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Ich wusste, es konnte nur Andy sein, denn sonst klopfte nie jemand an die Hintertür. Ich sprang aus dem Bett und rannte nach unten. Als ich die Tür öffnete, stürzte er sich förmlich auf mich und drückte mich rücklings ans Treppengeländer. Alles in mir flatterte auf wie ein nervöser Vogelschwarm, als wir uns bei weit offener Tür umarmten und küssten. Der Dezember preschte herbei, trat sich die Stiefel auf der Fußmatte ab und rief: »Wo ist die Party?« Wenn meine Füße nicht so kalt geworden wären, hätten wir wohl ewig dort gestanden. Schließlich rang ich mich dazu durch, die Tür zu schließen.

»Bloß weil du in einem arschkalten Haus wohnst, muss ich das ja nicht auch«, sagte ich.

»Na, sind wir heute ein bisschen zickig?« Er drückte mich an seine derbe Wolljacke, küsste mich auf den Kopf und zog sanft an meinen Haaren.

Er roch nach Holzrauch, Hasch und altem Schweiß. »Wie wär’s mit einem Bad?«, fragte ich ihn. »Ich mache dir derweil einen Kakao.«

»Wow. Der letzte Mensch, der mir Kakao gemacht hat, war Louisa.«

Während er oben herumplanschte, rührte ich den Kakao an und schnitt ihm ein paar Scheiben Brot auf, alles im Dunkeln, damit die neugierigen Augen, die mich garantiert beobachteten, nichts davon mitbekamen. Ich packte das Brot, den Kakao und ein Glas Erdnussbutter auf ein Tablett und ging damit nach oben.

Andy trocknete sich gerade ab, und ich konnte im schwachen Schein der Nachtleuchte sehen, dass er zwei Grübchen über den Pobacken hatte, genau wie ich. Ich sah zu, wie die Muskeln unter seiner Haut tanzten.

Er bemerkte, wie ich ihn anstarrte, und grinste wie ein Pirat. »Letzte Nacht bin ich aufgewacht, aber du warst nicht mehr da.«

»Ich wollte nach Hause. Du weißt schon, wegen der Wärme und so.«

Er lachte. »Und ich dachte, du wärst eine Pionierin. Ich hab mir gesagt, diese Frau könnte barfuß Berge erklimmen und unter das Eis tauchen, um Diamanten heraufzuholen.«

»Warum um alles in der Welt sollte ich das tun?«

Ich gab ihm einen alten roten Bademantel von Grand, und er wickelte sich darin ein. Er strubbelte sich mit seinen langen, eleganten Fingern durch das nasse Haar. Dann zog er mich an sich und umfasste mit beiden Händen meine Pobacken. »Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht«, flüsterte er.

Wir gingen in Grands Schlafzimmer, und ich reichte ihm den Becher Kakao, den ich auf dem Tisch abgestellt hatte. Ich zog mir den Schaukelstuhl vom Fenster in die Mitte des Raumes, während Andy sich auf die Bettkante setzte und an dem Kakao nippte.

»Die Leute wissen, dass du hier bist«, sagte ich. »Und sie fragen sich, warum.«

»Was hast du ihnen erzählt?«

»Dass du so eine Art Haus-Camping machst.«

»Braves Mädchen.«

»Stimmt es denn?«

»Was sollte ich sonst hier machen?«

»Keine Ahnung«, sagte ich. »Die Leute hier beobachten Fremde halt sehr aufmerksam.«

»Nun, dann müssen sie sich eine andere Beschäftigung suchen. Ich tue ihnen nichts.«

»Aber mir tust du was«, sagte ich.

Andy stellte den Kakao auf den Boden, erhob sich, zog den Bademantel aus und stellte sich nackt vor mich. Ich betrachtete ihn von Kopf bis Fuß. Er kam einen Schritt näher, nahm meine Hand und legte sie auf sich. Er rieb sich dagegen. »Ich will rein«, flüsterte er. »Lass mich rein.«

»Ich hab meine Tage.«

»Macht nichts. Komm ein Stück näher.«

Plötzlich hatte ich ihn im Mund. Dottie und ich hatten uns schon öfter darüber unterhalten, wie sich das wohl anfühlte, aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich es auf dem Schaukelstuhl im Schlafzimmer meiner Großmutter erfahren würde. Ich schaukelte vor und zurück und bewegte meine Lippen so, wie ich hoffte, dass es gut war. Doch es schien gar nicht so darauf anzukommen, denn nicht mal eine Minute später schoss mir eine warme, klebrige Flüssigkeit in den Mund. Ich schluckte rasch, bevor ich anfing zu würgen.

Andy ging ins Bad, und ich hörte Wasser laufen. Er kam mit einem warmen Waschlappen zurück, kniete sich vor mich und wischte mir den Mund ab. Seine Augen schimmerten sanft. »Das war nicht schlecht«, sagte er. »Und irgendwann bring ich dir noch ein paar Tricks bei.«

Später verwandelte sich seine Zärtlichkeit in Wildheit. Schließlich breiteten wir mehrere Handtücher unter uns aus, damit ich nicht das Laken und die Matratze durchtränkte.

Er sagte mir, dass er meinen Körper liebte, meinen Hintern, meine kleinen Brüste. »Komm, sag was, sag was Schmutziges.«

»Was denn?«

»Ganz egal.« Er zwirbelte meine Brustwarze. »Ah, drück sie. Drück sie fester.«

»Ja, genau«, flüsterte er erregt. Dann zwickte er mich in den Po. »Autsch!«

»Gefällt dir das?«, fragte er und zwickte mich erneut.

»Autsch! Nein, das gefällt mir nicht.«

»Dreh dich um«, sagte er, doch bevor ich es selbst tun konnte, zog er mich auf alle viere, kniete sich hinter mich und stieß stöhnend in mich hinein. Dann glitt er plötzlich aus mir heraus und wechselte zu einer Stelle, von der ich niemals gedacht hätte, dass irgendjemand dort hineinwollte. Und es tat weh.

»Geh da raus«, brüllte ich. »Sofort.«

»Warte, nur einen Moment noch«, bettelte er. Bevor ich protestieren konnte, schrie er auf und gab alles, was er hatte. Dann ließ er sich keuchend und mit glasigem Blick neben mich fallen. Ich tropfte aus allen Öffnungen und war stocksauer. Grands Bademantel zwischen meine Beine geklemmt, ging ich ins Bad, schloss die Tür ab und heulte. Andy klopfte und rief meinen Namen, aber ich reagierte nicht, und nach einer Weile hörte ich, wie er sich von der Tür entfernte.

Schließlich verließ ich das Bad und ging nach unten in die Küche, um ein Glas Wasser zu trinken. Ich leerte das Glas in einem Zug und wischte mir über die Augen. Die Küche roch durchdringend nach Hefe.

»Tut mir leid.« Andy stand im Türrahmen.

»Wie konntest du das tun?«, fragte ich.

»Manche Mädchen mögen das.«

»Ich bin aber nicht >manche Mädchen<.«

»Nein«, sagte er. »Entschuldige, das war blöd. Ich war wohl zu erregt, um darüber nachzudenken. Ich glaube, mich hat noch nie jemand so angemacht wie du.«

»Wie viele Jemands gab es denn bisher so?«, fragte ich.

»Ist nicht wichtig, mein Engel, denn du bist die Letzte. Ich liebe dich.«

»Himmel noch mal, Andy, red keinen Blödsinn.«

»Doch, wirklich. Ich habe dich von dem Tag an geliebt, an dem ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Ich habe andauernd an dich gedacht. Ich bin hierhergekommen, weil ich hoffte, dich zu sehen. Ich konnte es fast nicht glauben, als du plötzlich auf dem Rasen standest. Ich dachte, ein Engel hätte dich geschickt.«

»Damit du deinen Schwanz in meinen Hintern schieben kannst, ohne mich zu fragen?«

Er verzog gequält das Gesicht. »Das tut mir wirklich leid. Es kommt nicht wieder vor.« Er ging nach oben, und ich hörte, wie er sich anzog. Dann kam er wieder herunter und stellte sich neben mich an den Küchentisch.

»Ich habe einen blöden Fehler gemacht. Ich war nicht bei klarem Verstand. Um nichts in der Welt würde ich dir wehtun wollen.«

»Hast du aber«, sagte ich.

Plötzlich liefen ihm Tränen über die Wangen. »Ich baue eine Menge Mist, Florine. Ich weiß nicht, warum, aber es ist so. Ich will das nicht mehr. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich jahrelang an dich gedacht und dann innerhalb von fünf Minuten alles ruiniert habe. Ich wünschte so sehr, ich könnte es rückgängig machen.«

Dann strich er mit zitternden Händen über mein Gesicht. »Bitte verlass mich nicht. Alle verlassen mich. Bitte, bitte, gib mir noch eine Chance.«

Ich wusste sehr gut, wie es war, verlassen zu werden. »Ja, ich gebe dir noch eine Chance. Aber wenn ich Nein sage, heißt das Nein, verstanden?«

Er nickte, und wir hielten uns eng umschlungen. Oder hielten uns aneinander fest. Es war schwer zu sagen.