09:02
»Schön, dass Sie kommen konnten«, sagte Carmen Mingus, bemüht, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen.
Max Romberg griff lächelnd nach ihrer Hand und erhöhte behutsam den Druck. Gerade so weit, dass es nicht schmerzte. Sie litt unter chronischem Rheuma, und trotz der Hitze waren ihre Fingergelenke dick angeschwollen und bestraften seit Stunden jede Bewegung. Dass Romberg dies registrierte und sich prompt darauf einzustellen vermochte, war typisch für ihn. Extrem feinfühlig und offen für alles, was ihn umgab. Eine lebende Antenne.
»Kein Problem«, wiegelte er ab. »Wie Sie wissen, bin ich in der Planung meiner Termine äußerst flexibel.«
»Ja, ich weiß. Obwohl ich mir durchaus wünschen würde, dass es nicht so wäre und dass Sie mir wegen einer anderen Verabredung einen Korb geben müssten.«
Er schaute sie durchdringend an. »Sie wollen mich doch nicht etwa loswerden?«
»Nein, natürlich nicht. Werden Sie jetzt bloß nicht kokett! Sie wissen genau, wie ich das meine.«
Er zuckte bedauernd mit den Schultern. »Ich gebe zu: Ich verbringe noch immer viel Zeit zu Hause. Aber ich gehe täglich spazieren. Und am Sonntag habe ich mir gemeinsam mit Achim das Fußballspiel angeschaut. In einem Biergarten. Beim Public Viewing.«
»Sehr schön«, stellte sie anerkennend fest. »Fällt Ihnen noch mehr ein, was Sie seit unserem letzten Treffen vor vier Wochen unternommen haben? Einkäufe ausgenommen.«
Er zögerte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, tut mir leid. Ich bin wohl immer noch ein spielsüchtiger Stubenhocker.«
Er schien Speyer nicht erwähnen zu wollen. Sie sah, wie er schluckte. Zeichen einer erhöhten Speichelproduktion. Obgleich er sich locker gab, stand er erkennbar unter Stress.
»Haben Sie wenigstens Gewinne vorzuweisen?«
»Noch nicht. Aber die Verluste sind eindeutig rückläufig«, antwortete er schmunzelnd. »An der Börse spräche man wohl bereits von einem Trend.«
Einige Sekunden lang schwiegen beide, und sie fragte sich, wie um alles in der Welt sie herausfinden sollte, wofür er eine Waffe benötigte, ohne gleichzeitig Gold als Verräter bloßzustellen. Sie beschloss, ihre Taktik zu ändern.
»Gibt es ein spezielles Thema, das Sie heute mit mir besprechen möchten?«
Er überlegte kurz und schluckte erneut. »Mir geht es eigentlich gut. Es ist nur …«
»Ja?«
»Am Sonntag hat mich erstmals seit Monaten ein heftiger Flashback erwischt. Mit allem Drum und Dran. Ich musste sogar auf eine Chilischote beißen. Nur um nicht völlig die Kontrolle zu verlieren.«
»Können Sie sich noch an den Auslöser erinnern?«
»Sicher. Es waren keine äußeren Faktoren. Es waren Gedanken.« Er schien sich jede seiner Antworten gründlich zu überlegen.
»Aha. Wollen Sie darüber sprechen?«
»Ja, warum nicht? Wenn nicht mit Ihnen, mit wem dann?« Er holte kurz Luft. »Sie haben bestimmt schon von den Frauenmorden gehört?«
»Ja, klar.« Weit unten in ihrem Denken verdichteten sich einzelne Informationen zu einem beklemmenden Gefühl, das sie auf keinen Fall zulassen wollte.
»Nun, das mag vielleicht merkwürdig klingen, aber seit der Entführung von Carola Lauk muss ich ständig daran denken. An diese Mädchen, die … so wehrlos und ohnmächtig sind.«
Sie hörte, dass seine Stimme zitterte. »Das erinnert Sie an Laura, nehme ich an?«
»Ja, ich denke schon.«
»Und kurz vor Ihrer Panikattacke … was genau ging Ihnen da durch den Kopf?«
Er schien nach den passenden Worten zu suchen, aber je länger er überlegte, umso weniger erwartete sie, von ihm die Wahrheit zu hören.
»Ich fragte mich, wie sie sich wohl fühlen würde. Carola Lauk, meine ich. Und wie es wohl ihrem Vater erginge, der ihr vermutlich ähnliche Versprechungen gemacht haben dürfte wie ich … sie niemals im Stich zu lassen.«
Er war emotional betroffen, das war nicht zu übersehen, und vermutlich log er sie nicht einmal an, aber dennoch verschwieg er ihr die Wahrheit, und sie wusste nicht, warum. Sie waren immer sehr offen miteinander umgegangen, bis hin an die Grenze der Brutalität. Jetzt allerdings schien es da ein Geheimnis zu geben. Nicht jenes, welches sie selbst mit Gold teilte, sondern noch ein weiteres, über das er nicht mit ihr sprechen wollte.
»Quält Sie noch oft dieser Traum?«
Er schüttelte den Kopf. »Nur noch selten. Aber es ist seltsam, dass Sie fragen, denn gerade vorgestern habe ich ihn nach langer Zeit zum ersten Mal wieder geträumt.«
»Lief er ab wie immer?«
»Mehr oder weniger schon. Da war nur ein Detail, das …« Er lachte laut auf. »Neben mir stand plötzlich ein Fußballspieler in einem spanischen Trikot und zeigte schweigend zum Horizont. Ziemlich verrückt, nicht wahr?«
»Mit was für einem Gefühl sind Sie aufgewacht?«
»Angst. So wie immer. Ich war klatschnass geschwitzt.«
Als sie Romberg kennengelernt hatte, hatte er diesen Traum fast jede Nacht geträumt. Seine Tochter in der Unterwelt. Seine Tochter, die panisch nach ihm rief. Er glaubte nicht an Gott, aber dennoch hatte er sie damals gefragt, ob sie die Existenz eines solchen Ortes für theoretisch denkbar hielt. Möglich sei grundsätzlich alles, hatte sie geantwortet, und dass sich insofern auch nichts grundsätzlich ausschließen ließe, selbst nicht die Existenz eines Marzipanplaneten oder einer sumpfigen Unterwelt, in der sich Tausende von schreienden Seelen drängten. Erst allmählich hatte sie begriffen, auf was er aus war, nämlich auf ihre Unterstützung bei einer endgültigen Entscheidung, und sie hatte erschrocken ihre eigene Aussage widerrufen und ihm geraten, sich von diesem absurden Gedanken auf keinen Fall leiten zu lassen. Am Ende hatte sie ihn wohl tatsächlich überzeugt, denn schließlich war er noch immer am Leben. Über Monate aber war es ein zähes Ringen gewesen. Um die immer gleiche Frage, ob man ein gegebenes Versprechen nicht zuverlässig einzuhalten hätte, selbst unter der Notwendigkeit eines drastischen Schrittes und bei nur geringen Aussichten, es am Ende nicht dennoch brechen zu müssen.
»Stellt Sie dieser Traum noch immer vor eine Entscheidung, oder haben Sie diese Frage inzwischen abschließend für sich geklärt?«
Erneut schwieg er lange, bis er eine passende Antwort gefunden zu haben glaubte. »Wie Sie wissen, glaube ich nicht an ein Leben nach dem Tod. Aber dennoch – auch wenn das absurd klingen mag – kann ich es bis heute nicht völlig ausschließen, dass so ein Ort existiert und dass dieser Traum somit durchaus auch real sein könnte.«
»Das heißt, Sie halten es nach wie vor für möglich, dass Ihre Tochter hilflos durch eine nebelverhangene Moorlandschaft irrt und panisch nach Ihnen sucht?«
Sie konnte erkennen, wie sich seine Atmung beschleunigte.
»Ja, irgendwie schon. Aber im Vergleich zu früher gibt es einen bedeutsamen Unterschied.«
»Und der wäre?«
»Über Jahre hat mich die Frage gequält, warum ich nicht mit ihr gestorben bin. Warum ich mich am Ende doch noch an diesem Holzstück festgeklammert und um mein armseliges Leben gekämpft habe, anstatt einfach loszulassen und ihr in den Tod zu folgen.«
»Weil Sie zu dem Zeitpunkt, als Sie nach der Planke griffen, auf keinen Fall sicher sein konnten, dass Laura bereits tot war. Und weil es daher Ihre verdammte Pflicht als Vater war, zu überleben und weiter nach ihr zu suchen.«
»Ja, ja, ich weiß. Sie sind wie immer sehr überzeugend. Aber ich meine etwas anderes. Zum ersten Mal seit damals habe ich das Gefühl, dass es trotz allem vielleicht doch einen Sinn gehabt haben könnte, inmitten dieses Infernos am Leben geblieben zu sein. Dass da womöglich noch irgendeine Aufgabe auf mich wartet. Dass meine bloße Existenz zu etwas gut sein könnte und ich noch irgendwo etwas in Ordnung bringen muss. Und ich glaube, wenn ich in diesem Moment mit Laura sprechen könnte, würde sie das sicherlich genauso sehen.«
Das Gefühl in ihrem Hinterkopf ließ sich nicht länger zurückdrängen und strömte in ihr Denken. Etwas in Ordnung bringen? War es das, wofür Romberg die Waffe benötigte?
»Interessant«, sagte sie, um Fassung bemüht. »Aber was genau haben Sie vor? Das klingt so, als stünden in Ihrem Leben gewaltige Veränderungen bevor.«
»Ja, schon möglich«, sprach er mehr zu sich selbst, und er sah aus, als läge ihm etwas auf der Seele, etwas ungeheuer Wichtiges, aber er fand nicht den Mut, es auszusprechen.
»Sie wollen es mir nicht erzählen, ist es nicht so?«, versuchte sie es zaghaft erneut.
Er schaute sie prüfend an. »Halten Sie es für möglich, dass ich von dem Gefühl der Schuld erlöst werden könnte, indem ich jemanden anderen rette?«
Sie verspürte den Impuls, ihn weiterhin auszuhorchen, doch sie hielt sich bewusst zurück. Schließlich war sie keine Polizistin, sondern Therapeutin, und ihre Aufgabe bestand nicht darin, ein Verbrechen zu verhindern, sondern Romberg so weit wie nur möglich aus seiner privaten Hölle zu befreien. Und gerade jetzt ging etwas Besonderes vor, und ihr bot sich eine einmalige Chance, diesem Ziel näherzukommen.
»Nun … ich denke nicht, dass Sie den Schmerz darüber, dass Sie Ihre Tochter nicht retten konnten, jemals völlig überwinden werden. Aber das ist auch gut so. Es war der traurigste Moment Ihres Lebens, und es wäre beängstigend, wenn Sie ihn jemals vergessen würden. Was Sie in Thailand erlebt haben, ist längst zu einem Teil Ihrer Persönlichkeit geworden. Aber auf Dauer sollte es sich anfühlen wie nach einer gelungenen Amputation: Etwas Wichtiges fehlt, aber Sie leiden dennoch nicht täglich unter vernichtenden Schmerzen, und Sie gehen trotzdem Ihren Weg.« Sie strich sich beiläufig eine Haarsträhne aus der Stirn und lächelte ihm aufmunternd zu. »Was sich aber durchaus ändern kann – und in Ihrem Fall ist dies anscheinend bereits geschehen –, ist die Einstellung gegenüber dem eigenen Überleben. Wie viele Menschen, die ein Unglück als Einzige überlebt haben, leiden Sie seit Jahren unter einem Gefühl der Schuld, damals nicht ebenfalls ums Leben gekommen zu sein. Wir haben schon oft darüber gesprochen, und wie Sie wissen, war dieses Thema für Sie absolut zentral. Natürlich wird man dieses Gefühl nicht dadurch los, dass man am Computer sitzt und Spielern aller Nationen ihr Geld abknöpft. Verständlicherweise wird ein Arzt, der in einem der Krisengebiete dieser Welt Dutzende von Kinderleben rettet, seine eigene Existenz als sinnvoller empfinden. Und somit wird er es auch weniger bedauern, nicht ebenfalls gestorben zu sein. Was freilich nicht bedeutet, dass er dem Tod seines Kindes nicht weiterhin nachtrauern wird.«
Er schaute sie nachdenklich an. Erneut schien er eine Entscheidung zu treffen.
»Aber Sie sind kein Arzt«, fügte sie nachträglich hinzu.
»Das ist leider wahr.«
Sie dachte an das, was ihr Gold berichtet hatte. Dass Romberg nach jemandem suchte. Und an die Waffe. Mit der er ganz offensichtlich etwas tun wollte, was seiner Entscheidung, nicht zu sterben, nachträglich einen Sinn geben würde. Etwas, auf das er stolz sein könnte. Ohne Zweifel stand er kurz davor, etwas Gutes zu tun, und das einzig Gute, was sich mit einer Waffe vollbringen ließ, war, etwas Schlechtes zu beseitigen. Etwas ungemein Böses, das den Tod verdient hatte. Ihr wurde plötzlich kalt. Der Gedanke, der in ihr aufstieg, war völlig absurd, aber wenn man ihn ihrem Diskurs überstülpte, ergab plötzlich alles einen Sinn. Aber das war nicht möglich! Das konnte einfach nicht sein!
»Also scheiden die Krisengebiete dieser Welt als Ort der Sinnhaftigkeit aus?«, fragte sie wie in Trance.
»Ich fürchte, schon.«
Carmen Mingus beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Wenn ihr Verdacht nicht zutreffen sollte, würde er ihre Worte als Scherz interpretieren und ansonsten nichts bemerken. Sollte sie aber recht haben, würde er vielleicht irgendeine Reaktion zeigen, die ihn verriet.
»Also was genau haben Sie vor? Wollen Sie sich etwa den Frauenmörder greifen, um weitere potentielle Opfer vor dem Tod zu bewahren?«
Er starrte sie mit offenem Mund an, und es dauerte einige Sekunden, bis er seine Mimik wieder unter Kontrolle hatte. Als er antwortete, klang seine Stimme angeschlagen.
»Netter Gedanke! Etwas abwegig vielleicht, aber nicht uninteressant. Glauben Sie wirklich, das würde mir helfen?« Sein Blick hatte plötzlich etwas Lauerndes, so als sähe er sich einer giftigen Schlange gegenüber, vor der er sich unbedingt hüten musste, aber andererseits war da auch immer noch Sympathie und der Wunsch, sich mitzuteilen. Sie fühlte sich elend. Genaugenommen war es eine Intrige. Gut gemeint, aber dennoch infam. Die ihre Beziehung erheblich belastete. Sie mochte Romberg, und der Gedanke, er könnte den Raum verlassen und niemals wiederkommen, war kaum zu ertragen.
»Das hängt davon ab, ob Sie ihn nur k.o. schlagen oder ob Sie ihn erschießen würden.«
Verdammt, dachte sie noch. Das Wort erschießen war ihr herausgerutscht, noch bevor sie den Fehler bemerkt hatte. Romberg zeigte keinerlei Reaktion. Stattdessen griff er auf das Verhaltensrepertoire des abgebrühten Pokerspielers zurück. Sein Gesicht war nur noch Fassade.
»Und welche der beiden Möglichkeiten würden Sie mir als Expertin empfehlen?«
»Ihn k.o. zu schlagen, wäre mit Sicherheit die bessere Lösung. Jemanden eigenhändig zu töten, so böse und gefährlich er auch immer sein mag, könnte durchaus ein weiteres Trauma induzieren. Und Schuldgefühle auf jeden Fall. Zumindest bei einem Menschen wie Ihnen.«
»Das klingt einleuchtend«, stimmte er ihr zu. »Nur schade, dass ich den Täter nicht kenne.« Sein Gesicht war gerötet und glänzte vor Schweiß.
»Das ist mir ehrlich gesagt auch lieber so. Der Gedanke, Sie würden auf eigene Faust einen Mörder jagen und Ihnen könnte dabei etwas zustoßen, würde mir schlaflose Nächte bereiten. Inzwischen scheint ja sogar noch ein zweiter Täter in Erscheinung getreten zu sein. In den Nachrichten war davon die Rede, Carola Lauk sei bereits tot und ein Unbekannter habe die vom Mörder abgelegte Leiche nachträglich abtransportiert.«
»Ja, ich habe davon gehört.« Er schüttelte den Kopf. »Für die Eltern muss das alles die Hölle sein. Wer um alles in der Welt – glauben Sie – tut so etwas?«
Ja, wer wohl?, dachte sie bei sich.
Natürlich hatte sie die Meldung interessiert. Für eine Psychiaterin war dieses ungewöhnliche Detail zwangsläufig spannend. Bislang hatte sie angenommen, dass es sich um einen Nekrophilen handeln müsste, oder um eine Form von Kannibalismus, aber gerade jetzt kam ihre Einschätzung erheblich ins Wanken.
»Irgendeine Form von sexueller Obsession vermutlich«, erwiderte sie vage. »Nicht gerade alltäglich.« Sie schaute an ihm vorbei aus dem Fenster. »Aber wir schweifen ab. Sie sprachen von einer Bestimmung. Von etwas, was selbst Laura als Entschuldigung akzeptieren würde.«
»Stimmt. Aber da gibt es noch nichts Konkretes. Es war eher eine Ahnung. Dass da vielleicht noch etwas kommen könnte, was die Einstellung zu den Geschehnissen nachträglich zu verändern vermag.«
Er wird nicht damit herausrücken, dachte sie. »Also muss ich mir keine Sorgen um Sie machen?«
Sein Pokerface löste sich auf, und er zwinkerte ihr freundlich zu. »Um mich muss man sich immer Sorgen machen. Haben Sie das vergessen?«
»Manchmal mehr und manchmal weniger«, erwiderte sie leise. »Aber was Sie sagen, klingt zumindest nicht suizidal.«
Wieder trat ein längeres Schweigen ein, dann griff er nervös nach seiner Brille und zog sie sich von der Nase. »Erinnern Sie sich noch an diesen Zuhälter, dessen Frau ermordet wurde?«
Die Frage kam völlig unerwartet. Sie spürte, dass sie rot wurde, und ihr war klar, dass es Romberg nicht entging. »Manfred Gold? Ja, natürlich erinnere ich mich. Wieso fragen Sie?«
Er hielt die Brille zwischen seine Augen und das Fenster und musterte kritisch den Zustand der Gläser. »Nur so. Ich musste gerade eben an ihn denken. Haben Sie ihn in letzter Zeit getroffen?«
»Nein, schon seit Jahren nicht mehr. Und Sie? Halten Sie beide noch Kontakt?«
»Früher schon. In der letzten Zeit nicht mehr. Schade. Ich dachte, Sie wüssten vielleicht, wie es ihm geht.«
»Nein, leider nicht.«
Aus der Richtung des Schreibtischs ertönte kaum hörbar ein Gong.
»Unsere Zeit ist um«, sagte Romberg. »War ein interessantes Gespräch.«
»Ja, das fand ich auch«, räumte sie verlegen ein. Ihr Gesicht glühte.
Beide erhoben sich aus den Sesseln, und er drückte vorsichtig ihre Hand.
»Passen Sie gut auf sich auf!«, sagte sie noch und er schaute sie an, als spielte er mit dem Gedanken, sie zum Abschied zu umarmen.
Als er gegangen war, ging sie hinüber zum Fenster und blickte hinab auf die Straße, wo er wenig später durch die Vordertür auf den Gehweg trat. Sie konnte beobachten, wie er sein Handy aus der Tasche zog und eilig eine Nachricht eintippte. Dann ging er mit ausholenden Schritten davon.
Eine Minute später klopfte Rosa an die Tür.
»Was gibt es?«, fragte Carmen Mingus.
»Ein Anruf für Sie«, antwortete Rosa. »Dieser tätowierte Mann … Manfred Gold. Er wollte sich nicht abwimmeln lassen. Und er scheint wirklich wütend zu sein.«