Sechs

 

»Wir wissen jetzt, wo sie wohnen.« Geoffrey Thursfield lehnte sich entspannt in seinem Bürosessel zurück und blickte seinen Vater an. »Beinahe hätte es dieser Trottel verpatzt, weil er wie gewöhnlich am Telefon hing. Er ist ein Idiot. Schick ihn wieder zurück über den Teich.«

»Haben sie ihn bemerkt?«

Geoffrey zog eine Augenbraue nach oben. »Sie sind in ein Taxi gestiegen, als er abgelenkt war. Entweder war es Zufall, oder sie haben ihn entdeckt. Der Kerl ist einfach zu blöd für alles.« Er rieb sich über das Kinn. »Von wegen Westend. Das Taxi hielt vor einem Haus in Richmond.«

»Wenn das auch tatsächlich die richtige Adresse ist.« Walter Thursfield stützte seine Arme auf die Knie und ließ den Kopf hängen. »Ich kann ihn nicht einfach in die USA zurückschicken. Er ist der nichtsnutzige Bruder unseres fähigsten Clanmitglieds. Sammy würde es uns übel nehmen.« Er kratzte sich am Kopf. »Besser, wir lassen ihn nur noch Kopien ziehen und Akten abheften. Weiß Sammy eigentlich schon, dass sie den Schlüssel haben?«

Geoffrey schüttelte den Kopf. »Übrigens. Du lässt nach.«

»Sagt wer?« Walters hellblaue Augen funkelten gefährlich.

»Du hast diese Naomi angestarrt, als hättest du einen Geist gesehen.« Geoffrey sprang auf die Beine. »Viel hat nicht gefehlt und du hättest einen Herzinfarkt erlitten!«

»Auf dem Foto, das Sammy uns zugeschickt hatte, war nur eine Ähnlichkeit mit Romina zu erkennen. Nicht im Traum hätte ich gedacht, dass das Mädchen auf dem Foto eine direkte Nachfahrin Rominas sein könnte.« Walter wischte sich über die Stirn. »Ich dachte, ich stehe meinem größten Feind gegenüber, dabei muss Romina längst tot sein. Außer, die Gerüchte stimmen.«

Walter lehnte sich zurück und seufzte geräuschvoll, als er seinen rechten Oberschenkel rieb, den Romina damals in Fetzen gerissen hatte. Beim ersten Zusammentreffen mit ihr war er nur für einen Augenblick unaufmerksam gewesen. Trotz ihrer Unerfahrenheit hatte sie genau diesen Moment ausgenutzt und ihn angegriffen. Vermutlich bereute sie längst, ihn nicht getötet zu haben. In jener Nacht schwor er Rache. Fast hätte er sie einmal zu fassen bekommen, als sie wieder in London aufgetaucht war. Nur ganz knapp war sie ihm entwischt. Seine Wut hatte er an dem jungen Kerl aus ihrer Familie ausgelassen. Die Genugtuung hatte aber nicht lange angehalten. Jedes Mal, wenn er seinen vernarbten Schenkel sah, erneuerte er seinen Schwur, Romina und ihre Brut zu töten. Nun war seine Hoffnung, der Schlüssel würde ihn zu Romina führen, endgültig zunichtegemacht. Sie war nicht selbst gekommen.

»Und jetzt taucht die Urenkelin hier auf, sieht aus wie Romina und verfügt über die gleiche Ausstrahlung wie sie.« Er blickte seinem Sohn direkt ins Gesicht. »Romina war bisher die Stärkste von allen, und diese Stärke spürte ich sofort bei diesem Mädchen.«

»Du übertreibst, Vater. Selbst wenn sie hier war, sie weiß nichts von uns. Sie hat auch keine Ahnung, was es mit dem Schlüssel auf sich hat.« Geoffrey schenkte ein Glas Wasser ein und reichte es seinem Vater. »Hier trink, du siehst aus, wie dein eigener Geist.«

Walter grunzte. »Sie wird uns trotzdem Ärger machen. Du wirst es sehen.«

Das Klingeln des Telefons ließ Geoffrey herumfahren. Ein Blick auf das Display genügte, um zu erkennen, dass der Anruf aus den USA kam. »Guten Morgen Sammy, wie läuft es bei deinem Feldzug?«

»Alles nach Plan. Pilar ist gestern angekommen. Sie regelt das schon. Und bei euch? Heute Vormittag sollte doch die Tochter kommen. Was weiß sie?«

»Sie war da. Ja.« Geoffrey zögerte einen Moment. »Das soll dir dein Onkel erzählen.« Geoffrey reichte seinem Vater den Hörer und schaltete den Lautsprecher an.

»Sammy, mein Junge! Schön, dich zu hören. Geoffreys Gesicht nach, läuft bei dir alles gut. Was hast du eigentlich ausgeheckt?« Walter stand auf. Mit kurzen, schwerfälligen Schritten ging er im Büro auf und ab.

»Onkel Walter. Das hat nichts mit dem Clan zu tun. Meine kleine Privatrache. Nichts Wichtiges. Jetzt erzähl aber. Was hat es mit diesem Schlüssel auf sich?«

Im Hintergrund hörte Walter eine Tür knallen. »Alles okay bei dir? Bist du alleine?« Ein kurzes Brummen aus dem Lautsprecher war die Antwort. »Also, Leandra Jean Thomson war hier und hat Rominas Schlüssel abgeholt. Sie hat leider keine Ahnung, wozu der Schlüssel dient. Sie kam aber nicht alleine nach London. Eine junge Dame, ihre Enkelin, begleitete sie.«

»Ja, und?«

Geoffrey hörte an Sammys Stimme, wie dieser ungeduldig wurde. Er beobachtete seinen Vater, der nicht recht wusste, wie er Sammy die Neuigkeit am besten beibringen sollte.

»Du hast mir doch das Foto für unsere Datenbank geschickt. Das von dieser Naomi Roberts. Ich dachte damals schon, sie sähe Romina irgendwie ähnlich, aber mehr auch nicht.« Walter atmete schwer ein und aus. »Aber, diese Naomi ist offensichtlich Leandra Jean Thomsons Enkelin. Du hattest in Maine Rominas Urenkelin vor dir!«

Sammy zog laut die Luft ein, bevor ein wütender Schrei durch den Telefonlautsprecher drang, und Walter das Mobiltelefon von seinem Ohr weghielt. »Und diese Ähnlichkeit kam dir nicht merkwürdig vor? Da treffe ich aus purem Zufall eine Neue und schicke dir gleich ein Foto, damit ich weiß, zu welchem Clan sie gehört und so weiter, und was tust du? Nichts. Du blöder Volltrottel!«

»Hey, so redest du nicht mit mir, ist das klar?« Walters Stirn legte sich in Falten. Geoffrey entdeckte einen schuldbewussten Ausdruck auf dem Gesicht seines Vaters, bevor dieser die Augen niederschlug.

»Mein lieber Onkel Walter, könnte es sein, dass du langsam senil wirst und diese Arbeit nichts mehr für dich ist?« Sammys Sarkasmus ließ Walter zusammenzucken. »Ich hatte in Maine mehrere Wochen Zeit, um Rominas Clan ernsthaft zu schaden. Und ich mache mir einen Spaß daraus, weil ich denke, bei ihr handele es sich um ein harmloses, dummes Ding aus einem der anderen Clans. Dabei ...« Der schneidende Ton in seiner Stimme war unüberhörbar. »Anstatt sie nur für eine Weile zu betäuben, hätte ich Naomi ohne größeren Aufwand in der Höhle töten können! Ist dir das klar? Wozu haben wir denn diese gottverdammte Datenbank!«

Walter blieb stocksteif stehen und sah wie ein getadelter Junge auf seine polierten Schuhe. »Beruhige dich. Ich kümmere mich darum. Außerdem ist es gut, dass sie noch lebt. Sie wird uns zum Schließfach führen.«

Es klickte in der Leitung. Sammy hatte aufgelegt. Geoffrey half seinem Vater in den Ohrensessel, wo dieser in sich zusammensackte.

 

*

 

Die Nacht schien kein Ende zu nehmen. Sehnsüchtig lauschte Naomi den ruhigen Atemzügen ihrer Großmutter, die friedlich neben ihr lag und schlief. Die Rückenlage bekam ihr überhaupt nicht. Seit dem vergangenen Abend plagte sie ein beständiger Brechreiz. Vermutlich lag es an der Aufregung, und die lange Reise steckte ihr auch noch in den Knochen. Erschöpft drehte sie sich zur Seite. Die unverhohlene Neugierde der Anwälte ließ ihr keine Ruhe. Warum waren sie so sehr an dem Schlüssel interessiert? Naomi setzte sich auf. Ihr musste etwas entgangen sein. Sie kam einfach nicht darauf, was es sein könnte. Die kühlen Bodenfliesen unter ihren nackten Fußsohlen kurbelten ihren Kreislauf an.

Die Anwälte waren freundlich gewesen. Zu freundlich. Schon fast aufdringlich. Der Junior hatte versucht, mit ihr zu flirten, und sie war auf sein Spiel eingegangen. Selbstverständlich würde sie ihn nicht anrufen. Er wirkte übereifrig, aber eigentlich harmlos. Vom Senior ging eine ganz andere Aura aus. Wenn sie es genau bedachte, hatte das nervöse Kribbeln in ihrem Magen in seinem Büro eingesetzt. Ihre Nackenhaare stellten sich wieder auf; wie in der Kanzlei. Von Walter Thursfield drohte Gefahr. Das musste das Gefühl sein, das Leandra früher verspürt hatte. Das Gefühl drohenden Unheils.

Endlich kam sie darauf, was ihre Gänsehaut verursachte. Es waren Walter Thursfields blauen Augen. Sie wirkten wie Eiskristalle. Selbst als er gelächelt hatte, war die Kälte nicht aus ihnen gewichen. Noch vor dem Frühstück würde sie mit Leandra sprechen. In Emmas Haus fühlte sie sich nicht sicher. Besser, sie zog in eine Pension.

Mit vorsichtigen Bewegungen stand sie auf, um Leandra nicht aufzuwecken. Wenigstens sie sollte sich erholen. Reglos lehnte Naomi am Fensterbrett und starrte in die Dunkelheit hinaus. Wie es Roman wohl ging? Ob er sich auch so elend fühlte? Unbewusst schüttelte sie den Kopf. Warum sollte er? Mit dem Kuss des Vergessens war auch die kleinste Erinnerung an sie aus seinem Gedächtnis gestrichen worden. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.

 

*

 

Widerwillig war Roman beim Psychiater gewesen, weil die Unileitung es verlangte, doch gebracht hatte es nichts. Überhaupt nichts. Er fühlte sich leer, ausgepumpt und schwermütig. Das Verlustgefühl blieb sein ständiger Begleiter. Nach mehreren, ergebnislosen Sitzungen bestätigte ihm der behandelnde Arzt, dass es nicht ungewöhnlich sei, nach einem Gedächtnisverlust eine innere Leere zu spüren. Das verginge mit der Zeit. Weiter erklärte er, seine Gedanken würden unbewusst um die verlorenen Tage kreisen, was natürlich belastend wirke, da man keine einleuchtende Erklärung dafür fände. Er solle sich damit abfinden, dass die fehlende Erinnerung entweder unverhofft wiederkäme, oder für immer verschüttet bliebe. Je früher er sich damit abfände, desto eher verschwände auch seine Depression. Körperlich sei mit ihm alles in bester Ordnung. Auch der neurologische Befund war unauffällig. Weiter riet ihm sein Psychiater, er solle sich nicht noch mehr zurückziehen und wieder mit Freunden ausgehen.

Vielleicht sollte er sich mit Pilar treffen; sich mal wieder verabreden. Seitdem er nach Stillwater gezogen war, um diesen Job als Hilfsprofessor anzunehmen, hatte er keine Verabredung mehr gehabt. Erst war durch die Distanz die Beziehung mit seiner damaligen Freundin zerbrochen. Dann, als er dieses traurige Kapitel verdaut hatte, und wieder Interesse an anderen Frauen entwickelte, hielt er nichts davon, sich mit einer Studentin einzulassen, obwohl er wusste, dass nicht wenige versuchten, mit ihm zu flirten. Der Ärger wäre vorprogrammiert. Auch wollte er sich wegen einer kurzen Affäre nicht zum Mittelpunkt für Klatschgeschichten auf dem Campus machen. Sonst gab es in diesem Nest keine Frau, die ihn auch nur im Geringsten gereizt hätte.

Bis Pilar hier aufgekreuzt war. Dunkles Haar, feurige Augen, genau so, wie er sich eine Spanierin vorgestellt hatte. Sie war vorübergehend aus Barcelona hergezogen, um das spanische Bistro einer Bekannten zu führen, die sich das Bein gebrochen hatte. Der Gedanke an Pilar munterte ihn auf. Ihr Akzent, wenn sie Englisch sprach, war reizvoll und irgendetwas brachte eine Saite in ihm zum Klingen, wenn er an Barcelona dachte. Warum gerade Barcelona etwas in ihm wachrief, blieb ihm ein Rätsel. Er war noch nie in Europa gewesen und kannte auch niemanden dort. Trotzdem war es das erste Mal seit Wochen, dass er sich wohler fühlte. Sein Entschluss, im Bistro vorbeizugehen und Pilar um eine Verabredung zu bitten, stand fest.

 

*

 

Naomi wusch sich das Gesicht. Mit kaltem Wasser spülte sie sich den Mund aus, bevor sie sich die Zähne putzte.

»Geht´s wieder?« Leandra trat hinter sie. »Grüner kann dein Gesicht kaum aussehen.«

Naomi spuckte aus. »Es kommt nur noch Galle. Eine falsche Bewegung mit der Zahnbürste und mir kommt´s wieder hoch.«

»Soll ich dir Tee und eine Toastscheibe organisieren?« Leandra rieb ihr zärtlich über den Rücken.

»Danke Oma.« Sie schob sich an Leandra vorbei, um sich wieder ins Bett zu legen. »Ich leg mich nur noch mal kurz hin, okay?«

Naomi rollte sich zusammen. Eigentlich wollte sie heute unbedingt Rominas Unterlagen abholen, sich eine neue Unterkunft suchen und die nächstgelegenen Parks durchstreifen. Sie wollte wenigstens einigermaßen sicher sein, dass es in London überhaupt einen Treffpunkt gab, an dem sich die Clanmitglieder versammelten.

Der Zeitdruck zerrte an ihren angespannten Nerven. Naomi fühlte sich wie ein ausgespuckter Kaugummi, ihr Magen verkrampfte sich in unregelmäßigen Abständen, und am liebsten verkröche sie sich für den Rest des Tages ins Bett. Eine ausgiebige Ruhepause konnte sie sich momentan aber nicht leisten. Doch ein paar Minuten würden ihr guttun. Mit einem Seufzer knüllte sie das Kopfkissen zusammen, bevor sie ihr Gesicht darin vergrub.

Naomi hörte, wie Leandra die Türklinke herunterdrückte und anschließend leise zum Nachttisch ging. Erst überlegte sie, ob sie sich schlafend stellen sollte, damit ihre Großmutter wieder ginge und nur Tee und Toast abstellte, doch anschließend hätte sie sich nur noch lausiger gefühlt. »Ich bin wach.« Sie hob den Kopf, drehte sich zu ihrer Großmutter um, zog das Kopfkissen auf die andere Seite und ließ den Kopf wieder fallen.

»Bist du sicher, dass du heute noch auf die Beine kommst?« Leandra setzte sich auf die Bettkante, beugte sich zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Ich kann auch alleine zur Bank gehen. Dann kannst du dich ausruhen.«

Naomi schnellte hoch. »Auf gar keinen Fall!«

»He, he, mach langsam ...« Leandra schüttelte den Kopf. »Es war ja nur ein Vorschlag.«

»Ja, und was für ein toller.« Sie stopfte sich das Kopfkissen hinter den Rücken. »Außerdem wolltest du mir in London das Codewort verraten. Die ganze Zeit zerbreche ich mir darüber schon den Kopf.«

Leandra lächelte. »Du hättest fragen können.«

»Hab ich doch!« Sie griff nach der Teetasse und nippte daran. »Okay, du hast später gesagt und ich wollte es gleich wissen. Aber jetzt ist später.« Naomi hob den Kopf und sah Leandra auffordernd an.

Nachdem ihre Großmutter schwieg, bohrte sie weiter. »Romina hat geschrieben: Man küsst nicht nur aus Liebe. Erinnerst du dich noch, wie ich diesen Kuss genannt habe? Weißt du noch das genaue Wort? Oma, ich kenne den Brief auswendig. Welchen Grund könnte es sonst noch geben, jemanden zu küssen?« Naomi trank noch einen Schluck. Der Tee beruhigte ihren Magen. »Bitte, bitte, bitte ... erlöse mich von meinen Qualen.«

Leandra schob Naomis Beine zur Seite, um sich auf das Bett zu legen. Sie drehte sich auf die Seite, stützte mit ihrem Arm den Kopf ab und sah Naomi einen Augenblick nur an. »Dir ist kein einziger Grund eingefallen?«

Naomi verneinte. Alle Küsse hatten mit Liebe zu tun. Selbst als Oma sie gerade eben auf die Stirn geküsst hatte, war das für sie ein Zeichen ihrer Zuneigung.

»Dann gebe ich dir mal einige Beispiele. Wenn man dem Papst den Ring küsst, geschieht das aus Ehrerweisung. Wenn die Mafia-Bosse sich auf den Mund küssen, besiegelt das den Frieden, zumindest für den Moment. Staatsoberhäupter küssten sich auch schon auf den Mund, um die Freundschaft der Länder zu bekräftigen.« Leandra zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, es sind abstrakte Beispiele, die uns nicht betreffen. Denn, wenn ich dich küsse, zeige ich dir, dass ich dich liebe. Als du Roman geküsst hast, war das anfangs aus Liebe, aber dein letzter Kuss ...« Leandra blickte sie ruhig an.

»Durch meinen letzten Kuss hat er mich vergessen. Es zerreißt mir jetzt noch das Herz ... Roman hat tief geschlafen ...« Sie schluckte trocken, doch der Kloß in ihrem Hals ließ sich nicht vertreiben. »Aber auch da habe ich ihn aus Liebe geküsst. Um ihn zu schützen.«

»Mit dem Kuss des Vergessens, wie er passenderweise genannt wird, hast du eure Liebe aufgegeben.« Leandra zupfte an der Bettdecke herum. »Es ist ein bitterer Kuss. Durch diesen Kuss hast du auch eure Liebe verraten ...«

Naomi schüttelte unwillig den Kopf. Sie hatte ihre Liebe nicht verraten; niemals. So konnte man das überhaupt nicht sehen. Weder hatte sie Roman noch ihre Liebe verraten. Sie würde zurückgehen und dann würde alles gut werden. Erst musste sie besser zurechtkommen, an Erfahrung gewinnen. So ahnungslos, wie sie war, brächte sie Roman nur in Gefahr. Sie hatte ihn durch den Kuss geschützt, nicht verraten.

»Meine Mutter sah das anders. Als sie meinen Vater zum Abschied küsste, bedeutete es für sie einen Verrat an ihm. Er hat ihre Liebe vergessen, nicht Mutter selbst. Aber sie ist ihm dadurch einfach gleichgültig geworden. Mich hat sie nicht geküsst, mir hat sie erklärt, soviel sie eben konnte. Gut, sie verschwand, ohne sich zu verabschieden, aber so musste es wohl sein. Trotzdem hat sie die Liebe zwischen ihr und mir nicht verraten. Romina nannte den Kuss des Vergessens den Judaskuss. Ein passender Name, wie ich finde.«

»Judaskuss«, flüsterte Naomi. »Ich bin aber kein Judas. Ich bin keine Verräterin.«

»Natürlich nicht, Kind.« Leandra strich ihr übers Haar. »Romina war auch keine Verräterin. Sie hat sich nur selbst so gesehen. Vielleicht wusste sie damals schon, dass sie niemals zurückkommen konnte.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es auch nicht.« Sie legte sich zu Naomi, nahm sie in die Arme und wiegte sie wie ein Kleinkind. »Nun weißt du, warum ich es dir nicht schon früher gesagt habe. Du warst gerade erst nach Hause gekommen und so niedergeschlagen, dass ich es nicht übers Herz gebracht habe.«

Naomi schniefte. Ihre Großmutter hatte recht. Sie hätte sich nur noch elender gefühlt, wenn sie diese Erklärung damals schon erhalten hätte. Judaskuss. Verräterkuss. Auch wenn Romina das so sah, sie selbst hatte aus Liebe gehandelt, und sie würde sich Roman zurückholen. Er würde sich wieder in sie verlieben. Ihre Liebe war zu groß, als dass ein einziger Kuss alles zerstören könnte.

 

Gegen Mittag stand Naomi im Flur, bedankte sich bei Emma, die auf dem Sofa saß, für ihre Gastfreundschaft, winkte ihrer Großmutter und ließ die beiden Frauen im Wohnzimmer zurück. Das Angebot Leandras, Naomi auf dem Spaziergang zu begleiten, lehnte sie ab. Einerseits wollte sie den Beiden ihren gemütlichen Nachmittag nicht verderben, andererseits hatte sie Leandra immer noch nicht erzählt, wie ernst es ihr war, in eine Pension ziehen zu wollen. Meist schob sie ein unangenehmes Gespräch so lange vor sich her, bis ihr keine Wahl mehr blieb, als endlich mit der Sprache herauszurücken.

Auf der Straße sah sie in den wolkenverhangenen Himmel. Sie überlegte kurz, ob sie Emma um einen Regenschirm bitten sollte, entschied sich aber dagegen. Noch sah es nicht nach Regen aus, und wenn schon, dachte sie, dann würde sie eben nass werden. Sie drehte sich zum Haus um. Hausnummer 12. Rosafarbene Vorhänge zierten das Küchenfenster. Sollte sie die Hausnummer vergessen, würden ihr wenigstens die Gardinen helfen, den richtigen Hauseingang zu finden.

Sie spazierte die Häuserfront entlang. Emma hatte ihr gesagt, sie müsse links die kleine Straße entlanggehen, bis sie auf die Queens Road träfe, dieser folgen, und dann käme sie direkt zum Richmond Park.

Die Queens Road war eine schmale Straße mit gepflegten roten und weißen Klinkerbauten. Überhaupt erschien ihr Richmond wie ein gemütlicher Vorort. Warum sich ihre Mutter in einer solchen Umgebung unwohl gefühlt hatte, verstand sie nicht. Naomi hatte eine komplett falsche Vorstellung von London gehabt. Große, wuchtige Bauten, Straßenschluchten, Hochhäuser, hupende Autos, gestresste Menschen. Sicher, in der Innenstadt ging es hektischer zu, aber hier? Vereinzelte Fußgänger, hübsche Wohnhäuser mit bepflanzten Vorgärten, hier könnte sie sich wohlfühlen.

Sie schlenderte weiter, bis sie vor ein schmiedeeisernes Tor kam. Der Zugang zum Richmond Park. Die geöffneten Gitter ragten etwa zwei Meter auf und waren oben mit Spitzen versehen. Neugierig spähte sie über die Absperrung neben dem Eingangstor. Hier waren an der Umzäunung ebenfalls Spitzen angebracht, aber der Zaun war etwas niedriger. Notfalls müsste sie morgen Nacht darüberklettern. Ein Schild am Eingang wies darauf hin, dass der Park abends um 19:45h schloss, und erst morgens um 7:00h wieder öffnete. Sollte dort ein Treffpunkt sein, konnte sie wenigstens sicher sein, dass sich niemand, außer vielleicht einem Nachtwächter, dort aufhielte. Sie durfte sich nur nicht beim Hinüberklettern erwischen lassen. Darüber mochte sie gar nicht nachdenken. Sich auf einer englischen Polizeiwache in einen Panther zu verwandeln? Das wäre ihr sicherer Tod. Mit entsprechender Vorsicht gelänge sie sicherlich unbemerkt hinein. Hoffentlich lag der Treffpunkt hier, und nicht in einem der anderen Stadtparks.

Nach einigen Metern stand sie vor einem Hinweisschild. Die wenigen Fahrzeuge, die auf der Straße fuhren, durften nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Der Grund dafür brachte sie aus der Fassung. Seitlich vor ihr graste eine Hirschherde, und der Leithirsch überquerte gemächlich die Straße. Die Reiter wären bei der Schließung des Parks verschwunden, doch was wäre mit diesen Hirschen?

Nachdenklich ging sie weiter in den Park. Sie musste im Falschen sein. Rechts und links der Asphaltstraße ragten mächtige Eichen auf, dahinter lagen Wiesen, Felder und Waldgebiete. Trotzdem spürte sie nichts, was sie lockte. Dieses Gefühl, magisch angezogen zu werden, wollte sich einfach nicht einstellen.

Naomi beschleunigte ihre Schritte. Sobald sie den Richmond Park durchquert hätte, würde sie ihn am Kingston Gate verlassen und hinüber in den Bushy Park gehen, der durch die Kingston Hill Road mit diesem Gelände verbunden war. Kaum hatte Naomi den Plan gefasst, zog es sie von der Straße auf eine Parkfläche, weiter in ein Waldstück hinein. Bevor sie weiterging, sah sie sich um. Ein Fahrzeug kroch die Queens Road entlang. Naomi wartete, bis es außer Sichtweite fuhr, und verließ den Fußgängerweg.

Ein unsichtbares Band zog sie tiefer in den Wald. Auf einer Lichtung entdeckte sie sieben Damhirsche. Zwei lagen auf dem Waldboden, die anderen schreckten auf, als sie Naomi bemerkten. Nach einem kurzen Blick wandten sie sich wieder dem Äsen zu.

Naomi schlich um die Lichtung herum, um Abstand zu diesen mächtigen Tieren zu wahren, bevor sie weiter durch den Wald marschierte. Nach einigen Minuten endete ihr Weg an einem See. Der Karte nach, die Emma ihr gezeigt hatte, musste es sich um den Pen Ponds handeln. In Ufernähe schwamm ein Schwanenpaar mit seinen Jungen. Der See lag ruhig da.

Ein Pfad verlief entlang des Pen Ponds. Am gegenüberliegenden Ufer joggten drei Menschen. Durch die große Entfernung sahen sie aus wie hüpfende Flöhe. Automatisch duckte sich Naomi. Sie wollte nicht riskieren, entdeckt zu werden. Vermutlich war es verboten, sich abseits der Wege aufzuhalten. Als niemand mehr zu sehen war, ging Naomi am Ufer entlang in Richtung Norden, bis es sie tiefer in den Wald zog.

Auf einem Hügel stand eine Eiche mit ausladenden Ästen. Der Anblick dieses majestätischen Baumes zauberte Naomi ein Lächeln auf die Lippen. Der Treffpunkt lag doch in diesem Park, an dieser Stelle. Ihre Suche fand ein Ende. Mit ihrer Hand strich sie über die raue Rinde der Eiche, und eine innere Ruhe erfüllte sie. Mit einem Seufzen lehnte sie sich an den Baumstamm. Er musste eineinhalb Meter durchmessen, und die Baumkrone überragte alle umstehenden Bäume, die, wie schon auf der Waldlichtung in Stillwater, gebührenden Abstand hielten. Ganz so, als wüssten sie um die Bedeutung der Eiche.

Naomi schloss die Augen. Morgen Nacht käme sie wieder. Und dieses Mal bliebe sie nicht alleine. Nicht in London. Hier musste es andere Clanmitglieder geben. Reglos stand sie einige Zeit dort, genoss die friedliche Atmosphäre, bevor sie sich auf den Rückweg begab.

 

Nun wollte sich Naomi um eine neue Bleibe kümmern. Das stellte das kleinere Problem dar. Die Queens Road verlief über mehrere hundert Meter am Park entlang und Emmas Haus lag in unmittelbarer Nähe. Dort fände sie mit Sicherheit eine passende Unterkunft. Wäre sie vorher nicht so tief in Gedanken versunken zum Park gelaufen, hätte sie sich gleich danach umsehen können. Doch anstatt gezielt nach einem Schild Ausschau zu halten, hatte sie nur an den Treffpunkt denken können.

Am Richmond Gate verließ sie den Park und sah sich den Eingang nochmals genau an. Am Tor waren Straßenlaternen angebracht. Die vorbeiführende Straße war relativ belebt, und es würde schwierig werden, unbemerkt über das Tor oder die seitliche Umzäunung zu klettern. Doch wenn die anderen vom Clan das bewältigten, dann schaffte sie es auch.

Sie verließ den Park und suchte nach einem Bed and Breakfast. Bis zur Abzweigung in die Straße, die zu Emmas Haus führte, entdeckte sie keines. Die Queens Road verlief nach Norden und sie folgte der Straße.

Unterhalb der Queens Road ging eine kleine Seitenstraße ab. Ob sie hier eine Pension fände? Auf der rechten Straßenseite prangte ein Schild an einem Toreingang. Sie las darauf die Aufschrift Richmond Cemetery. Hier käme vermutlich nichts. Wer wollte schon direkt an einem Friedhof wohnen?

Einige Meter weiter stieß sie auf ein Hinweisschild einer Pension. Das Bauwerk besaß drei Stockwerke, die Fassade war mit hellen Klinkersteinen versehen, und die Fensterrahmen aus dunklem Holz verliehen dem Gebäude einen einladenden Eindruck.

Naomi betrat die Eingangshalle, fragte nach und tatsächlich gab es noch ein freies Zimmer im dritten Stock. Es kostete fünfundvierzig Pfund. Ohne das Doppelzimmer anzusehen, reservierte sie es für zwei Nächte und bezahlte die Erste im Voraus. Heute Nachmittag würde sie umziehen.

 

»Warum in aller Welt musst du unbedingt in eine Pension ziehen?« Leandra sprang aus dem Wohnzimmersessel auf. »Das Geld könnten wir auch anderweitig ausgeben! Du übertreibst maßlos.«

Naomi sah sich um. »Wo ist Emma?«

»Einkaufen.«

»Gut. Es ist nur so ein Gefühl. Ich kann es dir nicht beschreiben. Aber, ich glaube, wir sollten Rominas Papiere hier nicht herumliegen lassen.« Naomi zuckte mit den Schultern. »Außerdem kann ich hier nicht kommen und gehen, wie ich will. Morgen Nacht muss ich in den Park.«

Ihre Großmutter murrte etwas Unverständliches. »Vermutlich hast du recht. Nicht wegen der Unterlagen; aber wegen morgen Nacht. Ich könnte zwar behaupten, du hättest dich in Londons Nachtleben gestürzt, aber trotzdem ist es besser, wenn du kommen und gehen kannst, ohne jemandem etwas erklären zu müssen.« Sie nickte bekräftigend.

»Dann sind wir uns einig? Du bleibst natürlich hier. Aber ich packe zusammen und ziehe nachher in die Pension. Sie liegt auch gleich um die Ecke. Es ist die Einzige, direkt am Friedhof ein Stück die Straße hoch.« Sie wollte Emma mit ihrem Auszug nicht vor den Kopf stoßen. Doch was sollte sie für eine Ausrede für den Umzug benutzen? »Und was sagen wir zu deiner Freundin?«

»Ich mache uns erst mal eine Tasse Tee, und dann überlegen wir uns etwas.« Leandra stand auf und ging in die Küche.

Mit einem Seufzer ließ sich Naomi in einen der Sessel fallen. Diese Ausreden hasste sie. Überhaupt hasste sie es, lügen zu müssen. Ihr klingelndes Handy riss sie aus ihren Gedanken. Ohne auf das Display zu sehen, nahm sie das Gespräch an.

»Wieso erfahre ich von deiner Mutter, dass du nicht mehr in Stillwater bist, hä? Und warum beantwortest du meine E-Mails nicht? Ich war kurz davor, in das nächste Flugzeug nach Maine zu steigen, um dir den Hintern zu versohlen!«

Karsten. Jeden Tag schob sie es vor sich her, ihm auf seine erst überschwänglichen, später leicht verärgerten Mails zu antworten. Auch ihm hätte sie die dicksten Lügen auftischen müssen. Ihrem besten Freund. Sie schwieg.

»Hey, Kleine, was ist los?« Jetzt klang seine Stimme besorgt.

»Das ist eine lange Geschichte. Die erzähle ich dir besser bei unserem nächsten Treffen persönlich, okay?« Karsten wusste nicht einmal, dass sie schwanger war. Sie hatte seine Mails gelesen und auch die von Alice. Beide schwärmten von ihrem Leben in der kleinen Gammelbude in Barcelona. Klein und schäbig, aber ihr Liebesnest. Was sollte sie darauf schon antworten? Etwa, dass sie Roman verlassen hatte, obwohl sie von ihm schwanger war? Dass sie sich nicht miteinander klarkämen, und sie ihn nicht mehr liebte? Lügen, nichts als Lügen.

»Naomi. Nichts ist so schlimm, als dass du es mir nicht erzählen könntest. Habe ich dir schon jemals Vorwürfe gemacht? Dir irgendetwas vorgehalten?«

Naomi hörte Alice im Hintergrund etwas fragen. »Na ja, lass es mich vorerst so sagen. Es ist meine Sache, und ich muss das jetzt alleine ausbaden, okay?«

»Was heißt hier, okay? So einfach kommst du mir nicht davon.«

»Ich könnte auflegen ...« Naomis Stimme war zu einem Flüstern geworden. »Karsten, es geht mir gut, und wenn du mir noch ein paar Wochen gibst, dann erkläre ich dir alles in Ruhe. Ich bin im Moment in London.«

»In London? Davon hat deine Mutter gar nichts gesagt.«

Alices murmelnde Stimme drang leise durch den Hörer: »Sie ist in London?«

»Sag Alice schöne Grüße. Ich muss jetzt auflegen, ja? Mir geht es wirklich gut. Leandra ist auch hier. Wir machen uns eine tolle Zeit. Kein Grund zur Sorge. Sobald ich kann, rufe ich dich an, und dann erkläre ich euch auch alles.« Karsten schwieg. »Nur ein paar Wochen. Bitte.«

Er brummte. »Du bist das verrückteste Mädchen auf dieser Welt. Also gut, ein paar Wochen. Aber, wenn du dich dann drückst, komme ich dich holen, egal, wo du dich versteckst. Ist das klar?«

 

Karstens Anruf brachte sie auf eine Idee. Sie könnte sagen, ihr Freund sei ihr nachgereist, nachdem sie kurz vor der Abreise fürchterlich gestritten und sie die Beziehung beendet hatte. Nun sei er hier; wegen einer Aussprache. Das wäre eine bequeme Ausrede für Emma, die sie nicht verletzen würde.

Leandra brachte zwei Tassen Tee. »War das am Telefon deine Mutter?«

Naomi schüttelte verneinend den Kopf. »Karsten hat mich aber auf eine Idee gebracht, als er mir drohte, mich aufzuspüren, wenn ich ihm nicht bald erkläre, was mit mir los ist.«

Leandra stellte die Tasse vor ihr ab und zog die linke Augenbraue nach oben.

Naomi erzählte von ihrem Plan. »Weißt du, da ich mit ihm noch nicht lange zusammen bin und du ihn noch nicht kennengelernt hast, ist es doch nur logisch, dass ich ausziehe, um mit ihm über unsere Beziehung zu sprechen.« Sie pustete in die Tasse und trank einen Schluck. »Was denkst du?«

Leandra nickte. »Und wie lange willst du das Spielchen treiben? Irgendwann musst du ihn uns vorstellen, sonst wirkt das merkwürdig.«

»Nicht, wenn ich ihm den Laufpass gebe.« Naomi lächelte über die Tasse hinweg.

 

Naomi schloss ihre Reisetasche und trug sie zur Haustür. Im Gang stand bereits ihr Koffer. »Entschuldigst du mich bei Emma?«

Leandra lehnte im Türrahmen zum Wohnzimmer und sah sie schweigend an.

Die Haustür schwang auf. Emma betrat, vollbepackt mit Tüten, das Haus. Sie stolperte beinahe über das Gepäck. »Ihr reist ab?« Emma riss die Augen auf und trat einen Schritt zurück.

Leandra schüttelte den Kopf. »Nein. Naomi zieht in eine Pension. Ihr Freund ist überraschend angereist, und sie haben einiges zu klären. Sie dachte, es wäre besser, wenn sie für diese Zeit irgendwo mit ihm alleine sein könnte.«

»Ich will euch nicht stören, und ich weiß nicht, ob sich alles klären lässt.« Naomi sah auf ihre Schuhe. Sie schaffte es nicht, Emma ins Gesicht zu lügen. »Nicht böse sein, ja? Er wird nur zwei Tage bleiben.«

»Warum sollte ich? Überrascht, das ja, aber doch nicht böse.« Emma stellte die Einkaufstaschen im Flur ab. »Bring deinen Freund doch heute Abend einfach zum Essen mit. Ich habe so viel eingekauft, weil ich damit gerechnet habe, dass ihr noch ein paar Tage hierbleiben werdet.«

Naomi verzog den Mund. »Danke. Aber ich denke, wir sollten erst unsere Probleme lösen. Vielleicht morgen Abend. Ich sage dir rechtzeitig Bescheid.« Sie griff nach der Tasche. »Und jetzt sollte ich los.«

»Ich kann dich doch fahren«, sagte Emma.

»Die Pension ist gleich um die Ecke, oben beim Friedhof.« Naomi drückte ihrer Großmutter einen Kuss auf die Wange. »Außerdem gehe ich lieber zu Fuß. So bleibt mir noch etwas Zeit, mich auf das Treffen vorzubereiten.«

»Machs gut, meine Kleine. Ich hole dich morgen um neun Uhr ab. Deiner Beschreibung nach werde ich es schon finden.« Leandra hakte sich bei Emma unter. »Und wir zwei machen uns einen schönen Abend, ja?«