Epilog

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Axel

Das Mädchen liegt blutend in meinen Armen.

Ihr glänzend braunes Haar fällt mir über die Schulter, während das Rot ihrer Wangen so schnell schwindet wie ihre Lebenskraft.

Trotzdem ist sie schön.

Aus der Nähe noch viel schöner.

Und wissbegierig.

Und obwohl ich sie gerne beruhigen würde, hat es keinen Sinn, sie anzulügen.

Sie schwankt am Rande des Abgrunds. Mit guten Aussichten hineinzufallen.

Ich presse ihr einen Finger auf die Lippen und dränge sie zum Schweigen. Sie kann sich den Luxus, zu sprechen und zu denken, nicht leisten – kann es sich nicht leisten, die dringend benötigte Energie zu verbrauchen.

Als sich ihre Augen flatternd schließen, verstärke ich meinen Griff.

Jedes Einatmen ist ein Gebet: Rette sie ! Verschone sie !

Jedes Ausatmen begleitet eine lange unterdrückte Wut – verflucht seien sie alle.

Das hat sie nicht verdient.

Sie hatte nie eine Chance gegen sie. Und ich im Grunde auch nicht. Nachdem ich in meinem Bemühen, ihr zu helfen, auf sie aufzupassen, sie zu leiten, versagt habe.

Doch es ist noch nicht vorbei.

Ich blicke nach oben. Unser Bestimmungsort ist noch so weit entfernt. Und obwohl ihr Herz noch schlägt, scheint es das nur zu tun, um mehr Blut aus ihrer Wunde herauszupumpen.

Sie wird schwächer.

Sie wird es nicht schaffen.

Dennoch bringt sie nach wie vor die Kraft auf zu fragen, ob es schneit – in der Hoffnung, ihren Freunden ein Geschenk zu hinterlassen.

Bereit, sich dem Tod zu ergeben, sobald ich es ihr bestätige. Die Spur eines Lächelns zieht über ihre Wangen, während sie dem Abgrund entgegenrollt.

Und obwohl ich weiß, dass es falsch ist – obwohl ich schon viele Male gewarnt wurde –, hält mich das nicht davon ab, ihr Gesicht in beide Hände zu nehmen und meine Lippen fest auf ihre zu drücken.

Mein stilles Flehen um Vergebung, gefolgt von einem einzigen lebensrettenden Atemzug.