Fünfzehn
Dace
Der Letzte, mit dem ich gerechnet hätte, als ich das Haus meiner Mutter betrete, ist Leftfoot. Doch da sitzt er über einen dampfenden Becher frischen Piñon-Kaffee gebeugt am Küchentisch, mitten in einem lebhaften Gespräch. »… einfach verschwunden«, sagt er gerade. »Aber wir wissen, dass das nicht wahr ist.«
Er wirft Chepi einen vielsagenden Blick zu, woraufhin sie so grimmig das Gesicht verzieht, wie ich es nicht oft zu sehen bekomme. Die beiden sind derart in ihre Gedanken vertieft, dass es eine Weile dauert, bis sie mich bemerken.
»Dace !« Meine Mutter springt auf und macht ein Gesicht, das ich nicht entschlüsseln kann. Ist es schlechtes Gewissen – Erstaunen – Vorwurf ? Ehe ich es herausfinde, eilt sie auf mich zu, schließt mich in die Arme und streicht mir übers Haar.
Ich erwidere die Umarmung. Drücke sie fest an mich, dann mache ich mich sachte los. Ich blicke zwischen den beiden hin und her und sage: »Ich brauche Antworten.«
»Warum bist du nicht in der Schule ?« Chepi sieht mich aus ihren großen braunen Augen streng an. Offenbar möchte sie ein Gespräch abwenden, das ihr unangenehm ist. »Die Winterferien fangen doch erst nächste Woche an.«
»Mutter, bitte.« Meine Stimme klingt so angestrengt, wie mir zumute ist, während ich mich auf den freien Stuhl zwischen ihnen setze, nicht bereit, dieses spezielle Spielchen mitzuspielen. »Es ist an der Zeit, ehrlich zu mir zu sein und mir die Wahrheit zu sagen.«
Leftfoot murmelt vor sich hin, dass er jetzt gehen müsse. Doch noch bevor er recht weit gekommen ist, halte ich ihn auf. »Zufällig brauche ich dich auch hier.«
Er sieht mich scharf an, nimmt wieder Platz und wendet sich an meine Mutter. »Chepi, es ist Zeit. Du kannst es nicht ewig hinauszögern.«
Chepi knetet nervös die Tischplatte. Man sieht ihren Händen an, dass sie jahrelang Schmuck gemacht hat – die Stücke aus Türkisen und Silber, die einst bei Galerien und Touristen zugleich begehrt waren. Doch im Lauf der letzten zehn Jahre haben die Galerien allesamt den Betrieb eingestellt, und die Touristen machen einen Bogen um Enchantment. Seitdem ist Chepi gezwungen, regelmäßig nach Santa Fe zu fahren, wo sie ihre Waren auf der Plaza anbietet, um uns so über Wasser zu halten.
»Ich weiß, was dir am Tag der Toten zugestoßen ist«, beginne ich, um ihr ein erneutes Durchleben dieser Hölle zu ersparen. »Ich weiß, was Leandro getan hat. Ich weiß, was ich bin, was Cade ist und wie wir gezeugt wurden. Ich weiß, dass du in keiner Weise verantwortlich für das bist, was dir zugestoßen ist. Ich weiß, wie schwer es für dich gewesen sein muss, mich in den letzten sechzehn Jahren ständig vor Augen zu haben …«
»Nein !« Ihre Hand greift nach meiner und drückt sie mit erstaunlicher Kraft, während sie mir heftig widerspricht. »Glaub das nicht – so war es überhaupt nicht !«
Ich befreie mich aus ihrem Griff und kippele mit dem Stuhl nach hinten, bis er nur noch auf zwei Beinen steht. Eine Gewohnheit von mir, die sie in meiner Kindheit stets mit einem missbilligenden Blick und einem scharfen Tadel quittierte, die heute jedoch unkommentiert bleibt.
»Du bist mein Sohn. Ich habe kein einziges Mal bereut, dich geboren zu haben. Du warst dazu ausersehen, zu mir zu kommen.« Nervös bewegt sie die Finger.
Ausersehen. Ja. Ich starre auf meine Hände und überlege, was ich als Nächstes sagen soll.
Meine Gedanken werden durch Leftfoot unterbrochen. »Dace, es tut mir leid«, sagt er. »Ich wollte es dir schon so oft sagen, aber …«
»Aber ich habe es nicht erlaubt«, unterbricht ihn Chepi. »Ich dachte, indem ich es ignoriere, könnte ich es vermeiden. Dumm von mir, ich weiß.« Sie schüttelt den Kopf. »Aber als ich dich mit dem Mädchen gesehen habe …«
»Daire. Das Mädchen heißt Daire.« Mein Magen krampft sich beklommen zusammen, als ein Bild von ihr in meinem Kopf aufblitzt.
»Ja.« Chepi nickt. »Als ich dich mit ihr gesehen habe, wusste ich, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Wahrheit ans Licht kommt. Trotzdem schien irgendwie kein Augenblick dafür geeignet zu sein, um es dir zu sagen. Aber du sollst wissen, dass ich dich niemals absichtlich belogen oder getäuscht habe. Ich wollte dich nur vor der Art von quälenden Gedanken schützen, die du jetzt hast.«
Mein Blick begegnet dem meiner Mutter, und auf einmal ist all der Ärger, in den ich mich im Lauf einer langen, qualvollen Nacht hineingesteigert habe, wie weggeblasen. Sie hat mehr gelitten, als einem Menschen eigentlich zumutbar ist. Es gibt keinen Grund, ihr vorzuwerfen, dass sie ihre Geheimnisse für sich behalten hat. Keinen Grund, sie noch tiefer in das hier hineinzuziehen, als ich es bereits getan habe.
Doch als ich versuche, ihr das klarzumachen und darauf zu bestehen, dass Leftfoot und ich allein alles Weitere besprechen können, tritt eine lange verborgen gebliebene Kraft zutage. »Du hast eine Erklärung verdient«, sagt Chepi. »Du hast es verdient, die Wahrheit zu erfahren.«
Obwohl ich hier reingeplatzt bin und eine Erklärung verlangt habe, brauche ich einen Moment, um mich darauf vorzubereiten.
Sie schaut an die Wand, als wären ihre Erinnerungen darauf geschrieben. Dann lässt sie die Schultern sinken und nimmt eine bequemere Haltung ein, während ihre Mundwinkel sich kaum merklich heben – ein enormer Kontrast zu dem verkniffenen Mund und den geballten Fäusten, mit denen ich gerechnet hätte.
»Ich war damals noch so wahnsinnig jung.« Ihre Stimme wird ganz weich, während ein wehmütiges Lächeln ihre Wangen aufleuchten lässt und an eine unwiederbringliche Version ihrer selbst gemahnt. »Jolon – mein Vater, dein Großvater – hat sich auf eine enorm liebevolle und fürsorgliche Art um mich gekümmert, was ich aber überhaupt nicht begriffen habe, ehe er starb.«
»Er hat dich nach Strich und Faden verwöhnt«, ergänzt Leftfoot und gibt der Geschichte, die schon allzu bald düster werden wird, damit ein Körnchen Leichtigkeit.
Ihre Blicke begegnen sich, als würden sie die Erinnerung zwischen sich ausbalancieren. Die Verbindung bricht ab, als Chepi an ihren Ärmeln zieht und sich wieder mir zuwendet. »Ich war gerade sechzehn geworden. Nach heutigen Maßstäben war ich allerdings eine sehr junge und unschuldige Sechzehnjährige. Du kannst mir glauben, dass ich nicht einmal einen Hauch der Weltgewandtheit eurer Generation besessen habe. Zuerst habe ich meine Naivität für das verantwortlich gemacht, was mir zugestoßen ist, aber Leftfoot konnte mich schließlich davon überzeugen, dass das keine Rolle gespielt hat. Ich war Leandro so oder so nicht gewachsen. Er war wild entschlossen. Ich war sein Faustpfand. So einfach ist das.«
Mein Blick schweift zu Leftfoot hinüber, und erneut muss ich seine Selbstlosigkeit würdigen – wie rasch er sich erboten hat, die vaterlose Lücke in unserem Leben zu füllen.
»Es war ein aufregender Tag«, fährt sie fort. »Im ganzen Reservat herrschte reges Treiben. Aber ich war ganz besonders voller Vorfreude, weil mir Jolon versprochen hatte, mich in die Unterwelt mitzunehmen, damit ich mein Geisttier kennenlernen konnte.« Ihre Augen glänzen bei der Erinnerung. »Obwohl ich schon immer wusste, dass ich von Kolibri geleitet werde, hatte ich nie die Reise angetreten, um ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten. Ich war ja so glücklich – ich fühlte mich so erwachsen, als wäre ich endlich voll und ganz in die Gemeinschaft aufgenommen worden. Die mystischen Künste hatten mich schon immer fasziniert, denn ich hatte seit frühester Jugend bei Jolon gelernt. Doch sowie ich sechzehn Jahre alt geworden war, versprach er, meine Ausbildung zu intensivieren. Er war überzeugt davon, dass ich seine Gabe geerbt hatte. Es galt als ausgemacht, dass ich eines Tages in seine Fußstapfen treten würde …«
Sie verstummt und fährt mit den Fingerspitzen über die Maserung der Tischplatte und bereitet sich auf das vor, was als Nächstes kommt. Ihr Gesichtsausdruck veranlasst mich, nach ihrer Hand zu greifen, in der Hoffnung, dass ihr das die Kraft gibt fortzufahren.
»Wir wollten eigentlich früh aufbrechen, aber wie es bei Jolon oft vorkam, wurden wir aufgehalten, weil ein Nachbar krank geworden war und seine Behandlung brauchte. Normalerweise hätte ich ihm assistiert, doch ich war zu aufgeregt und meine Energie zu konfus, als dass ich hätte nützlich sein können. Also stieg ich auf mein Pferd, eine alte Stute namens Lucky, die ich sehr liebte, und machte mich auf den Weg zu den verkrümmten Wacholderbäumen, wo ich auf Jolon warten wollte. Unterwegs ist mir Daniel begegnet – ein wuschelhaariger, braunäugiger Junge, in den ich heimlich verknallt war. Zumindest dachte ich, es sei eine heimliche Liebe, aber ich hatte meine Gefühle wohl nicht gut genug verborgen.« Sie blinzelt unsicher, und ihr Gesicht nimmt einen resignierten Ausdruck an. »Jedenfalls hat sich Daniel erboten, mich zu begleiten, doch zuerst wollte er mir noch etwas Tolles zeigen. Es werde nicht lange dauern, behauptete er und versprach, dass ich zurück am Portal wäre, ehe Jolon überhaupt bemerkt hätte, dass ich weg sei. Er war so überzeugend, und ich war so leichtgläubig, dass ich sofort einwilligte. Erst später, als ich gefesselt und geknebelt war, offenbarte er sein wahres Gesicht. Es stellte sich heraus, dass ich nicht Daniel gefolgt war, sondern Leandro Richter. Er hatte mich überlistet. Mich manipuliert, indem er meine Wahrnehmung verändert und mir das gezeigt hat, was ich mir am sehnlichsten wünschte. Stundenlang hielt er mich gefangen – unterstützt von finsteren, bedrohlichen Gestalten, die er aus dem Äther heraufbeschwor. Gemeinsam übten sie schreckliche Rituale der Schwarzen Magie aus, bei denen ich misshandelt und geschlagen wurde und immer wieder das Bewusstsein verlor. Bis der Morgen graute und er meinen besinnungslosen Körper über Luckys Rücken warf und mich nach Hause zu Jolon schickte. Ein paar Stunden später war Jolon tot.«
Ihre Stimme birgt die stille Resignation einer Überlebenden – einer Frau, die das Schlimmste durchgemacht hat, was das Leben einem antun kann, die unbegreiflichen Akte der Grausamkeit, die Menschen sich aus freien Stücken gegenseitig zufügen.
»An diesem Tag habe ich meine Unschuld verloren, ich habe meinen Glauben verloren und ich habe meinen geliebten Vater verloren.«
Ich nehme meine Hand von ihrer und balle unter dem Tisch die Fäuste, während ich Leandro, Cade und allen anderen von ihnen Rache schwöre. Obwohl sie mir nichts erzählt hat, was ich nicht schon wusste, verhindert das nicht die neue Welle der Wut, die in mir aufwallt.
Ich entstamme der Dunkelheit. Bin der Spross eines so heimtückischen Akts, dass man es kaum fassen kann.
Wie kann sie es ertragen, mich anzusehen ?
Wie kann sie es ertragen, in meiner Nähe zu sein ?
Als spürte sie meine Gedanken, dreht sich Chepi auf ihrem Stuhl zur Seite, bis sie mir direkt ins Gesicht sieht. Sie umfasst mein Kinn mit Zeigefinger und Daumen und zwingt mich, sie anzublicken. »Neun Monate später, als ich dich bekam, als ich das Licht in deinen schönen blauen Augen sah, wusste ich, dass sich ein kleiner Teil von mir durchgesetzt hatte. Während sich dein Bruder als Leandros Schöpfung erwiesen hat, bist du, mein Sohn, mein und mein allein. Es ist mein Blut, das durch deine Adern fließt. Du bist ein reiner Whitefeather, und das darfst du nie vergessen. Dein Großvater Jolon war sowohl mächtig als auch begabt – er stand in Verbindung zum Göttlichen –, und ich hege keinen Zweifel daran, dass das auf dich genauso zutrifft.«
»Ja, ich bin die gute Hälfte – die reine Hälfte«, erwidere ich. Die Worte klingen bitter, triefen von Sarkasmus, während ich mein Kinn aus ihrem Griff winde, da ich ihren Blick nicht mehr auf mir spüren will, mich ihrer bedingungslosen Liebe unwürdig fühle.
»Du hast unbeschreibliche Freude in mein Leben gebracht.« Sie hält kurz inne. »Du bist der Grund, aus dem ich hier sitze. Deine Ankunft in dieser Welt hat mir Freude gegeben – und einen Grund, wofür ich leben kann. Dace, mein geliebter Junge, weißt du denn nicht, dass ich, seit du auf der Welt bist, es überhaupt nicht mehr anders haben möchte ?«
Das kann nicht wahr sein.
Nach allem, was sie durchgemacht hat, ist doch ausgeschlossen, dass sie das ernst meint.
Doch als ich endlich zögernd den Blick zu ihr hebe, erkenne ich, dass sie die Wahrheit spricht.
Ich schließe die Augen und ringe um Fassung. Als ich sie wieder aufschlage, spüre ich das dringende Bedürfnis, mich dafür zu entschuldigen, dass ich sie gezwungen habe, einen so entsetzlichen Tag erneut zu durchleben. »Das alles – die ganze Geschichte – tut mir wahnsinnig leid. Es tut mir leid, dass die Vergangenheit keine Ruhe gibt.«
Chepi zuckt die Achseln. »Wir hatten sechzehn friedliche Jahre zusammen. Dafür bin ich dankbar.« Sie greift mit einer Hand nach meiner Wange. Und als sie beginnt, mit meinen Haaren zu spielen, hindere ich sie nicht daran. Ihre Berührung ist sehr tröstlich für mich. »Obwohl wir jetzt in dieser Lage sind, bin ich sicher, dass wieder Frieden einkehren wird. Leandro hat meine Vergangenheit an sich gerissen, aber meine Zukunft bekommt er nicht – und deine auch nicht.« Ihre Stimme klingt so entschlossen wie selten, ihre Augen werden dunkler und erinnern mich an frisch aufgegrabene Erde. »Ich habe schon mit den Vorbereitungen begonnen.«
Ich sehe zu Leftfoot hinüber, der Chepi hier ebenso wenig folgen kann wie ich.
»Ich habe den Tag der Toten seit vielen Jahren nicht mehr begangen. Aber nachdem ich dich an jenem Morgen mit Daire allein gelassen habe, direkt nachdem Paloma ihre Seele wiederbekommen hatte, habe ich mein eigenes kleines Ritual abgehalten.«
Ich beuge mich näher zu ihr und versuche zu verstehen, was sie meint.
»Ich habe Jolon angerufen.« Sie hebt das Kinn. »Die ganzen Jahre über habe ich stets seine Gegenwart gespürt. Sein Geist ist überall, genau wie ich es dich gelehrt habe …« Ihre Stimme wird leiser, während sie abwesend mit dem Daumen über den in einen Türkis eingravierten Kolibri reibt, den sie am Zeigefinger trägt. »Ich habe ihn um seinen Schutz angefleht, und seitdem habe ich das Gefühl, dass die Kraft seines Löwen auf uns aufpasst. Aber, Dace, täusch dich nicht – sie existieren nur im Geiste. Du und Daire seid unsere letzte reale Verteidigung gegen ihn und die anderen Richters. Es wäre sinnlos, das zu leugnen.«
Sie verstummt und überlässt es mir, aus ihren Worten schlau zu werden. Und obwohl das überhaupt nicht das war, was ich zu hören erwartet hatte, bleibe ich vor allem daran hängen, dass Jolons Löwe uns leitet. Angesichts der Umstände kann das nichts Gutes bedeuten.
»Die Unterwelt ist korrumpiert«, sage ich. »Daire und ich waren gestern dort. Wir waren fast jeden Tag dort – oder vielmehr Daire war dort.« Ich zupfe an dem unprofessionellen Verband an meinem Arm, der an den Rändern bereits ausfranst und in der Mitte rot von meinem Blut ist, und bin mir nur allzu bewusst, dass ich ihren Namen zweimal ausgesprochen habe.
Es ist ein Zeichen dafür, dass man verliebt ist. So zu tun, als könnte allein die Erwähnung einer Person deren Anwesenheit heraufbeschwören. Obwohl es einzig und allein das atemberaubende Bild heraufbeschwört, wie sie unter mir liegt, mit geröteten Wangen, rosigen, einladenden Lippen und grün glitzernden Augen, während ich unter dem Druck meiner Finger ihre zarte Haut spüre …
Ich schüttele den Gedanken ab. Gelobe, ihren Namen so wenig wie möglich zu verwenden. Schwer abzuschätzen, wie viel dieser kleine Tagtraum mich gekostet hat.
»Die Unterwelt ist verseucht«, fahre ich fort. »Und die Geisttiere sind auch infiziert. Pferd ist unbrauchbar. Es führt mich nicht mehr. Sie sind allesamt unbrauchbar, verstört, unfähig.«
Das genügt Chepi, um den Kolibriring, den sie trägt, seit ich denken kann, abzulegen. Unsanft wirft sie ihn auf den Tisch, während Leftfoot ein Zeichen über den Wildlederbeutel schlägt, den er um den Hals trägt. Dabei muss ich erneut an Daire denken.
Sie trägt ihren Beutel immer noch. Vielleicht sollte ich es ihr sagen – sie warnen, dass er eine Gefahr für sie darstellt.
Kopfschüttelnd reibe ich mir das Gesicht. Ich muss damit aufhören. Aufhören, mir Ausreden auszudenken, damit ich an sie denken und sie sehen darf. Paloma kümmert sich um sie. Und Chay auch, nach dem, was ich vorher beobachtet habe. Sie ist in guten Händen.
Ich muss mich darauf konzentrieren, sie in anderen Belangen zu beschützen.
In wichtigeren Belangen.
In Belangen, die wirklich eine Rolle spielen.
Ich schaue auf Chepis Ring – ein Relikt aus meiner Kindheit, an dessen Anblick ich gewöhnt bin, nur dass er jetzt anders aussieht. Als enthielte er einen ganzen Schatz von Geheimnissen, die ich nicht einmal ansatzweise begreife. Mein Kopf ist so voll, meine Gedanken sind so widersprüchlich, dass ich mir selbst nur halb zuhöre, als ich sage: »Die Tiere sind dermaßen korrumpiert, dass man sich nicht mehr auf sie verlassen kann.«
Leftfoot steht abrupt vom Tisch auf. »Dann müssen wir uns eben auf uns selbst verlassen.« Er geht zur Tür und bedeutet mir, ihm zu folgen.