1, 2, 3 – knapp an der Wahrheit vorbei
Als Digestif dieses Kapitels folgt noch ein ausgewähltes Beispiel gelenkter „Drei-Stufen-Kommunikation“, das zeigt, wie unreflektiert bewusst platzierte Aussagen oftmals von der Medienmaschinerie übernommen werden. Stufe 1: Ein Gesundheitsportal gibt beim namhaften GfK-Marktforschungsinstitut eine Befragung in Auftrag. Aufgrund der Ergebnisse trägt die dazugehörige Pressemeldung des Gesundheitsportals die Schlagzeile „Mann isst ungesund – jeder Dritte verzehrt häufig Fast Food“. Die ungesunde Ernährung liege möglicherweise auch an der fehlenden Fähigkeit zur Eigenversorgung, da „vier von zehn Männern sagen, sie könnten überhaupt nicht kochen“. Solche Ergebnisse sind ein gefundenes Fressen für manche Medien, um unser schlechtes Ernährungsgewissen „Wir essen ja so ungesund“ zu füttern. So folgt Stufe 2 und die größte deutsche Nachrichtenagentur macht aus diesem Pressetext beispielsweise eine eigene Meldung und nennt die GfK als Quelle. Die oben genannten Daten werden übernommen, aber der Titel lautet jetzt: „Männer mögen Döner, Pommes, Hamburger.“ Stufe 3: Genau diese Meldung findet sich dann in den Medien wieder, beispielsweise in einer großen süddeutschen Zeitung. So weit, so gut, aber warum lesen Sie das hier?
Schauen Sie sich die Angaben bitte noch einmal näher an, dann werden Sie Folgendes feststellen: Auf mehr als zwei Drittel der Männer trifft es nicht zu, dass sie mehrmals pro Woche Fast Food essen. Und sechs von zehn Männern können kochen (30 Prozent gaben sogar an, dass sie sehr gerne kochen). Der Pressetext sollte also eigentlich eine ganz andere Nachricht transportieren: Männer ernähren sich gesund, denn sechs von zehn Männern essen nicht mehrmals pro Woche Fast Food und können kochen. Nur wurde hier die Minderheit zur Schlagzeile gemacht, weil es in den konstruierten Grundtenor unserer Gesellschaft passt: „Wir ernähren uns ja so ungesund.“ So steigen die Chancen auf Abdruck in den Medien. Warum bemerken die Nachrichtenagenturen und Medien diese Datenverzerrung nicht? Oder wollen sie es nicht merken? Vielleicht, weil es zu verlockend ist, Meldungen „seriöser Absender“ ohne tiefer gehende Überprüfung zu übernehmen. Vielen Redaktionen fehlt in unserer schnelllebigen Gesellschaft einfach auch die nötige Zeit zum kritischen Hinterfragen und Recherchieren.
Ein anderes Beispiel der unterschwelligen Meinungsmache findet sich im Zeitungsartikel zu einer Marktforschung des größten deutschen Apothekenverbands: „90 Prozent der Frauen gaben an, auf ihre Ernährung zu achten. Bei den Männern sind es nur 80 Prozent.“ Nur 80 Prozent. Armes, ungesundes Deutschland.
Fazit:
Kein gesunder Mensch braucht Ernährungswissenschaft – und noch
weniger deren Empfehlungen für eine „gesunde“ Ernährung, die maßgeblich auf
statistischen Zahlenspielereien ohne jegliche Beweiskraft basieren;
denn Ernährungsforschung gleicht Rätselraten auf
wissenschaftlich-niedrigem Niveau.
Vergessen Sie daher am besten alles, was Sie über „gesunde“ Ernährung zu wissen glauben. Es gibt kein gesundes Essen für alle, denn jeder Mensch is(s)t anders.
Vermeiden Sie, Ihr Essverhalten maßgeblich über den Verstand zu steuern und vorwiegend deshalb Nahrungsmittel zu konsumieren, weil Sie glauben, sie seien gesund. Und schließen Sie andere Lebensmittel nicht aus, nur weil diese von Ernährungsaposteln mit dem Stempel „ungesund“ abgestraft werden.
Stark verarbeitete Lebensmittel und Getränke mit den Bezeichnungen „light“, „Diät“, „ohne Zucker“, „kalorienarm“ und „fettreduziert“ können die kulinarische Intelligenz Ihres Körpers stören, den Wert von Nahrungsmitteln korrekt einzuschätzen.
Machen Sie daher den verstandesbefreiten, rein gefühlten Geschmackstest und probieren Sie unbedingt auch die „echten Versionen“ dieser Produkte. Entscheiden Sie anschließend ehrlich und im wahrsten Sinne aus dem Bauch heraus, was Ihnen besser schmeckt.
Das Zitat des amerikanischen Wissenschaftsjournalisten Michael Pollan bringt es auf den Punkt: „Je mehr Gedanken sich meine Landsleute in den letzten 30 Jahren über die richtige Ernährung gemacht haben, desto dicker und kränker sind sie geworden.“
Nach dem nächsten Kapitel machen Sie sich hoffentlich keine Gedanken mehr über Ihr Essen, sondern vertrauen auf Ihre Kulinarische Körperintelligenz, die über den Instinkt Hunger mit seiner Begleitemotion Lust gezielt diejenigen Nahrungsmittel auswählt, die Sie benötigen. Denn nur Ihr Körper weiß, welche Nährstoffe Ihnen fehlen.