. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
Khon lachte. »Was hast du denn erwartet, Harleys?«