Abends … irgendwann

Im selben Moment, als sie wach wurde, begriff sie, dass sie nackt war. Um sie herum war es dunkel. Dennoch schien er ihr etwas über den Kopf gezogen zu haben, eine Art Sack, der nach Schweiß und getragener Wäsche roch. Als sie den Mund öffnete, um nach Luft zu schnappen, stellte sie entsetzt fest, dass ihr Mund komplett versiegelt war, so dass sie ausschließlich durch die Nase atmen konnte, was – umhüllt von Stoff – nicht einfach war. Die Angst trieb schlagartig ihr Adrenalin in die Höhe und mit ihm auch ihre Atemfrequenz. Sie spürte, wie sie in Panik geriet.

Ruhig, ganz ruhig, schärfte sie sich ein und zwang sich, kontrolliert durch die Nase zu atmen. Nach einiger Zeit hatte sie sich unter Kontrolle. Erleichtert stellte sie fest, dass sie es allein durch die Nasenatmung schaffte, sich ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen.

Wieso hatte er ihr den Wäschesack über den Kopf gezogen? Um zu verhindern, dass sie ihn erkannte? Wollte er sie etwa am Leben lassen? Sicher nicht!

Sie lag auf dem Rücken, vermutlich auf einer Liege, vielleicht auch auf einem Bett. Die Arme ruhten zu beiden Seiten dicht an ihrem Körper. Sie wurden von etwas festgehalten, das jede Bewegung unmöglich machte. Sie konnte nur mit den Fingern wackeln. Die Beine waren leicht angewinkelt, und in den Kniekehlen spürte sie etwas Weiches, vermutlich ein Kissen. Auch die Füße schienen fixiert zu sein, aber nicht mit Schnüren, die sich brutal in ihr Fleisch eingruben, sondern mit etwas Breitem und Nachgiebigem, einem Material, das ihre Bewegungen dennoch einschränkte – elastisch, doch unerbittlich. Ihre Beine waren gespreizt, und sie war sich sicher, direkt unter ihrem Steißbein keine Unterlage zu spüren, so als schwebte es in der Luft und als läge sie auf einer Liege in Form eines Ypsilons. Wie auf einem gynäkologischen Untersuchungsstuhl. In Vergewaltigungsposition. Erneut überfiel sie Panik, und sie bemühte sich konzentriert, ihre Atmung zu kontrollieren.

Ruhig, ganz ruhig, befahl sie sich erneut.

Sie hatte Moses nicht bellen hören. Was nur bedeuten konnte, dass er – als sie das Haus betrat – schon tot gewesen war. Aber was war mit ihrer Mutter? Hatte der Mörder sie ebenfalls getötet?

Ihre Halsmuskeln schmerzten. Sie versuchte, den Kopf zu bewegen, um die Verkrampfung in ihrem Nacken zu lösen, aber der stechende Schmerz nahm umgehend zu.

War es jenseits des Sacks dunkel? Oder hell? War sie allein? Oder war der Mörder im Raum und beobachtete jede ihrer Bewegungen?

Sie stieß einen langgezogenen Laut aus, der wie ein helles U klang und dem sie etwas Fragendes beizumischen versuchte. Um sie herum blieb es still, eine Stille, die geradezu unnatürlich war. Sie begriff, dass der Raum gut isoliert sein musste. Um zu verhindern, dass Schreie nach draußen drangen.

Schreie.

Er würde sie töten.

Irgendwann. Nicht sofort.

Sie erzeugte erneut das helle U. Es klang wie ein junger Heuler, der verzweifelt nach seiner Mutter sucht.

Niemand antwortete. Stattdessen berührte etwas jäh ihr Gesicht, und bevor sie erkannte, was es war, wurde ihr auch schon die Nase zugehalten, mit einem festen, unnachgiebigen Griff. Sie schnappte erneut nach Luft, aber ohne Erfolg. Das Klebeband hielt die Außenwelt hermetisch von ihr fern, und sie sog wie verrückt, aber es wollte nichts helfen, und sie hatte das Gefühl, als würde sie implodieren und als würden ihre Augäpfel in ihr Gehirn hineingesogen, und erst als sie schon glaubte, im nächsten Moment zu sterben, lockerte er den Griff. Sie hechelte wild durch ihre Nase, wie sie es im Fernsehen bei Geburten beobachtet hatte, aber die Luft wollte einfach nicht reichen. Ihr Herz pumpte, als hätte sie Drogen genommen, und das Blut rauschte so laut durch ihren Körper, dass sie es deutlich hören konnte.

Er war hier! Unmittelbar neben ihr! Und das, was sie von Katja und aus den Medien wusste und was ihr bislang wie ein böser Traum vorgekommen war, wie aus einer anderen Welt, die sie niemals betreten würde, hatte gerade erst begonnen.

»Eigentlich bist du überhaupt nicht mein Typ«, sagte die Stimme, während Verena um ihr Leben atmete. »Eigentlich bist du nicht schön genug. Und auch nicht erfolgreich. Selbst wenn deine Bilder zugegebenermaßen vielversprechend sind.«

Bilder? Welche Bilder?

Als sie gerade glaubte, die Atemnot überwunden zu haben, griff er durch den Stoff hindurch erneut nach ihren Nasenflügeln und nahm ihr ein zweites Mal die Luft. Sie sog und sog und bäumte sich auf, so dass sie schon hoffte, die Fesselung würde reißen, aber sie riss nicht, sondern hielt sie brutal zurück. Es dauerte endlos lange. Als er die Finger lockerte, glaubte sie, es nicht zu schaffen, sondern jämmerlich zu ersticken, und sie war sich sicher, dass er es dieses Mal übertrieben hatte und dass sie auf der Stelle sterben würde.

Aber sie starb nicht.

»Letztendlich habe ich dich nur wegen deiner Schwester ausgewählt«, erklärte die Stimme. »Und wegen Lena Böll. An sie persönlich heranzukommen, war mir leider nicht möglich, und deine Schwester macht optisch noch weit weniger her als du.«

Bitte halte mir nicht noch einmal die Nase zu, dachte sie. Bitte nicht!

Er würde sie auf keinen Fall jetzt schon töten. Aber es fühlte sich dennoch so an. Wenn er sie weiterhin quälte, musste sie sich in jeder einzelnen Sekunde völlig auf diesen einen Gedanken konzentrieren: dass er sie vorerst noch am Leben lassen würde. Dass er sie auf keinen Fall jetzt schon verlieren wollte, und dass er daher auch unbedingt verhindern musste, dass sie frühzeitig erstickte. Später schon. Jetzt noch nicht.

»Aber andererseits bist du auch nicht gerade hässlich. Ich denke, für meine Zwecke bist du durchaus brauchbar, findest du nicht?«

Er machte sich an dem Sack zu schaffen, und während sie noch überlegte, was er vorhatte, zog er ihn ihr bereits vom Gesicht. Der Raum war weiß gekachelt und fensterlos. An der Decke hing eine Glühbirne und verbreitete spärliches Dämmerlicht. Er fuhr mit dem Fingernagel unter den Rand des Klebebands, bekam es zu fassen und riss es ihr ruckartig vom Mund. Der Schmerz war überwältigend. Ihr stiegen sofort Tränen in die Augen. Es fühlte sich an, als hätte er ihr einen großen Fetzen Haut oder gar einen Teil der Lippe abgerissen.

»Findest du nicht?«, wiederholte er kalt.

Ihr fiel ein, was Katja ihr erzählt hatte. Dass er Frauen in erster Linie demütigen wollte und dass er sie erst dann tötete, wenn er sein Ziel erreicht hatte. Und ihr fiel ein Zitat von Schopenhauer ein: dass man die Folter nur überstand aus Angst vor dem Tod, und sie war überrascht, dass sie gerade jetzt beides abrufen konnte.

Dieses miese Schwein!

»Für deine Zwecke?«, sagte sie, indem sie bewusst zum Du wechselte. »Du meinst, um mich zu demütigen und zu vergewaltigen, in dem kläglichen Versuch, deine eigenen Komplexe zu kompensieren?«

Hatte das wirklich sie gesagt? Sie, die Zerbrechliche, die sich nie zu wehren wusste?

Sie holte tief Luft, in der Erwartung, dass er wieder nach ihrer Nase greifen würde, doch zu ihrer Überraschung verzichtete er auf die Strafe. Stattdessen setzte er sich direkt neben sie auf einen Stuhl und zündete sich ohne Hast eine Zigarette an. Sie war immer noch erstaunt, wie nett und normal er wirkte. Als er sich die Flamme vor das Gesicht hielt, sah sie, dass seine Nase bläulich verfärbt und dick angeschwollen war.

»Du gehst von falschen Voraussetzungen aus«, sagte er ruhig. »Du denkst, es mit einem wilden Tier zu tun zu haben, das gierig über dich herfällt, um seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Das dich bestraft oder gar tötet, nur weil du eine kesse Lippe riskierst. Aber so läuft das nicht, Baby! Das hier ist um einiges komplizierter angelegt.«

»Ach ja?«, stieß sie wütend hervor. »Da bin ich aber wirklich gespannt.« Erneut war sie von ihrem eigenen Mut überrascht. »Was hast du mit meiner Mutter gemacht? Hast du sie getötet?«

»Hätte ich sie denn töten sollen?«, fragte er lächelnd zurück. »Muss schwer gewesen sein, mit einer Säuferin aufzuwachsen.«

Die Bemerkung versetzte ihr einen Stich. Tatsächlich hatte sie ihrer Mutter mehr als nur ein Mal den Tod gewünscht. Hatte er die Vergangenheitsform verwendet, weil ihre Mutter tot war oder weil er davon ausging, dass sie nie mehr lebend nach Hause zurückkehren würde? In seiner Bemerkung schwang auch eine gewisse Empathie mit und ein Verständnis für ihre Situation. Vielleicht lag darin ja ihre Chance.

Ich will nicht sterben, dachte sie. Ich muss es ihm so schwer wie möglich machen. Dennoch begann sie zu weinen.

»Ja, das war es allerdings. Die letzten Jahre waren bestimmt kein Vergnügen.«

Er schien nachzudenken. »Die Frauen, die ich in der Vergangenheit hierhergebracht habe, hatten es in ihrem bisherigen Leben leicht. Gutaussehende, begabte Schlampen, denen bis dahin alles in den Schoß gefallen war. Die keine Ahnung hatten, was es bedeutet, sich die eigene Unterlegenheit eingestehen zu müssen.« Er lachte kurz auf, ein böses Lachen, das sie frösteln ließ. »Denen ich hier erst alles mühsam beibringen musste, was ihnen das Leben in seiner ungerechten Güte bisher vorenthalten hatte. Insofern bist du wohl eher eine Fehlbesetzung.«

Er würde sie töten. Sie hatte sein Gesicht gesehen. Also konnte er sie unmöglich gehen lassen. Sollte er tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass er sich in ihr getäuscht hatte und nichts mit ihr anzufangen wusste, war ihr Schicksal besiegelt.

»Andererseits bin ich jedoch auf dich angewiesen, um der guten HK Böll und diesem Arsch von Nummer Zwei ihre Grenzen aufzuzeigen. Genau deshalb bist du hier. Kannst du mir folgen?«

»Ich denke schon«, erwiderte sie – fast schon gekränkt.

»Du denkst schon?«, wiederholte er gereizt.

Bitte nicht, dachte sie, aber er drückte erneut ihre Nasenflügel zusammen und presste ihr gleichzeitig seine andere Hand auf den Mund. Er verfügte über enorme Kräfte. Sie hatte nicht den Hauch einer Chance. Also bäumte sie sich bereits frühzeitig auf, noch bevor ihr die Luft endgültig auszugehen drohte, aber er schien ihr Manöver zu durchschauen und wartete unbeeindruckt ab. Erst als sie glaubte zu bersten, gab er sie im letzten Moment frei.

Sie überlebte erneut.

»Bis vor kurzem lief alles bestens. Ich hatte alles unter Kontrolle. Die Bullen tappten völlig im Dunkeln, und vermutlich hätte das noch ewig so weitergehen können, wenn dieser verdammte Trottel sich nicht eingemischt und sich die Leiche der Lauk unter den Nagel gerissen hätte. Das konnte ich unmöglich auf mir sitzen lassen. Ich musste einfach reagieren. Mir blieb keine andere Wahl. Leuchtet dir das ein?«

Sie war so sehr außer Atem, dass sie auf keinen Fall antworten konnte, und er wartete geduldig ab, bis sie ihre Stimme wieder zu kontrollieren vermochte.

»Ja«, stieß sie keuchend hervor. »Das leuchtet mir ein.«

»Anfangs ging ich davon aus, das alles hätte sich diese gottverdammte Bullenschlampe ausgedacht. Um mich aus der Reserve zu locken. Die Böll selbst zu entführen, erschien mir zu vorhersehbar und daher zu riskant, also konzentrierte ich mich auf deine Schwester. Nicht, dass sie mich als Opfer wirklich überzeugt hätte, aber ich dachte, immerhin besser als nichts. Tja, und dann führte sie mich prompt nach Philippsburg … und zu dir. Nette Geschichte, nicht wahr?«

Sie schwieg.

»Letztendlich muss ich mich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden. Entweder ich töte dich, vergrabe dich draußen im Garten und lasse die Bullen über Monate im Glauben, du bist noch immer in meiner Gewalt. Oder aber ich gewähre dir eine Art Probezeit, und falls ich mit dir zufrieden sein sollte, halte ich dich für längere Zeit als meine Sklavin. Was meinst du dazu? Welche Option wäre dir lieber?«

»Für längere Zeit? Ich verstehe nicht. Haben Sie denn nicht vor, mich zu töten?« Sie war erneut zum Sie gewechselt, sah aber ein, dass dieses Detail keine Rolle mehr spielte.

Er schüttelte energisch den Kopf. »Die Ausgangssituation hat sich entscheidend verändert, Süße! So wie es aussieht, haben sie wohl meine DNA sichern können. Echt beschissen, aber noch nicht unbedingt das Ende. Allerdings kann mich ab jetzt der kleinste Fehler den Kopf kosten. Ich werde also für einige Jahre abtauchen müssen. Ohne Frau wäre das ziemlich langweilig. Ich könnte dir also ein längeres … hmm … Engagement anbieten. Falls du mich nicht enttäuschst.« Er warf die Zigarettenkippe auf den Boden und trat sie mit dem rechten Fuß in den Staub. »Was meinst du? Wirst du mich enttäuschen? Lohnt sich ein Versuch? Oder willst du lieber sterben?«

Er blufft nur, dachte sie entsetzt. Das würde er niemals tun. Selbst wenn ich mich jetzt für den Tod entscheide, wird er mich dennoch tagelang quälen und mich vergewaltigen und am Ende wird man mich irgendwo finden, tot und nackt und grell geschminkt.

»Also wofür entscheidest du dich? Für den Tod oder für das andere?« In seiner Stimme schwang plötzlich Verachtung mit. »Wie du vielleicht weißt, existieren zahlreiche historische Überlieferungen, in denen von tugendhaften Frauen die Rede ist, die lieber heroisch den Freitod wählten, als in die Hände des Feindes zu fallen und ihre Ehre zu verlieren.«

»Wie ich mich entscheide, spielt doch eh keine Rolle«, fuhr sie ihn an.

»Oho! Die junge Dame rebelliert. Soll das heißen, du glaubst mir nicht?«

»Natürlich nicht. Wer glaubt schon einem Frauenmörder?«

Er lachte erneut laut auf. »Du bist unterhaltsam! Witziger als die anderen. Aber glaub mir: Ich sage wirklich die Wahrheit. Ich werde dich nicht vergewaltigen. Ich werde dich erst ficken, wenn du mich ausdrücklich darum bittest, auf eine Weise, die mir stimmig und glaubwürdig erscheint und die ich dir voll und ganz abnehmen kann. Würde ich dich nämlich brutal vergewaltigen, so würdest du dich selbst als stark und als Opfer erleben und mich zutiefst verachten. Das wäre zu einfach. Nein, nein, ich lasse dir die Wahl. Du kannst dich hier ständig entscheiden, stattdessen den Weg der Ehre zu gehen. Was auch immer hier passiert, entscheidest am Ende du. Ist das in deinem Köpfchen angekommen?«

Sie nickte schwach. Nie in ihrem Leben hatte sie eine derartige Angst verspürt. Sie wollte nur noch weg, sich abschalten, nichts mehr wissen und fühlen, sich auflösen im Nichts. Gleich würde er ihr wieder die Luft zum Atmen nehmen, und noch einmal stand sie das einfach nicht durch. Oder doch?

»Ist das in deinem Köpfchen angekommen?«, wiederholte er gereizt.

»Ja, ist es«, beteuerte sie eilig. »Ich habe verstanden.«

Sie dachte erneut an das Zitat von Schopenhauer. Ihre einzige Chance lag in der Zeit. Vielleicht würden Katja und ihre Kollegen sie ja doch noch finden. Immerhin kannten sie schon seine DNA. Der kleinste Hinweis würde ausreichen, um diesen Irren aufzuspüren. Sie durfte sich nicht aufgeben. Noch nicht.

Er trat dicht an sie heran. Ihre Angst steigerte sich ins Unermessliche. Seine Hand verschwand in seiner Hosentasche und brachte zwei Würfel zum Vorschein. »Dann erkläre ich dir jetzt besser die Spielregeln. Ich werde jetzt mit zwei Würfeln würfeln, das Ergebnis addieren und mit Zehn multiplizieren. Danach werde ich dir Mund und Nase zuhalten und laut zählen, und zwar so lange, bis ich bei der errechneten Zahl angekommen bin. Wir reden folglich von einem Zeitraum von zwanzig bis einhundertzwanzig Sekunden. Was glaubst du? Schaffst du es, volle zwei Minuten lang die Luft anzuhalten?«

Sie schüttelte entsetzt den Kopf.

Wie lange konnte sie die Luft anhalten? Sie hatte nicht die geringste Ahnung.

»Danach hast du drei Minuten Zeit, um etwas zu sagen und um wieder halbwegs ins Lot zu kommen. Danach wiederholt sich das Ganze. Ich werde übrigens verdeckt würfeln. Das erhöht die Spannung. Du wirst also nicht wissen, wie lange du durchhalten musst. In den Pausen bleibt dir aber immer die Möglichkeit, mir einen Vorschlag zu unterbreiten oder aber zu schweigen. Spätestens beim fünften Durchgang bist du vermutlich tot. Glaub bloß nicht, es sei mir nicht ernst! Ich werde die Hand immer erst dann wegnehmen, wenn ich bis zur jeweiligen Zahl gezählt habe. Du hast also immer die Wahl. Kein leichter Tod, aber ein möglicher. Hast du das verstanden?«

In ihrem Kopf suchte sie verzweifelt nach einem Ausweg, den es nicht zu geben schien.

»Ein Vorschlag? Was für ein Vorschlag?«, fragte sie zitternd.

Er grinste sie hämisch an. »Ein Vorschlag, der mich interessiert. Ein Vorschlag, der mich davon überzeugt, dich am Leben zu lassen.«

»O mein Gott. Ich …«, begann sie, aber bevor sie den Satz beenden konnte, drückte er ihr bereits einen breiten Klebestreifen über den Mund.

»Widerspruch sinnlos. Du gehörst mir, Baby, und ich kann mit dir machen, was auch immer ich will. Hast du das verstanden, du neunmalkluges Miststück?«

Sie nickte heftig. Inzwischen schlotterte ihr gesamter Körper, so als läge sie seit Stunden nackt im Schnee. Sie hatte die Kontrolle über ihre Muskeln verloren.

»An deiner Stelle würde ich jetzt noch einmal Luft holen. Übrigens: Deinem Hund habe ich die Kehle durchgeschnitten. Was ich ernsthaft bedaure. Deiner Mutter habe ich eine Kugel ins rechte Auge geschossen. Was mir merkwürdigerweise leichter fiel als die Sache mit dem Hund.« Er lächelte sie an. »Ich sage dir das nur, damit du bei der bevorstehenden Entscheidung über die notwendigen Fakten verfügst.«

Sie begann zu hecheln und sog so viel Luft in die Nase, wie es ihr möglich war. Er ging in die Ecke des Raumes zu einem kleinen Tisch. Als er ihr den Rücken zuwandten, hörte sie das Klackern der Würfel.

Ich muss durchhalten, dachte sie. Vielleicht wird man mich doch noch retten. Ein Vorschlag, der ihn interessieren könnte! Dieses perverse Schwein!

Drei Durchgänge hielt sie ihm stand, dann stellte sie weinend die Frage, die er hören wollte.