Xotichl

Halt das Auto an !«

Auden tritt heftig auf die Bremse und legt gleichzeitig den Arm um mich, damit ich nicht gegen das Armaturenbrett knalle, aber ich habe bereits die Tür aufgerissen und bin hinausgesprungen.

Nur mühsam finde ich Halt auf der glatten, nassen Straße, ehe ich mich mitten auf den Asphalt stelle und das Gesicht gen Himmel drehe, sodass mir dicke Schneeflocken auf die Wangen fallen.

»Was machst du da ? Was treibt sie ?«, kreischt Lita, bevor sie ebenfalls die Tür aufreißt und mir nachrennt. »Nein«, ruft sie, und ihr Tonfall schlägt von vorwurfsvoll zu begeistert um. »Wahnsinn ! Das gibt’s doch nicht !« Sie läuft zu mir herüber, während Auden an meine andere Seite eilt. »Zeit, deine Wettschulden zu begleichen, Auden !«, schreit sie jubilierend, schlingt die Arme um mich und führt ein kleines Tänzchen auf, zu dem sie mich vorsichtig mitdreht. »Offenbar hat Xotichl recht gehabt – es ist wirklich die Zeit der Wunder !« Sie schiebt mich zu Auden hinüber, macht sich los und hüpft die Straße rauf und runter. Oder zumindest glaube ich, dass sie das tut, nach dem Aufwallen ihrer Energie und dem Schleifen ihrer Füße zu urteilen.

»Hey, Liebste, jetzt hast du doch noch deinen Weihnachtswunsch erfüllt bekommen. Ich verspreche, ich werde nie wieder an dir zweifeln.« Auden drückt seine Lippen auf meine, und sein Kuss ist andächtig und süß. Schließlich macht er sich los. »Warum weinst du dann ?«

Ich presse mich fest in seine Arme und vergrabe den Kopf an seiner Halskuhle. Suche Trost in seiner Kraft, seinem Duft – ich will die Worte nicht laut aussprechen, sie dadurch noch realer machen, als sie es in meinem Kopf bereits sind.

Will die schreckliche Wahrheit nicht aussprechen, die tief in meinem Inneren wohnt.

Das ist kein ganz gewöhnlicher Schneefall.

Das ist keine meteorologische Selbstverständlichkeit.

Nicht, wenn der Schnee singt wie der Wind – und doch wärmt wie die Sonne.

Er fällt in einem Regenbogen von Farben vom Himmel – begleitet von den anschwellenden Klängen der reinsten und herrlichsten Symphonie, die ich je vernommen habe.

Es ist der Klang der Engel.

Es ist der Klang von Daire, die sich verabschiedet.

Und uns ein letztes Geschenk hinterlässt – den Schnee als ihre Elegie.