Es gibt ganz schlechte Alibis

Herzschmerz bedeutet Hunger. Auf dem Heimweg kehrte ich bei meinem Lieblingsfeinkostladen ein. Käse, Schinken, Leberpastete – alles nur noch für eine Person, nämlich mich.

Mein Garten wartete. Ich würde dort nur für mich den Tisch decken, essen, Wein trinken, Musik hören und den ganzen Abend für niemanden zu sprechen sein. Mein Lebensentwurf für die nächsten Jahre: allein leben mit Niveau und Genuss.

Vor meinem Haus stand ein bekannter Wagen. Kleist stieg aus, als ich mein Auto in den Carport setzte.

»Hallo, Maria!«, sagte er.

»Was willst du?«, fragte ich unfreundlich.

»Dich sehen. Clara hat gebeichtet. Und ich wollte etwas richtigstellen.«

»Richtigstellen?«, blaffte ich. »Krieg ich jetzt den Klassiker zu hören? Es ist nicht so, wie es den Anschein hat? Oder was?«

»Müssen wir die Diskussion vor der Tür führen?«, gab er zurück. »Lässt du mich hinein?«

»Dazu habe ich keine Lust. Warum bist du hier?«

»Clara hat sich einen üblen Spaß erlaubt«, behauptete er. »Ich war gestern Abend gar nicht zu Hause.«

Das war die Höhe! »Hast du dir das ausgedacht, Herr Hauptkommissar? Deine Clara war halb nackt und du warst im Bad. Sie hat dich ja sogar angesprochen hinter der Tür. Friedel! Du hast Besuch«, machte ich ihre Piepsstimme nach, »die liebe Frau Grappa. Zieh dir doch kurz was an.«

»Das hat sie gemacht, um dich zu ärgern.« Kleist atmete tief durch. »Ich war nicht in der Wohnung. Und wenn du nicht weggerannt wärst, dann hättest du das auch gemerkt.«

»Wo warst du denn?«

»In der Gerichtsmedizin.«

»Um diese Uhrzeit?«, fragte ich.

»Muss ich dir wirklich erzählen, dass Tote auch nach der Tagesschau obduziert werden?«

»Und wer ist gestorben?«

»Maria! Das ist doch völlig nebensächlich. Ich erwarte, dass du mir glaubst.«

»Das ist mal wieder typisch für dich, dass du dir einen Toten als Alibi aussuchst«, grummelte ich. »Tote reden nicht mehr. Welch mieser Trick! Sehr geschickt, aber nicht geschickt genug für mich.«

»Ich dachte, du hättest mehr Vertrauen in mich und unsere Beziehung.« Er wandte sich ab und ging zu seinem Auto. Bevor er einstieg, drehte er sich noch einmal um. »Ich habe Clara übrigens rausgeworfen. Aber das ist bestimmt auch nur ein mieser Trick von mir.«