(Nahrungs)Ergänzungskapitel

Was halten Sie von Vitaminpillen & Co., den sogenannten „Nahrungsergänzungsmitteln“? Glauben Sie, wir benötigen diese Pillen und Pulver zur „gesunden“ Ergänzung unserer „schlechten“ Ernährung? Die meisten Menschen meinen: „Zur Beruhigung des schlechten Gewissens kann´s ja nicht schaden, wenn ich Vitamine & Co. schlucke.“ Doch das ist leider ein Trugschluss, der die Vitaminverwender statistisch betrachtet sogar früher ins Grab bringen kann …

Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich gesehen Lebensmittel. Die vielen Kapseln und Fläschchen sind zwar keine Mittel zum Leben, sie werden uns aber gerne als notwendig zur „Steigerung der Abwehrkräfte, zur Vorbeugung eines Mangels“ sowie zur Linderung zahlreicher Beschwerden empfohlen. Kritische Wissenschaftler wie Udo Pollmer behaupten, „die falschen Versprechungen der Nahrungsergänzungsmittel grenzen an eine Verdummung des Käufers“. Eine nachvollziehbare Behauptung, denn „Nahrungsergänzungsmittel benötigen keine Zulassung, also auch keinen Nachweis der Wirksamkeit und Sicherheit durch klinische Studien“, erklärt Professor Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker. Das ist nicht nur sehr bedauerlich, sondern sogar fahrlässig. Denn die Einnahme der Vitaminpräparate kann gefährliche Folgen haben:

Mehrere große Untersuchungen wie die ATBC-, die CARET-oder die VITAL-Studie lieferten in den letzten Jahren die Erkenntnis, dass die zusätzliche Einnahme der fettlöslichen Vitamine E und Betacarotin (Vorstufe von Vitamin A) gerade bei Rauchern, die angeblich einen erhöhten Bedarf haben sollen, deren Lungenkrebsrisiko erhöht. Und eine hohe Vitamin-AZufuhr ist mit einem gesteigerten Osteoporose- und Knochenbruchrisiko verbunden und kann Brustkrebs schneller wachsen lassen. Die Auswertung von 67 Nahrungsergänzungsmittelstudien durch die unabhängige und in Fachkreisen anerkannte Cochrane Collaboration 4 brachte 2008 folgende Erkenntnis: „Es gibt keinen Hinweis, dass gesunde Menschen irgendeinen Vorteil von der Einnahme antioxidativer Vitamine haben.“ Ganz im Gegenteil: Die Einnahme der antioxidativen Vitamine A, E und Betacarotin erhöhte die Sterblichkeit um bis zu 16 Prozent. Auch beim beliebten Vitamin C zeigte sich nahrungsergänzt ein „negativer Trend“. Einzelne Substanzen oder Gemische davon zu propagieren ist also nicht nur Unfug, es kann sogar sehr gefährlich werden. Ein frühzeitiger Tod mag zwar nicht jeden „Nahrungsergänzler“ ereilen, doch einen Verzicht auf diese Mittel legte auch eine Untersuchung der deutschen Zeitschrift „Öko-Test“ Ende 2007 nahe: Der Analyse von 300 verschiedenen Mineralstoff- und Vitaminpräparaten zufolge stellen vor allem frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel ein Gesundheitsrisiko dar, weil zahlreiche Präparate überdosiert sind. Darüber hinaus fehlen für diese meist teuren Mittel die Beweise für ihre propagierte gesundheitsfördernde Wirksamkeit. Aus diesem Grund warnte im Oktober 2008 auch die Verbraucherzentrale Brandenburg erneut vor der Einnahme von Vitaminen: Die Präparate seien meist teuer und überflüssig. „Gesunde haben keinen Nutzen von Vitaminpräparaten“, erklärte Professor Regina Brigelius-Flohé vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung im Februar 2009.

Ergo: Besser Finger weg von Vitaminpillen! Kein gesunder Mensch, der sich nach seiner Kulinarischen Körperintelligenz und damit ausgewogen ernährt, braucht diese synthetischen Zusatzcocktails. Selbst die vermutete Wirksamkeit bei Erkrankungen ist mehr als zweifelhaft: Die Cochrane-Wissenschaftler schließen nicht aus, dass Vitamine bei einzelnen Krankheiten eine positive Wirkung haben – was aber noch zu beweisen wäre.

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