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»Herrgott – die sind ja überall! Im ganzen Land!«, sagte Brigadier Tambur. Sie stand vor der magnetischen Landkarte in Van Leeuwens Büro, und ihre Stimme klang so fassungslos wie die eines Arztes, der auf dem Monitor eines Computertomografen erkennen muss, dass sein Patient im Begriff stand, beide Gehirnhälften an blindwütig metastasierende Krebstumore zu verlieren. »Den Haag, Leiden, Hilversum, und da: Arnheim, Delft, Nimwegen – wirklich überall!«

Der Commissaris stand neben ihr, Hoofdinspecteur Gallo und Inspecteur Vreeling auch, und alle starrten auf die Magnetkarte mit dem wachsenden Schwarm roter Metallknöpfe. Die meisten Knöpfe konzentrierten sich auf Amsterdam und das umliegende Land und noch ein paar auf Rotterdam, aber nach oben in Richtung Apeldoorn und Deveter wurden es weniger. Zwischen Deveter und Zwolle gab es nur noch zwei und dann einen letzten in der Gegend von Steenwijk.

Der Commissaris trat einen Schritt zurück und versuchte, nur die roten Punkte zu sehen – die Gruppierungen, die sie bildeten, die abstrakten Formen. Er stellte sich einen Rorschachtest vor, die Tintenkleckse und schwarzen Flecken, die eine gedankliche Assoziation im Betrachter auslösen sollen. Er starrte die Punkte so lange an, bis sie unscharf wurden und miteinander zu verschmelzen schienen. Aber nach ein paar Sekunden lösten die verschmolzenen Gruppen sich wieder zu einzelnen Punkten auf, und nichts sonst geschah.

»Reden wir über die neu dazugekommenen Fälle«, meinte er, ohne den Blick von der Karte und den Metallknöpfen zu lösen. »Leon Raven …«

Hoofdinspecteur Gallo schlug eine Klarsichtmappe auf und las vor: »Leon Raven war siebzehn, als er starb, am dritten Oktober vor drei Jahren. Er lebte in einem Vorort von Arnheim. Er war heroinabhängig und HIV-positiv. Seine Eltern waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, in Portugal. Er hatte eine kleine Schwester, Carice, neun, die aus dem Heim weglief, um bei ihm zu sein. Sie spielte mit seiner Nadel herum, als er wieder mal weggetreten war, und verletzte sich damit, und die Ärzte stellten fest, dass sie sich infiziert hatte und wahrscheinlich keine zehn mehr werden würde. Leon versuchte wiederholt, sich umzubringen, aber es ging immer schief; jedes Mal wurde er gefunden und gerettet, einmal von Carice, als sie erneut aus dem Heim getürmt war. Er starb, so wurde es zumindest diagnostiziert, an Herzversagen. Der Arzt, der damals den Totenschein ausgestellt hat, meint jetzt jedoch, er könnte auch erstickt sein.«

»Lisa de Vries«, sagte der Commissaris.

»Lisa de Vries aus Delft war sechsundvierzig, als ihre Leiche gefunden wurde«, zitierte Brigadier Tambur mehr oder weniger frei vom Blatt einer ausgedruckten E-Mail der Pathologie in Delft. »Sie hatte nach dem Tod ihres Mannes, mit dem sie fast zwanzig Jahre verheiratet gewesen war, herausgefunden, dass er mit einer anderen Frau drei Kinder hatte. Sie hatte selbst für ihr Leben gern Kinder haben wollen, war von ihm aber stets auf später vertröstet worden. Außerdem hatte sie herausgefunden, dass er während ihrer ganzen Ehe immer wieder fremdgegangen war, ein halbes Dutzend Geliebte, von denen sie wusste, wahrscheinlich mehr, die er mit dem Geld ausgehalten hatte, das sie von ihren Eltern geerbt hatte. Und sie hatte herausgefunden, dass er ihr nichts als einen Berg Schulden hinterlassen hatte, Schulden ohne Ende, beim Finanzamt, bei einem Dutzend Gläubigern, bei jedem, der dem Ehepaar nahestand; dass ihr nichts mehr gehörte, dass sie keine Freunde mehr hatte und dass ihre eigene Familie ihr von all dem kein Wort glaubte, denn ihr Mann war ein Sonnenschein gewesen, in jedem Leben außer in ihrem. Sie hatte versucht, sich zu erschießen, hatte sich aber so ungeschickt angestellt, dass die Kugel nur den Gaumen zerschmetterte und die Sehnerven zerstörte. Sie starb am sechsundzwanzigsten September 1999. Todesursache: Tod durch Ersticken.«

Der Commissaris ging zu seinem Schreibtisch, setzte sich und stützte die Ellbogen auf die Tischplatte. Im Sitzen suchte er den roten Punkt, der den Fundort von Lisa de Vries’ Leiche markierte. Jetzt, aus größerem Abstand, glaubte er, in den Gruppierungen der Knöpfe ein Muster oder eine Form zu erkennen, wusste aber nicht, woran diese Form ihn erinnerte.

»Ich habe hier drei weitere Fälle vom Landespolizeikorps bekommen«, fuhr jetzt Inspecteur Vreeling fort. Er stand vor der Karte und tippte mit dem Zeigefinger seiner endlich verheilten und vom Verband befreiten Karatehand auf einen anderen roten Punkt mitten in den Niederlanden. »Der erste ist ein siebenunddreißigjähriger Narkosearzt, Toos van Houten, der den Gehirntod einer jungen Mutter verursacht haben soll. Er verliert seine Stelle, die Verwandten der Koma-Patientin überziehen ihn mit Zivilklagen und Prozessen, und er fängt an, Geister zu sehen: die beiden ungeborenen Kinder der Mutter verfolgen ihn. Er stirbt am dritten Oktober 1986, also vor siebzehn Jahren, Todesursache unspezifisch, möglicherweise Tod durch Ersticken.«

»Und der zweite Fall?«, erkundigte sich Van Leeuwen.

»Eine Benediktinernonne, Schwester Anna, die vom Teufel besessen war«, antwortete Vreeling und deutete auf den nächsten roten Punkt, »hier, nicht weit von Nimwegen. Von einem Tag auf den nächsten wirft sie sich jedem Mann an den Hals, fängt an zu saufen, bespuckt das Kreuz und Gemälde der Jungfrau Maria. Sie wird aus ihrem Kloster geworfen und von ihrem Orden verstoßen. Sie magert ab, leidet unerklärliche Schmerzen, scheint innerlich zu verbrennen, ihre Augen lodern.«

»Tod durch Ersticken«, warf Gallo ein. »Entweder am sechsundzwanzigsten September oder am dritten Oktober, richtig?«

»Am sechsundzwanzigsten September 2001«, bestätigte Vreeling. »Der dritte Fall war der Fahrer eines Tanklastwagens, der …«

»Was haben alle diese Fälle gemeinsam«, unterbrach ihn der Commissaris, »überhaupt alle Fälle, die wir mit hoher Wahrscheinlichkeit ein und demselben Täter zuschreiben können?« Sein Blick kehrte immer wieder zu der Karte an der Wand zurück, als würden auch seine Augen von dem Magnetfeld angezogen. Er spürte, dass etwas geschah: Winzig kleine Teilchen, Atome, schienen sich in ihm zusammenzuziehen, zu einem Bild, das sich vor seinem inneren Auge über die Fata Morgana der Metallknöpfe legte.

»Die Opfer wurden erstickt«, sagte Julika Tambur. »Immer am selben Tag oder besser an zwei Tagen, im September und Oktober.«

»Und niemand kam bei der Bestimmung der Todesursache auf Fremdeinwirken«, ergänzte Gallo. »Niemand kam auf einen Mörder mit einer Plastiktüte oder einer Rolle Zellophanfolie.« Er nickte fast bewundernd. »Das perfekte Verbrechen … Sieht so aus, als hätte jemand irgendwann vor Jahren einmal das perfekte Verbrechen begangen und danach einfach nicht mehr aufhören können …«

»Das perfekte Verbrechen gibt es nicht«, erklärte der Commissaris. »Die Idee der Zivilisation kennt das perfekte Verbrechen genauso wenig, wie die Natur das Vakuum kennt.«

»Und was kennt die Natur stattdessen?«, erkundigte sich Gallo.

»Möglichkeiten. Einen Raum voller Möglichkeiten.« Ein Bumerang, dachte Van Leeuwen, in den Anblick der Knöpfe versunken wie ein Kind beim Bleigießen. Das ist eine der Möglichkeiten. Es könnte ein Bumerang sein, dessen kräftiges Ende sich um Amsterdam wölbt, während der stetig dünner werdende Griff nach oben weist, nach Steenwijk. Laut sagte er: »Alle waren unglücklich – das ist die Gemeinsamkeit. Sie waren verzweifelt. Sie wollten nicht mehr leben, keiner von ihnen. Wenn wir ihre Freunde oder Verwandten befragen würden, was bekämen wir dann zu hören? Immer und immer wieder die gleiche Geschichte, Thema und Variation, ad infinitum

»Worauf willst du hinaus?«, fragte Gallo.

Der Commissaris antwortete: »Wir müssen uns doch fragen: Was für ein Mensch ist das, den wir suchen? Was für eine Tarnung benutzt er? Oder: Tarnt er sich überhaupt? Warum geht er so ein Risiko ein – um Mitternacht in einer belebten Gegend wie de wallen sein Opfer zu töten? Wieso schafft er die Leiche nicht weg, um sie zu verstecken? Hat er keine Angst, entdeckt zu werden? Warum nicht? Weil er glaubt, nichts Böses zu tun? Oder überkommt es ihn einfach, ein Trieb, dem er hilflos ausgeliefert ist? Wie sieht seine Persönlichkeitsstruktur aus? Weißt du noch, Ton, wie du vor zwei Wochen auf der Fahrt zu der Schule von Gerrit Zuiker gesagt hast, vielleicht hat der Mörder ihm einen Gefallen getan? Ich glaube, da hattest du schon den Schlüssel zur Lösung des Falls. Das glaubt der Mörder nämlich auch, dass er seinen Opfern einen Gefallen tut. Dass er ein guter Mensch ist.«

Es könnte auch ein Vogelschwarm sein, dachte er: Die roten Metallknöpfe könnten Zugvögel sein, die in Keilformation in Richtung Overijssel fliegen, einer an der Spitze, die anderen hinterher, und die Nachzügler flattern noch hier bei uns in Amsterdam herum.

Inspecteur Vreeling fuhr sich mit beiden Händen ratlos durch die kurzen dunkelbraunen Locken. »Sollen wir denn jetzt alle Todkranken und Verzweifelten, jeden Erbarmungswürdigen, der am Ende ist, und alle, die nicht mehr leben wollen in ganz Amsterdam oder den gesamten Niederlanden, überwachen, um den Mörder nächstes Mal auf frischer Tat zu ertappen? Oder wie wär’s mit einem Aufruf: Kommt zu uns, alle, die ihr mühselig und beladen seid, damit wir euch Personenschutz gewähren können …«

»Nein«, murmelte der Commissaris. Er stand auf und trat an die Magnetkarte, denn plötzlich war ihm eine andere Landkarte eingefallen, die er erst kürzlich zu Hause im Atlas studiert hatte – die Karte war ihm eingefallen und darauf ein Fluss, der Yangtsekiang, der irgendwo in den Bergen Chinas klein und unscheinbar aus der Erde sprang und immer breiter wurde, während er dem Meer zuströmte, bis er in einem Stausee hinter dem Drei-Schluchten-Damm aufgehalten wurde.

Das war die Form, an die ihn die roten Metallknöpfe erinnerten, der Yangtse von oben. Die Quelle des Flusses musste irgendwo bei Steenwijk sein, eines Flusses aus Blut, eines zinnoberroten Stroms, der sich krümmte und wand und dabei immer breiter wurde, bis er Amsterdam erreichte.

»Nicht in ganz Holland«, bemerkte er gedankenverloren, »nicht überall …«

Er entsann sich, dass Doktor Menardi gestern gesagt hatte, der Mörder könnte im Lauf der Zeit sein Tätigkeitsfeld ausgeweitet oder verlagert haben, vielleicht mehrmals. »Hört mal zu«, meinte er. »Wenn man, der Logik folgend, davon ausgeht, dass die Zahl der Opfer eines ungefassten Serientäters eher zunimmt, als niedriger zu werden, dann lässt die Form des Musters nur einen Schluss zu: Er hat sich von da, wo es die wenigsten Opfer gab, auf den Ort zubewegt, an dem die bisher größte Anhäufung zu verzeichnen ist – Amsterdam –, um von dort noch einen gelegentlichen Ausflug ins Umland zu unternehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat die Mordserie also da ihren Anfang genommen, wo der älteste ungeklärte Todesfall gemeldet worden ist.«

»Was für ein Muster?«, fragte Vreeling, aber der Commissaris antwortete nicht. Er berührte den obersten Metallknopf, der sich nur einen halben Millimeter links unterhalb von Steenwijk an die Karte klammerte. »Julika, welches ist der älteste Fall auf unserer Liste?«

Brigadier Tambur zog den Computer zurate; ihre Finger mit den farblos lackierten Nägeln flogen über die Tastatur. »Conrad Mueller«, sagte sie. »Getötet im Oktober 1983.«

»In Steenwijk?«

»Ja.«

»Und wir haben keinen älteren Fall?«

»Nein.«

»War das der Feuerwehrmann?«

»Ja.«

»Was wissen wir über Mijnheer Mueller?«

»Also bis jetzt nur, dass er neunundvierzig Jahre alt war, als er starb, am dritten Oktober …«

»… vor fünfundzwanzig Jahren«, fiel ihr der Commissaris ins Wort. »Wenn wir annehmen, dass der Mörder frühestens mit sechzehn Jahren zum ersten Mal zugeschlagen hat, müsste er jetzt also mindestens einundvierzig sein, plus minus ein oder zwei Jahre.«

»Warum gerade mit sechzehn?«, fragte Inspecteur Vreeling.

Van Leeuwen kehrte der Karte den Rücken; er fühlte sich auf einmal leicht, wie erlöst. »Er kann auch später angefangen haben – vielleicht mit achtzehn oder zwanzig –, aber nicht sehr viel später: Die Zahl der Opfer spricht dagegen.« Er trat ans Fenster, sah hinunter auf die Bäume und die Gracht. »Am Anfang waren die Abstände zwischen den Morden größer, erst mit der Zeit wurden sie kürzer, und selbst da hat sich das Tempo nur langsam gesteigert, bis er schließlich jedes Jahr mehrmals zuschlug. Viel früher hat er andererseits wohl auch nicht getötet, denn sein MO verlangt eine gewisse Kraft und Entschlossenheit, vor allem aber Umsicht, Planung, Reife – emotionale Intelligenz, selbst wenn es sich um deformierte Emotionen und eine auf Abwege geratene Intelligenz handelt.«

Er drehte sich um und sah Gallo an, dann Julika und Remco Vreeling. »Wir suchen also einen Mann zwischen … grob geschätzt … einundvierzig und fünfundfünfzig Jahren, der vor etwa fünfundzwanzig Jahren in der Gegend von Steenwijk gelebt hat und jetzt wahrscheinlich bei uns oder hier in der Nähe zu Hause ist. Wenn man weiter davon ausgeht, dass ihn ein traumatisches Erlebnis aus der Bahn geworfen und später dazu gebracht hat, Menschen aus Mitleid zu töten – Doktor Menardi ist dieser Ansicht –, dann muss es zwischen 1983 und 1963 stattgefunden haben. Ton, Julika, Remco – versucht doch mal herauszufinden, ob sich in diesem Zeitraum in der Gegend von Steenwijk irgendetwas Außergewöhnliches ereignet hat, etwas so Schreckliches, dass es einen jungen Menschen für immer aus der Bahn werfen konnte.« Er hielt einen Moment den Atem an, bis er das Blut hinter seinen Schläfen pochen hören konnte. »Und ob es vielleicht an einem sechsundzwanzigsten September oder einem dritten Oktober passiert ist …«

»Das sind zwanzig Jahre«, gab Inspecteur Vreeling zu bedenken, »vielleicht sogar mehr.«

»Genau«, bestätigte der Commissaris, »und wir wissen nicht mal, ob es ein so spektakulärer Vorfall war, dass noch jemand anderer außer unserem Mörder darauf aufmerksam geworden ist. Fragt die Gendarmerie, die Landärzte, die Feuerwehr. Fragt alle, die zur selben Altersgruppe gehören wie unser möglicher Täter, und alle, die älter sind. Das sind nur kleine Dörfer dort, einzelne Bauernhöfe, da geraten Dinge nicht so schnell in Vergessenheit. Grabt alles um, schaut hinter jedes Gebüsch, lasst keinen Stein auf dem anderen, bis die Geheimnisse aus der Erde kriechen.«

»Sollen wir das von hier aus machen, oder willst du, dass wir hinfahren?«, fragte Gallo.

»Wir fahren alle hin«, entschied der Commissaris. »Aber versucht, so viel wie möglich vorher herauszufinden. Außerdem müssen sämtliche Mitarbeiter der Klinik von Doktor van der Meer und alle Redakteure von De Avond! und Veronica, die mit Doktor Jacobszoon zusammenarbeiten, daraufhin überprüft werden, ob sie dem hypothetischen Täterprofil entsprechen. Wie alt sie sind, wo sie herkommen, seit wann sie an ihrem gegenwärtigen Wohnsitz leben, ob sie mit einem unserer Opfer zusammengetroffen sein könnten et cetera et cetera … Los, los, worauf wartet ihr? Wir fahren morgen früh.«

Brigadier Tambur und Inspecteur Vreeling verließen Van Leeuwens Büro, um an ihre Schreibtische im Großraumbüro am Ende des Gangs zurückzukehren. Ton Gallo schlenderte zum Fenster, wo er schweigend stehen blieb. Draußen war wieder ein klarer Tag, an dem unter dem dunkelblauen Himmel alles wie in Metall gestochen wirkte, die Häuser, die Bäume, die kahlen Äste und der Abfall auf den Bürgersteigen. »Kannst du dich erinnern, dass wir je einen so langen Herbst hatten?«, fragte er. »Das ganze Blau und Gelb und Rot, es nimmt überhaupt kein Ende.«

»Das kommt noch«, meinte der Commissaris. »Manchmal ist das so, das man denkt, es bleibt immer Herbst, und dann kommt der Winter ganz plötzlich.«

Gallo sagte: »Hast du dir schon mal überlegt, dass auch jeder von uns zur Zielgruppe des Täters gehören könnte? Wenn ich an mich und Srebrenica denke oder an Julika und ihren Vater oder an dich, sogar an Joodenbreest und seinen Bruder in der Anstalt – jeder von uns könnte auf der Liste stehen!«

»Wir wollen nicht sterben«, widersprach der Commissaris. »Wir sind vielleicht nicht glücklich, aber wir wollen leben. Das ist der Unterschied: Wir wollen leben.«

»Da bin ich mir gar nicht so sicher«, erwiderte Gallo. »Es gibt Momente, in denen bin ich mir da gar nicht so sicher.« Auf dem Weg zur Tür blieb er vor der Magnetkarte stehen und kniff die Augen zusammen. »Und was ist das jetzt für ein Muster?«

»Der Yangtse«, erklärte der Commissaris. »Der Yangtse von oben, auf der Landkarte.«

Gallo trat einen Schritt zurück, dann noch einen. »Der Yangtse, hm?« Aber der Commissaris ließ sich nicht irritieren: Aus dem sandigen Weg zielloser Ermittlungen war – wie immer völlig überraschend – eine Straße geworden, und die Straße führte nach Steenwijk.