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Fellows öffnete unsanft den ledernen Aktenkoffer und
kramte einen Plastikbeutel hervor. Er musste eine Spritze haben,
und zwar schnell. Von seinem geparkten Auto auf der anderen
Straßenseite aus konnte er sehen, wie Lena mit diesem grässlichen
Mann die Seitengasse entlangging.
»Er ist Detective«,
erklärte sein Freund und Trainingspartner. »Und ihr
Partner.«
Fellows drehte sich
zu Finn auf dem Beifahrersitz um. »Mich interessiert es einen
Scheißdreck, wer er ist. Halt’s Maul. Ich habe es
eilig.«
»Sie sind dir auf die
Schliche gekommen. Deine Tarnung ist aufgeflogen.«
»Habe ich dir nicht
gerade gesagt, du sollst still sein?«
Finn verstummte und
zuckte mit den Achseln. Währenddessen wühlte Fellows in dem
Plastikbeutel, holte eine braune Ampulle heraus und öffnete die
Verpackung einer Einwegspitze. Nun nahm er schon seit mehr als fünf
Jahren anabole Steroide. Ganabol, eine Form von Boldenol,
aufgepeppt mit einer Dosis Sustanon 250, war eindeutig sein
Lieblingspräparat. Während Ganabol nur originalverpackt zu bekommen
war, konnte man Sustanon 250 in Fertigspritzen kaufen, sodass man
nicht so viele Einwegspritzen brauchte.
Er zog zwei
Milliliter Ganabol auf, was einer Dosis von einhundert Milligramm
entsprach. Dann streifte er die Hose hinunter und suchte eine
Einstichstelle am Oberschenkel.
»Ständig redest du
von Reinheit«, meinte Finn. »Du würdest nicht einmal etwas essen,
das du selbst im Labor zusammengepanscht hast. Unverfälschte
Nahrung für einen gesunden Körper. Warum also tust du dir das
an?«
»Wenn ich es nicht
täte, wärst du nicht hier«, erwiderte er mit zusammengebissenen
Zähnen.
»Was macht dich so
sicher?«
Fellows stieß sich
die Nadel in die Haut, drückte den Kolben hinunter und sah zu, wie
das synthetische Testosteron in seinen Körper strömte. Als die
Spritze leer war, zog er sie heraus und griff nach dem Päckchen mit
dem Sustanon 250.
»Du wirst einen
Abszess kriegen«, meinte Finn. »Spritz lieber ins andere
Bein.«
»Ich weiß. Warum
führst du dich auf wie ein Verlierer?«
»Keine Ahnung,
Martin. Vielleicht solltest du mal in den Rückspiegel
schauen.«
Fellows tat es und
riss dabei ein Päckchen mit den Zähnen auf. Lena und ihr dämlicher
Partner saßen zwei Wagenlängen hinter ihnen in einem Crown Vic.
Achselzuckend steckte er die Nadel auf die Ampulle und stach sie
sich in den Oberschenkel. Kurz darauf spürte er, wie die Wut von
ihm abfiel. Sein Körper wurde von einer Ruhe durchströmt, wie nur
ein Hormonstoß sie auslösen konnte. Er fühlte sich nicht berauscht,
sondern einfach nur gut. Gut, gestärkt und zu allem
bereit.
Nachdem er sich die
Hose zugemacht hatte, ließ er den Wagen an und fuhr los. Langsam.
Gemächlich. Das Büro war ja nur am Ende der Straße.
»Wo willst du hin?«,
fragte Finn.
»Zurück zur
Arbeit.«
»Bist du
wahnsinnig?«
Fellows antwortete
nicht.
Finn schüttelte den
Kopf. »Sie folgen uns, Martin. Sie haben deine Zulassungsnummer und
wissen, was für ein Auto du fährst. Sie kennen deinen Namen, und
einer von ihnen hängt bestimmt schon am Telefon. Sobald sie eine
Blutprobe von dir haben, wird ein DNA-Vergleich durchgeführt. Dann
ist es aus mit dir, und ich bin ebenfalls dran. Warum willst du das
einfach nicht kapieren? Was ist denn nur los mit dir?«
Als Fellows’ Blick
wieder zum Rückspiegel wanderte, stellte er fest, dass Lenas
Partner in ein Mobiltelefon brüllte. Er spürte, wie er erneut in
Rage geriet, eine Wut, die sich eigentlich erst in einer halben
Stunde hätte zurückmelden sollen. Doch sie war da. Einen Moment
spielte er mit dem Gedanken, auf die Bremse zu treten, die beiden
aus dem Wagen zu zerren und sie mit bloßen Händen zu
erdrosseln.
»Sie sind bewaffnet«,
sagte Finn. »Sie haben Pistolen.«
Fellows verzog den
Mund und sah seinen Freund und Trainingspartner auf dem
Beifahrersitz an. Der Kerl konnte Gedanken lesen.
»Dann erzähl du mir,
was ich tun soll«, schrie er.
»Lass mich ans
Steuer, Martin. Ich kann das in Ordnung bringen.«
Fellows schaute in
den Rückspiegel und überlegte. Seltsamerweise wurde der Crown Vic
langsamer. An der Ecke wendete der Wagen, kehrte um und verschwand
in der Ferne.
»Im Moment
interessieren sie sich nicht für dich«, meinte Finn, »sondern nur
für deine DNA und für Harriet. Sie wollen zu dir nach
Hause.«
Fellows erschauderte.
Die Welt zerfiel vor seinen Augen. Sie hatten ihn entdeckt. Sie
wussten es. Erneut blickte er in den Spiegel. Zwei unbekannte
Männer folgten ihnen in einem anderen Crown Vic.
»Das, was jetzt auf
dich zukommt, schaffst du nicht allein«, meinte Finn.
»Willst du
fahren?«
Finn nickte. »Du
brauchst nicht anzuhalten. Lass einfach das Steuer los, Martin. Ich
erledige den Rest.«