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Sie durchsuchten noch immer Burells Kellerbüro. Keith
Upshaw von der Abteilung Computerkriminalität führte ihnen gerade
die Webseite vor.
Lena, die mit Novak
zusah, musste dabei an eine Pyramide denken. Die Begrüßungsseite
war die Spitze. Wer ein Passwort besaß, hatte die Wahl zwischen dem
Film des Tages oder einer Wiederholung aus dem Archiv. Die
Wiederholungen waren nach Datum aufgelistet und nach der
Beliebtheit der Darstellerinnen bewertet. Candy Bellringer – das
Mädchen, das die Glocken zum Läuten brachte – war die
schwarzhaarige Frau mit den blauen Augen, die Lena auf dem Sofa
gesehen hatte. Sie war fünfzehnhundertmal öfter angeklickt worden
als alle anderen.
Allerdings war die
wirklich wichtige Frage, was Romeo mit dieser Webseite
verband.
Romeo hatte sich
unter dem Namen Avis Payton eingeloggt und die Seite nur dreimal
besucht. Einmal, um mit Paytons Kreditkarte Mitglied zu werden.
Dann, drei Tage später, an dem Nachmittag vor dem Mord an Teresa
López. Und schließlich ein drittes Mal, eine Stunde und
fünfundvierzig Minuten lang, und zwar in der Nacht von Nikki Brants
Ermordung. Als Upshaw den Film des Tages für die fragliche Nacht
aus dem Archiv heraussuchte, stellte sich heraus, dass Burell es
mit einer jungen Blondine getrieben hatte, die sich Barbie Beckons
nannte.
Lena überlegte. Der
Zeitpunkt war wichtig. Burell hatte gewusst, dass sie in einem
Mordfall ermittelten, und hätte ihnen bei ihrem Besuch seine
Statistiken zeigen können. Allerdings hatte er es vorgezogen, sie
zu belügen. Statt ihnen zu helfen, hatte er offenbar nichts weiter
getan, als das unter Avis Payton eröffnete Konto zu schließen,
nachdem sich herausgestellt hatte, dass ihre Kreditkarte ungültig
war.
Lena folgte Novak zu
Burells Schreibtisch und warf noch einen Blick in die Akte, die sie
in der untersten rechten Schublade gefunden hatten. Burell führte
Buch über die dreiundzwanzig Frauen, die er dafür bezahlte, dass
sie mit ihm schliefen. Porträtfotos waren ebenso dabei wie
Kontaktdaten und Aufzeichnungen, wann der letzte Aidstest
stattgefunden hatte. Jede dieser dreiundzwanzig Frauen bekam alle
drei bis vier Wochen ein Gehalt. Einige verdienten mehr als andere.
Die Berufsbezeichnung lautete in allen Fällen Beraterin. Das Honorar für eine Stunde mit Burell
vor der Kamera betrug tausend Dollar. Obwohl die Adressen echt zu
sein schienen, waren die Frauen nur mit ihren Künstlernamen
aufgeführt. Nachdem Lena und Novak das gesamte Büro durchsucht und
Burells Scheckbuch gesichtet hatten, wurde ihnen klar, dass es
nicht seine Art gewesen war, bürgerliche Namen zu benutzen oder gar
zu dokumentieren. Die Frauen erhielten Schecks von Charles Burell
Enterprises, ausgestellt auf den Überbringer.
Lena blickte durch
die Tür in den Keller. Burells Leiche war vor zwei Stunden
abtransportiert worden und schien noch immer zu zwinkern, als man
sie in einem Leichensack verstaute. Inzwischen packten die
Kriminaltechniker ihre Sachen. Der Verbleib von Burells
Geschlechtsorganen blieb weiterhin ein Geheimnis. Wie immer in
diesem Fall ließ sich zwar der Tathergang rekonstruieren, doch von
Hinweisen auf den Täter fehlte jede Spur. Keine Fingerabdrücke.
Keine Haare oder Textilfasern. Nur die Mordwaffen: zwölf Dosen
Viagra und ein dreißg Zentimeter langes Messer, das Novak in der
Geschirrspülmaschine entdeckt hatte.
Sie liefen ins Leere.
Bis jetzt, dachte Lena. Bis Romeo Burell ermordet hatte, sodass
allmählich ein Bild entstand. Nicht nur ein Eindruck davon, was
geschehen war, sondern der Hauch eines Warum.
»Wir jagen keinen
Serienmörder, oder, Hank? Romeo ist wütend. Er ist geisteskrank.
Aber aller Wahrscheinlichkeit nach war keiner dieser Morde
zufällig.«
Novaks Augen
funkelten im Dämmerlicht. »Ich glaube, wir sehen endlich Licht am
Horizont. Die Blondine wohnt in Santa Monica. Lass uns mit ihr
anfangen.«